Seniora.org - Schule & Bildung

Ende des Afghanistankrieges, Ende der Machtphantasien?

Die deutsche Regierung ruft - mit höchster Alarmstufe und Dringlichkeit- deutsche Staatsbürger aus Afghanistan zurück.
Von Dr. Barbara Hug, 20.8.21
Gleich vorweg: Trotz schwerster und unübersehbarer Niederlage wird diese kein Ende der Machtphantasien der USA oder Deutschlands bedeuten.

Auch am Ende des Vietnamkrieges trat kein Überdenken der Rolle der USA als Kriegsmacht, als einzige Weltmacht ein. Auch am Ende des ersten Weltkrieges musste die Dolchstosslegende dafür gebastelt werden, die Niederlage in einen Sieg umzudeuten: Auf dem Felde unbesiegt. "Verräter". die am eigentlichen "Sieg" zweifelten, wurden ermordet. Der zweite Weltkrieg war dann die Fortsetzung des ersten Weltkrieges, um die "Schande", die die Versailler Verträge für Deutschland bedeuteten, wieder zu tilgen.

Im Zweiten Weltkrieg war die militärische Niederlage spätestens seit Stalingrad absehbar, für jedermann. Und hohe Militärs sollen sich ja besonders dadurch auszeichnen, in strategischen Kategorien zu planen. Weit gefehlt, auch beim zweiten Weltkrieg. Die Niederlage war absehbar.

Krokodilstränen à la Kramp-Karrenbauer.... es ist schon bitter... zeigen nur, wie wenig realistisch die Situation in Afghanistan in den letzten 20 Jahren, seit Beginn des Krieges, erfasst worden war. Auch sehr bitter, sehr bitter, vor allem für die Opfer des Krieges. Doch das bleibt ungesagt.

Werner Otto Müller-Hill, Vater des unbestechlichen Genetik-Professors Benno Müller-Hill, legte in einem Kriegstagebuch von 1944-45 seine Eindrücke nieder. Seine täglichen Erfahrungsberichte legen Zeugnis davon ab, wie klar die Niederlage des deutschen Reiches für jedermann ersichtlich im Raum stand. Doch sie wurde geleugnet. Worin besteht der Zweck dieser Leugnung? Sein Buch "Man hat es kommen sehen und ist doch erschüttert"bietet reichhaltige Schilderungen für Interessierte und Friedensbewegte. Müller-Hill, der Vater, spricht von geschlossenen Blasen, von Monaden, in denen die deutsche Heeresführung lebte. Parallelen zu heute?

Für den ersten Weltkrieg schreibt Adolf Gasser, Schweizer Historiker, von einem kollektiven Grössenwahn, von einem irrational überhöhtem Kraftbewusstsein, eine in einem mythischen Glauben wurzelnde eigene Unbesiegbarkeit.

Der Zweck und die Funktion der Leugnung muss in jedem Fall durchleuchtet werden, nicht nur von der psychologischen Seite her, sondern auch von der innenpolitischen.

Hier dürfte der Machtwahn an erster Stelle stehen, vor allem wenn die Allmacht gefährdet scheint.

Dr. Barbara Hug

"Die Lehrer fühlen sich als Deppen"

Ökonom Mathias Binswanger rät, die Übung ganz abzublasen. Bloss abspecken reiche nicht. Mitte November präsentiert die Erziehungsdirektorenkonferenz der Deutschschweiz den überarbeiteten Lehrplan 21.
von Kari Kälin
Neue Luzerner Zeitung, 18.10.

Binswanger

"Der Lehrplan strotzt vor nichtssagenden Worthülsen"

Mathias Binswanger, in mehreren Kantonen, zuletzt Schwyz, wurden Initiativen gegen die Einführung des Lehrplans 21 lanciert. Überrascht Sie der Widerstand?

Mathias Binswanger: Nein. Es hat mich höchstens erstaunt, dass er sich nicht früher formiert hat. Erst nachdem im Kanton Baselland kritische Stimmen laut wurden, realisierte eine breite Öffentlichkeit, dass die Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz mit dem Lehrplan 21  ein zwar gigantisches, aber praxisuntaugliches Werk installieren will.

Aber es macht doch Sinn, schweizweit einheitliche Lernziele zu definieren.

Binswanger: Aber nicht so, wie das im Lehrplan 21 geschieht. Es ist ein Wahnsinn, auf 557 Seiten 4753 Kompetenzen zu formulieren. Es ist ein Wahnsinn, den  Unterricht von oben herab bis in jedes Detail zu steuern und die Lehrer mit detailliert formulierten Kompetenzen zu normieren. Eine Vereinheitlichung hat ihren Preis. Wenn die Lehrer, deren Beruf ohnehin schon an gesellschaftlichem Prestige verloren hat, ihren Unterricht nicht mehr frei gestalten dürfen, dann sinkt ihre Motivation, der Lehrerberuf wird noch unattraktiver. Falsch ist sodann der Weg hin zur sogenannten „Kompetenzorientierung“. Man kann nicht kompetent sein ohne Wissen.

http://schuleschweiz.blogspot.ch/2014/10/die-lehrer-fuhlen-sich-als-deppen.html?showComment=1413734530171

"Die Wahrheit ist auf unserer Seite". Nikolai Patruschew über den Zeitpunkt der Sonderoperation

Mit welchen Bedrohungen Russland konfrontiert ist und wie lange die Sonderoperation fortgesetzt werden kann, erklärt der Sekretär des Sicherheitsrates Nikolai Patruschew gegenüber AiF.
Interview 24. Mai 2022 von Gleb Ivanov, AiF.ru
Die Sonderoperation in der Ukraine hat die Konfrontation Russlands mit den westlichen Ländern unter Führung der Vereinigten Staaten auf einen Höhepunkt gebracht. Die Kämpfe spielen sich nicht nur in den Weiten der Ukraine ab, sondern auch auf wirtschaftlicher, politischer und kultureller Ebene.

"Er ist oft krass": Valerie ist die Tochter von Deutschlands "strengstem Lehrer"

"Er ist oft krass": Valerie ist die Tochter von Deutschlands "strengstem Lehrer"

22.09.2006

Fleiß, Anstand und Gehorsam: Diese Tugenden sieht Dr. Bernhard Bueb (67) in der heutigen Erziehung grob vernachlässigt. Letzte Woche erschien sein Buch "Lob der Disziplin  – Eine Streitschrift"*, in dem der Philosoph und Theologe das deutsche Erziehungswesen kritisiert.

"Mobbing ist kein Kinderspiel" – Arbeitsheft zur Prävention in Kindergarten und Schule

"Mobbing ist kein Kinderspiel"  – Arbeitsheft zur Prävention in Kindergarten und Schule

Autorenteam Stefan Valkanover, Françoise D. Alsaker, Andrea Svrcek und Marianne Kauer

zf. Das hochkompetente Autorenteam Stefan Valkanover, Françoise D. Alsaker, Andrea Svrcek und Marianne Kauer hat ein Handbuch für Kindergärtnerinnen und Lehrer zum Berner Präventionsprogramm gegen Mobbing und andere Gewaltformen im Kindergarten und in der Schule ausgearbeitet, das seinesgleichen sucht.

"Sie wollen Russland in Moskowien verwandeln". Nikolai Patruschew über den Westen und die Ukraine

Ein Interview von Vitaly Tseplyaev, aif.ru mit Nikolai Platanowitsch Patruchew
Ein Interview von Vitaly Tseplyaev, aif.ru mit Nikolai Platanowitsch Patruchew
"Die amerikanische Regierung, die mit dem Großkapital verbündet ist, dient den Interessen der multinationalen Konzerne, einschließlich des militärisch-industriellen Komplexes. Die aggressive Außenpolitik des Weißen Hauses, die ungezügelte Aggressivität der NATO, das Entstehen des Militärblocks AUCUS und andere sind ebenfalls die Folge des Einflusses von Unternehmen. Der Entwurf des amerikanischen Haushaltsplans für 2023 ist der beste Beweis für die Pläne Washingtons, neue Kriege zum Nachteil des Wohlergehens der eigenen Bürger zu entfesseln. Die Hälfte der 1,7 Billionen Dollar der geplanten Ausgaben der Bundesregierung ist für die Verteidigung vorgesehen - mehr als 850 Milliarden Dollar. Allein für die Fortsetzung der Feindseligkeiten in der Ukraine und die Verlängerung des Konflikts sind fünfundvierzig Milliarden vorgesehen."

“Dann frage ich halt die Eltern”

Fragen sind das Vorzimmer des Verstehens. Heute aber dürfen Schulkinder ihre Lehrerin oft kaum mehr fragen. So will es ein neues Paradigma. Ein Zwischenruf.
Von Carl Bossard
Journal21 02.07.2018
Unerwartetes vernimmt, wer Kinderärzte (1) reden hört oder mit Schulpsychologinnen und Sozialpädagogen spricht: Sie behandeln in ihrer Praxis immer mehr Kinder mit psychosomatischen Problemen wie Bauchweh und chronischen Kopfschmerzen. Schülerinnen und Schüler leiden vermehrt unter Schulangst, manche zeigen ein auffälliges Verhalten. Die jungen Patienten leiden zunehmend an Beschwerden, für die es keine somatische Lesart gibt. (2)

«An die Kinder hat niemand gedacht»

Der Landbote hat ein Interview mit der Schulleiterin Isabella Okle geführt
Deborah Stoffel/Landbote: 03.12.2020, 05:30
Isabella Okle, Schulleiterin in Neuhegi, möchte, dass die Masken aus der Schule so bald wie möglich verschwinden. Man habe bei den Corona-Massnahmen nicht an die psychischen Folgen für Kinder gedacht, sagt sie.

Isabella Okle
«Dass ich, wenn ich ausser Puste vom Fahrrad steige und über den Pausenhof laufe, eine Maske anziehen muss, ist absurd», sagt Isabella Okle, Schulleiterin in Neuhegi. Foto: Marc Dahinden

Sie haben in einem Leserbrief* vor den psychischen Folgen der Corona-Massnahmen für Kinder gewarnt. Wo sehen Sie die grössten Probleme?

