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Eine Stimme aus Deutschland an den Schweizer Bundesrat zur Bedeutung der Neutralität

Die Position eines glaubwürdig neutralen Landes war noch nie angenehm, aber die Schweizer Bevölkerung, und die überaus große Mehrheit der Bevölkerung aller europäischen Staaten, werden hinter Ihnen stehen, das ist auch unsere Überzeugung  – als Bürger der Bundesrepublik Deutschland!
12. Dezember 2023

Frau Bundesrätin
Viola Amherd
Eidg. Dept. für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)
Bundeshaus Ost
CH-3003 Bern


Sehr geehrte Frau Bundesrätin Amherd! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte!

Als Bürger der Bundesrepublik Deutschland sind wir für die Neutralität der Schweiz sehr dankbar. Die Schweiz ist durch die bisherige Neutralität immer ein Garant und ein sehr guter Gegenpol zu den vorherrschenden Politikrichtungen der anderen europäischen Länder
gewesen. Damit leistet die Schweiz einen enorm wichtigen Beitrag zur Friedensbildung und zur Vermittlung in Konfliktsituationen auf der ganzen Welt. Dies ist dringender denn je!

Leider wird durch die Entfernung der Neutralität dieser Beitrag stark gefährdet. Und deshalb beunruhigt uns dies sehr, dass sich der Bundesrat der Schweiz geleitet fühlt diese so enorm wichtige Neutralität aufzugeben.

Und so möchten wir uns dem Offenen Brief Ihrer Schweizer Bürger* anschließen und unsere Empörung und Enttäuschung über die Politik des Bundesrates zum Ausdruck bringen.

Besonders die Aussenpolitik Ihres Landes hat komplett das Profil verloren und wird nun immer weiter dekonstruiert, zum Beispiel mit der fortgesetzten Annäherung an die NATO.

Die Schweiz sitzt dieses und nächstes Jahr im UNO-Sicherheitsrat, mit dem Ziel friedenspolitisch etwas zu bewegen. Ihr Land wirkt aber wie gelähmt und verharrt in einer Passivität, die für uns friedvollen Menschen unerträglich ist. Sie nimmt Platz am Tisch der Mächtigen und nickt die Vorschläge der Grossmächte, allen voran der USA, ab. Wo bleibt die Zivilcourage, als neutrales Land aktiv Vorstösse zu lancieren, die dem Frieden dienen und in den Konflikten unserer Welt die Kultur des Dialoges zu fördern? Die Schweiz verliert mit ihrem angepassten Gebaren immer mehr das Selbstbewusstsein als neutraler Staat und das weltpolitisches Gewicht, das sie einmal hatte.

Der Niedergang der Schweizer Neutralität begann bereits vor 30 Jahren und hat sich seither sukzessive fortgesetzt. Die Schweiz als ehemals diplomatische Grossmacht im Einsatz für den Frieden verlor schon lange vor dem Ukrainekrieg an Einfluss. Dieser Krieg und das Agieren des Bundesrates haben solches besonders deutlich vor Augen geführt. Die Zustimmung der Schweiz zu den Sanktionen gegenüber Russland widerspricht aller Neutralität.

Und nun auch noch der Nahost-Konflikt, der schon 75 Jahre dauert, und den die Weltöffentlichkeit immer wieder vergisst und verdrängt. „Das jüdische Volk und das palästinensische Volk   – beide sind Opfer!“ So betonte es die palästinensische Friedensaktivistin Sumaya Farhat-Naser im Rahmen eines kürzlich gehaltenen Vortrages in der Schweiz. Das Problem sind die israelische Regierung und die Hamas-Regierung, die sich beide gegenseitig vernichten wollen. Die Eskalation des Konflikts   – das Ausmass der Gewalt übersteigt die menschliche Vorstellungskraft   – war aber, so Farhat-Naser, zu erwarten angesichts der alltäglichen Drangsalierung und Diskriminierung der palästinensischen Bevölkerung durch die israelische Regierung und Armee in den besetzten Gebieten.

Die Schweiz muss den Draht zu allen Konfliktparteien unbedingt halten oder herstellen und alles unternehmen, um eine Waffenruhe in allen Kriegsgebieten zu erreichen sowie Friedensverhandlungen einzufordern. Sie müsste den friedens- und verhandlungsbereiten Ländern bei deren Bemühungen zur Seite stehen. Nur durch dieses offensive Handeln könnte die Schweiz ihr Gesicht wahren, ansonsten versteinert sie noch mehr zu einer Figur, die das Spiel der Macht willfährig mitträgt. Mit der Wiedergewinnung ihrer Konturen als friedensförderndes, neutrales Land wird die Schweiz in diesem Sinn auch die Aktivitäten des IKRK   – welches in der Schweiz beheimatet ist - noch besser unterstützen und schützen können. Das IKRK macht nicht Schlagzeilen für die Weltpolitik, sondern pflegt die stille Diplomatie und erreicht nach wie vor viel, wird aber zunehmend bei seiner Arbeit behindert, kritisiert und sogar angegriffen.

Die Schweiz muss im Nahost-Konflikt, und in allen anderen Kriegsgebieten, endlich aktiver werden und ihr aussenpolitisches Profil wieder aufbauen. Wir fordern den gesamten Bundesrat inständig auf, sich unmissverständlich einzubringen, alle Kriege als solche anzuprangern und zu verurteilen.

Haben Sie den Mut stehen zu bleiben und wieder die Stimme der Vernunft und Menschlichkeit klar und deutlich zu erheben, auch wenn Sie damit gegen den Strom der Mächtigen schwimmen. Die Schweiz muss und darf sich nicht „für eine Seite“ entscheiden, sondern als neutrales Land angesichts des Wahnsinns der Kriege am Faden des Friedensdialoges spinnen.

Die Position eines glaubwürdig neutralen Landes war noch nie angenehm, aber die Schweizer Bevölkerung, und die überaus große Mehrheit der Bevölkerung aller europäischen Staaten, werden hinter Ihnen stehen, das ist auch unsere Überzeugung   – als Bürger der Bundesrepublik Deutschland!

Wir wünschen Ihnen viel Kraft, Ein- und Zuversicht für alle Ihre Entscheidungen. Bitte handeln Sie im Sinne der Menschlichkeit, des Mitgefühls für alle leidenden Menschen und im Sinne der Liebe zu den Menschen und der Natur. Denn alle Kriege verursachen Leid auf allen Seiten und die Kriegsmaschinerie trägt   – was stets verschwiegen wird - massiv zur Veränderung unseres Klimas unserer schönen Erde bei.

Eine schöne Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest mit einem guten Start ins hoffentlich gesunde und friedvollere Jahr 2024 wünschen und viele Grüße senden
Brigitte Schwarzwälder und Dieter Schwarzwälder

Wies, 9.12.2023

*Offener Brief der Schweizer Bürger

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