Die hohe Verschuldung in fast allen europäischen Staaten, hohe Arbeitslosenraten, vor allem bei der Jugend, eine schleichende Inflation, die Schwächung und Ausdünnung des Mittelstandes, zahllose ungelöste Fragen im Zusammenhang mit Millionen von Flüchtlingen aus den Balkanstaaten, aus Afrika, dem Nahen Osten und Afghanistan, die staatliche Missachtung von Bürger- und Menschenrechten und die Zunahme sozialer und politischer Spannungen innerhalb und zwischen den Staaten Europas bedrohen Wohlstand, Demokratie und Frieden.
Politische und wirtschaftliche Krisen werden dazu missbraucht, die politische Macht der EU weiter zu zentralisieren – auf Kosten unserer Souveränitäts- und Freiheitsrechte. Vielen Bürgern fällt auf, dass es keinen ehrlichen Dialog mit ihren politischen Repräsentanten mehr gibt. Sie stellen fest, dass die Regierenden in ihren politischen Entscheidungen das Volk übergehen. Es fällt ihnen auf, dass mittels der Mainstream-Medien künstlich Ohnmachtsgefühle erzeugt werden sollen. Ständig neu inszenierte «Krisen» sollen vom tatsächlichen Geschehen und von grundlegenden Fragen ablenken.
Seite an Seite mit den USA und in fast sklavischer Gefolgschaft zu ihnen brechen Regierungen von EU-Staaten und die Nato seit vielen Jahren das Völkerrecht. Wir Bürger europäischer Länder nehmen Anteil am Schicksal aller Menschen und Völker, die darunter gelitten haben und leiden.
Der Krieg gegen Jugoslawien 1999 war der Sündenfall. Monatelange Sanktionen gegen Österreich im Jahr 2000 wollten eine demokratische Wahl und Regierungsbildung zu Fall bringen. 2004 sowie 2013 und 2014 hat sich mit den USA auch die EU massiv in die inneren Angelegenheiten der Ukraine eingemischt und mit dazu beigetragen, dass dort – mitten in Europa – ein Krieg tobt. Der Umgang mit Griechenland seit dem Jahr 2010 demütigt ein ganzes Volk. Ein Volk, dessen Vorfahren in dem Land lebten, das die Geburtsstätte europäischen Denkens und kulturellen Schaffens ist.
Im antiken Griechenland entstand das erste kodifizierte europäische Recht. Politiker der griechischen Antike erkannten es als ihre Pflicht und die Pflicht aller, sich gegen das Unrecht einzusetzen. Griechische Philosophen legten die Fundamente wissenschaftlichen Denkens; sie rangen um die Grundfragen sozialer und politischer Ethik sowie um eine systematische Erziehungslehre. Der Arzt Hippokrates von Kos begründete im 5. Jahrhundert v. Chr. die medizinische Ethik, die ärztliches Handeln über Jahrtausende geprägt hat. Griechenland hat in Architektur und Kunst für Europa Massstäbe gesetzt, den Menschen als Massstab gesetzt und damit Entwicklungen angeregt, die noch heute ausgeschöpft werden.
Es waren Griechen, die schon vor 2500 Jahren die grundlegenden Prinzipien des europäischen Staatsmodells entwickelt haben: Demokratie, Gewaltenteilung und Naturrecht. Sie forderten, dass sich staatliches Handeln an einer Ethik messen lassen muss, die auf der menschlichen Natur beruht – damit es nicht in Despotie und Tyrannei abgleitet.
Es war der Grieche Aristoteles, der gesagt hat, dass in einem gerechten Staat das Geld kein Machtmittel sein darf.
Immer wenn reine Machtpolitik das «Recht des Stärkeren» durchsetzen wollte, führte dies die europäische Geschichte in den Abgrund von erbitterten Auseinandersetzungen und Kriegen.
Die Schärfe, mit der in Politik und Medien heute wieder Stimmung gegen einzelne Länder und Völker gemacht wird, weckt Erinnerungen an vergangene Katastrophen auf unserem Kontinent. Angesichts des weltweit existierenden atomaren Vernichtungspotentials ist jede Aufstachelung zu militärischer Konfrontation und Krieg, etwa gegen Russland, schierer Wahnsinn.
