Ein geopolitischer Rundumblick von Alastair Crooke
Das Transkript und die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus
Andrew Napolitano:
Hallo zusammen, Judge Andrew Napolitano hier bei Judging Freedom. Heute ist Mittwoch, der 6. September 2023. Alastair Crooke ist aus Italien zu uns gestoßen. Alastair, wie immer ein Vergnügen. Danke, dass Sie dabei sind.
Über das Feiertagswochenende haben wir hier in den USA erfahren, dass sich die öffentliche Allianz zwischen Nordkorea und Russland verstärkt hat, dass Kim Jong-un tatsächlich Präsident Putin in Wladiwostok besuchen wird und dass Russland Nordkorea umfangreiche Offensivwaffen, Interkontinentalraketen, zur Verfügung stellt, die von Nordkorea aus das gesamte amerikanische Festland erreichen können.
Es stellen sich also einige Fragen. Erstens: Hätte dies ohne die Beteiligung oder die stillschweigende Zustimmung von Chinas Präsident Xi geschehen können? Und zweitens: Wie wichtig ist dies für die nationale Sicherheit der USA?
Alastair Crooke:
Nochmals: Wir sollten dies nicht als Bedrohung für die Vereinigten Staaten per se betrachten. Es ist vielmehr Teil einer strategischen und verhandlungspolitischen Position.
Gerade in der letzten Zeit haben die Vereinigten Staaten den Konflikt in Syrien wieder verschärft und versucht, eine Volksrevolution zu starten, um Präsident Assad aus dem Amt zu jagen. Und es ist noch komplizierter. Es gibt Spannungen zwischen russischen Flugzeugen und amerikanischen Flugzeugen und amerikanischen Drohnen. Und auch die Kurden heizen die Situation an. Und auch die Spannungen nehmen zu. Jemand stachelt die islamischen Extremisten auf. Sie wurden aus dem Gefängnis entlassen und die islamischen Extremisten, die Gegner von Präsident Assad, werden wieder ermutigt. Das ist also ein quid pro quo.
Im Grunde genommen möchten die Vereinigten Staaten also, da sie die Offensive in der Ukraine zu verlieren scheinen, einen Erfolg, und ein Erfolg könnte die Beseitigung von Assad sein. Ein Ausgleich, wenn Sie so wollen. Ein Äquilibrium. Die Offensive zu verlieren...
Andrew Napolitano:
Bevor wir zu Nordkorea kommen. Haben die Vereinigten Staaten – und wenn Ihre Antwort auf diese Frage "ja" lautet, weiß die amerikanische Öffentlichkeit das nicht – ihre militärischen Aktivitäten und das Ausmaß der Gewalt in Syrien in letzter Zeit verstärkt, um Präsident Assad zu stürzen?
Alastair Crooke:
Ja. Mit Flugzeugen, die HIMARS einsetzen. Es gibt einen Teil Syriens, der von amerikanischen Streitkräften besetzt ist – etwa ein Drittel Syriens ist besetzt, und die Kurden unterstützen sie...
Andrew Napolitano:
Habe ich etwas verpasst oder hat der Kongress der Vereinigten Staaten Syrien den Krieg erklärt?
Alastair Crooke:
[Lachen] Nun, das läuft schon lange. Sie machen das seit – was auch immer – 2011. Aber, wissen Sie, das ist wie die Kubakrise. Zuerst hat Amerika Raketen in der Türkei stationiert. Russland hat dann Raketen auf Kuba stationiert. Schließlich holte Kennedy die Raketen aus der Türkei zurück und schließlich gab es eine Lösung.