«Der ewige Friede ist keine leere Idee, sondern eine Aufgabe»

Gedanken zur Friedenserziehung
von Dr. Eliane Perret, Psychologin und Heilpädagogin
Die jüngsten Ereignisse in Afghanistan haben viele Menschen wachgerüttelt und veranlasst, darüber nachzudenken, wohin wir in unserer Welt steuern. Man kann Immanuel Kant nur zustimmen, der 1795 in seiner Schrift mit dem Titel «Zum ewigen Frieden» festhielt: «Der ewige Friede ist keine leere Idee, sondern eine Aufgabe.» Es ist eine Aufgabe, die uns alle fordert! Nicht nur mit Blick auf die Verwüstungen, welche die Kriege in Afghanistan, im Kongo, im Irak, im Jemen, im ehemaligen Jugoslawien und vielen anderen Ländern hinterlassen haben, sondern auch angesichts der Länder, die durch Sanktionen gebeutelt sind, und der zahlreichen ungelösten sozialen und politischen Probleme in vielen Teilen der Welt. Gleichzeitig steht die Frage im Raum, warum die bisherigen Bemühungen, in Frieden zusammenzuleben, nicht gefruchtet haben. Diesem Problem müssen sich vom Volk beauftragte Verantwortungsträger und Vertreter aller Fachdisziplinen stellen. Sie sind gefordert, ihren Beitrag zur Lösung von Konflikten und zum Frieden auf der Welt zu leisten. Sie müssen ihre Verantwortung im Sinne des Bonum commune gegenüber den Mitmenschen ernst nehmen, so wie dies in der Vergangenheit viele getan haben. Eine Rückbesinnung auf deren Bemühungen und bereits Erreichtes ist wertvoll und nötig.

 Friedenstaube Marlies Klesse
«Frieden erwirken» von Marlies Klesse, 2007. (Bild ev)

Ein kurzer Blick in die Geschichte

Der Wunsch, in Frieden zusammenzuleben, hat die Menschen schon immer bewegt. Bereits bei Aristoteles, dem grossen Denker und Naturforscher der griechischen Antike, finden wir grundlegende Überlegungen, wie diesem zutiefst menschlichen Bedürfnis entsprochen werden könnte. Er sah die Aufgabe der Menschen darin, kraft der Vernunft ihre Stellung im Kosmos zu finden und mit den in der Erziehung gelegten Kardinaltugenden  – Besonnenheit, Gerechtigkeit, Klugheit und Mut  – ein friedliches und harmonisches Zusammenleben im Staat möglich zu machen. Auch in der römischen Philosophie finden sich Gedanken zum Frieden. «Im Krieg ist kein Heil, um Frieden bitten wir alle», schrieb der römische Dichter Vergil und verwies auf diese grosse Menschheitsfrage.

«Der Lehrer ist superwichtig!»

von Martin Spiewak

zf. Kleine Klassen bringen nichts, offener Unterricht auch nicht. Entscheidend ist: der Lehrer, die Lehrerin. Das sagt John Hattie. Noch nie von ihm gehört? Das wird sich ändern.

«Die-Akademisierungsfalle» Warum nicht alle an die Uni müssen

von Rudolf Strahm
Ein Gespenst geht um in Europa  – das Gespenst der Jugendarbeitslosigkeit. Jeder vierte erwerbsfähige Jugendliche in der EU ist ohne Arbeit.

In der Schweiz hingegen liegt die Jugendarbeitslosigkeit auf tiefen drei bis vier Prozent. Ein wichtiger Grund dafür liegt im dualen Berufsbildungssystem der Schweiz. Die europäischen Länder ohne Berufsbildungssystem sitzen in der Akademisierungsfalle.

Einerseits bilden sie an ihren Universitäten Leute aus, die im Arbeitsmarkt nicht gebraucht werden, und andererseits leiden sie unter einem dramatischen Industrieabbau, weil ihnen die qualifizierten Berufsleute fehlen. Inzwischen bedroht der Trend zur Akademisierung auch die berufspraktische Ausbildung in der Schweiz.

In diesem Buch beschreibt der bekannte Ökonom, Bildungspolitiker, frühere Preisüberwacher und alt Nationalrat Rudolf H. Strahm das Drama der Jugendarbeitslosigkeit in Europa und die Fallstricke einer arbeitsmarktfernen akademischen Ausbildung. In seiner gewohnt prägnanten und fundierten Art zeigt er, dass die Berufsbildung bezüglich Arbeitsmarktfähigkeit und Qualitätsarbeit der akademischen Ausbildung überlegen ist und dass es sich für die Schweiz lohnt, die Berufsbildung zu pflegen und zu fördern.

«Dieses selbstorganisierte Lernen besteht aus einem endlosen Ausprobieren»

Was Schüler über selbstorganisiertes Lernen denken
von Susanne Lienhard
Die Einführung des bereits in der Erarbeitungsphase sehr umstrittenen Lehrplans21 liegt nun in der Kompetenz der Deutschschweizer Kantone. Die Opposition dagegen ist gross. In verschiedenen Kantonen haben Bürger Initiativen lanciert, die verlangen, dass die Einführung des Lehrplans21 vom Parlament und nicht wie bisher von der Erziehungsbehörde beschlossen werden muss.

Den Bürgern wird dadurch die Möglichkeit gegeben, falls nötig, das Referendum dagegen ergreifen zu können. Der Lehrplan21 orientiert sich am OECD-Modell einer standardisierten Bildung, es werden nicht mehr fachspezifische inhaltliche Jahrgangsziele definiert, sondern schulische Inhalte in Tausende von Teilkompetenzen zerstückelt, die mittels flächendeckender Tests überprüfbar sein sollen. Die Kompetenzorientierung geht einher mit der Auflösung der bisherigen Fächer zu Gunsten von Sammelgefässen wie «Natur, Mensch und Gesellschaft» und der Einführung von Zyklen auf Kosten der bisherigen Jahrgangsziele. Ein Klassenunterricht, in dem der Lehrer mit allen Kindern seiner Klasse die altersentsprechenden Jahresziele erarbeitet, würde definitiv der Vergangenheit angehören, da die Heterogenität der Klassen stark zunähme und individualisierte Lernformen, zum Beispiel «selbstorganisiertes Lernen», zwingend eingeführt werden müssten.

Am 17.November berichtete die «Neue Zürcher Zeitung» über zwei Schulen, die bereits jetzt auf individualisierte Lernformen setzen. Anhand dieser Beispiele wird gezeigt, wie dort das sogenannte «selbstorganisierte oder selbstentdeckende Lernen» in Lernateliers oder Lernlandschaften umgesetzt wird. Die Klassenstrukturen sind teilweise oder ganz aufgelöst, jeder Schüler arbeitet alleine an seinem eigenen Arbeitsplatz, der vorne, rechts und links mit einem Sichtschutz versehen ist, damit sich jeder konzentrieren und sein individuelles Lernprogramm abarbeiten kann. Im Schulzimmer, das einem Grossraumbüro ähnelt, herrscht absolute Ruhe.

Die Lehrer müssen sich zurücknehmen, dürfen den Schülern höchstens Hinweise geben, wo und wie sie Antworten auf ihre Fragen zum Beispiel im Internet finden können, sollen ihnen aber keine fertigen Antworten liefern und ihnen schon gar nicht den Lernstoff erklären. Sie werden zu sogenannten «Lernbegleitern» oder «Lerncoaches» reduziert. Schüler sollen so zu mehr Disziplin, Motivation und Verantwortungsbewusstsein erzogen werden, Fähigkeiten, die in der Wirtschaft besonders gefragt sind.

Quelle: 2015© Zeit-Fragen. Alle Rechte reserviert.
http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=2001

«Integrative Schulklassen an ihren Grenzen: Immer mehr Kinder werden als lernschwach diagnostiziert, damit mehr Geld in die Schulen fliesst.»

Seit der Einführung der integrativen Schule und der Abschaffung der Klein- und Sonderklassen steigt die Zahl der Schüler, die besonders betreut werden müssen.

Damit das möglich und finanziert werden könne, brauche es entsprechende Diagnosen, stellt Beatrice Kronenberg vom Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik fest:

«Was wir zur Zeit beobachten, ist, dass Diagnosen gestellt werden, um an mehr Ressourcen zu kommen.Das ist an sich verständlich, aber eigentlich ein ungesunder Mechanismus.»

Das gelte zum Beispiel für die autistische Störung Asperger-Syndrom. Es gebe aber auch Regionen mit einem auffälligen Anstieg von Kindern mit einer sprachlichen oder geistigen Behinderung. Für die Sonderpädagogin und Psychotherapeutin ist klar:

«Das Angebot steuert einfach die Nachfrage. Das ist in unserem Bereich ganz deutlich sichtbar.»

Quelle: SRF 1, Heute Morgen, 28.10.2013

«Lernen ist ein zutiefst zwischenmenschliches Geschehen»

«Online-Schule ist langweilig, und allein vor dem Bildschirm ist doof»
von Dr. phil. Alfred Burger, Erziehungswissenschaftler
Schon vieles ist über die angeblichen Vorteile des digitalen Lernens in den Schulen geschrieben worden. Nicht wenige erhoffen sich nun, dass nach der Corona-Zeit die Schulen nun endlich ins digitale Zeitalter hinüberschwenken werden. Die Zeitungen sind denn auch voll guter Erfahrungsberichte von Lehrern und Eltern mit dem durch das Virus erzwungenen digitalen Lernen. Was in den Medien steht, ist das eine, was aber Kinder und Eltern mit dem digitalen Lernen erleben, ist etwas anderes.

Nach anfänglicher Begeisterung verlangen die meisten die «reale Schule» zurück, weil sie finden, «online Schule ist langweilig und allein vor dem Bildschirm ist doof». Viele beklagen den Mangel an Kontakt mit den Gleichaltrigen, Eltern und auch Lehrerinnen und Lehrer bemängeln die mangelnde Effizienz beim Lernen. Bei diesen Kritiken sollte man meines Erachtens auch ansetzen, wenn es um die Beurteilung von Lernen mit elektronischen Medien geht. Die Befürworter des digitalen Lernens betonen immer wieder, wie wichtig der soziale Kontakt ist, was an sich ein Widerspruch ist. Kinder, die in den sogenannten Lernlandschaften stundenlang in ihrem Verschlag vor dem Bildschirm sitzen, sind logischerweise kaum in direktem Kontakt mit ihren Mitschülern und mit dem Lehrer. Aus der Forschung weiss man heute ganz genau, dass ein Bildschirm den lebendigen Menschen als Gegenüber nicht ersetzen kann. 

Gemeinsames Lernen  – ein soziales Ereignis

Lernen ist ein zwischenmenschlicher Vorgang vom ersten Atemzug des Lebens an. Alles Lernen des kleinen Kindes ist ausgerichtet auf die Eltern und weitet sich später auf andere Beziehungspersonen aus. Ohne den zwischenmenschlichen Bezug findet vor allem bei kleinen Kindern gar kein Lernen statt. So entwickelt sich die Sprache, eine der gewaltigsten Lernleistungen eines Kindes, nur im Miteinander mit anderen Menschen. Kinder, die wenig oder falsche Zuwendung und Anleitung erfahren haben, haben darum oft sprachliche Schwierigkeiten. Je älter ein Kind wird, desto unabhängiger wird es von Lehrerinnen und Lehrern, und es kann selbständiger lernen. Dass Lernen aber das ganze Leben hindurch ein zutiefst zwischenmenschliches Geschehen ist, zeigt sich auch bei Erwachsenen. So lernen Studenten lieber und besser, wenn sie in Beziehung mit einer Professorin oder einem Professor oder mit anderen Studierenden sind.

