Russland wird wohl kein Getreide mehr an den Westen liefern
- Westliche Medien und Politiker verbreiten die Legende, dass Russland angeblich sowohl die eigenen Getreidelieferungen zurückhält, als auch den Getreideexport aus der Ukraine verhindert. Beides ist nicht wahr.
- von T. Röper Antispiegel 10. Juli 2022 05:00 Uhr
- Der Westen wirft Russland ständig vor, den Hunger als Waffe einzusetzen und Afrika als Geisel zu nehmen. Das ist nun endgültig nicht mehr haltbar, dafür wird der Westen sich überlegen müssen, wo er nun Getreide herabkommen soll.
Schöne neue Bitcoin-Welt
- Der Bitcoin eilt von einem Hoch zum andern. Erdacht als demokratisches Zahlungsmittel, ist er zum Spielball einer Elite von Spekulanten geworden.
- von Rüdiger Rauls
- Kinderjahre: Als Folge der Finanzkrise, die im Jahre 2007 begonnen hatte, erblickte der Bitcoin Ende 2008 das Licht der Welt, von Sathoshi Nakamoto aus der Taufe gehoben. Unter der Bezeichnung „Peer-to-Peer Electronic Cash System“ sollte er eine demokratische Alternative zum bestehenden Geldsystem sein.
Am Anfang stand eine Idee. Um es biblisch auszudrücken: „Am Anfang war das Wort.“ Tieferes Verständnis über Kapitalismus und das Geldsystem wurde ersetzt durch Idealismus. Man sah, dass „Banken und gar ganze Staaten durch ein falsch gestricktes Geld- und Finanzsystem wankten“(1). Sie waren nicht die einzigen, die sich diese Verwerfungen mit dem Augenscheinlichen erklärten, dem Geldsystem. Dieser Glaube wurde verstärkt durch die Geldschwemme, mit der die Märkte geflutet wurden zur Rettung der Banken.
Sind wir schon wieder so weit?
- von Karl-Jürgen Müller
- Am 30. September 1938, wenige Tage nach der Einigung der deutschen, italienischen, französischen und britischen Regierung auf das «Münchner Abkommen», erklärte der tschechoslowakische Außenminister Kamil Krofta gegenüber dem britischen, dem französischen und dem italienischen Botschafter in seinem Land:
«Im Namen des Präsidenten der Republik sowie meiner Regierung erkläre ich, dass wir uns den in München ohne uns und gegen uns getroffenen Entscheidungen unterwerfen. […] Ich will nicht kritisieren, aber das ist für uns eine Katastrophe, die wir nicht verdient haben. Wir unterwerfen uns und werden uns bemühen, unserem Volk ein ruhiges Leben zu sichern. Ich weiss nicht, ob von dieser in München getroffenen Entscheidung Ihre Länder Vorteil haben werden. Allein, wir sind nicht die letzten, nach uns werden andere betroffen werden.»
Der Präsident des Landes, Edvard Beneš, fand, dass es im Falle einer Ablehnung einen Krieg geben werde, der zwar ehrenhaft sei, «bei dem wir aber nicht nur unsere Selbstbestimmung verlieren, sondern das Volk ermordet wird». Man wollte zumindest den Kern des tschechoslowakischen Staates retten.
Sind wir schon wieder so weit? Vor 2 Wochen hatte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras entschieden, ein Ultimatum der Kreditgeber abzulehnen und dem griechischen Volk zur Abstimmung vorzulegen. Die Griechen haben dieses Ultimatum mit mehr als 60 Prozent abgelehnt … und in Europa keimte die Hoffnung wieder auf, dass die Demokratie in EU-Europa doch noch nicht tot sei.
Aber schon die ersten Reaktionen aus den Regierungen der anderen Euro-Staaten waren eine kalte Dusche. Den Griechen wurde keine Achtung für ihre Entscheidung entgegengebracht. Statt dessen Zynismus. In einer deutschen Talk-Schau hiess es von Seiten eines deutschen «Politikberaters», nun hätten die Griechen ja gegen die Pläne der anderen Euro-Regierungen entschieden … und selbstverständlich sei es auch das Recht eines jeden Volkes, in Würde unterzugehen.
