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Alastair Crooke: Netanyahu: Ploy or Reversion (List oder Umkehr)?

Interview von Judge Andrew Napoletano von Judging Freedom mit dem britischen Ex-Diplomat und Nahostkenner Alastair Crooke
22. Januar 2024 Interview Andrew Napolitano und Alastair Crooke
24. Januar 2024

Die Übersetzung des Transkripts für senora.org besorgte Andreas Mylaeus

Judging Freedom

Judge Andrew Napolitano:

Hallo zusammen, hier ist Judge Andrew Napalitano für Judging Freedom. Heute ist Montag, der 22. Januar 2024. Gleich wird Alistair Crooke darauf eingehen, was Netanjahus Ziel ist. Will er die Hamas besiegen oder die Geiseln zurückholen und kann er beides erreichen?

Alistair, willkommen hier, mein lieber Freund. Ist Israel eine Demokratie? Glaubt es an gleiche Rechte für alle oder ist es eine Theokratie?

Alastair Crooke:

Nun, weder das eine noch das andere. Der Zionismus ist ein Sonderfall, und er war immer ein Sonderfall, weil er alle Juden, die irgendwo auf der Welt leben, einlädt, in das Land Israel zurückzukehren. Der Zionismus hat immer vorausgesetzt, dass es dafür Land, Elektrizität und Dienstleistungen geben muss, die jedem zur Verfügung stehen, der nach Israel kommt und dort lebt. Und dass es dafür besondere Rechte geben muss   – besondere Verwaltung, besonderes Land, besondere Rechte und Kontrolle über das Land, Wasserressourcen, all diese Dinge. Und dass deshalb andere nicht die gleichen Rechte haben können. Es ist also im Grunde   – es klingt fast paradox   – aber es ist im Grunde eine exkludierende Inklusion.

Exklusion insofern, als die Palästinenser nicht dazugehören, aber sie sind darin eingeschlossen. Und das ist wirklich der fatale Fehler, um den es im Moment geht, dieser Fehler im zionistischen System, der darin besteht, dass sie Sonderrechte für Juden auf einem Gebiet brauchen und darauf bestehen, das von einem beträchtlichen Anteil von Nicht-Juden, von Palästinensern, bewohnt wird, die nicht dieselben Rechte genießen.

Es ist also etwas ganz anderes. Es ist eine Demokratie für diejenigen, die besondere Rechte haben, und nicht für diejenigen, die keine haben.

Andrew Napolitano:

Wenn Sie also eine Demokratie als gleiche Rechte für alle definieren, dann ist es keine Demokratie im Sinne dieser traditionellen Definition.

Ich meine, angenommen, ich als Katholik kaufe ein Haus in Tel Aviv oder Jerusalem. Hätte ich dann die gleichen Rechte wie meine jüdischen Nachbarn?

Alastair Crooke:

Nach dem Gesetz nicht und auch, weil es verschiedene Schichten gibt. Es kommt also darauf an, wo man lebt. Wenn man in der Grünen Zone wohnt, hat man andere Rechte als wenn man   – wir nennen es die besetzten Gebiete   – im Westjordanland oder im Gazastreifen wohnt, sind das ganz andere Rechte. So gibt es im Westjordanland andere geografische Rechte. Palästinenser müssen andere Straßen benutzen als Juden und Siedler im Westjordanland, es gibt andere Verwaltungsrechte, wo man arbeiten darf und wie man eine Arbeitserlaubnis erhält. Und sie haben auch andere Sicherheitsrechte, denn die Palästinenser sind jederzeit dem Zugriff der israelischen Streitkräfte ausgesetzt. Sie befinden sich also in einer chronischen Ungewissheit.

Dies ist die zweite Art von Paradoxon in der ganzen Situation. Ich würde es auch einen Fehler im zionistischen System nennen. Um den Juden, die irgendwo auf dem Land Israel leben, absolute Sicherheit zu geben oder zu versuchen, ihnen Sicherheit zu geben, musste man chronische Unsicherheit und Instabilität für die Nicht-Juden schaffen, die in demselben Gebiet leben, d.h. für die Palästinenser. Sie leben in bewusster Unsicherheit als Teil eines Prozesses, der den in diesem Gebiet lebenden Juden Sicherheit geben soll.