Spätestens jetzt stellt sich die Frage, warum eigentlich digitales Lernen oder E-Learning so gut und erstrebenswert sein soll. Ist doch gemeinsames Lernen vom Kindergarten bis in die Hochschule und darüber hinaus vor allem auch ein soziales, gesellschaftliches Ereignis! Es macht doch Freude und gibt Genugtuung, wenn man andere trifft, sich mit ihnen austauscht und zusammen etwas erarbeitet. Die gemeinsame Bewältigung von Lernstoff, von Forschungsaufgaben und von Arbeiten macht doch einen wichtigen Teil des Sinns des Lebens aus. Im Extremfall müssten viele zu Hause alleine hinter dem Computer sitzen und im Homeoffice arbeiten. Dabei weiss man es heute aus Studien ganz genau: Jede Stunde hinter dem Bildschirm entfernt einen ein ganz wenig von den anderen Menschen und macht einen innerlich ein wenig einsamer.¹ 

Lehrer durch Computer ersetzen  – wozu?

Warum sollen jetzt Lehrerinnen und Lehrer und Professoren durch den Computer ersetzt werden? Allein wegen finanzieller Gründe? Und da machen nun plötzlich viele begeistert mit und wollen das digitale Lernen? Die Handhabung des Computers, der Vorgang des Recherchierens, die Anwendung von Programmen usw. lernt ein gebildeter Mensch doch im Handumdrehen. Wer sich heute darin auskennt, hat es auch nicht in der Schule gelernt, sondern später. Warum dürfen unsere Kinder nun die realen sozialen Erfahrungen beim gemeinsamen Lernen nicht mehr machen? Warum soll jeder individualisiert hinter seinem Bildschirm sitzen, statt sich direkt mit Kolleginnen und Kollegen auseinanderzusetzen?

Andreas Schleicher, Physiker und Bildungsforscher bei der OECD, hat vor Jahren noch vor der Einführung von Computern in den Schulen gewarnt. Heute verkündet er, wie positiv sich die Digitalisierung auf die Schulen und die Schüler auswirken würde, sie würden selbständiger. Selbständig und unabhängig wird der Mensch aber vor allem, wenn er Erwachsene hat, an denen er sich reiben und reifen und eine eigene Meinung entwickeln kann. Am Computer wird er mit vorgegebenen, starren Programmen durch das Lernen geführt, die ihn stromlinienförmig und langweilig machen. Es gibt denn auch keinen autoritäreren Lehrer als den Computer. Cui bono? 

¹ vgl. Manfred Spitzer: Einsamkeit. München 2018

Quelle: https://www.zeitgeschehen-im-fokus.ch/de/newspaper-ausgabe/nr-5-vom-15-april-2020.html#article_1033

«Unser Land braucht gute Schulen»

«Unser Land braucht gute Schulen»

Der Arbeitskreis Schule und Bildung in Baden-Württemberg hat ein Informationsblatt herausgegeben

1. Grundlagen

Voraussetzung für eine gute Schule ist das Wissen um die soziale Natur des Menschen. Der Mensch ist auf ein Zusammenleben und Zusammenwirken mit seinen Mitmenschen von seiner Natur aus angelegt und angewiesen. Schon das kleine Kind ist auf seine Eltern und Erzieher ausgerichtet. Es braucht und sucht das Hin und Her, die Interaktion und Kooperation mit seinen Bezugspersonen. Das Kind bedarf der Erziehung und der Bildung, um diese Anlage entwickeln zu können.

«Was ich nötig hatte, waren Lehrer»

Das ist wohl die Gretchenfrage: das Wirken der Person in der Institution Schule.
Von Carl Bossard*,
Schuljahresschluss ist immer auch Abschied von Lehrerinnen und Lehrern. Wie haben sie im Alltag gewirkt? Ihr persönliches Denken und Schüleraussagen verraten entscheidende Gelingensbedingungen der Praxis.

"Was hinterlasse ich?“, fragt ein Lehrer, der in Pension geht. 40 Jahre lang hat er an der gleichen Institution mit Leib und Seele gewirkt hat. Das ist heute nichts Selbstverständliches mehr. Falsche Anschmiegsamkeit und geländegängige Anpassung waren seine Sache nicht. Wer ihm gegenübertrat, spürte eine gewisse Strenge, empfand etwas Forderndes.

Albert Einstein: Mehr Verantwortungsgefühl für die Mitmenschen!

Zwei Jahre vor seinem Tod wünschte sich der berühmteste Wissenschaftler aller Zeiten mehr Sozialismus. Auch heute hochaktuell.
Christian Müller / 25.12.2021 InfoSperber
Es gibt Zufälle, die vielleicht keine sind. Klassentreffen in Bern. Gemeinsamer Besuch im  – für die meisten bisher unbekannten  – Einstein-Haus an der Kramgasse 49. Dazu ein äusserst informatives Referat von Prof. Dr. Hans-Rudolf Ott, Präsident der Einstein-Gesellschaft. Im lockeren Gespräch beim gemeinsamen Mittagessen, natürlich auch über das Gesehene und Gehörte, plötzlich die Frage: Warum sind in diesem kleinen Museum sogar familiäre Details ein Thema  – etwa dass Albert Einstein zuerst ein uneheliches Kind hatte  –, aber nirgends ist zu lesen, dass er ein Jude war? Auch das gehört doch zur Familiengeschichte! Gibt es da etwas zu verbergen?

 Albert Einstein
Albert Einstein, 1879-1955: Physiker, Nobelpreisträger, Friedensaktivist und Menschenfreund © Common

Geschätzte Seniora-Leserin, geschätzter Seniora-Leser,
Einstein spricht das grosse Thema «Individuum und Gemeinschaft» an und erwähnt auch «die soziale Natur des Menschen». Allerdings wusste er nicht, dass die irrtümliche Trieblehre Freuds («die egoistischen Triebe der Veranlagung», «die sozialen Triebe, die von Natur aus schwächer sind») durch Alfred Adler, die Neo-Psychoanalyse und die Entwicklungspsychologie inzwischen überholt worden war. Heute wissen wir mehr über die Sozialnatur des Menschen, die, wenn in der Erziehung nicht gebremst, zu erstaunlichster Hilfsbereitschaft, Mitmenschlichkeit und Empathie fähig ist. Was für ein Satz: «Ich bin überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, diese gravierenden Übel zu beseitigen, nämlich durch die Errichtung einer sozialistischen Wirtschaft, begleitet von einem Bildungssystem, das sich an sozialen Zielen orientiert.» Wir sind der Meinung, dass die grundlegenden Überlegungen des grossen Denkers zu Kapitalismus und Planwirtschaft eine Diskussion wert sind, um die heutigen Lebensumstände von uns allen zu verbessern. Mit diesem eindrücklichen Text von Albert Einstein senden wir Ihnen unsere besten Wünsche für ein gutes, friedliches Neues Jahr 2022. Herzlich Margot und Willy Wahl

Alfred Adler Panorama: Eine Würdigung des grossen Psychologen und Begründer der Individualpsychologie

Adlers Menschenbild ist auch heute hochaktuell
Von Michael Felten*
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser, der von uns hochgeschätzte Pädagoge Michael Felten hat mit seiner neuen Website "Adler Panorama" eine wunderbare Würdigung der Arbeit Alfred Adlers geschaffen. Diese empfehlen wir Ihnen wärmstens, sowohl zum Studium wie auch zur Weiterleitung an Freunde und Bekannte! Beste Grüsse Margot und Willy Wahl (klicken Sie bitte weiter unten auf den Link)

Lesen Sie hier, was der Autor und Herausgeber der Website zu seiner Arbeit sagt:

"Ich war lange Lehrer - und das immer gerne. Der Umgang mit jungen Menschen ist einfach etwas ungemein Lebendiges - mal erfreulich, mal ungestüm, auch schwierig. Mit Schülern wird einem nie langweilig...

Dass mir die Lust am Unterrichten nicht mit der Zeit verging, verdanke ich u.a. der frühen Begegnung mit den Überlegungen Alfred Adlers. Bereits im Studium wurde ich auf diese besonders ganzheitliche Form tiefenpsychologischen Denkens aufmerksam. In Unterrichtspraxis wie Weiterbildung konnte ich Feingefühl wie Führungsfreude ausweiten, vermochte zunehmend auch schwierige Klassen zu führen und entgleisende Schüler wieder aufzufangen.

Alfred Adler und die pädagogische Revolution

Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten in Wien um 1900 war Alfred Adler, er veränderte die gesamte Pädagogik und die Psychotherapie.
Video Dokumentation von Patrice Fuchs 2018 - 46:13
Adler war nicht nur ein Mitbegründer der Wiener Gemeindekindergärten, sondern auch Initiator der Erziehungsberatungsstellen, die in der Zwischenkriegszeit in ganz Wien entstanden. Zu seinen Vorträgen in den Volkshochschulen strömten die Menschenmassen. Bis auf die Straße stand man Schlange, um Adlers Theorien über den „nervösen Charakter“ zu hören.

Alfred Adlers psychagogisches Wirken, am Beispiel eines Schulversagers einfach erklärt

Der Wiener Arzt und Psychologe Alfred Adler hinterlässt ein so wertvolles und umfangreiches Erbe seines unermüdlichen Wirkens, welches wir immer wieder gerne in Erinnerung rufen.

Alfred Adler

Hier in Form eines podcasts (26’), den wir von Michael Felten «Eltern-Lehrer-Fragen»* übernommen haben


 

Lesen und hören Sie hier einen Beitrag zum 150. Geburtstag von Alfred Adler:

Der Mensch, das soziale Wesen

 

Michael Felten 2
Felten - wer ist das überhaupt?

Jg. 1951

1981 - 2017 Gymnasiallehrer Mathematik & Kunst, seit 1999 Bildungspublizist print & audio;

seit 2010 Dozent/Referent an PH (HD, BN) und staatlichen Lehrerakademien (BY, BW, SH)

2014 HumanAward der KlugeStiftung der Humanwissenschaftlichen Fakultät an der Uni Köln

*Quelle: http://www.eltern-lehrer-fragen.de/

Andrea Hirata: Die Regenbogentruppe

Andrea Hirata: Die Regenbogentruppe

Gut gewinnt gegen gierig

von Martin Ebel

die regenbogentruppe

Andrea Hirata: Die Regenbogentruppe. Roman. Aus dem Indonesischen von Peter Sternagel. Hanser, Berlin 2013. 270 S., ca. 28 Fr.

Andrea Hirata hat über seine indonesische Dorfschule einen Roman geschrieben. Er rührte Millionen, wurde verfilmt und zum Weltbestseller.

Auf die Lehrer kommt es an!