Anstatt nach einem so deutlichen Abstimmungsergebnis eines ganzen europäischen Volkes erst einmal innezuhalten und nachzudenken, war die Parole unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Ergebnisses bei den politischen Eliten der anderen Euro-Staaten und in fast allen Mainstream-Medien dieser Staaten: Jauche schütten! Die Daumenschrauben weiter anziehen! Dem einen Ultimatum ein anderes folgen lassen!
- Karl-Jürgen Müller ist Lehrer im Süden Deutschlands. Er unterrichtet die Fächer Deutsch, Geschichte und Gemeinschaftskunde.
Startschuß für die größte Bürgerklage gegen die Inflationspolitik der EZB.
EZB – Klage
Beatrix von Storch ruft die Bürger im Interview mit der Online-Zeitung FreieWelt.net dazu auf, die EZB in einer Massenklage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen. Hintergrund: Die EZB hat angekündigt, Staatsanleihen kriselnder Staaten in unbegrenztem Umfang aufzukaufen. Im Interview mit FreieWelt.net gibt Frau von Storch Auskunft über die Klage.
Streicht die Schulden!
Conrad Schuhler
Die derzeitige Schulden- und Wirtschaftskrise ist kein Betriebsunfall des aktuellen Wirtschaftssystems. Sie ist die logische Folge der Gesetze dieses Systems. Wenn wir solche Krisen überwinden wollen, müssen wir die Strukturen unserer Wirtschaft ändern.
Verfassungsbeschwerde gegen die deutsche Zustimmung zur Aufnahme von EU-Schulden im Umfang von 750 Mrd Euro
- Es ist erstaunlich, wie mit offenen Augen Regierung und Bundespräsident die Rechte des Staates Deutschland missachten und uns über die EU und den Europäischen Gerichtshof in den totalen Ruin treiben. Auch wir Alten sind bereits im freien Fall.
Volksinitiative «Für den ESM-Austritt» – Eine Initiative stellt sich vor
Volksinitiative «Für den ESM-Austritt» – Eine Initiative stellt sich vor
Was ist der ESM?
Der Europäische Stabilitätsmechanismus, ESM, auch bekannt als europäischer Bankenrettungsschirm, ist ein internationales Finanzinstitut mit Sitz in Luxemburg. Mitglieder sind alle Eurostaaten. Gelenkt wird es ausschließlich von Regierungsvertretern der Mitgliedsstaaten, dem sogenannten Gouverneursrat. Er ist nicht demokratisch legitimiert, untersteht keiner demokratischen Kontrolle, dennoch bestimmt er über hunderte Milliarden von Steuergeldern der Mitgliedstaaten.
Von Gorillas und Hyänen: Ein Ex-Topmanager beleuchtet die Abgründe der neofeudalen Eliten
- Hans-Christian Lange gehörte selbst einmal zu den einflussreichen Kreisen, die über die Geschicke des Landes und der Welt bestimmen. Um nicht selbst zum Raubtier zu werden, wechselte er die Seiten. Mit seinem neuen Buch liefert er ein Psycho- und Soziogramm der herrschenden Geld- und Politikkaste und postuliert: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen.“ Im Interview mit den NachDenkSeiten spricht der Politikaktivist über Raffzähne, die sich in Bunkern verschanzen, verstoßene „Eimermenschen“ sowie neoliberale Ökos und Fundis. Seinen Optimismus bewahrt er sich trotzdem. Mit ihm sprach Ralf Wurzbacher.
-- "(...) Wir sehen jetzt schon, dass FDP und Grüne die nächste deutsche Regierung bestimmen. Damit dominieren zwei neue Politikkasten: neoliberale Ökos und neoliberale Fundis. Sie rekrutieren sich aus den urbanen Milieus der Lifestyle-Linken und der Lifestyle-Rechten und -Reichen. (...) Ich habe einmal nachgerechnet und neben das offizielle Wahlergebnis das sogenannte „ehrliche“ gelegt, das man auf die Gesamtbevölkerung hochrechnet: Danach vertreten die Grünen nur 8,3 Prozent, die FDP nur 6,4 Prozent der Bürger in Deutschland. Diese lächerlichen 15 Prozent treiben die Mehrheit moralisch und machtpolitisch vor sich her und verpassen ihr in den nächsten Jahren einen riesigen „politischen Fußabdruck“, der bleibende Blessuren hinterlassen wird.(...)"