Andrew Napolitano:

Wie sieht es mit Nicht-Juden aus, die keine Palästinenser sind, wie z.B. ein Katholik, der nach Jerusalem oder Tel Aviv zieht und dort ein Grundstück erwirbt und erwartet, dass er die gleichen politischen Rechte wie seine jüdischen Nachbarn hat. Ist das unrealistisch? Gibt es so etwas?

Alastair Crooke:

Nein, das ist nicht der Fall. Sie würden sie nicht haben. Und außerdem: Das Ziel ist es, dass das jüdische Recht, die Halakha, schließlich über allem steht. Und Sie sind davon ausgeschlossen. Sie sind von bestimmten Aspekten des Lebens ausgeschlossen, weil Sie nicht jüdisch sind.

Das haben die Israelis im Laufe der Jahre sehr deutlich gemacht: Der Staat Israel ist ein jüdischer Staat. Das heißt, es ist ein Staat für Juden, die dort leben und die besondere Rechte haben, besondere Unterbringungs-Möglichkeiten, die ihnen gewährt werden, weil sie Juden sind.

Andrew Napolitano:

Was ist Netanjahus Ziel in diesem Krieg   – die Niederlage der Hamas oder die Rückkehr der Geiseln?

Alastair Crooke:

Nun, jetzt ist es weder noch. Ich denke, die Geiseln sind… Das ist etwas, das für einen Teil der israelischen öffentlichen Meinung und auch für die internationale Meinung sehr wichtig ist. Aber wie Sie sich erinnern werden: Vor einiger Zeit gab es ein Attentat in Beitrut, im Dahieh-Teil von Beirut, der ein offener Teil ist. Er ist nicht abgeriegelt oder so. Ich kenne ihn recht gut. Und er wurde dort zusammen mit anderen in einem Wohnblock ermordet. Weniger bekannt ist vielleicht, dass er ein Verhandlungsführer für die Geiseln war. Ich glaube, ich habe schon einmal beschrieben, dass die Entscheidungen in Gaza vom militärischen Flügel getroffen werden. Die Kassam-Brigaden sind für die Geiselverhandlungen zuständig, nicht die Leute, die in Doha sitzen. Die Leute in Doha sind seit einiger Zeit fast eine eigenständige Organisation. Sie sind nicht verantwortlich für das, was in Gaza oder in...

Andrew Napolitano:

Warum sollten die Israelis jemanden ermorden wollen, mit dem sie gerade verhandeln?

Alastair Crooke:

Nun, es ist nicht das erste Mal. Als ich vor einiger Zeit   – vor langer Zeit   – verhandelt habe, um einen Waffenstillstand zu erreichen, hatte ich die Zustimmung der Hamas, des politischen Rates von Damaskus und der Fatah, und ich informierte die Israelis, dass am nächsten Tag ein Waffenstillstand beginnen würde, und dann wurde ich um vier Uhr morgens von Solana, dem Hohen Repräsentanten, geweckt, und er sagte: "Haben Sie die Nachrichten gehört?" Und ich sagte: "Nein, was ist passiert?" Und er sagte: "Hör zu!" Und ich hörte zu. Und die Israelis hatten eine Ein-Tonnen-Bombe auf das Haus von (?Salah Shahada?) abgeworfen, der in diesem Fall im Namen der Hamas der Verhandlungsführer war und ihn und 13 andere, darunter seine ganze Familie, getötet hatte. Es ist also nicht das erste Mal.

Ich denke, es ist ein sehr klares Signal, dass für Netanjahu die Geiseln nicht seine erste Priorität sind, sagen wir mal. Und das hat er nämlich jetzt geändert und er redet jetzt so: Es geht um einen Krieg "vom Fluss bis zum Meer". Vom Jordan aus ist jetzt alles westlich des Jordans bis zum Mittelmeer ein offenes Land. Das ist das Ergebnis der Tatsache, dass das zionistische Projekt, das Projekt, von dem ich eingangs sprach, die Sonderrechte, in einen ausgeklügelten Prozess verwandelt wurde, eine sehr ausgeklügelte Struktur, durch die die Palästinenser irgendwie aus dem System verschwinden konnten.