Aber hier geht es einfach um eine Eskalation, den Versuch, den Vereinigten Staaten zu sagen: "Seid vorsichtig! Wenn ihr in der Ukraine weiter eskalieren wollt, gibt es Wege, wie wir darauf reagieren können.“ Und dies ist eine Antwort, denn was haben wir in dieser Zeit gesehen, als die Offensive schwächer wurde, als die Offensive auslief, was ist da passiert? Nun, irgendjemand gibt der Ukraine grünes Licht, immer mehr Drohnen auf Moskau und auf Flughäfen abzuschießen und auch Hochgeschwindigkeitsdrohnen, Tauchdrohnen, im Schwarzen Meer einzusetzen, um die Brücken anzugreifen. Es ist also ein Schwarzmeerkrieg und auch ein Drohnenkrieg, um das auszugleichen: Die Ukraine gewinnt überhaupt nicht. Sie hat auf dem Schlachtfeld nichts gewonnen. Also kompensiert sie das mit diesen Drohnen. Irgendjemand hat ihnen dazu grünes Licht gegeben.
Und so haben wir jetzt auch eine Eskalation in Syrien und so weiter: Ist es also eine große Überraschung, dass plötzlich neue Raketen in Nordkorea stationiert werden? Und ich bin mir sicher, dass dies mit China nach strengen Absprachen koordiniert wurde. Es handelt sich keineswegs um einen Angriff auf die Vereinigten Staaten. Aber es ist eine sehr klare Botschaft. Sie besagt: "Hört zu! Macht weiter so. Macht weiter mit dem, was ihr in Japan tut, macht weiter mit dem, was ihr mit Südkorea tut, und seid nicht überrascht, wenn wir auf der anderen Seite den Einsatz ebenfalls erhöhen."
Es ist ganz einfach... Es sollte Washington klar sein, dass dies keine große neue Drohung von Kim Jong-un gegen die Vereinigten Staaten ist. Es sind Russland und China, die den Vereinigten Staaten sagen: "In diesem Krieg eskaliert ihr. Seid nicht überrascht, wie die Antwort ausfallen wird. Ihr solltet euch diese Probleme noch einmal ansehen und vielleicht darüber nachdenken, wie ihr einen Weg zur Deeskalation und zum Ausstieg aus dieser Situation finden könnt."
Und das Problem ist, dass ich nicht glaube, dass Washington eine Ahnung hat, wie man einen Kommunikationskanal öffnen könnte. Einen Kommunikationskanal zu eröffnen wäre dann die eine Sache. Aber was werden Sie über diesen Kommunikationskanal sagen? Was werden sie den Russen sagen? Und sie können nicht verstehen, dass Russland sagt: "Wir werden keinen ‚eingefrorenen Konflikt‘ akzeptieren. Wir werden nicht akzeptieren, dass wir irgendein Ergebnis verhandeln, wie wir es im März letzten Jahres in Istanbul war, und das war dann noch dazu ein Ergebnis, das anschließend wieder annulliert wurde.
Das werden wir nicht tun, weil wir sehen, dass die Ultranationalisten und die Neofaschisten in Kiew vorherrschend sind und die Politik beeinflussen. Es ist ganz klar, dass sie für die Politik verantwortlich sind. Ich meine, schauen Sie sich den lächerlichen Selensky-Friedensplan an, den 10-Punkte-Friedensplan, der die vollständige Kapitulation Russlands fordert. Das ist typisch für die Ultranationalisten. Sie werden weiterhin um jeden Preis versuchen, Russland zu zerstören. Sie sind sehr, sehr extrem in ihrem Hass auf Russland und alles, was mit Russland zu tun hat, und so ist klar, dass Putin nicht hinnehmen wird, dass der Westen ein Kiew, das von denen beherrscht wird, wieder militarisiert... Das ist nicht das ukrainische Militär. Das sind die ultranationalistischen Kräfte, die überwiegen und die Selensky kontrollieren.
In dieser Situation hinzugehen und zu sagen, "lasst uns zusammensitzen und über einen Waffenstillstand in der Ukraine sprechen"? Dabei werden die Fragen darüber, was im Donbass und in Lugansk passiert, nicht einmal angesprochen. Sie haben noch nicht darüber nachgedacht, wie sie...