-- "8.000 Münchner müssen jeden Monat die Stadt verlassen, 100.000 im Jahr, eine Million in zehn Jahren, nur weil sie finanziell nicht mehr mithalten. Sie reisen allerdings aus den Billigsiedlungen und Barackenzimmern draußen vor den Toren der Stadt jeden Morgen wieder an, um den alten Wohlstandsbürgern den Hintern abzuputzen, die Krankenhäuser am Laufen zu halten und die Schickeria in den Restaurants zu bedienen – und müssen danach schleunigst wieder aus der Stadt verschwinden.“
Zur Person
Hans-Christian Lange, Jahrgang 1957, war in den 1980er Jahren Kanzleramtsberater unter Helmut Kohl und Politikchef von Sozialminister Norbert Blüm (beide CDU), bis ihn der damalige Daimler-Boss, der führende Sozialdemokrat Edzard Reuter, engagierte. Wegen Menschenrechtsskandalen legte sich Lange in den 2010er-Jahren mit Führungsetagen der Automobilindustrie an. Für Aufsehen sorgte er als Gründer der ersten deutschen Band- und Leiharbeitergewerkschaft „Social Peace“ sowie als Aktivist der von Sahra Wagenknecht (Die LINKE) initiierten Protestbewegung „Aufstehen“, deren bayerischer Sektion er vorsteht. Von Lange erschien im Juli im Westend-Verlag: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Ein Insider entlarvt die neue Geld- und Politikkaste“
Herr Lange, Ihr Buch widmet sich dem Schalten und Walten einer aus Ihrer Sicht alles beherrschenden „Geld- und Politikkaste“, die im Gefolge des neoliberalen Umsturzes seit bald vier Jahrzehnten den Planeten samt Menschheit ihrer Selbstsucht, Macht- und Raffgier unterworfen hat. Blicken wir auf den Ausgang der Bundestagswahl: Wer betreibt in den nächsten vier Jahren den Niedergang von Demokratie, Rechtsstaat und allgemeinem Wohlstand in Deutschland?
Ich habe dazu eine provokante Vorhersage: Wir sehen jetzt schon, dass FDP und Grüne die nächste deutsche Regierung bestimmen. Damit dominieren zwei neue Politikkasten: neoliberale Ökos und neoliberale Fundis. Sie rekrutieren sich aus den urbanen Milieus der Lifestyle-Linken und der Lifestyle-Rechten und -Reichen. Beide vertreten einen hohen Macht- und Moralanspruch – mit dem unverschämt großen CO2-Fußabdruck der Bessergestellten. Sie haben in der Corona-Krise kräftig von dem Boom an Betongold und Aktien profitiert – was ebenfalls typisch ist für eine „Gauche caviar“.
Aber sie sind totale Minderheiten. Ich habe einmal nachgerechnet und neben das offizielle Wahlergebnis das sogenannte „ehrliche“ gelegt, das man auf die Gesamtbevölkerung hochrechnet: Danach vertreten die Grünen nur 8,3 Prozent, die FDP nur 6,4 Prozent der Bürger in Deutschland. Diese lächerlichen 15 Prozent treiben die Mehrheit moralisch und machtpolitisch vor sich her und verpassen ihr in den nächsten Jahren einen riesigen „politischen Fußabdruck“, der bleibende Blessuren hinterlassen wird…
Meinen Sie nicht eigentlich „Arschtritt“? Aber so eine Gangart ist einem Kuschelbär wie Grünen-Co-Chef Robert Habeck doch gar nicht zuzutrauen.