Für eine Rückkehr der Pädagogik in die Schule
von Michael Felten

Bild Michael Felten

Michael Felten

Gegen die sich ausbreitende Neigung zu pädagogischer Deregulierung will dieses Buch zu einer dreifachen Wiederbesinnung auf die Kraft des Lehrers  – und damit auf die Bedeutsamkeit des Erwachsenen in der Bildungsfrage  – anregen:

  • Der Lehrer ist derjenige, der eine Lerngruppe selbstbewusst und zugewandt führen muss  – dazu braucht es aber mehr als gute Arbeitsblätter und einen Laptop-Wagen.
  • Der Lehrer ist derjenige, der Lernprozesse sinnvoll arrangieren und steuern muss  –offene Arbeitsformen dagegen sind nur in wohl definierten Situationen lernwirksam.
  • Der Lehrer ist derjenige, der Lernschwierigkeiten auflösen kann  – nicht durch Ermässigung in den Anforderungen, sondern durch professionellen Einblick in die Schülerpsyche, im Rahmen einer herzlich-haltenden Beziehung.

Dieses Buch möchte also einen entschieden anti-antipädagogischen Akzent setzen, es möchte insbesondere vor der offenen Flanke der Selbstlerneuphorie warnen, und es möchte das verbreitete Beziehungsdunkel der Lehrer-Schüler-Beziehung erhellen. Die Schule braucht eine neue Hinwendung zum Pädagogischen  – zu Führungsfreude ebenso wie zu Einfühlsamkeit.

Ausgewählte Leserbriefbeiträge zu Schule und Bildung

NZZ 18. 08. 2014

Pädagogischer Konstruktivismus

von Alfred Burger, Kilchberg (ZH) Erziehungswissenschafter

Eindrücklicher als Hermann J. Forneck hätte man nicht formulieren können, wie weit sich die pädagogischen Hochschulen (PH) in der Schweiz von der schulischen Wirklichkeit entfernt haben («Professionalisierung statt Innovationsabstinenz», NZZ 31. 7. 14). So weit entfernt, dass sich letztes Jahr Dozenten und Studenten gegen Fornecks Theorielastigkeit gewehrt hatten. Nun ist nichts gegen eine Theorie der Erziehungslehre einzuwenden. Sie muss aber mit der Realität übereinstimmen.

Australien: 43 Prozent der Kinder in Gender-Klinik haben Autismus

Trans oder Autist oder beides? Eine neue Studie aus der größten Gender-Klinik Australiens für Kinder mit Gender-Identitätsstörung sind gleichzeitig mit Autismus diagnostiziert worden.
Von Birgit Kelle, Frau2000plus 05. Dez. 2020
Es zeigt sich, dass autistische Kinder extrem überrepräsentiert sind bei Patienten, die glauben, im falschen Geschlecht geboren zu sein. Während der Anteil autistischer Kinder normalerweise in der Bevölkerung mit ca 3 Prozent gemessen wird, sind es in der Klinik 43 Prozent. Das Durchschnittsalter dieser Kinder liegt unter 14 Jahren und es zeigt sich  – wie weltweit in allen Einrichtungen auch eine Überrepräsentanz von Mädchen, von den 383 Patienten des Royal Children`s Hospital in Melbourne sind ganze 275 Mädchen. Bei einer weiteren Klinik in Perth, seien es gar 50 Prozent der durchschnittlich 15-Jährigen, bei denen gleichzeitig Autismus diagnostiziert wurde. Experten sind alarmiert angesichts dieser Ergebnisse.

Brigitte Kelle
Birgit Kelle
Die Frage, die im Raum steht ist, ob viele Geschlechtsumwandlungen eventuell gar nicht als Lösung des Problems dienen können, weil die eigentlich zu behandelnde Störung der Autismus ist. Gerade bei Kindern muss besonders behutsam und vorsichtig agiert werden, um sicher zu gehen, dass geschlechtsverändernde Maßnahmen erstens wirklich gewollt sind und zweitens wirklich die Lösung der häufigen psychischen Probleme darstellt, weil die Behandlung mit Pubertätsblockern irreversible Schäden verursachen kann bei den Kindern. Hier unter dem Link finden Sie die Nachrichten allerdings in englischer Sprache.

Auszüge aus Alfred Adler-Panorama und weitere Beiträge

Eine Zusammenstellung von Texten und Beiträgen von und über Alfred Adler

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser,
Das «Adler Panorama», geschaffen vom Pädagogen Michael Felten, ist eine wunderbare Würdigung der Arbeit Alfred Adlers. Auf seniora.org finden Sie eine grosse Auswahl von neueren Texten und Büchern zum Werk des grossen Psychologen. Dieses empfehlen wir Ihnen wärmstens, sowohl zur Lektüre wie auch zur Weiterleitung an Freunde und Bekannte! Herzlich Margot und Willy Wahl

Alfred Adler

Glück

"Jeder Mensch sieht seine
Probleme aus einer Perspektive,
die seine eigene Schöpfung ist."

in: Lebensprobleme, 1937)

Back to the future!

Back to the future!

von Ralph Fehlmann

Der kompetenzorientierte Lehrplan 21 führt ein neues Paradigma des Unterrichtens in die Volksschule ein. Vor einigen Jahren war es noch verheissungsvoll. Nun hat es von seinem Glanz verloren. In vielen Ländern ist es bereits am Scheitern. Von Ralph Fehlmann

Ueken, Fricktal, 1971, Mittelstufe. Mein erster Einsatz als Primarlehrer. Meine Schüler und ich. (Nicht einmal ein Lehrbuch.)

Baerbocks schäbige Buchkultur

Das Internet hat die Kultur der Quellenverweise aufgewertet. Doch eine Kanzlerkandidatin foutiert sich darum.
Rainer Stadler / 8.07.2021 Infosperber
Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hat am Mittwoch die wegen Plagiatsvorwürfen in Bedrängnis geratene Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in Schutz genommen. Der «Süddeutschen Zeitung» sagte er: «Wie viele Bücher sind geschrieben worden, bei denen man aus Programmen, aus anderen Konzepten einfach Dinge wiedergibt. Und nachdem es keine wissenschaftliche Arbeit ist, ist man auch nicht verpflichtet, die Quelle anzugeben.» Ähnlich hat sich die Kritisierte geäussert. In der Talkshow «Brigitte live» meinte Baerbock: «Aber da es kein Sachbuch oder wissenschaftliche Arbeit ist, gibt es gar keine Fussnoten in diesem Buch.»

Das Buch der Kanzlerkandidatin befasst sich mit politischen und gesellschaftlichen Themen, auch mit dem Klimawandel und der Digitalisierung. Sie äussert sich also zur öffentlichen Sache. Ob man einen solchen Text als Sachbuch bezeichnen soll oder nicht, ist Nebensache. Nachdenklich stimmt allerdings die Behauptung, nur in wissenschaftlichen Werken müssten Quellen genannt werden. Dies umso mehr, als sich hier zwei prominente Personen eines Landes äussern, das sich auch als Kulturnation versteht.

Gerade dank dem Internet hat die Quelle in vielerlei Zusammenhängen einen neuen Wert erhalten. Die Qualität eines Textes nimmt zu, je besser ein Autor oder eine Autorin mit Links auf die Herkunft von Gedanken, Informationen und Daten verweist. Links sind nicht nur eine geistige Bereicherung, sondern auch ein Zeichen der Transparenz. Es ist keine Schande zuzugeben, dass nicht alles auf dem eigenen Mist gewachsen ist.

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Bei Kindern und Jugendlichen Interesse für das reale Leben wecken

Ein Besuch bei der «Station Junger Naturforscher und Techniker Weisswasser»

ds. Eltern, Schulleiter, Gemeindepräsidenten und andere, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, suchen nach Möglichkeiten sinnvoller Freizeitbeschäftigung für die Jugend. Es geht darum, bei Kindern und Jugendlichen das Interesse für das reale Leben zu wecken und praktische Fähigkeiten zu entwickeln, die ihnen erlauben, sich in Familie und Gesellschaft konstruktiv einzubringen und so zum Gelingen eines gedeihlichen Zusammenlebens beizutragen. Kinder und Jugendliche lieben und brauchen solche Aufgaben. Das folgende Gespräch mit zwei Vertretern der «Station Junger Naturforscher und Techniker Weisswasser» in der Oberlausitz, nahe der deutsch-polnischen Grenze, zeigt, wie sinnvolle Jugendarbeit aussehen kann.

Bildung braucht Beziehung

Von Carl Bossard
24. 08. 2016
Allen Reformen zum Trotz: Die Lehrer-Schüler-Beziehung bleibt die unhintergehbare Bedingung für gute Lebensperspektiven der Schüler.

Die Persönlichkeit des Lehrers beeinflusse das Sozialverhalten, die Beziehung zur Lehrerin mache es aus, sagt eine umfangreiche Cambridge-/ETHZ-Studie. Die Forscher zeigen sich überrascht. Weniger erstaunt sind erfahrene Lehrpersonen.

Lehrer-Schüler-Verhältnis im wissenschaftlichen Fokus

Das pädagogische Leben spielt sich in den Beziehungen ab. Lernen ist Beziehungshandeln, ist intersubjektives Geschehen. Wir erleben darum Schule und Unterricht als wertvoll in Beziehungen  – zum Lehrer, zur Lehrerin, zur Sache und zu den Inhalten, zu Kolleginnen und Freunden. Das ist nicht neu. Und doch muss man es immer wieder in Erinnerung rufen, weil der Tatbestand vergessen geht. Strukturen und das Dogma des selbstorganisierten Lernens scheinen heute vielerorts wichtiger zu sein als die Persönlichkeit der Lehrperson und die Beziehungsebene.

Wie wirkt sich die Lehrer-Schüler-Beziehung auf das Sozialverhalten von Kindern und Jugendlichen aus? Dieser Frage ging seit 2004 ein Forscherteam der Cambridge University in England und der ETH Zürich nach. Die Langzeitstudie „z-proso“ stützte sich auf Daten von über 1'400 Zürcher Kindern. Seit ihrem Eintritt in die Primarschule wurden sie regelmässig befragt, ebenso ihre Eltern und Lehrpersonen.

Quelle: Journal21
https://www.journal21.ch/bildung-braucht-beziehung

Bildung durch Ökonomisierung bedroht

Aufrüttelnder Vortrag
Prof. Jochen Krautz
02.12.2012
Wohl kaum jemals hat ein Festvortrag vor einem Philologentag einen derart langen Beifall gefunden wie der von Professor Jochen Krautz zum Thema „Ökonomismus in der Bildung: Menschenbilder, Reformstrategien, Akteure".

Die Kernthese von Krautz: Das Grundmotiv des größten Teils jüngerer Bildungsreformen ist die Übertragung eines verkürzten ökonomischen Denkens auf Schule und Hochschule, das deren Auftrag im Kern verfehlt. Die Umgestaltung der Bildungsinstitutionen nach ökonomistischen Maximen ist strategisch geplant und wird mit raffinierten manipulativen Strategien durchgesetzt. Dieses Denken hat seinen Ausgangspunkt in den USA, Hauptakteure in Deutschland sind heute die OECD und die Bertelsmann-Stiftung.