Sie hatten getrennte Straßen, getrennte Gebiete im Westjordanland, getrennte Gebiete im Gazastreifen, getrennte Rechte, getrennte Stellungen, und sie wurden ausgelassen. Das ist etwas, das Israel aus dem Krieg mit Ägypten 1973 geerbt hat, in dem Scharon große Erfolge erzielt hat, indem er befestigte Stellungen auf dem Sinai schuf und das ägyptische Militär auf einer anderen Ebene bewegungsunfähig machte, und das funktionierte dort sehr effektiv. Das wurde dann zuerst auf das Westjordanland übertragen, indem die Siedler diese Hochpunkte, befestigten Punkte, rund um das Westjordanland schufen und die anderen, die Palästinenser, die im Westjordanland lebten, in chronischer Unsicherheit zurückließen: Keine festen Grenzen, keine geografische Bezeichnung, keine klaren administrativen, politischen oder juristischen Rechte. Die Regeln waren für die Siedler, aber nicht für sie. Auf diese Weise hofften die Israelis, den grundlegenden Widerspruch des Zionismus im Griff behalten zu können, der darin besteht, dass ein Teil der Bevölkerung besondere Rechte und Privilegien in einem Gebiet genießt, in dem andere Nicht-Juden leben, die diese Rechte nicht haben und die eines Tages   – unter anderen politischen Umständen   – die gleichen Rechte, gleiche politische Rechte und gleiche rechtliche Rechte fordern könnten.

Und so wurde versucht, dies zu umgehen. Ich würde das als einen Fehler des Zionismus bezeichnen, weil es einfach nicht funktioniert. Und das ist der Grund, warum sie seit vielen Jahren sagen   – ich erinnere mich, dass ich vor langer Zeit zum ersten Mal darüber geschrieben habe: Eine Zweistaatenlösung ist mit dem Zionismus unvereinbar.

Ich meine, man muss sagen: Das ist sie auch nicht. Sie ist es nicht. Sie ist nicht vereinbar mit einem System von zwei Staatsrechten, einem System von zwei Staaten, die auf demselben Gebiet zusammenarbeiten sollen.

Andrew Napolitano:

Hier ist ein Clip, in dem Premierminister Netanjahu den Satz "vom Fluss bis zum Meer" verwendet. Denken Sie daran: Wenn Sie diesen Satz auf einem amerikanischen College-Campus verwenden und eine palästinensische Flagge bei sich haben, werden Sie vom Campus verwiesen, und ein Mitglied des Kongresses, ein Mitglied des Repräsentantenhauses, die selbst Palästinenserin ist, wurde vom Repräsentantenhaus für die Verwendung desselben Satzes verwarnt.

Aber hier ist Premierminister Netanjahu, der ihn nach eigenem Gutdünken verwendet.

[eingespielter Videoclip vom 18. Januar 2024]

Benjamin Netanjahu:

[nach der Simultanübersetzung] Seit 30 Jahren bin ich sehr konsequent und ich sage etwas sehr Einfaches. In diesem Konflikt geht es nicht um das Fehlen eines palästinensischen Staates, sondern um die Existenz eines Staates, des jüdischen Staates. In jedem Gebiet, das wir evakuiert haben, haben wir schrecklichen Terror erlebt. Das geschah im Südlibanon, in Gaza und auch in Judäa und Samaria, wo wir es taten. Und deshalb stelle ich klar, dass in einer anderen Vereinbarung, jeder anderen Vereinbarung in der Zukunft, der Staat Israel die Kontrolle über das gesamte Gebiet vom ‚Fluss bis zum Meer‘ haben muss. Das ist es, was passiert, wenn man Souveränität hat. Diese Wahrheit sage ich unseren amerikanischen Freunden, und ich habe auch den Versuch gestoppt, uns eine Realität aufzuzwingen, die uns gefährden wird. Ein Premierminister in Israel muss in der Lage sein, auch zu den besten Freunden "nein" zu sagen. "Nein" sagen, wenn man muss, und "Ja" sagen, wenn man kann.

(Ende des eingespielten Videoclips)

Andrew Napolitano:

Die Anspielung auf das "Nein" zu den besten Freunden bezieht sich natürlich auf Präsident Biden und die Vereinigten Staaten. Ich bin also an diesem Satz "vom Fluss bis zum Meer" interessiert.