Habeck passt voll in das Schema der „Gauche caviar“. Warum? Diese Kaste ist kosmopolitisch orientiert und dadurch separatistisch veranlagt. Das heißt: Sie koppelt sich, wenn es eng und der Boden heiß wird, skrupellos vom Heimatstandort ab. Dazu passt Habecks Sich-Outen: „Ich wusste mit Deutschland noch nie etwas anzufangen (…). Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen.“
Das sehen meine Bandarbeiter anders: Sie gehen notgedrungen mit ihrem Land durch dick und dünn. Sie malochen schon die ganze Krise über für das deutsche Sozialprodukt – eng gedrängt am Band oder in den Fleischfabriken – aber sie hoffen auf diesen Staat. Sie haben keinen Alternativstandort oder einen besseren Alternativjob im Ausland. Sie sind das „petit peuple“, keine entfesselte Elite – die sich wie das entfesselte Kapital jederzeit über Grenzen absetzt. Noch schlimmer: Diese privilegierte kosmopolitische Elite hat das „petit peuple“ in der Krise in ihren kleinen engen Wohnungen und Baracken eingesperrt, während sie sich selbst im Homeoffice abgeschirmt oder mit Privatjets überallhin abgesetzt hat. Für die Bandarbeiter ist Habeck ein Separatist – und er hat in ihren Augen gut lästern …
Und was ist mit Olaf Scholz und seiner Sozialdemokratie? Der ist ja der „kleine Mann“ seit Urzeiten ans Herz gewachsen, zumindest im Umfeld von Wahlen. Diesmal hat die SPD sogar der Linkspartei haufenweise Wählerinnen und Wähler abgejagt. Ist das „petit peuble“ nur zu vergesslich? Oder einfach zu doof?
Zu Scholz sage ich nur: Er hat mit Gerhard Schröder das neoliberale Hartz-IV durchgepaukt, sein Staatssekretär Jörg Kukies ist ein „Chicago-Boy“ und ehemaliger Goldfinger, womit ich seine Vergangenheit als Goldman-Sachs-Manager meine. Die Erfolgsbilanz beider umfasst unter anderem: Cum-Ex und Wirecard, was die offensichtliche Verstrickung in die Finanzoligarchie und das entgrenzte Kapital aufdeckt. Auch wenn Scholz sich mit Ach und Krach und wegen kollabierender Konkurrenten als Erster ins Ziel gerettet hat, so wird er im weiteren Verlauf das halbtote Pferd SPD vollkommen zu Tode reiten.
Hat sich die „Berufung“ von Gestalten wie Scholz, Habeck und Baerbock schon biographisch abgezeichnet?
Ja, nehmen wir das Beispiel Annalena Baerbock. Sie ist so neoliberal geprägt, wie Maggie Thatcher es war. Baerbock studierte an der London School of Economics – einer Kaderschmiede des Großmeisters der Neoliberalen, Friedrich von Hayek. Der war für Thatcher das Vorbild ihrer kapitalistischen Revolution. Kein Wunder, dass Baerbock sich im Wahlkampf mit der Wallstreet-affinen Hillary Clinton vergleicht. Und tatsächlich: Die Grünen unter Habeck/Baerbock treiben für ihren Wahlkampf die größten Einzelspenden aller Parteien ein – die natürlich nicht von Leiharbeitern stammen, sondern von einem Milliardär. Das entlarvt diese Partei aus Sicht der kleinen Leute mehr als alles andere. Wie mein Buchtitel bereits warnt: An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen!
Dann könnte es schon zu spät sein. Oder auch nicht: Schließlich werden sich wenigstens Baerbock und Habeck ordentlich fürs Klima ins Zeug legen. FDP-Chef Christian Lindner vielleicht nicht ganz so…
Sie alle werden eine Umwelt- und Klimapolitik durchdrücken, die sich die besseren Schichten locker leisten können, die aber die unteren umso härter trifft. Das heißt: Miet- und Energiepreise und Treibstoffwucher heizen die Inflation weiter an, die schon einmal in der deutschen Geschichte Unter- und Mittelschichten enteignet hat. Neoliberale Ökos und neoliberale Fundis werden den Osten Deutschlands besonders hart abstrafen, weil er nicht grün und gelb genug gewählt hat, und ihm die Braunkohle rasch abschalten – auch wenn China pro Monat acht neue Kohlekraftwerke aufmacht.
Also wird wieder eine Minderheit Klimaschutz und höhere Moral wie eine Monstranz vor sich hertragen, während der Rest durch den Rost fällt. Deshalb haben die Arbeiter schon vor Corona auf unseren Demos in München einen angeblichen Ausspruch von Königin Marie Antoinette abgewandelt: „Wenn Ihr kein Geld fürs Dieselauto habt, kauft Euch doch einen Elektroporsche!“
Das zweite Kapitel Ihres Buches prophezeit „Grausame statt goldene 20er-Jahre“ und liefert eine Abgrenzung zwischen den oberen Zehntausend und dem gemeinen Fußvolk, nicht nur entlang finanzieller und damit verbundener Trennlinien. Sie bringen daneben biologische Abweichungen ins Spiel und schreiben von „Ratten“, „Krebs-“ und „Eimermenschen“. An dieser Stelle dachte ich: Jetzt treibt es Lange zu weit …
Wir stehen am Anfang neuer 20er-Jahre. Sie ähneln denen des vergangenen Jahrhunderts, als apokalyptische Reiter unterwegs waren: Auch damals wütete eine Pandemie, die Spanische Grippe, auch damals schwelgten und protzten Kriegs- und Krisengewinnler wie Jeff Bezos und Elon Musk öffentlich und provozierten beim Rest der Gesellschaft Ressentiment und Hass. Das schlug damals genauso in Verschwörungstheorien und Vergiftung des politischen Klimas um. Auch damals verrieten die Parteien der Mitte am Schluss ihre Klientel und die Demokratie – und die Linke versagte.
