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Bhadrakumar: Indiens BRICS-Dilemma verschärft sich

Von M. K. Bhadrakumar 25. November 2023 - übernommen von indianpunchline.com
25. November 2023

Indian.jpgPakistans geschäftsführender Premierminister Anwaar-ul-Haq Kakar (L) trifft den russischen Präsidenten Wladimir Putin am Rande des 3. Belt and Road Forum in Peking, 18. Oktober 2023.

Das Unvermeidliche geschieht endlich, unaufhaltsam, da die neun Jahre alte Strategie der Regierung, Pakistan zu isolieren, zu dämonisieren und als einen Staat zu brandmarken, der den Terrorismus fördert, vor den Augen der Weltgemeinschaft zusammenbricht. Pakistan hat Neu-Delhi gerade den Mittelfinger gezeigt, indem es sich offiziell um die BRICS-Mitgliedschaft beworben hat.

Man kann davon ausgehen, dass die fähigen Diplomaten in Islamabad die notwendige Vorarbeit geleistet und das Wasser getestet haben, bevor sie den formellen Antrag abgeschickt haben. Dies geschieht im Gefolge der Initiative des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa, am 21. November 2023 eine außerordentliche gemeinsame BRICS-Sitzung zur Lage im Nahen Osten in Gaza einzuberufen, bei der Außenminister S. Jaishankar Premierminister Modi vertreten hat.

Jaishankars Äußerungen zeichneten sich dadurch aus, dass sie Israel nicht für seinen barbarischen Angriff auf den Gazastreifen als "kollektive Bestrafung" für den Hamas-Angriff vom 7. Oktober tadelten, den Indien als verabscheuungswürdigen Terrorakt verurteilt hatte. Stattdessen bezeichnete Jaishankar Israels Bombardierung des Gazastreifens als den "andauernden Konflikt zwischen Israel und der Hamas in Gaza"!

Die zentrale Frage eines sofortigen Waffenstillstands ließ er gänzlich außer Acht. Im Großen und Ganzen spiegelten Jaishankars Äußerungen fast vollständig die Haltung der Regierung Biden wider. Was jedoch den Atem raubte, war der Abschiedsgruß, den er dem BRICS-Publikum gab, indem er erklärte: "Die internationale Gemeinschaft ist heute mit einer sehr komplexen Situation konfrontiert, die viele Dimensionen hat. Wir müssen uns mit ihnen allen befassen und dabei Prioritäten setzen." (Auf der außerordentlichen gemeinsamen BRICS-Tagung wurde nicht, wie ursprünglich versprochen, eine gemeinsame Erklärung verabschiedet).

Möglicherweise zielte Jaishankars Stich auf Russland ab   – er ist ein hervorragender Schütze, wenn es darum geht, Pfeile hinter dem Baum abzuschießen   – und wurde in Moskau gebührend zur Kenntnis genommen. Alles in der Diplomatie hat einen Kontext, nicht wahr?

Als Pakistans geschäftsführender Premierminister Anwaarul Haq Kakar am 18. Oktober am Rande des Dritten Belt and Road Forum in Peking mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammentraf, um eine Reihe von Themen wie Naher Osten, Terrorismus und Lebensmittelsicherheit zu erörtern, war er der dritte pakistanische Premierminister, der im vergangenen Jahr mit dem russischen Präsidenten zusammentraf, während die wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern zunahmen.

Am 16. November besuchte der stellvertretende russische Außenminister Vershinin Pakistan, um einen bilateralen Dialog über die Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung zu führen; die russische Seite hat Muhammad Kamran Akhtar, Generaldirektor im Außenministerium für Rüstungskontrolle und Abrüstung, zu Gesprächen über "strategische Stabilität" nach Moskau eingeladen; außerdem hat der stellvertretende russische Außenminister den zusätzlichen Sekretär (Europa) des Außenministeriums, der dem stellvertretenden Außenminister entspricht, eingeladen, Mitte Dezember nach Russland zu kommen, "um einen Meinungsaustausch über die vielfältigen Beziehungen zwischen Russland und Pakistan zu führen."

Die bilateralen pakistanisch-russischen Konsultationen haben sich in den letzten Wochen spürbar intensiviert. Dies folgt auf die Entstehung einer virtuellen amerikanisch-indischen Quasi-Allianz, die zu einer veritablen geopolitischen Realität geworden ist. Russland ist auf dem besten Weg, seine Beziehungen zu Indien und Pakistan umzustellen.