Bildung: Nicht auf allen Hochzeiten tanzen

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser,

wie wohltuend ist es, von einem praxiserfahrenen, herausragenden Pädagogen, wie Carl Bossard, zu lesen, wie er die Schule wieder vom Kopf auf die Füsse stellt. Man fragt sich, weshalb “Bildungsexperten”  – ausgerechnet im Lande Pestalozzis  – von Amtes wegen “pädagogischen Chimären nachlaufen und von einer Hochzeit zur andern eilen”, die nachweislich bei unseren Schulabgängern wesentliche Wissenslücken hinterlassen, die ihr Fortkommen behindern und dem Lande schaden.

Willy Wahl

Bildung: Nicht auf allen Hochzeiten tanzen

Von Carl Bossard* 17.02.2017

Albanisch statt Französisch, Hausaufgaben streichen, Fächer abschaffen. Auf jede neue Idee springt der Lehrer-Dachverband auf. Wem ist damit gedient? Ein Klärungsversuch.

Bordeaux, Stadt der Sklavenhändler

13 Millionen Menschen wurden vom 16. bis zum 19. Jahrhundert auf europäischen Sklavenschiffen von Afrika nach Amerika verschleppt. Es ist ein Verbrechen, das die USA bis heute zerreisst.
Von Nadia Pantel
Tages-Anzeiger, 26. 06. 2018
461-mal verliessen die Sklavenschiffe den Hafen von Bordeaux, vom Quai unweit der Place de la Bourse. Die Stadt war der wichtigste Sklavenhändlerhafen nach Nantes. Und sie war der wichtigste Umschlagplatz für Kolonialwaren, angebaut von Sklaven auf französischen Plantagen. Nantes eröffnete 2012 eine Gedenkstätte für die Abschaffung der Sklaverei. Hier an der Place de la Bourse ist das steinerne Gesicht an der Fassade das Einzige, was an diese Zeit erinnert. Es wurde angebracht von denen, die vom Reichtum der Kaufleute erzählen wollten, von exotischen Welten  – nicht von denen, die im Rumpf der Schiffe und auf den Zuckerrohrfeldern starben wie Tiere.

Will die Erinnerung erhalten: Karfa Diallo. Video: YouTube / France 3

Weiterlesen: https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/alle-mal-herhoeren/story/28336603

Breite Kritik am Lehrplan 21 verlangt öffentliche Debatte

Breite Kritik am Lehrplan 21 verlangt öffentliche Debatte

Plädoyer für eine demokratische Konsensfindung über den Auftrag der Volksschule

Von Elsbeth Schaffner, 5. Januar 2014

In den letzten Monaten ist eine sachlich begründete kritische Diskussion über den Lehrplan 21 in breiten Kreisen erwacht. Die Kritik am Lehrplan 21 ist zahlreich und zum Teil grundsätzlicher Natur. Ob die Kantone den neuen einheitlichen Lehrplan irgendwann umsetzen, hängt sicher von der demokratischen Konsensfindung über die wesentlichen Ziele und Inhalte ab. Die offene Diskussion über den Auftrag, den unsere demokratische Gesellschaft der Volksschule erteilt, muss überhaupt erst geführt werden. Schulpraktiker und Eltern wollen einen eindeutigen Bildungsauftrag, der möglichst alle Schulabgänger zu einer qualifizierten Berufsausbildung befähigt und das Gemeinwohl fördert.

Buch "Menschen bilden" von Arthur Brühlmeier – Ein Leuchtturm in der Wüste

Sehr geehrte Seniora-Leserinnen, sehr geehrte Seniora-Leser, zur vertieften Diskussion um den Lehrplan 21 ist das Buch von Dr. Arthur Brühlmeier ein MUSS. Sein Konzept "Lehrerbildung als Persönlichkeitsbildung ist heute wichtiger denn je.

«Die Bildungspolitik täte mit Blick auf die drängenden gesellschaftlichen Probleme gut daran, die Präferenzen gelegentlich zu überprüfen.»

von Erika Vögeli

Drei Jugendliche stehen vor Gericht  – sie haben Menschen einfach so zusammengeschlagen. Alle Anwesenden sind von den ruhigen Schilderungen eines der Opfer ergriffen  – alle, ausser den Tätern. Reue ist nicht spürbar, ein schlechtes Gewissen scheint sie nicht anzufechten. Sie sind  – leider  – keine Einzelfälle.

Buchempfehlung: Die Schule ist kein Wirtschaftsbetrieb

Bildung in der Effizienzfalle?
AG „Gegen die Ökonomisierung der Bildung“ GEW Hessen
Erstveröffentlichung 2016
Liebe Leserinnen und Leser! Die hier verschriftlichte Vortragsreihe steht in einer nun mittlerweile längeren Tradition von Initiativen gegen die „Ökonomisierung des Bildungswesens“, die von unterschiedlichen Gruppierungen innerhalb der hessischen GEW angestoßen und organisiert worden sind. So fand bereits im Wintersemester 2012/13 an der Universität in Marburg eine Vortragsreihe unter dem Titel „Ökonomisierung oder Demokratisierung?“ statt. Der „Marburger Bildungsaufruf“ forderte eine Umorientierung des Bildungswesens, weg von der gegenwärtigen ökonomischen Dominanz, hin zum Wohl aller an Bildung beteiligten Menschen.

Schule Wirtschaftsbetrieb

Copyright VERÖFFENTLICHT VON DER ARBEITSGRUPPE "GEGEN DIE ÖKONOMISIERUNG DER BILDUNG", GEW HESSEN WWW.GEW-HESSEN.DE Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. Über diese Lizenz hinausgehende Erlaubnisse können Sie unter r.scheppler@gew-wiesbaden.de erhalten. Um eine Kopie dieser Lizenz zu sehen, besuchen Sie http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/ Das Redaktionsteam: Dr. Gabriele Frenzel, Maria Heydari, Ernst Olbrich, Thomas Sachs, René Scheppler, Klaus Schermelleh, Herbert Storn, Eva Maria Wehrheim Frankfurt, Mai 2016

BZgA läßt die Hosen runter – bei Lutz und Linda in KiTas und Krippen

von Gunther Oberheide “Der freie Journalist”
24. Mai 2015
Hannover. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) präsentierte auf der Bildungsmesse didacta 2015 in einem Workshop ihre neue 'Kindergartenbox  – Entdecken, Schauen, Fühlen!' für die frühkindlich-sexuelle Bildung.

Den größten Platz darin nehmen zwei prägnante Stoffpuppen ein: 'Lutz', der Hoden und Penis hat und 'Linda' mit ihrer dazu passenden Scheide. Idealerweise soll der Puppe 'Lutz' vor den Kleinkindern in den Kindergärten und -krippen mit Hilfe der Erzieher* trickreich "die Hose runterrutschen", das Thema aufgegriffen und die beiden Sexualerziehungsmittel 'Lutz' und 'Linda' in den Puppenecken "einfach zum Spielen" platziert werden.

'Lutz' hat natürlich zunächst eine Hose an, ganz unauffällig. Wie Lutz dann aber in den Kindergärten (und auch den Krippen) zum Einsatz kommen soll, empfahl die BZgA im prall gefüllten Vortragsraum nach einem Einleitungsvortrag eindrucksvoll und vor allem eindeutig:

Die Vortragende der BZgA hielt die Puppe so, dass die Kinder sie später gut mit dem Vorderkörper sehen können und zog ihr dann geschickt mit der anderen Hand  – in einer Art vorbeiwischenden, schnellen Bewegung  – die Hose herunter und

"Ohh!", da war dem Lutz ja ganz zufällig die Hose runtergerutscht!

http://www.derfreiejournalist.de/?e=190

Champions der Praxis

Rudolf Strahm
Kolumne im Zürcher Tages-Anzeiger v. 17. Okt. 2017
Wenn Sie diese Kolumne lesen, schwitzen 38 junge Berufsleute aus der Schweiz in klimatisierten Expo-Hallen der Wüstenstadt Abu Dhabi um die Weltmeistertitel in ihrem erlernten Beruf. Und der Schreibende ist als Beobachter wohl gerade dabei, sich in den gigantischen Messehallen am Persischen Golf zurechtzufinden.

Die Berufsweltmeisterschaften «World Skills Competitions» finden alle zwei Jahre statt. Sie sind der ultimative Qualitätstest für unser Berufsbildungssystem, ja viel mehr, für die internationale Konkurrenz und Innovationsfähigkeit der Wirtschaft. Die 11 Frauen und 27 Männer messen sich mit rund 1300 Mitbewerbern aus 71 Ländern in einer anspruchsvollen berufsbezogenen Projektaufgabe. Jeder Teilnehmende muss in vier Tagen selbstständig ein oder mehrere Leistungsprogramme erfüllen, etwa eine elektrische Schaltzentrale für ein Gebäude erstellen, eine Maschinenkonstruktion nach digitalem Plan ausführen, eine IT-Software entwickeln und anwenden oder ein Viersternmenü zubereiten.

Quelle: Quelle: Tages-Anzeiger v. 17. Oktober 2017
http://www.tages-anzeiger.ch

Classroom Walkthrough: Neues, an finstere Überwachungsmethoden erinnerndes Kontrollinstrument für Schulleiter

Thurgauer Schulleiter stützen Lehrplan 21
Der Hintergrund der folgenden Leserbriefe bildet die kürzlich stattgefundene Tagung der Thurgauer Schulleiter. Diese setzen sich ein für den Lehrplan 21 und werden über ein neues Führungsinstrument (Classroom Walkthrough) informiert.

Classroom Walkthrough: Neues Führungsinstrument für Schulleiter

21. September 2015

Die Thurgauer Schulleiter haben ein neues Führungsinstrument, das sich Classroom Walkthrough nennt. Dabei handelt es sich um ein Kontroll-Instrument, das bereits in den USA angewendet wird. Es gibt dazu auch schon eine entsprechende App fürs Handy. Wie funktioniert Classroom Walkthrough? Die Schulleitung besucht die Lehrkräfte 10 bis 15 Mal pro Jahr während 7 bis 10 Minuten. Die Lehrkräfte erhalten innerhalb von 24 Stunden ein schriftliches oder mündliches Feedback. Der Besuch ist nicht angemeldet, das Schulzimmer wird ohne anzuklopfen betreten. Es gibt keine Begrüssung und auch keine Verabschiedung. 

Es scheint mir ungeheuerlich, was da passiert: Erstens ist es stillos, einfach in eine Lektion hineinzutrampen ohne anzuklopfen und ohne begrüsst zu werden. Die Klassengemeinschaft hat für mich auch immer etwas Beschützendes - hier soll niemand exponiert werden und die Schüler und der Lehrer sollen sich sicher fühlen. Zweitens fehlt mir bei vielen Schulleitern die pädagogische Qualifikation. Weshalb sollten sich gute Lehrer jemandem unterordnen, der aus dem Klassenzimmer geflüchtet ist? Drittens wäre es illusorisch, das als Qualitätssicherung oder Weiterbildung anzusehen. Classroom Walkthrough ist ein Machtinstrument, welches das Gefälle zwischen Lehrer und Schulleitung verstärkt. Gehen Sie doch mal aufs Erziehungsdepartement Ihres Kantons und machen dort einen klassischen Walkthrough durch die Büros und senden danach per Email ein Feedback. Classroom Walkthrough macht deutlich, bei wem die Macht liegt. 

