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Der grüne Weg in den Dritten Weltkrieg

Die Karten liegen auf dem Tisch. Die USA wollen die feindliche Übernahme Rußlands.
von Willy Wimmer 13. 04. 2022

 Willy Wimmer mit Putin
Willy Wimmer mit Präsident Wladimir Putin

Geschätzte Leserin und Leser, liebe Freunde: Was tun? In diesen immer aufgeheizteren Tagen? Eines ist sicher. Mit Waffen und noch mehr Waffen in die Ukraine, verlängern wir das Elend dort um ein Vielfaches und der Verlierer wird mit Sicherheit die Ukraine sein. Russland kann man nicht «besiegen». Wozu auch? Was spricht dagegen, besonders in Deutschland, den Verstand zu Rate zu ziehen und sich an 1945 zu erinnern, als wir alle erschöpft und ausgelaugt am Boden lagen und freudig riefen: «Der Krieg ist aus!   – Der Krieg ist aus!» Ich war gerade 14 Jahre alt. Wir haben gelernt, aus Fehlern soll man lernen   – try and error - Versuch und Irrtum   – so haben die Menschen immer gelernt. Warum also sollte das mit dem Krieg anders sein? 1914-1918 war ein grosser Fehler mit Tod und Verderben und Hunger in ganz Europa. 1939-1945 war ein noch grösserer Fehler mit ganz viel physischem und seelischem Leid in den meisten Familien in ganz Europa. Sollten also die Deutschen nicht zur Besinnung kommen und sagen Halt Halt   – zuerst einmal nachdenken bevor wir wieder zu schiessen anfangen. Vielleicht gibt es ja noch in Deutschland einige vernünftige alte Menschen, die sich an 1945 erinnern können, sich zu Wort melden und die «Halt» rufen könnten. Am meisten hätte der Bundespräsident Steinmeier in der Hand. Mich würde es freuen, wenn er eine Osterinitiative des sofortigen Stops der Waffenlieferungen mit Diplomatie und Versöhnung mit Russland ergreifen würde. Die Ukraine soll neutral und NATOfrei sein, das ist keine Frage. Der «Zangengriff» um Russland, den Scholl-Latour beschrieben hat, soll aufhören. Und unsere Kinder und Jugendlichen brauchen in Zukunft eine Bildung, um aus Geschichtsfehlern lernen und die richtigen Konsequenzen ziehen zu können. Darum erinnern wir hier an die Rede einer Kinderbuchautorin: «Niemals Gewalt». Herzlich Margot und Willy Wahl

Ein Blick zurück ist sinnvoll. Er macht deutlich, wo der Startschuß zur heutigen Entwicklung, zu einem Krieg mitten unter uns erfolgte. Es war ziemlich unerwartet, als vor fast einem Jahr der neue US-Präsident Biden vom russischen Präsidenten Putin als einem „Killer“ sprach. Bis zu diesem Interview war die Welt von einem unmittelbar bevorstehenden Waffengang zwischen China und dem Westen über Taiwan, die Uiguren oder was auch immer ausgegangen. Mit dem Killer-Interview wurden die Schalter herumgelegt.

Klaus von Dohnanyi* erweckte in einer ZDF-Illner-Runde vor wenigen Wochen den Eindruck, die Nato habe auf der Ebene der Staats-und Regierungschefs am 14. Juni 2021 den einstimmigen Beschluß gefaßt, die Ukraine in die Nato zu holen. Jeder wußte, worin die Substanz des Nato-Beschlusses von Bukarest 2008 auf Bertreiben von Frankreich und Deutschland in dieser Angelegenheit bestand. Die Ukraine sollte nicht zum Grundstein einer neuen Konfrontation zwischen dem Westen und Moskau werden. Stattdessen sollte eine neue Sicherheitsarchitektur  in Europa geschaffen werden. Auf so etwas pfiffen die Amerikaner.

Sie blieben bei ihrer seit 1917 umgesetzten politischen Linie, den europäischen Kontinent nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Dafür wurde zunächst Deutschland über den Ersten Weltkrieg und Versailles zurechtgestutzt. Was davon übrig geblieben war, wurde mittels Adolf Hitler gegen die Sowjetunion derart instrumentalisiert, daß bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990 die aus dem Zweiten Weltkrieg resultierenden Kriegsschäden in der Sowjetunion nicht behoben worden waren.