Ich interessiere mich auch für eine Formulierung, die Sie vorhin verwendet haben   – und natürlich haben Sie darüber auch geschrieben   – und geben Sie mir einen Hinweis darauf, zu diesen "unbestimmten Grenzen". Ist Ariel Sharon auf die Idee gekommen, dass die Palästinenser nicht einmal wissen sollten, wo ihre Grenzen sind, und hat er jemals "ganz Israel" gesagt oder soweit Sie wissen "Israel erstreckt sich vom Fluss bis zum Meer"   – mit anderen Worten: Ist das ein Novum, dass ein israelischer Premierminister so etwas laut sagt? Ist dies ein Ergebnis des 7. Oktobers oder ist dies etwas, was sie schon immer geglaubt und gewollt haben und nun denken, dass sie eine Möglichkeit haben, es zu erreichen?

Alastair Crooke:

Immer gewollt und immer darauf bestanden, denn der Satz "vom Fluss zum Meer"   – ich meine, es kommt darauf an, wer das sagt. Aber wenn er es sagt, wenn der Premierminister es sagt, dann meint er damit Groß-Israel. Mit anderen Worten: Das gesamte Land zwischen "dem Fluss und dem Meer", einschließlich des Gebiets bis zum Litani, wie es in einigen Aussagen über Groß-Israel heißt, und im Süden vielleicht sogar bis zum Sinai, und er kopiert in der Tat Scharon, der sich geweigert hatte, den Raum abzugrenzen.

Er wollte militärisch einen fließenden Raum haben. Es war eine sehr unorthodoxe, sehr neuartige Art zu kämpfen, mit völliger Missachtung des politischen Raums, des militärischen Raums, des rechtlichen Raums. Er wollte Grenzen überschreiten. Er wollte keine Grenzen festlegen. Israel hat immer noch keine Grenzen. Es ist immer noch... ich meine, sie sind immer noch in Verhandlungen. Und sie haben das immer genossen, weil es ihnen mehr Flexibilität gab, und der Sinn davon war, wie wir 1973 im Sinai gesehen haben: Es gab Israel die Möglichkeit, befestigte Punkte zu schaffen. Es musste nicht das gesamte Gebiet kontrollieren, aber es konnte die ägyptische Armee unter einer Matrix von Sicherheitspunkten, die über ihr lagen, lahmlegen.

Und das ist es, was jetzt geplant ist, nämlich zu Scharons ursprünglichem Konzept zurückzukehren, aber zu sagen: Unsere Sicherheit hat keine Grenzen. Sie hat keinen bestimmten Raum. Wir schliessen alles ein. Und wir werden befestigte Punkte in dem Raum schaffen, eine Matrix der übergreifenden Sicherheit, und darin werden die Palästinenser unterworfen sein und die israelische Sicherheit wird gegen sie durchgesetzt.

Und das wird, so vermute ich, entweder dazu führen, dass Groß-Israel errichtet wird, dass das zionistische Projekt auf dem gesamten Gebiet dessen, was sie als Groß-Israel beanspruchen, etabliert wird, oder es wird zum Zusammenbruch des zionistischen Projekts und zur Aufgabe des zionistischen Projekts führen, weil es nicht mehr, nicht länger funktioniert.

Und deshalb ist es für den Westen sehr wichtig, diese Grundlagen zu verstehen, denn einfach nur eine Zwei-Staaten-Lösung als Paliativ zu fordern, ist wirklich nur Unsinn. Es ist eine fabelhafte Aussicht, aber sie löst nicht wirklich etwas. Sie ist im Grunde genommen mit dem Zionismus unvereinbar, und das war es, was von Scharon und später von den Israelis ausgeheckt wurde, dieses System, bei dem es zwei Räume auf einem einzigenLand gibt, den einen Rechtsraum und einen anderen Rechtsraum auf einer anderen Ebene, um dieses ganze Problem zu umgehen.

Aber dann explodierte das am 7. Oktober, als die Hamas aus dem Gazastreifen heraus explodierte und das Konzept zerstörte, dass sie durch diese komplexe Struktur eingedämmt würden, und auch die Idee, dass es möglich sei, Sicherheit für Israel auf der einen Seite und massive Unsicherheit für die Palästinenser auf der anderen Seite zu haben, ist explodiert.