Andrew Napolitano:
Sie haben uns eine wunderbare – beinahe – Welttournee vorgetragen, wie das alles miteinander verbunden ist, Alastair, und es ist eine brillante und ausgezeichnete Analyse. Ich würde es gerne etwas im Einzelnen besprechen. Erstens: Erkennen mittlerweile so gut wie alle – mit Ausnahme des Wall Street Journal, dass die ukrainische Offensive gescheitert ist?
Alastair Crooke:
Ich denke, das ist fraglich. Ich meine, ich denke, es wird anerkannt. Und ich glaube, das wird sogar im Weißen Haus anerkannt. Die können ihre Augen nicht ganz davor verschließen. Die Frage ist: Akzeptieren sie es? Ich meine, sind sie in der Lage, das aufzunehmen und damit umzugehen? Ich bin mir nicht sicher. Das ist die große Frage. Und kümmern sie sich darum? Ich weiß es nicht. Und vielleicht ist es deshalb für die einfacher, weiter zu eskalieren und den Ukrainern zu erlauben, mehr Drohnen auf Moskau zu feuern, weil sie ja nicht gerade Menschen in Moskau töten.
Das funktioniert nicht in dem Sinne, dass die Russen davor keine Angst haben. Aber die Russen werden deswegen einfach ihre Einstellung verhärten. Aber ich meine, es gibt Grenzen. Und eines Tages könnte es schief gehen und dann werden die Dinge weiter eskalieren. Also ich glaube, sie können einfach nicht damit umgehen. Das können sie nicht. Selbst wenn sie es wissen, werden sie sich damit nicht befassen.
Andrew Napolitano:
Hier ist, was sie gestern darüber gesagt haben. Das ist Jake Sullivan, im Pressesaal des Weißen Hauses:
[eingefügter Videoclip]
Jake Sullivan:
Lieferung von Waffen an Russland für den Einsatz auf dem Schlachtfeld, um Getreidesilos und die Heizinfrastruktur der Großstädte anzugreifen, während wir in den Winter gehen, um zu versuchen, Territorien zu erobern, die einer anderen souveränen Nation gehören: Das wird sich nicht gut auf Nordkorea auswirken, und sie werden einen Preis dafür in der internationalen Gemeinschaft zahlen.
[Ende vom eingefügten Videoclip]
Andrew Napolitano:
Ich weiß, dass dieses neue öffentliche Bündnis für Nordkorea enorm vorteilhaft ist. Es erhöht den Status von Kim Jong-un. Ist er ein ernsthafter internationaler Player oder ist er ein labiler Mensch, der nur da ist, weil er diese Macht von seinem Vater geerbt hat?
Alastair Crooke:
Nun, ich behaupte nicht, dass ich persönlich mit ihm zu tun gehabt hätte. Aber Russland hat eine lange und tiefe Verbindung zu Nordkorea. Die Beziehungen zu China waren etwas schwieriger. Aber vergessen Sie nicht, es gibt eine gemeinsame Grenze zwischen Nordkorea und Russland. Sie sind Nachbarn. Und daher gibt es und es gab schon seit geraumer Zeit eine Art Handel zwischen Russland und Nordkorea. Ich denke, wir unterschätzen, dass Nordkorea ein äußerst fähiges kleines Land ist. Aber in der Technologie und in ihrer Entschlossenheit, diese Waffen herzustellen, sind sie sehr hoch entwickelt. Das Gleiche gilt für Russland in einer anderen Art und Weise.
Aber jetzt gibt Russland Nordkorea die Möglichkeit, seinen Einfluss auf Washington zu erhöhen. Nun, wird Washington irgendwie darauf reagieren? Was wird Südkorea tun? Ich bin mir nicht sicher. Und Japan? Aber dies ist ganz klar ein Anstieg des Einflusses von Nordkorea und ich bin sicher, dass China – obwohl es nicht so freundlich zu Nordkorea ist – genau versteht, was vor sich geht: dass Russland Nordkorea einen Einfluss gibt, während die Vereinigten Staaten ihre Haltung im Pazifik vergrößern.