Noch war das heutige Rußland im vergangenen Jahr beim Besuch der US-Unterstaatssekretärin, Frau Nuland, Anfang Oktober 2021, in Moskau auf seine Eigenständigkeit und Sicherheit erpicht. Für die USA war und blieb das das größte anzunehmende Manko aus der Politik seit 1917. Das mußte beseitigt werden, wie auch die trotz zweier Weltkriegen fruchtbare ökonomische Zusammensrbeit zwischen dem heutigen Rußland und dem heutigen Deutschland. Zwar liegt der Kriegsbeginn in der Ukraine mit dem massiven Angriff ukrainischer Streitkräfte auf die „Minsker-Gebiete“ Luganzk und Donezk mit dem 17. Februar 2022 schon schreckliche und mörderische  Wochen zurück. Aber über die auf Betreiben der USA verhängten Sanktionen ist gleichsam als erstes Kriegsziel im Ringen mit Rußland von der erfolgreichen ökonomischen Zusammenarbeit zwischen Rußland und der EU, darunter Frankreich und Deutschland, kaum noch etwas übriggeblieben. Der Rest wird derart unter Stimmungsbeschuß genommen, wie wir Deutschen es -historisch gesehen- erstmals in dem Propagandafeuer gegen Kaiser Wilhelm II erleben durften.

Seit der betrügerischen Aufnahme von Wilsons „vierzehn Punkten“ in den Waffenstillstandsvertrag aus dem November 1918 bestimmt ein Satz diese Form von  Politik: Es gilt das gebrochene Wort. Es ist wie mit der Nato-Osterweiterung

Mit dem ukrainischen Angriff gegen Luganzk und Donezk war jedermann klar, daß damit die Selenski -Linie zwecks Rückeroberung von Donezk und Luganzk und der Krim umgesetzt werden sollte. Damit sollten die Bestimmungen des Nato-Vertrages hinfällig werden, nachdem kein Staat in die Nato aufgenommen werden soll, der Grenzprobleme mit anderen und damit ungelöste Grenzfragen aufweist. Wenige Tage nach dem 17. Februar 2022 erfolgte der Einmarsch der russischen Streiträfte in die Ukraine, 33 Jahre nach dem Nato-Angriffskrieg gegen Jugoslawien, den das amerikanische Außenministerium auf der Konferenz von Bratislawa im Frühjahr 2000 völkerechtlich und historisch eingeordnet hatte.

Die westliche Reaktion auf den russischen Einmarsch gab die gesamte Bandbreite der westlichen Politik gegenüber oder im Zusammenhang mit der der Ukraine zugedachten Rolle wieder. Die Menschen der Ukraine müssen erleben, daß aus geostrategischen Gründen ihr Land in Stücke geschossen wird, um die am Anfang genannten Aspekte auf amerikanischer und russischer Seite entschieden zu sehen. Das auf Betreiben vor allem der politischen „Grünen“ in Europa  gleichgeschaltete EU-Europa will die Entscheidung auf dem Schlachtfeld, wie es die EU-Kommission manifestiert. Von Friedensbemühungen keine Spur, dafür ist man viel zu sehr Partei geworden. Es herrscht eine Stimmung in EU-Europa, die vor keine Dämonisierung zurückweicht.

Sehenden Auges werden Waffen geliefert, bei denen es nicht mehr von einem selbst abhängt, ob die Türschwelle zum Dritten Weltkrieg überschritten ist. Es sind nicht die Knobelbecher sondern die Stöckelschuhe, die diesmal den Weg ins Verderben auf das Pflaster schlagen.

Von Willy Wimmer
Staatssekretär im deutschen Verteidigungsministerium a.D. und Ex-Vizepräsident der OSZE

Klaus von Dohnanyi
*SPD-Politiker Klaus von Dohnanyi erinnert sich an den Zweiten Weltkrieg: Wenn er die Sirenen in der Ukraine heulen höre, sagte der 93-jährige SPD-Politiker Klaus von Dohnanyi, erinnere er sich mit Schrecken an den Zweiten Weltkrieg, den er als Jugendlicher miterlebte. Diese Worte waren der Auftakt des Polit-Talks bei Maybrit Illner am 10. März 2022 im ZDF.


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