Das Vorgehen der Thurgauer Schulleiter hat etwas Verzweifeltes: Der nächste Schritt wäre dann das gläserne Klassenzimmer, das dank Kameras jederzeit vom Schulleiterbüro aus einseh- und hörbar ist. Wollen wir das wirklich? (uk)

Quelle:
http://schuleschweiz.blogspot.ch/2015/09/thurgauer-schulleiter-stutzen-lehrplan.html

Widerstand gegen den Lehrplan 21

Leserbrief Thurgauer Zeitung 18.9.

von Lutz Wittenberg

Einmal mehr dürfen wir lesen, dass sich die Schulleiter für den Lehrplan 21 einsetzen. Eigentlich klar, wenn man überlegt, dass sie die Weisungen des Volksschulamtes transportieren müssen  – dafür wurden sie ja geschaffen. Ausserdem will sich der Verband gegen Unwahrheiten einsetzen! So, so  – begründete Kritik glaubt man so loszuwerden? So einfach wird dies nicht, denn der Widerstand gegen den Lehrplan 21 ist personell und inhaltlich sehr breit abgestützt/siehe www.gute-schule-tg.ch

Ein Hauptkritikpunkt an dieser radikalen Schulreform lautet, dass die Lehrpersonen dadurch noch mehr gezwungen würden, Schüler allein an ihren Kompetenzaufgaben herumpröbeln zu lassen  – „selbstgesteuerter“ oder „offener“ Unterricht heisst das dann. „Unwahrheit!“, heisst es dann wahrscheinlich vom Schulleiterverband, im Lehrplan stünde ausdrücklich etwas von Methodenfreiheit des Lehrers.

Doch erstens kann man das Vorantreiben „offener“ Unterrichtsformen im Lehrplan selbst zeigen. Zweitens heisst es in der Vernehmlassungsantwort des Lehrerverbands LCH: „Die ‚Methodenfreiheit‘ der Lehrpersonen wird stark relativiert.“ Und drittens wird es noch interessanter, wenn man den Artikel weiter liest, was an der Schulleitertagung gelaufen ist. Man habe das Führungsinstrument „Classroom Walkthrough“ kennengelernt: Der Schulleiter soll jeden Lehrer zehn- bis fünfzehnmal unangemeldet für ein paar Minuten im Unterricht besuchen. Schon wieder eine neue Kontrollform, die die Lehrpersonen in eine modernistische Richtung zwingen soll.

Interessant ist die Homepage des Referenten, der die Schulleiter dieses Führungsinstrument beigebracht hat. Dort findet man einen exemplarischen Bogen mit Aspekten, auf die die Schulleiter bei diesen Besuchen achten sollen. Einer von vier fragt, ob „offene“ Lernformen angewendet werden. Wohin die Bildungsbürokratie will, ist folglich klar! Also: Gibt es jetzt Methodenfreiheit oder nicht? Offensichtlich nicht. Leider müssen wir damit rechnen, dass berechtigte Kritik am Lehrplan 21 als Unwahrheit abgetan wird, weil die Befürworter keine guten Argumente haben. Zum Glück werden wir im Thurgau über dieses Schulreformwerk abstimmen können.

Eingestellt von Urs Kalberer

Lernen ist etwas anderes als aus dem Internet kopieren

von Georg Koch, Stettfurt

Regierungsrätin Knill und ihre Experten scheinen sich nicht so sicher zu sein, dass ihre Vorstellungen vom zukünftigen Unterrichten bei den Lehrern breite Zustimmung finden. Der mit tausenden von Kompetenzen völlig überladene LP21, der die einzelnen Fächer völlig verhackstückt und gleichzeitig überfrachtet, ist nicht praxistauglich.

Er verhindert ein systematisches, zusammenhängendes Erlernen der Grundfertigkeiten, die man als Staatsbürger und im Beruf braucht. Der LP21 überfordert viele Schüler, da er das eigenständige individuelle Lernen favorisiert.

Er verhindert damit seinen Verfassungsauftrag, die Ziele der Bildungsstufen bundesweit anzugleichen. Es sei denn, man versteht darunter völlig individuelle Lernstände als allgemeingültiges Ziel.

Aufgrund der Proteste aus der Lehrerschaft wird immer wieder betont, dass die Unterrichts- und Methodenfreiheit der Lehrpersonen auch in Zukunft gewahrt blieben. Diese Beruhigungspille schluckt jedoch kein Lehrer, der den LP21 wirklich gelesen hat und dann z.B. feststellt, dass sein Fach Geschichte im Konglomerat NMG (Natur  – Mensch  – Gesellschaft) untergeht.

Etwa Schweizer Geschichte soll erst ab der 7. Klasse in kürzester Zeit und in einem Wust von hochanspruchsvollen Fragen vermitteln werden. So sollen Schüler in der Pubertät „eine kurze historische Darstellung einer ausgewählten Region vom Beginn der Neuzeit bis heute verfassen“ können. Lernen ist jedoch etwas anderes als die „Kompetenz“, etwas aus dem Internet herauszukopieren.

Um die Lehrerschaft auf Kurs zu bringen, sollen nun die Schulleiter mittels „Classroom Walkthrough“ (Thurgauer Zeitung 4.9.2015) kontrollieren, ob die Lehrer fragwürdige „offene Lernformen“ verwenden und die Schüler genügend Zeit haben, „ihre Arbeiten in ihrem eigenen Tempo zu erledigen“.

So jedenfalls bringt es ihnen Ex-Lehrer Schwendener bei, der seine Kontrollgangmethode für 450 Sfr pro Person nun an die Thurgauer Schulleiter verkauft. Hauptsache es klingt amerikanisch und kommt von da…

Wir befinden uns in der direkdemokratischen, neutralen, bewaffneten Eidgenossenschaft. Wir schreiben das Jahr 2015.

In dieser Eidgenossenschaft gibt es vier Landessprachen, Englisch ist nicht dabei.

Diese für eidgenössische Zungen eher ungewohnte oder unaussprechliche Wortschöpfung "Classroom Walkthrough" ist nun der OFFIZIELLE Begriff der thurgauer Bildungsdirektion, der den Schulleitern die nötige Macht verleiht, etwaige unbotmässige Lehrer (die heute Lehrpersonen heissen) und wagen sollten, die Methodenfreiheit für sich in Anspruch zu nehmen, auf den rechten LP21-Weg zu steuern (zwingen).

Classroom-Walkthrough auf Deutsch: Spaziergang durchs Klassenzimmer. Dass sich im Lande Pestalozzis Pädagogen zwingen lassen, dass man ihnen mittels eines angelsächsischen neoliberalen Steuerungsinstruments ihr pädagogisches Selbstverständnis verbietet, nämlich als Person im Klassenzimmer mit allen Sinnen präsent zu sein und die Schüler mit Empathie anzuleiten und eine Klassengemeinschaft zu formen, ist mir unerklärlich.

Nun wird also geprüft, ob der Lehrer tatsächlich die Rolle des "Coach" oder des "Moderator" eingenommen hat. Unangemeldet, ohne anzuklopfen, ohne Gruss tritt der Schulleiter ins Klassenzimmer, macht sein "Walkthrough", macht seine "Look fors", ob die vorgeschriebenen "Offenen Lernformen" durchgeführt werden und gibt innert 24 Stunden sein "Feed-back". Schrecklich!

Quelle: Willy Wahl, Zürich

Corona: Psychische Gefahren für unsere Schulkinder

Mit dieser Warnung trat eine mutige Schulleiterin mit einer Verantwortung über 360 Kinder und 40 Lehrpersonen mit einem Leserbrief an den Tages-Anzeiger heute an die Öffentlichkeit
Die Lehrpersonen der Schule Neuhegi leisten einen immensen Aufwand, um trotz grosser Herausforderungen guten Unterricht zu bieten. Ihrem Engagement gebührt grosser Respekt. Tatsache ist dennoch: Seit einem halben Jahr finden an den Schulen keine klassenübergreifenden Anlässe mehr statt, Klassenlager wurden gestrichen, und dieses Jahr gibt es auch keine gemeinsamen Adventsfeiern und Konzerte im Schulhaus.

Schule Neuhegi
Schule Neuhegi

Eltern sind nicht mehr willkommen, Seniorinnen und Senioren schon gar nicht. Wir öffnen die Schulhaustüren nicht, wir schliessen sie zu. Auf dem Schulgelände müssen alle Erwachsenen eine Maske tragen. Das Maskentragen an der frischen Luft ist verordnet - auch wenn weit und breit niemand da ist. In den Schulzimmern treffe ich Lehrpersonen an, welche mit Maske versuchen, eine Fremdsprache zu lehren. Fröhliche Musikklänge sind fast verstummt. Austausch in Kreisrunden gibt es selten, geturnt wird mit Abstand, Körperkontakt ist tabu. Kinder sehen keine Mimik, kein Lachen in den Maskengesichtern ihrer Lehrerinnen und Lehrer - Gefühle können nur erahnt werden. Lehrpersonen müssen immer mal wieder zehn Tage in Quarantäne - auch wenn sie kerngesund sind. Die Schulleitung muss dann Vertretungen aus dem Hut zaubern. Die kosten viel Geld, das viel sinnvoller eingesetzt werden könnte.

Nein, ich bin keine Verschwörungstheoretikerin, sondern einfach eine Schulleiterin mit einer Verantwortung über 360 Kinder und 40 Lehrpersonen, welche zuerst leise und jüngst immer lautere Zweifel bei der Verordnung all dieser lebenseinschränkenden Massnahmen überkommen. Das Virus ist eine physische Gefahr - die Massnahmen sind eine psychische. Wer hat bei all den einschneidenden Massnahmen eigentlich an den Einfluss dieser Erfahrung auf die Entwicklung unserer Kinder gedacht?

Isabella Okle, Winterthur Schulleiterin Schule Neuhegi

Quelle: https://www.tagesanzeiger.ch/

Mehr zur Schule Neuhegi: https://www.schule-neuhegi.ch/unsere-schule/portrait/p-26/

Das Jungfernhäutchen: Ein Mythos lebt weiter

Denn das «Jungfernhäutchen» gibt es nicht – auch wenn viele Frauen das immer noch glauben.
Andrea Arežina Das Magazin, 27.11.2021
Erinnern Sie sich an Ihren Biologieunterricht? An die Stunde, in der Sexualität Thema war? Mussten Sie ein Kondom über eine Banane ziehen? Und hat Ihnen die Lehrperson erklärt, was das Jungfernhäutchen sei? Welches Bild des Jungfernhäutchens hatten Sie vor Augen? Dachten Sie an eine dünne, fest gespannte Haut  – vergleichbar mit der Frischhaltefolie, die das Gemüse im Laden versiegelt und symbolisiert, dass es unberührt ist?