Beide Konzepte wurden in die Luft gesprengt, und eine Zwei-Staaten-Lösung, von der die Europäische Union und andere, einschließlich Washington, sprechen, ist in weiter Ferne: Ich meine, wie wollen Sie... Wo soll diese Zwei-Staaten-Lösung sein? Ich meine, nach der Rechtslage aufgrund von 224 und 338, den ursprünglichen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, umfasst sie das gesamte Westjordanland und den Gazastreifen. Was wollen Sie mit dem Westjordanland machen?

Ich habe bereits gesagt, dass es jetzt fast 800.000 Siedler gibt, die bewaffnet und Eiferer sind und absolut nicht die Absicht haben, was auch immer irgend eine Regierung sagt, aufzugeben. Das sind Fanatiker. Ich bin bei ihnen gewesen, ich habe mit ihnen gesprochen. Es sind wirklich radikale Leute. Sogar die israelische Armee   – und sehen Sie sich die israelische Armee im Westjordanland an: Sie ist im Grunde eine Reservistenarmee. Aber sie ist auch eine Siedlerarmee. Die meisten dieser Leute... Als ich in Israel war, habe ich gesehen, wie sich die israelische Armee in eine Siedlerarmee verwandelt hat. Früher wurde sie von den Kibbuzniks, den Menschen, die im Kibbuz lebten, verwaltet und geführt, aber dann änderte sich das und die Siedler übernahmen das Kommando über die wichtigsten Positionen in dieser Armee. Sie werden also nicht in der Lage sein, die Israelis zu nutzen, um sie zu entfernen. Wer soll denn fast eine Million Israelis aus dem Westjordanland vertreiben?

Ich meine, es gibt keine ernsthafte Diskussion über diese Dinge, sondern nur neue fabelhafte Ideen, mit denen die Leute das Problem managen wollen: "Okay, wir können es nicht lösen, also kommen wir und sagen, Saudi-Arabien und die Golfstaaten werden das tun." Und all die anderen Dinge… Und sie wissen, dass das nicht funktionieren wird. Es kann unmöglich funktionieren, und so stehen wir jetzt vor der Situation, dass Israel den vollen Weg geht   – Scharon, wie ich es nenne   – und versucht zu sagen: Das ganze Land Israel ist jetzt ein umstrittener Raum. Es ist ein fließender Raum, und wir werden vom Litani bis hinunter nach Ägypten militärisch operieren, und die Palästinenser werden in dieser Matrix, die wir aufbauen werden, gelähmt sein.

Und was ist die Antwort des Westens? Sie kommen mit immer fantastischeren Ideen, dass Saudi-Arabien irgendwie die Palästinensische Autonomiebehörde wieder auferstehen lassen wird, die sein eigenes Volk unterdrücken wird.

Ich meine, war es nicht das, was sie 20 Jahre lang in Afghanistan versucht haben? Jemanden dazu zu bringen, die Regierung in Kabul aufrechtzuerhalten, und was ist dann passiert? Das ist am Schluss innerhalb von 11 Tagen zusammengebrochen! Sie wollten, dass sie weiter ihre eigenen Afghanen umbringen...

Andrew Napolitano:

Hier ist das Neueste von Premierminister Netanjahu. Ich bin mir nicht sicher, ob das heute oder am Wochenende war, aber es ist sehr frisch und sehr Netanjahu-typisch.

[eingespielter Videoclip vom 22. Januar 2024]

Benjamin Netanjahu:

[nach der Simultanübersetzung] Wir setzen den Krieg an allen Fronten fort. Wir gewähren keinem Terroristen Immunität, nicht in Gaza, nicht im Libanon, nicht in Syrien und auch sonst nirgendwo. Wer auch immer versucht, uns etwas anzutun, wir tun ihm etwas an. Was unsere Geiseln betrifft: Bis heute haben wir 110 von ihnen nach Hause zurückgebracht, und wir sind entschlossen, sie alle zurückzubringen. Dies ist eines der Ziele des Krieges, und militärischer Druck ist eine notwendige Bedingung für seine Vollendung. Daran arbeite ich rund um die Uhr. Aber um es klar zu sagen: Ich lehne die Bedingungen für die Kapitulation der Monster der Hamas im Austausch für die Freilassung unserer Geiseln rundweg ab. Die Hamas verlangt das Ende des Krieges, den Rückzug unserer Truppen aus dem Gazastreifen, die Freilassung aller Mörder und Vergewaltiger der Nukhba und die Unversehrtheit der Hamas.