Sie haben recht: Tatsächlich greife ich im Buch krasse Phänomene politischer Diskriminierung und sozialer Perversion auf. Zum Beispiel halten sich heute die Milliardäre unseres Landes Leiharbeiter als sogenannte Eimermenschen. Unsere liberale Öffentlichkeit schaut aber lieber weg und pflegt Orchideenthemen wie „Gendersprache“, was es den Untersten in der Nahrungskette des Kapitalismus noch schwerer macht, ihre Anliegen auszudrücken.
In Ihrem Buch schildern Sie, wie die Reichen und Mächtigen ihr Möglichstes tun, sich den Anblick des Elends, das sie selbst erschaffen haben, zu ersparen, etwa mit „neuen deutschen Schutzbunkern“. Wie erfolgreich sind sie dabei?
Sehr erfolgreich! Die Finanz – und Immobilienmärkte boomen durch das Wahlergebnis noch mehr als zuvor schon. Ihre Teilhaber, die rechte wie linke Bohème, bereichern sich automatisch von Tag zu Tag und sozusagen im Schlaf – während der Rest der Bevölkerung um den Schlaf gebracht wird. Im ersten Jahr der Corona-Krise haben die Konzerne fast 300.000 Leiharbeiter entlassen – ohne Entschädigung und ohne Arbeitslosengeld. Ich gebe zu: Innerhalb dieser verzweifelten Massen von Ohnmächtigen und politisch Unsichtbaren, die besonders häufig von Covid-19 befallen wurden, kursieren üble Verschwörungstheorien gegen die Oberen.
Ich weiß aber, dass die obersten Kreise noch krimineller vorgehen: Zuerst vergiften sie das Klima ihres Landes. Aktuelle Enthüllungen überführen Facebook und Co. eines neuen Klassenkampfs: Reiche und Einflussreiche verbreiten, unterstützt von den Algorithmen der Tech-Konzerne, ungehindert Hass, während diese den Normalbürgern solche Botschaften weglöschen. Dadurch vergiften sie die Gesellschaft von oben.
Was aber für sie selbst nicht ohne Folgen bleibt?
Richtig. Die Privilegierten werden logischerweise zum Opfer ihrer eigenen Botschaften: Vor der Bundestagswahl haben die deutschen „Onepercenter“, also das oberste Prozent, aus Paranoia und Panik neue Rekordsummen ins Ausland transferiert, in diesem Jahr erneut rund 100 Milliarden Euro, obwohl Deutschland das Geld nach der Krise dringend benötigt. US-Amerikanische Investoren bieten für reiche Separatisten sogar Luxusappartments in Bunkerbauten an – auch in Deutschland. Das zeigt: Diese Klientel hat klare Schlussfolgerungen aus der bisherigen Pandemie gezogen. Sie will sich bei der nächsten Krise oder möglichen sozialen und politischen Verwerfungen möglichst risikolos absetzen und sich gegen sogenannte Querulanten und Aktivisten genauso wie gegen Viren immunisieren. Darum wird sie sowohl Beatmungsgeräte wie medizinisches Personal, aber auch Bodygards gleich mit in ihre Refugien nehmen.
Das lässt sich doch durchaus optimistisch wenden: Wenn sich dem, wie Sie schreiben, „Klassenkampf von oben“ dann doch einmal eine soziale Revolution widersetzt, muss man die dann Entmachteten nicht mal mehr verjagen.