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser,
da musste ich alt werden, bevor ich etwas Vernünftiges in einer vernünftigen Zeitung über einen Sachverhalt las, mit dem ich mich bislang nicht näher beschäftigt hatte. Warum eigentlich? Wahrscheinlich ist das Jungfernhäutchen ein (unbewusstes) Tabuthema. Jedenfalls bin ich der Journalistin dankbar, dass sie sich dem Thema wissenschaftlich angenommen hat und staunte, als ich den Begriff «Theogynäkologie» sah und darüber nachdachte, dass hier ein treffender Begriff verwendet wird, der die mystische Betrachtungsweise auf diesem Gebiet zum Ausdruck bringt. Wie wäre es, wenn wir diesen Begriff etwas näher beleuchten würden und ihn auch auf andere Wissensgebiete ausweiten würden? Zum Beispiel auf die Humanwissenschaften? So schlage ich in meinen alten Tagen gedanklich einen grossen Bogen vom kleinen «Jungfernhäutchen» zur grossen Frage unseres theo-logischen Menschenbildes. Herzlich Willy Wahl

Jungfernhäutchen
Ein passendes Modell: der Haargummi.
Foto: Tonje Thilesen

«Viele denken so», sagt die Sexualpädagogin Linda Bär. Woche für Woche besucht sie Schulen in der Schweiz und klärt die Klassen unter anderem mithilfe eines Haargummis darüber auf, was das «Jungfernhäutchen» ist.

Eine Oberstufenschülerin habe kürzlich wissen wollen, ob ihr Jungfernhäutchen gerissen sei, nachdem sie zum ersten Mal einen Tampon eingeführt hatte, erzählt Linda Bär.

Die Sexualpädagogin spricht lieber weniger und führt vor, mit Sachen, die sie zur Hand hat. Von ihrem rechten Handgelenk streift sie sich einen dünnen Haargummi ab, streckt ihn hoch. Auf Augenhöhe, ein kleiner Kreis. Linda Bär fragt: «Kennen Sie die breiteren Haargummis? Die aus Samt? Stellen Sie sich so einen vor.» Sie führt ihren Daumen, Zeige- und Mittelfinger in die Mitte des Haargummis ein und spreizt ihre Finger. Er wird auseinandergezogen, weitet und dehnt sich so lange, bis sie die Finger wieder zusammenführt und er sich zusammenzieht und auf Anfangsgrösse zurückschrumpft. 

Linda Bär sagt: «Dasselbe geschieht, wenn ein Tampon, ein Finger, ein Penis oder ein Sexspielzeug in die Vulva eingeführt wird».

An dieser Stelle in der Vulva ist nichts Straffes, hier befinden sich Schleimhautfalten, die ringförmig angeordnet sind, wie ein Kranz. Am meisten dehnt sich dieser vaginale Kranz beim Gebären. Das Jungfernhäutchen existiert nicht.»

Wieso glauben sehr viele Menschen dennoch, dass das «Jungfernhäutchen» reissen kann, reissen muss? Spätestens beim ersten Sex?

Die Kulturwissenschaftlerin Dr. Mithu Sanyal* spricht in ihrem Buch «Vulva  – Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts» von einem tief verwurzelten Mythos. Dieser sei in der Religion wie auch der Medizin und deren Forschung zu finden.

«Theogynäkologie»

Für lange Zeit war im christlich geprägten Europa die Idee vorherrschend, dass die weiblichen Geschlechtsorgane ausschliesslich der Fortpflanzung dienen. Diese Vorstellung war von antiker Medizin geprägt, vor allem durch den römischen Arzt Galen, der bis etwa ins 17. Jahrhundert die Autorität für die europäische Gesundheitslehre war.

Für ihn war der Mensch das vollkommenste aller Tiere und innerhalb der Menschheit der Mann vollkommener als die Frau  – gerade auch, was die Geschlechtsorgane betrifft. Galen schrieb: «Natürlich darf man nicht glauben, dass unser Schöpfer die Hälfte der ganzen Spezies absichtlich unvollkommen und, wie es der Fall ist, verstümmelt geschaffen hätte, wenn nicht in solch einer Verstümmelung irgendein grosser Vorteil läge.» Der Vorteil bestand laut dem Arzt darin, dass die Frau zur Unterordnung und zum Dienen gemacht sei.

Im mittelalterlichen Kompendium «Secreta Mulierum» (was sich in etwa mit «Die Geheimnisse der Frauen» übersetzen lässt), einem Nachschlagewerk der Medizin, ist nachzulesen, dass die Frau dem Mann beim Geschlechtsakt Wärme entzieht. Das führe dazu, dass der Mann schwach und debil werde, wenn er zu viel Sex mit Frauen habe.

Dies war die allgemeine Stossrichtung der mittelalterlichen Forschung. Ihr Hauptinteresse lag bei der «Gebärmutter», und es gab die Vorstellung, dass das Jungfernhäutchen den Penis davon abhalten würde, in den Uterus einzudringen.

Eine ganze Disziplin der Theologie, die «Theogynäkologie», wie Sanyal sie nennt, beschäftigt sich seitdem mit anatomischen Überlegungen, wie Maria, die Mutter Jesu, vor der Geburt, während der Geburt und nach der Geburt ein unverletztes Jungfernhäutchen behalten konnte.

Schliesslich ist Maria die einzige Frau, die ohne Mann, ohne Penis, ohne Samen, ohne künstliche Befruchtung ein Kind auf die Welt bringen konnte. Mit der Jungfrauengeburt begründen sich viele Christinnen und Christen die Göttlichkeit von Jesus. Jesus sei nicht durch einen Mann gezeugt worden, sondern durch den heiligen Geist.

Auf dem Mythos des Jungfernhäutchens gründet auch der Brauch, das weisse, aber blutbefleckte Bettlaken nach der Hochzeitsnacht auszuhängen, am besten über dem Fenstersims, in der Morgenstunde nach dem ersten Sex. Das Beweisstück der Entjungferung. Das Zeichen, dass dieser Mann diese Frau entjungfert hat und dass das zukünftige Kind nur von ihm stammen kann. Die Kontrolle über die Sexualität der Frau. Dieser Brauch hält sich in manchen Kulturkreisen bis heute.

Was sagt die Medizin dazu  – heute? Laut der Gynäkologin Dr. Jutta Pliefke von pro familia Berlin bluten nur wenige Frauen beim ersten Sex. In der Broschüre «Mythos Jungfernhäutchen» des interkulturellen Frauen- und Mädchen-Gesundheitszentrums Holla e. V. sagt sie, dass der Grund, warum manche Frauen doch bluten, ein ganz anderer sei: Wenn eine Frau noch nie oder sehr lange keinen Sex hatte, sei sie wahrscheinlich nicht sehr entspannt. Beim ersten Mal würde man sich noch nicht so gut kennen. Da könne schon mal irgendwo etwas bluten. Mit dem «Jungfernhäutchen» habe das allerdings nichts zu tun.

Es gebe da keine Häutchen. Das Wort an sich sei schon irreführend. Trotzdem benutzt Jutta Pliefke es, weil es die Mädchen kennen würden. Dann wüssten die Mädchen, wovon sie rede. Sie füge aber immer an, dass es ein unglückliches Wort sei.

«Vaginale Korona»

Doch auch wenn Frauen den Sexualpädagoginnen oder Gynäkologinnen oder Kulturwissenschaftlerinnen glauben, reicht das nicht. Herrscht in ihren Familien der Glaube, dass das Jungfernhäutchen die Jungfernschaft beweist, kann ein grosser Druck auf den jungen Frauen lasten. Der so gross werden kann, dass nicht wenige, die bereits Sex hatten, zu drastischen Massnahmen bereit sind.

Die Medizin von heute könne das «Jungfernhäutchen wiederherstellen» heisst es. In der Schweiz bieten mindestens zwei Kliniken die Wiederherstellung des Jungfernhäutchens durch einen chirurgischen Eingriff an. Der Direktor einer Klinik in Montreux sagte dem SRF, dass die Nachfrage nach solchen Eingriffen steige. Einen Grund dafür findet er darin, dass Schweizer Kliniken den Frauen höchste Diskretion zusichern. Für einen Eingriff bezahlen die Frauen hier zwischen 2000 und 4000 Franken.

Der Chirurgen Marc Abécassis, der viele Jungfernhäutchen wiederhergestellt habe, ist der Meinung, dass diese Frauen an eine jahrhundertelange Tradition gebunden seien und er sie mit der Operation vom Diktat der Jungfräulichkeit befreien könne.

Tut er nicht das Gegenteil und bastelt aktiv am Mythos weiter? Und wenn es dieses Jungfernhäutchen nicht gibt, was rekonstruiert er genau?

Eine Klinik in Zürich, die auf ihrer Website titelt «Jungfernhäutchen wiederherstellen  – Hymenrekonstruktion» antwortet auf meine Fragen, wie viel der Eingriff koste, was konkret operiert werde und was beim nächsten Sex anders sein solle: Die Antworten seien nur in einer Sprechstunde mit der behandelnden Ärztin zu bekommen, und eine solche koste zwischen 100 und 150 Franken.

Gynäkologinnen des Familienplanungszentrums Balance in Berlin schreiben auf Ihrer Webseite Folgendes:

  • «Das ‹Jungfernhäutchen› (=Hymen) hat keine Funktion für Ihren Körper.
  • Das Hymen ist ein zartes Häutchen (ähnlich dem Häutchen unter Ihrer Zunge), das den Scheideneingang wie ein Ring umschliesst.
  • Das Hymen kann auch ohne Geschlechtsverkehr ‹nicht intakt sein›.
  • Das Hymen kann ‹nicht intakt sein›, ohne dass Sie es merken.
  • Kein Mann kann feststellen / merken / fühlen, ob Sie noch ‹Jungfrau› sind.
  • Das Hymen muss beim ersten Geschlechtsverkehr nicht bluten (nur etwa 50 % der Frauen bluten beim ‹ersten Mal›).
  • Auch nach einer ‹Rekonstruktion› des Hymens kann es beim nächsten Geschlechtsverkehr sein, dass es nicht blutet, bzw. dass die Verletzung des Hymens nicht so heilt, dass es wieder ‹intakt erscheint›.»

Auch Balance bietet die Rekonstruktion des Hymen an, doch erst nach einem Beratungsgespräch mit einer Frauenärztin und einer gynäkologischen Untersuchung. Für den Eingriff verlangt das Balance-Team zwischen 350 und 600 Euro. Balance mache im Schnitt eine Hymenrekonstruktion und sieben Beratungsgespräche pro Monat.