Andrew Napolitano:
Kauft Russland Munition aus Nordkorea? Ist das Teil dieses Austauschs und braucht Russland dies? Ich meine, Russland hat – wie ich es verstehe, Alastair – die aggressivsten erfolgreichen Rüstungshersteller der Welt mit praktisch grenzenlosen natürlichen Ressourcen, mit denen diese Dinge hergestellt werden können. Kauft es also von Nordkorea, und braucht es wirklich etwas von Nordkorea?
Alastair Crooke:
Okay, schauen Sie, ich kann Ihnen dazu nicht Kapitel und Vers aufsagen. Aber mein Eindruck ist: Nein. Russland braucht das nicht. Es hat seine Produktion gesteigert. Ich meine, was während dieser Monate eindeutig passiert ist, ist, dass Russland seine Munitionsproduktion und seine logistischen Fähigkeiten massiv erhöht hat. Und die nächste Stufe war die Erhöhung der Personalstärke seiner Armee. Aber Russland macht die Dinge in geordneter Weise. Und das erste war eine große Steigerung. Ich kann mir keinen Moment lang vorstellen, dass Russland vor dem kommenden Winter in Schlüsselgebieten wie Artilleriegranaten keine Munition mehr angehäuft hat. Ich meine, Millionen davon werden bereit für das, was als Nächstes kommt, und zwar von Putin für den kommenden Monat oder diesen Winter.
Andrew Napolitano:
Während wir hier sprechen, ist der amerikanische Außenminister Anthony Blinken in Kiew. Einer von diesen Besuchen, bei denen er einfach auftaucht. Es gibt keine Ankündigung im Voraus, dass er kommt. Und er kündigt eine weitere Milliarde Dollar an Militärhilfe und Bargeld für die ukrainische Regierung an.
Wir wissen nicht, Alastair, wie nah das Weiße Haus dran ist, kein Geld mehr zu haben. Der Blankoscheck, den der vorherige Kongress dem Präsidenten ausgestellt hatte, betrug 113 Milliarden. Einige Schätzungen sagen, er hat 48 ausgegeben. Einige Schätzungen sagen, er hat 68 ausgegeben. Einige Schätzungen sagen, er hat hundert ausgegeben. Das ist so eine verrückte Sache an der amerikanischen Buchhaltung: Niemand weiß wirklich, was er ausgegeben hat. Aber Tony Blinken ist dort, angeblich mit einem Milliardengeschenk an die Ukraine.
Wie wird das in Moskau aufgenommen, eine öffentliche Zurschaustellung von Amerikas Chefdiplomat, der während des Krieges in Kiew auftaucht und einen Scheck über eine Milliarde Dollar mitbringt?
Alastair Crooke:
Es wird in Moskau sehr schlecht aufgenommen, weil sie sehen, dass der Westen die Botschaft eindeutig nicht versteht. Und ich denke, das ist eines der Dinge, die mich beunruhigen – nachdem ich jahrelang Verhandlungen, Waffenstillstandsverhandlungen und den Versuch, Konflikte zu beenden, geführt habe – das Schlimmste, das Gefährlichste, was es gibt, ist, dass wenn man eine der Parteien überredet, eine Geste zu machen, auch wenn es eine kleine Geste ist, um die Bereitschaft zu zeigen, zu reden oder zu einer Art Verständnis über die Zukunft zu kommen, und die andere Seite sieht das sofort als Schwäche an und verdoppelt oder verdreifacht seine Konfliktanstrengungen. Und das ist das große Problem, dem sich Putin gegenübersieht.
Er war sehr vorsichtig. Er hat gewartet. Er hat gewartet, bis die Offensive zu Ende ist und gescheitert ist. Und dann wartete er darauf, was die Antwort der USA und Europas darauf ist. Und die Antwort, die er hat ist Eskalation, mehr Geld, mehr Waffen usw. Und natürlich muss er darauf irgendwie, und er wird irgendwie reagieren. Er war sehr vorsichtig dabei. Aber das ist immer so eine Sache, wenn man eine Geste macht, indem man irgendwie zurückzieht und anhält.