Die Geschichte Europas ist eine Geschichte des Unrechts und der Gewalt, aber auch eine Geschichte ihrer Überwindung aus eigener moralischer Einsicht und politischer Kraft. Die christlich-humanistische abendländische Tradition hat tragfähige Grundlagen für Rechtsgleichheit, Humanität und Anerkennung der Menschenwürde entwickelt. Immer wenn diese Grundlagen geschichtsmächtig geworden sind, wurde das Zusammenleben der Menschen und Völker friedlicher, gerechter und sicherer. Damit einher ging oft allgemeiner Wohlstand, sozialer Ausgleich und kultureller Aufschwung.
Europa ist geprägt durch eine reiche Vielfalt von Kulturen und Nationen auf kleinem Raum, von Kreta bis zum Nordkap, von Lissabon bis Jekaterinburg. Menschen in ganz Europa haben in mehr als 2500 Jahren in allen Bereichen vieles hierzu beigetragen.
Für das Zusammenleben in Frieden und Freiheit war die Rechtsentwicklung hin zu immer mehr Gerechtigkeit von grundlegender Bedeutung für Europa und die Welt.
Europa hat wesentlich dazu beigetragen, dass heute die Menschenrechte und die Grundsätze des Völkerrechts in internationalen Verträgen (Charta der Vereinten Nationen, Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) und in nationalen Verfassungen garantiert sind.
Treu und Glauben müssen wieder Grundlage allen menschlichen Zusammenlebens und politischen Handelns sein. Ohne dieses Prinzip gibt es kein Vertrauen in Verträge innerhalb der Staaten und zwischen den Staaten, und der Willkür ist Tür und Tor geöffnet. Steuerungsmechanismen («Governance») und Manipulationstechniken aller Art, die durch den Missbrauch psychologischer Methoden Menschen ohne vollständige und offene Information beeinflussen wollen, rauben dem Bürger die Möglichkeit der unabhängigen Meinungsbildung. Sie verletzen dadurch die Würde der Person und zerstören die Grundlage des politischen Dialogs und der Rechtsordnung.
Menschen sind fähig, mit ihrer Vernunft und ihrem Mitgefühl die notwendigen Grundorientierungen eines sittlichen und politischen Handelns zu erkennen und mitmenschlich zu denken, zu fühlen und zu handeln. Dies ist dem Menschen als Disposition gleichsam ins Herz geschrieben. Von Vernunft und Gewissen geleitet, sind diese Orientierungen dazu bestimmt, die Gesamtheit der sittlichen, rechtlichen und politischen Festlegungen, die das Leben des Menschen und der Gesellschaft leiten, grundzulegen. Sie garantieren die Würde der menschlichen Person angesichts vorübergehender Ideologien.
Wir werden, was als Recht erkannt worden ist und was als Recht gilt, nicht preisgeben; denn:
«Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.»
Beschlossen von den rund 300 Teilnehmern des internationalen XXIII. Kongresses «Mut zur Ethik», der dem Thema «Freiheit, Souveränität und Menschenwürde – Schutzwall gegen Despotie und Krieg» gewidmet war und der vom 4. –6. September 2015 in der Schweiz stattfand. Zu den Teilnehmern gehörten folgende Referenten aus dem In- und Ausland:
Dr. Zoltan Adorjan (Slowakei), Bob Barr (USA), Prof. Dr. Stanislas Bucyalimwe (Belgien/Demokratische Republik Kongo), Katalin Z. Csörszné (Ungarn), Nicole Duprat (Frankreich), Jürgen Elsässer (Deutschland), REV Dr. Joseph Emmanuel Seemanpillai (Deutschland/Sri Lanka), Altbischof Dr. Elmar Fischer (Österreich), Dipl. -Ing. Heinz Werner Gabriel (Deutschland), Dr. Marek Glogoczowski (Polen), Axel Grunow (Schweiz), Dr. Eike Hamer (Deutschland), Živadin Jovanovic (Serbien), Dr. Germán Muruchi Poma (Deutschland/Bolivien), Prof. Dr. Velimir Nedeljkovic (Serbien), lic. phil. Moritz Nestor (Schweiz), Manfred Paulus (Deutschland), Dr. Maria Isabel Pérez de Pio (Argentinien), Prof. DI Rudolf Pomaroli (Österreich), Inge Rauscher (Österreich), Dr. René Roca (Schweiz), Dr. Hans Wilde (Österreich), Willy Wimmer (Deutschland), Prof. DI Dr. Heinrich Wohlmeyer (Österreich).
© «Mut zur Ethik», Postfach 756, CH-8044 Zürich, E-Mail: mze@cybermail.ch
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