Das mag sein, aber so weit sind wir noch nicht. Bis dahin wird der Kampf von Oben gegen Unten geführt. Im neuen deutschen Bonzenzentrum München nimmt die neofeudale Schickeria den Arbeitern jetzt nicht nur die Arbeit, sondern auch das Zuhause weg. Sie selektiert in den Hotspots der „Nouveaux riches“ skrupellos Normalverdiener aus. Das Pikante daran: In Schwabing, dem ehemaligen Revoluzzer-Quartier der Arbeiter und Anarchisten, in dem Lenin zur Jahrhundertwende untertauchte und Kurt Eisner die „Bolschewistische Sowjetrepublik Bayern“ ausrief, bekämpfen heute weder kapitalistische Wohnkonzerne noch eine rechte Guerilla die Arbeiter. Das sind vielmehr Lifestyle-Linke und -Rechte, die das schmutzige Geschäft erledigen. Sie besetzen unorthodox via Wucherwettbewerb die Häuser und Wohnungen, um sie dann sogar teilweise leerstehen zu lassen. Denn Mieter bringen zu wenig Rendite und wohnen den teuren Bestand nur ab.
Linksliberale Bourgeoisie und Bohémiens, die „Bobos“, tauschen so das „petit peuple“ Stück für Stück sozialdarwinistisch aus: 8.000 Münchner müssen jeden Monat die Stadt verlassen, 100.000 im Jahr, eine Million in zehn Jahren, nur weil sie finanziell nicht mehr mithalten. Sie reisen allerdings aus den Billigsiedlungen und Barackenzimmern draußen vor den Toren der Stadt jeden Morgen wieder an, um den alten Wohlstandsbürgern den Hintern abzuputzen, die Krankenhäuser am Laufen zu halten und die Schickeria in den Restaurants zu bedienen – und müssen danach schleunigst wieder aus der Stadt verschwinden.
Wie tief gehen Ihre persönlichen Einblicke in die Kreise der herrschenden Geld- und Politikkasten?
Die meisten Mitbürger haben dort leider zu wenig Einblicke in die oberen Etagen und was da abgeht. Als ich in die streng abgeriegelten innersten Zirkel der Wirtschafts- und Finanzelite Deutschlands und Europas vorgestoßen bin, war das für mich wie eine Expedition in ein hermetisch abgeriegeltes Biotop, in dem sich eine seltene Spezies aufhält. Ich erlebte dort, wie oberste Kreise von Reichen und Einflussreichen sich durch Herrschaftswissen ungeheure Vorteile gegenüber der Normalbevölkerung verschaffen – die Grundlage für ihre heutige Machtzusammenballung. Dort begegnete ich mehreren Exemplaren einer neuen Spezies: nämlich derjenigen des radikalen Kapitalismus des 21. Jahrhunderts.
Einer von ihnen war der als „Hyäne“ bezeichnete CEO von Daimler-Benz, Jürgen Schrempp, ein anderer der „Gorilla“ und Boss von Lehman Brothers, Richard Fuld. Die Wallstreet-Insider betitelten ihn so wegen seiner besonders rüden Managementmethoden. Fuld verkörperte in den USA, wofür inzwischen auch eine neue Generation deutscher Manager steht: Den Typus des sozialdarwinistisch geprägten Unternehmensanführers.
Die Frage muss man Ihnen einfach stellen: Versuchen Sie in Ihrer Rolle des Sozial- und Politaktivisten Ihre eigene Vergangenheit als früherer Topmanager und Politikberater abzuschütteln? Als eine Art Wiedergutmachungstour?
Nein, ich schließe nur an früher an, als ich mit Schichtarbeit mein Studium verdiente, als ich als junger Typ zum Betriebsrat gewählt wurde und literarische Preise für sozialkritische Texte bekommen habe. So habe ich immer wieder versucht, den Stummen und Ohnmächtigen eine Stimme zu geben. Aber ich bin auch auf Abwege geraten, als ich in die oberen Etagen vorgedrungen bin. Dort habe ich versucht, gemischte Raubtiergruppen in Schach zu halten. Dabei wendet man aber automatisch niedere Instinkte an, um zu überleben, ja man wird teilweise selbst zum Raubtier. Ich erlebte eine Welt von Menschenverachtung, Skrupellosigkeit und Null-Solidarität. Wer angebissen wird, wird schleunigst entsorgt. Auch ich wurde angebissen und habe mir schwere Blessuren zugezogen. Es waren die Arbeiter, die mich mit ihrer Solidarität gerettet haben. Ihnen bin ich bis heute verbunden. Und darum versuche ich, all die abstoßenden und bitteren Erfahrungen und Einsichten weiterzugeben.