Genau das ist in Kiew wirklich zu Beginn des Konflikts passiert. Ich meine, die Russen wollten Kiew nicht mit der Streitmacht einnehmen, die sie dort eingesetzt haben. Alle haben gesagt: "Oh, die Ukraine hat erfolgreich zurückgeschlagen!" Es waren 40.000 Soldaten! Das ist ungefähr genug, um die Piazza del Popolo in Rom zu füllen, aber es sollte eine Stadt mit dreieinhalb Millionen nehmen? Offensichtlich war das immer als eine Art Botschaft gemeint: "Hör zu, ich meine es ernst. Können wir eine Einigung erzielen?" Die Antwort war "Nein" und die Einigung blieb "Nein, nein, nein!"
Und wie ich gesagt habe, glaube ich nicht, dass das Weiße Haus wirklich viel darauf gegeben hat, was solche Gespräche erfordern würden. Es geht nicht nur um die Ukraine. Es wäre: Ja, die Sicherheitsarchitektur Europas. Aber eigentlich ist das jetzt so altbacken und hat irgendwie erledigt – das spielt keine Rolle mehr. Die Schlüsselfrage lautet: Wie wird der Westen einen modus vivendi seiner Sicherheitssphäre mit der der entstehenden Sicherheitssphäre des Eurasischen Blocks finden? Der eurasische Block hat einen Sicherheitsaspekt, nicht nur einen wirtschaftlichen und einen politischen. Wir stehen vor einem großen Sicherheitsblock. Natürlich wird es irgendwann eine Diskussion darüber geben müssen, wie der Westen und der Eurasische Sicherheitsblock miteinander interagieren werden und auch nicht. Aber ich höre im Moment niemanden darüber sprechen oder darüber nachdenken. Aber das wird bald passieren. So ist es mit den BRICS-Staaten und allem Möglichen gewesen, und jetzt haben wir ein Weiteres. Wir werden das SCO-Treffen in Kürze haben. Es ist auch ein Sicherheitsblock, nicht nur ein Block über die De-Dollarisierung.
Andrew Napolitano:
Hier ist Dmitri Peskow, der offizielle Sprecher des Kremls, heute, vor nur wenigen Stunden.
[eingefügter Videoclip]
Dmitri Peskov:
Wir haben wiederholt Erklärungen gehört, dass die Amerikaner beabsichtigen, Kiew so lange wie nötig zu helfen. Mit anderen Worten, sie werden die Ukraine weiterhin im Kriegszustand unterstützen und diesen Krieg bis zum letzten Ukrainer führen, ohne dafür Geld zu sparen. So nehmen wir es wahr. Wir wissen es. Es wird den Verlauf der Speziellen Militärischen Operation nicht beeinflussen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow heute, 6. September 2023
[Ende vom eingefügten Videoclip]
Andrew Napolitano:
Das überrascht sie sicherlich nicht.
Alastair Crooke:
Nein, ich wünschte mir aber, jemand würde es hören und aufnehmen. Ich meine, es ist klar! Ich hätte gedacht, es sei klar genug, was er sagt: "Schau, wir haben diesen Punkt erreicht. Wir sind am Ende dieser Phase angelangt: Die Offensive hat aufgehört. Und was macht ihr? Ihr eskaliert."
Nun kann man natürlich erwarten, dass eine russische Offensive das kompensieren wird. Das kommt. Das ist offensichtlich. Was wird das Weiße Haus dann tun? Als Reaktion darauf weiter eskalieren? Ich meine, das ist der Grund, warum diese Taubheit im Weißen Haus und in den europäischen Hauptstädten so gefährlich ist.
Sie können es einfach nicht hören! Er hat es absolut klar gesagt: "Wir haben diesen Punkt erreicht. Und was macht ihr? Ihr schickt Milliarden von Geld und neue Waffen. Also eskaliert ihr. Wir sind also gezwungen auch zu eskalieren. Wir wollen das nicht. Wir haben nicht darum gebeten. Aber ihr zwingt uns zur Eskalation."