Aus russischer Sicht ist Pakistan schon lange nicht mehr in seinem Fadenkreuz, aber aus Rücksicht auf die indische Sensibilität hat es diese Beziehung auf Sparflamme gehalten. Dies könnte sich jedoch ändern. Aus russischer Sicht ist Pakistan heute ein repräsentativeres Mitglied des Globalen Südens als Indien, das sich auf die Seite der USA geschlagen hat. Und die "Authentizität" Pakistans sollte, was nicht überrascht, eine wichtige Überlegung für Russlands aktuelle außenpolitische Strategien sein.

Es steht außer Frage, dass Pakistan ein aufrichtiger Befürworter der Multipolarität im internationalen System ist. Pakistan versucht nicht mehr, sich als "wichtiger Nicht-NATO-Verbündeter" [MNNA] der Vereinigten Staaten zu profilieren. Kurioserweise wurde Anfang dieses Jahres im US-Kongress ein Gesetzentwurf von Andy Biggs eingebracht, einem Abgeordneten, der Mitglied des republikanischen Hindu Caucus aus Arizona ist. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der US-Präsident dem Kongress eine Bescheinigung vorlegen muss, dass Islamabad bestimmte Bedingungen erfüllt hat, damit Pakistan den MNNA-Status behält. Aber das ist Islamabad völlig egal.

Russland hat sicherlich zur Kenntnis genommen, dass Pakistan ein aktives Mitglied der BRICS sein möchte, und aller Wahrscheinlichkeit nach hat Islamabad nach Konsultationen mit Moskau einen formellen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Pakistan genießt die Unterstützung Chinas sowie einiger der neuen Mitglieder, die im Januar aufgenommen werden   – insbesondere Saudi-Arabien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Indien steht vor der Qual der Wahl. Technisch gesehen hat Delhi die freie Wahl, den Antrag Pakistans abzulehnen, aber es ist illusorisch zu glauben, dass es mehrere Möglichkeiten gibt. Den Antrag Pakistans wegen angeblicher Unterstützung des Terrorismus zu blockieren, wird in diesen außergewöhnlichen Zeiten, in denen auch Indien wie „eine Katze auf dem heissen Blechdach“ ist, nur als ein Akt der Gereiztheit angesehen werden.

Unmittelbar nach dem kanadischen Vorwurf einer indischen Verwicklung in die Ermordung des khalistanischen Separatisten Nijjar folgt die angebliche Demarche der USA bei der indischen Regierung, die einen ähnlichen Vorwurf erhebt   – so eine Meldung der FT, die weithin als der Biden-Administration nahestehend gilt.

In einem Interview mit der BBC vor zwei Tagen wiederholte der FT-Berichterstatter seine Behauptung, dass ein Team aus Washington Delhi besucht habe, um Indien zu raten, von solchen kriminellen Handlungen Abstand zu nehmen. Unbekannt sei zum jetzigen Zeitpunkt nur, ob die angebliche Operation in letzter Minute abgeblasen wurde oder ob das FBI sie erfolgreich abgebrochen hat.

Eine solche Berichterstattung in den westlichen Medien schadet Indiens Selbstdarstellung als überzeugter Anhänger des Völkerrechts und als treuer Loyalist der "regelbasierten Ordnung" in hohem Maße. Im vorliegenden Fall mag es so aussehen, als würde Indien aus einem Glashaus heraus mit Steinen auf Pakistan werfen.

Warum gibt es innerhalb des BRICS-Zeltes einen solchen Meinungsumschwung zugunsten Pakistans? Ganz einfach: Es hat sich der Eindruck verfestigt, der von den westlichen Medien eifrig verbreitet wird, dass die Modi-Regierung ein widerwilliges Mitglied der BRICS-Gruppe ist.

Je mehr sich die BRICS bemühen, die von den USA dominierte Finanz- und Handelsarchitektur umzugestalten, desto größer werden die Vorbehalte Indiens gegenüber der Gruppierung. Der Kern des Problems besteht darin, dass Indien nicht mehr von den BRICS als einem Vehikel begeistert ist, das die von den USA dominierten internationalen Institutionen in Frage stellt, während sich Delhi mit dem Status quo zufrieden gibt, solange es von Washington als "unverzichtbarer Partner" akzeptiert wird.

Dieser Widerspruch ist nicht leicht aufzulösen. Logischerweise gehört Indien nicht mehr zu den BRICS. Aber auch ein Austritt aus den BRICS ist keine Option, da Indien von seiner Mitgliedschaft profitiert   – obwohl es kaum einen nennenswerten Beitrag zur Weiterentwicklung der Gruppierung leistet. Das Gute an der BRICS-Mitgliedschaft Pakistans wird sein, dass sie das Gleichgewicht innerhalb der Gruppe zugunsten einer transformativen Agenda verschiebt und sie homogener macht.

Quelle: https://www.indianpunchline.com/indias-brics-quandary-deepens/
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus

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