Ihren Worten, so wie auch Ihrem Buch, merkt man eine große Wut und Verbitterung an. Sie haben wirklich Angst vor dem, was in vielleicht schon naher Zukunft bevorsteht. Richtig?
Ich rechne in der Tat damit, dass irgendwann die Verschwörungstheorien von oben und unten und die toxischen Reaktionen in politische Realität umkippen – so wie in den 1920er-Jahren. Dann werden die deklassierten unteren Schichten und die ausgequetschten Mittelschichten selbst zu apokalyptischen Reitern und kehren zurück, um mit Hass und Gewalt die Lifestyle-Zonen und -Verstecke zu zerstören – so wie Teile der Gelbwesten vor drei Jahren das Zentrum von Paris demoliert und fast den Élysée-Palast gestürmt haben.
Übrigens geht in diesen Tagen wieder Angst im Palast des Monsieur Macron um. Der Grund: Die Energie- und Heizkosten schießen in Frankreich durch die Decke. 2018 hatte die CO2-Steuer schon einmal die Massen zum monatelangen Aufstand aufgeputscht. Jetzt muss Macron wieder mit dem Gespenst der Gelbwesten zu Bett gehen – weil ihn das die Wahl im nächsten Jahr kosten kann. Die neoliberalen Kasten müssen sich etwas einfallen lassen – oder sich in ihre Verstecke flüchten. Wir müssen uns ebenfalls etwas einfallen lassen und uns neu von unten organisieren.
Bisweilen hatte ich beim Lesen den Eindruck, dass Sie, gerade mit Blick auf Deutschland, die nach meinem Empfinden äußerst kümmerliche Protest- und Widerstandskultur ein Stück weit verklären. Woher nehmen Sie den Optimismus, dass die Deklassierten in absehbarer Zukunft das Heft des Handelns an sich reißen?
Von Oskar Lafontaine habe ich gelernt, dass man nicht mit dem Finger schnippen kann und damit prompt eine Widerstandsbewegung formiert. Das läuft so nicht in der Politik – wie die Geschichte lehrt. Aber einiges weist darauf hin, dass die Lage sich von allein zuspitzt. Wenn ich die Situation der Arbeiter betrachte, dann rumort es stark unter der Oberfläche – auch deshalb, weil sich noch niemals in der Geschichte der Menschheit eine kleine Kaste derart vom Rest der Menschheit abkoppeln und abschirmen konnte.
Das geht nur noch eine Weile gut. Denn Inflation und Missmanagement, Verschuldung und Korruption mobilisieren nicht nur bereits Deklassierte, sondern ebenso die Mittelschichten. In ihren Augen versagen die Politik- und Geldkasten angesichts immer neuer apokalyptischer Reiter: Sie haben vor der Corona-Krise versagt, dann in der Flutkatastrophe und aktuell beim Fall von Kabul. Und sie werden die soziale Frage wieder nicht lösen.
Wo bleibt bei all dem Raum für Hoffnung?
Sie fragten, woher ich meine Zuversicht nehme? Aus der Tatsache, dass noch 2019 die größten Protestwellen weltweit seit dem 2. Weltkrieg ausgebrochen sind – die erst die Viruswelle und der Ausnahmezustand unter sich begraben haben. Wir werden jetzt daran gehen, einen neuen Gemeinsinn, eine neue Solidarität und einen neuen Widerstand von unten aufzuziehen. Das heißt, kommunitaristische Werte den neoliberalen, separatistischen Werten knallhart entgegenzustellen. Darum bauen wir die Arbeitergewerkschaft Social Peace jetzt zu einer größeren politischen Plattform aus. Dann wird sich zeigen, wer auf welcher Seite der Barrikade steht. Wenn wir das nicht tun, werden sich Hass und Gewalt weiter wie ‚unguided missiles‘ in die Gesellschaft hineinbohren und sie vergiften und spalten.
Warum BRI 2023 mit einem Paukenschlag zurückkommt
- Während Pekings „Gürtel und Straße“-Initiative (Neue Seidenstrasse - Belt and Road) in ihr 10. Jahr geht, hat eine starke chinesisch-russische geostrategische Partnerschaft die BRI im globalen Süden wiederbelebt.