Im Sexualkundeunterricht von Linda Bär fragen junge Frauen oft: «Sie, tut das erste Mal Sex fest weh? Wie fest werde ich bluten? Nach dem ersten Mal bin ich ja nicht mehr Jungfrau, oder?»

Linda Bär stellt Oberstufenschülerinnen auch mal Rückfragen, beispielsweise, was mit «erstes Mal Sex» gemeint sei. Viele gingen davon aus, das meine den Moment, «wenn ein Penis das erste Mal in eine Scheide eindringt», sagt die Sexualpädagogin. Selten denke man an «zwei Menschen mit Vulva oder zwei Menschen mit Penis, die ihr erstes Mal erleben».

Der Sexualpädagogin ist es wichtig, die Fragen der Oberstufenschülerinnen auseinander zu dröseln, zu erklären, was mit «Jungfrau» gemeint sei. Es sei eine alte Bezeichnung für nicht verheiratete Frauen. «Früher war Sex nur in der Ehe zugelassen, doch wie sollte man das beweisen? Man bediente sich kurzerhand des Mythos Jungfernhäutchen», erzählt Linda Bär.

Die Sprache sei ein System, mit dem wir uns in der Welt orientierten und Bewertungen vornehmen würden, schreibt Mithu Sanyal in ihrem Buch. Sprache forme unser Denken, und das Denken bestimme, wie wir die Realität sehen würden.

In der schwedischen Realität gibt es das «Jungfernhäutchen» nicht mehr. Im Jahr 2009 hat der schwedische Sprachrat den ideologisch aufgeladenen Begriff Jungfernhäutchen  – auf Schwedisch mödomshinna  – abgeschafft. Und durch den Begriff «vaginale Korona» ersetzt. Der Duden druckt beim Buchstaben «J» nach wie vor «Jungfernhäutchen» ab. Warum benutzen wir noch ein Wort, das etwas beschreibt, das es gar nicht gibt? Man sagt ja auch nicht mehr Erdscheibe, sondern Erdball. 

Andrea Arezina
Andrea Arežina ist Autorin. redaktion@dasmagazin.ch

Publiziert: 26.11.2021, 17:00

Quelle: https://www.tagesanzeiger.ch/sprechen-wir-von-der-vaginalen-korona-660756348469

*http://www.sanyal.de/index.php/buecher/vulvhttps://www.perlentaucher.de/buch/mithu-m-sanyal/vulva.html

Das Verschwinden des Wissens

ein NZZ-Gastkommentar zur Bildung
von Konrad Paul Liessmann, Philosophieprofessor
Es ist gespenstisch: Wie von Geisterhand geführt, hat sich in den letzten Jahren, von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt, eine der radikalsten Veränderungen an Schulen und Universitäten vollzogen, ein Bruch mit einer jahrhundertealten Tradition, eine völlige Neuorientierung dessen, was Bildungseinrichtungen zu leisten haben und was die Absolventen solch einer Einrichtung auszeichnen soll. «Kompetenzorientierung» lautet das Zauberwort, das nun die Lehr- und Studienpläne dominiert, das alles, was man bisher glaubte lehren und vermitteln zu müssen, hinfällig werden lässt, das endlich garantieren soll, dass anstelle toten Wissens brauchbare Fähigkeiten erworben werden, und das verspricht, dass nichts Unnützes mehr gelernt wird, sondern nurmehr das, was mit der Lebenswelt von Schülern und Studenten, mit ihren Bedürfnissen und Problemen zu tun hat oder auf diese anzuwenden ist.

Das Ziel von Bildungsprozessen ist nicht mehr eine wie auch immer definierte Bildung, sondern der umfassend kompetent gewordene Mensch, der mit Fähigkeiten ausgestattet ist, die es ihm angeblich erlauben, in jeder Situation die angemessenen Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig verspricht die Umstellung von Bildung auf Kompetenzen endlich verlässliche Instrumentarien zu schaffen, um genaue Messungen und Bewertungen dieser Fähigkeiten vornehmen zu können.

Das Kompetenzkonzept ist ein Kind der Ökonomie

Quelle: NZZ
http://www.nzz.ch/meinung/debatte/das-verschwinden-des-wissens-1.18383545

Das Wohlergehen aller sicherstellen - mit allen zusammen

Das Wohlergehen aller sicherstellen  – mit allen zusammen

ein Interview mit Professor Dr. Françoise D. Alsaker, Universität Bern

Zeit-Fragen: Frau Professor Alsaker, wir haben die Materialien studiert, die Sie entwickelt haben. Sie sind mit Herzblut geschrieben und vom Gefühl für die Kinder getragen. Da stellt sich natürlich auch die Frage, wie Sie auf dieses Gebiet gestossen sind.

Professor F. Alsaker: Ich bin durch Forschung darauf gekommen, und zwar habe ich mich in meiner Dissertation mit dem Selbstwert befasst. Während des Studiums habe ich mich eher mit Depression und ähnlichen Problemen beschäftigt. Dann ging ich zur Erforschung des Selbstwerts über und untersuchte, was den Selbstwert von Jugendlichen, das heisst bei 10- bis 16jährigen, beeinflusst. Da habe ich zuerst die üblichen Themen untersucht, wie Pubertät, Schulleistungen usw. Ich arbeitete mit Dan Olweus zusammen, der Pionier im Bereich Mobbing ist.

Der fehlende Mut zum Tiefgang

Von Carl Bossard
09.11.2015
Bildung verlangt Tiefe und ist mehr als die blosse Addition aktueller Wissensbestände und "Kompetenzen". Bemerkungen zum neuen Schweizer "Lehrplan 21"

Die Gegenwart liebt die Oberfläche und das Vordergründige; die Kunst lebt von der Liebe zu den schönen Äusserlichkeiten. Das hat Folgen  – auch für den Unterricht. Doch Bildung braucht Tiefe. Darum müssten Bildung und Schule gegenhaltende Kraft entwickeln. Die Menschen brauchen Hintergrund.

Der Zeitgeist surft an der Oberfläche

Der amerikanische Künstler Jeff Koons ist vielleicht der erfolgreichste Künstler der Gegenwart. Ein Meister glänzend-glatter Oberfläche. Die Fondation Beyeler widmete ihm 2012 eine vielbeachtete Ausstellung. Der Andrang war gross. Seine Kunst gefällt; sie ist ein Œuvre des Like. Doch wer kritisch hinschaut, der spürt: Koons‘ Kunst bleibt bewusst banal. Es fehlt ihr die Tiefe, es fehlt der Tiefsinn. Sie eckt nicht an. Von der Ästhetik des Glatten geht kein Widerstand aus. Alles bleibt Oberfläche.

Quelle: Journal21
https://www.journal21.ch/der-fehlende-mut-zum-tiefgang

Der Griff nach der Bildung

Die Umgestaltung unseres Schulwesens nach der Ideologie des Neoliberalismus

von Dr. Alfred Burger, Zürich

In den letzten Wochen und Monaten wurde deutlich, dass weltweit operierende, einflussreiche Finanzkreise zur Befriedigung ihrer Geld- und Machtgier nicht davor zurückschrecken, ein Geschäft mit den Grundbedürfnissen der Menschen zu machen und ganze Volkswirtschaften zu ruinieren.

Der Konstruktivismus als Manipulationsinstrument

Sehr geehrte Seniora-Leserinnen und Seniora-Leser!

Nicht nur die Schulreformen in Deutschland, sondern auch der stark umstrittene Lehrplan 21 in der Schweiz haben den Konstruktivismus zum Fundament. Eltern und Pädagogen sind aufgerufen, sich mit dieser anti-wissenschaftlichen Ideologie ernsthaft auseinanderzusetzen! Der ganze Vorgang zum Schaden unserer Kinder  ist so unglaublich, dass er an die ganz grosse Glocke gehört.

Mit herzlichem Gruss
Willy Wahl

Der Konstruktivismus als Manipulationsinstrument

Der weltanschauliche Hintergrund der Gemeinschaftsschulen und ihres pädagogischen Konzeptes

von Moritz Nestor

Es ist nur wenig bekannt, dass das pädagogische Konzept der Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg sein weltanschauliches Fundament im Kontruktivismus hat. Was es mit dieser Weltanschauung auf sich hat, zeigt der folgende Artikel.

Der Leserbrief einer besorgten Mutter zum neuen Computerspiel GTA5

Der Leserbrief einer besorgten Mutter zum neuen Computerspiel GTA5

Der Leserbrieg nimmt bezug auf den Artikel "Eine neue Dimension des Computerspiels", TA vom 18. September

Eine neue Dimension des Computerspiels

Tages-Anzeiger, 2013-09-18

Darauf haben Millionen in aller Welt lange gewartet: Gestern erschien das Computerspiel «Grand Theft Auto V» (GTA 5). Mit Produktionskosten von weit über 100 Millionen Dollar ist GTA 5 das teuerste Computergame der Geschichte. Es wird erwartet, dass es innert eines Jahres rund 1,5 Milliarden Franken an Einnahmen generiert. Das Game bildet eine riesige, Los Angeles nachgeahmte Parallelwelt ab. Wie in den ersten vier Folgen der «Grand Theft Auto»-Serie ist diese Welt auch im fünften Teil eine äusserst brutale: Es wird gestohlen, geschossen, gemordet. GTA 5 geht noch einen Schritt weiter, in dem es den Spielern ermöglicht, «Terroristen» zu quälen und mittels Waterboarding zu foltern. Obwohl das Spiel in der Schweiz erst ab 18 Jahren zugelassen ist, sind viele Eltern besorgt. Sie sollten solche Games mit ihren Kindern spielen, statt sie grundsätzlich zu verbieten, rät der Jurist und Videospiel-Experte Marc Bodmer. (TA)Kommentar Seite 2, Berichte Seite 2, 3

Der Naturforscher, Philosoph und Aufklärer Ernst Haeckel

Eine Kämpferherz für Fortschritt und Bildung
von Dr. Klaus Hofmann (Kulmbach)
  1. Warum uns Haeckel noch heute interessiert

Es gab eine Zeit, in der Hegel und Haeckel verwechselt wurden. Heute passiert das kaum noch. Man kennt beide nicht mehr!

Und doch ist Haeckel (1834 - 1919) ein Mann, der wie kaum ein zweiter dazu beigetragen hat, unser Weltbild zu verändern. Zusammen mit Darwin hat er die Abstammung des Menschen ergründet und insgesamt das Menschenbild  – ob es uns gefällt oder nicht  – auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt. Haeckel ist der "deutsche Darwin".

Er hat die Evolutionstheorie um wichtige Beiträge bereichert und zu ihrer weltweiten Verbreitung und Anerkennung beigetragen; gegen den Widerstand von Berufsphilosophen und Theologen, die seine Aufklärungsbemühungen auf das heftigste bekämpften (ein Schicksal, das Haeckel mit Ludwig Feuerbach teilte).

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