Andrew Napolitano:
Und sie tun es demonstrativ, so wie es der Außenminister, sogar während wir hier sprechen.
Ich weiß, das haben wir schon einmal gesehen. Aber es ist eine brillante Analyse der russischen Kultur aus einer östlichen Perspektive. Es ist Viktor Orbán, der mit meinem Freund und ehemaligen Kollegen Tucker Carlson spricht und das erst vor einer Woche. Aber es ist tiefgreifend und ich möchte, dass Sie es sich noch einmal anhören:
[eingefügter Videoclip]
Viktor Orbán:
Die Russen zu verstehen, ist eine schwierige Sache. Wenn wir über Politik sprechen, ich meine die Menschen aus dem Westen, was ist der Fokus unserer Diskussion? Im Mittelpunkt steht die Freiheit. Wie man den Menschen mehr und mehr Freiheit bietet. Wenn Sie über die Politik in Russland sprechen, ist dies nicht das Hauptthema. Die wichtigste Frage dort ist, wie das Land zusammengehalten werden kann. Das hat eine andere Art von Kultur und ein anderes Verständnis von Politik hervorgebracht. Das schafft eine Art militärischen Ansatz. Immer auf Sicherheit, Pufferzone, geopolitische Ansätze ausgerichtet.
Aber wir müssen verstehen, dass wir sie nicht schlagen können, wie wir es jetzt gerade versuchen. Es ist unmöglich. Sie werden ihren Anführer nicht töten. Sie werden nie aufgeben. Sie werden das Land zusammenhalten und es verteidigen. Wir finanzieren mehr? Sie werden mehr investieren. Wenn wir mehr technische Ausrüstung senden? Sie werden mehr produzieren. Also verstehen Sie die Russen nicht falsch.
Tucker Carlson:
Also werden sie nicht genug von Putin haben und ihn rauswerfen?
Viktor Orbán:
Kommen Sie – das ist ein Witz.
[End vom eingefügten Videoclip]
Andrew Napolitano:
Versteht der Westen, was Ministerpräsident Orbán gerade so deutlich zum Ausdruck gebracht hat?
Alastair Crooke:
Absolut nicht. Er betrachtet Russland immer noch als schwach, als unfähig, als eine Art merkantilistischer Staat, der gegen das Gewicht des vereinten Westens kämpft, der sich ihm entgegenstellt. Aber worauf Orbán sich bezogen hat ist, denke ich, etwas Tiefgründigeres. Es geht nicht nur um Freiheit. Auch die Russen mögen die Freiheit. Der Westen ist sehr individualistisch. Russland hat ein sehr viel ganzheitlicheres Gefühl der Gemeinschaft, der Rusky Mir. Das ganze russische Volk als kulturelles, militärisches, kommunales Ganzes und auch als spirituelles Ganzes durch die Orthodoxie. Ich meine, diese Elemente sind sehr wichtig. Die Orthodoxie ist sehr wichtig, die orthodoxe Religion ist sehr wichtig und sie verschmilzt mit der Politik. Die ist nicht voneinander getrennt, wie wir das im Westen haben. Das ist dort. Es ist nicht aufoktroyiert. Aber es ist Teil des Bewusstseins der Menschen, genau wie ihr Bewusstsein: Sie kennen ihre Geschichte. Sie kennen ihre Kultur und sie wissen, was das Volk ist. Und, ja, genau: Das bringt ein sehr kraftvolles, standhaftes Volk hervor im Angesicht der Widrigkeiten.
Andrew Napolitano:
Alastair Cooke, immer ein Vergnügen, mein lieber Freund. Vielen Dank, dass Sie meinem Zeitplan heute entgegenkommen sind und vielen Dank für Ihre durchdachte und begnadete Analyse der Probleme, mit denen wir konfrontiert sind. Wir sehen uns nächste Woche wieder.
Alastair Crooke:
Vielen Dank.
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