- Von Pepe Escobar 06. Januar 2023 – mit Dank übernommen von thecradle.co
- Das Jahr 2022 endete mit einem Zoom-Call, um alle Zoom-Calls zu beenden: Die Präsidenten Wladimir Putin und Xi Jinping besprachen in einem exklusiven Videoanruf alle Aspekte der strategischen Partnerschaft zwischen Russland und China.
Werden die Schweizer ihr Gold zurückverlangen?
- von Ron Paul*
- Am 30. November werden die Stimmberechtigten in der Schweiz an die Urne gehen, um in einer Volksabstimmung über Gold abzustimmen. Zur Abstimmung stehen Massnahmen, mit welchen der Schweizerischen Nationalbank SNB weitere Goldverkäufe untersagt werden und Schweizer Gold in die Schweiz zurückgeführt werden soll und mit denen sie beauftragt wird, mindestens 20 Prozent der SNB-Vermögenswerte in Gold zu halten. Ausgehend von der Stimmung in der Bevölkerung, die Bewegungen in den Vereinigten Staaten, Deutschland und Holland ähnlich sind, ist diese Abstimmung ein Versuch, bei der SNB, der schweizerischen Zentralbank, mehr Aufsicht und Rechenschaftspflicht zu erwirken.
Antrieb für die schweizerische Volksabstimmung ist eine Grundströmung der Unzufriedenheit, nicht nur mit der Geld- und Währungspolitik, sondern auch mit der schweizerischen Bankpolitik. Die Schweiz mag ein kleines Land sein, aber es ist ein Volk, das stolz auf seine Unabhängigkeit und seine Geschichte des Widerstandes gegen die Tyrannei ist. Die berühmte Legende von Wilhelm Tell verkörpert den Kern des schweizerischen Nationalcharakters. Aber kein tyrannisches Regime in der Geschichte hat die Schweiz so sehr kujoniert wie die Regierung der Vereinigten Staaten in den letzten Jahren.
Die Schweizer Tradition des Bankgeheimnisses ist legendär. Die Wirklichkeit allerdings ist, dass das Bankgeheimnis tot ist. Länder wie die Vereinigten Staaten waren nicht bereit, die Regierungsausgaben in Grenzen zu halten, aber die Möglichkeiten, um diese Ausgaben zu finanzieren, gehen ihnen aus. Eine zusätzliche Besteuerung ihrer Bevölkerung ist politisch schwierig, die massive Ausgabe von Staatsanleihen hat die Anleihenmärkte befriedigt, und so erweisen sich kleinere Länder wie die Schweiz, die den Ruf bekamen, «Steuerparadiese» zu sein, als einfachere Angriffsziele.
Man darf nicht vergessen, dass «Steuerparadies» nur eine Bezeichnung für ein Land ist, das den Leuten erlaubt, mehr von ihrem eigenen Geld zu behalten, als dies die USA oder die EU tun, und das nicht versucht, entweder seine Bürger oder seine ausländischen Kontoinhaber zu plündern. Aber in den letzten paar Jahren erlebte man einen konzertierten Versuch der USA und der EU, unter Einsatz ihres enormen finanziellen Einflusses sehr hart gegen diese kleineren Länder durchzugreifen, um sie zu zwingen, ihnen Kontodetails auszuhändigen, damit sie mehr Steuereinnahmen gewinnen.
- Quelle: Ron Paul Institute for Peace and Prosperity
- https://www.ronpaulinstitute.org
- Übersetzung: Übersetzung Zeit-Fragen, 2014 © Zeit-Fragen. Alle Rechte reserviert.
- http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=1932
Wie der Westen seine Kinder verschlingt
- Die Revolte des einfachen Volkes gegen die globalisierte Oberschicht
- von Thierry Meyssan, Voltaire Netzwerk | Damaskus (Syrien) | 4. 12. 2018
Wie die USA ihre europäischen Kolonien ausbeuten
- von Anti-Spiegel 28. Januar 2023 07:00 Uhr
- Die EU-Staaten sind faktisch Kolonien der USA und derzeit wird besonders deutlich, wie die USA ihre europäischen Vasallen buchstäblich aussaugen. Aber gibt es für Europa noch einen Ausweg, oder ist sein Schicksal besiegelt?