Wenn wir dem zustimmen, sind unsere Kämpfer umsonst gefallen. Wenn wir dem zustimmen, werden wir nicht in der Lage sein, die Sicherheit unserer Bürger zu gewährleisten. Wir werden nicht in der Lage sein, die Evakuierten sicher in ihre Häuser zurückzubringen, und der nächste 7. Oktober wird nur eine Frage der Zeit sein.

[Ende des eingespielten Videoclips]

Andrew Napolitano:

Der 7. Oktober ist nur noch eine Frage der Zeit. Wie verstehen Sie das?

Alastair Crooke:

Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass Saleh al-Arouri, der in Beirut ermordet wurde, der Unterhändler für die Geiseln war. Er war kurz zuvor in Doha gewesen. Die Leute in Doha, die dortigen Hamas-Führer, sind nicht die Verhandlungsführer. Die Verhandlungsführer sind in Gaza. Die Entscheidungsträger sind in Gaza, und es gibt einen komplizierten Kommunikationsprozess, und al-Arouri war das Bindeglied darin. Es ist also ziemlich klar, dass Netanjahu, der sagt, weil wir jetzt in den großen Krieg ziehen, in den großen Krieg, in dem wir die Kontrolle über den gesamten Sicherheitsraum von Groß-Israel übernehmen werden, wissen Sie, ist die Geiselfrage für uns kein Thema. Und der Rest von dem, was er sagt, ist das, was ich eigentlich andeuten wollte: Er sagt: Wenn wir die Bedingungen der Hamas akzeptieren, wenn wir einen Austausch aller Geiseln akzeptieren, was die Hamas will... 6.500 palästinensische Geiseln, die im Gefängnis sind, werden freigelassen und wir akzeptieren die Demütigung... Ich meine, das ist... Wie geht es weiter mit dem zionistischen Projekt? Das zionistische Projekt wird dann aufgegeben, wird zerstört. Entweder müssen sie es aufgeben oder dann etwas anderes erfinden.

Aber für die meisten Israelis gibt es keine Alternative, das muss ich sagen: Damit hat Netanyahu die Unterstützung der meisten Israelis. Die jüngsten Umfragen zeigen, dass 75 % der Israelis die Fortsetzung der harten Maßnahmen im Gazastreifen wünschen und sich darüber aufregen, dass diese in einen modifizierten, weniger aggressiven Modus umgewandelt werden sollen, um den amerikanischen Forderungen zu entsprechen. Sie wollen, dass die Maßnahmen fortgesetzt werden, dass die Hamas ausgeschlossen wird und dass der Gazastreifen im Wesentlichen an Israel zurückgegeben wird. Sie wollen, dass er entvölkert wird.

Andrew Napolitano:

Seit wir das letzte Mal gesprochen haben, gab es im israelischen Kriegskabinett einen ziemlichen Aufruhr, als der ehemalige israelische Generalstabschef, ein Generalmajor im Ruhestand, im israelischen Fernsehen auftrat und mehr oder weniger das Gegenteil von dem behauptete, was wir gerade Premierminister Netanjahu sagen sahen: Wir haben den Krieg gegen die Hamas bereits verloren. Wir können sie nicht besiegen. Wir können sie nicht loswerden. Es sollte einen Waffenstillstand geben. Wir sollten verhandeln, und wir sollten unsere Geiseln befreien. Hat Bibi nach dem Krieg immer noch innenpolitische Probleme?

Alastair Crooke:

Sobald der Krieg vorbei ist, ist das der entscheidende Punkt, nicht wahr?

Andrew Napolitano:

Richtig.

Alastair Crooke:

Wer weiß, wie lange das sein wird, und er rechnet damit, dass das nach dem erwähnten Strategiewechsel noch lange so weitergeht. Aber ich muss schon sagen: Es wäre sehr, sehr schwer für die meisten Israelis   – und da hat er Recht, denke ich   – ich stelle mich nicht auf eine Seite oder so, sondern ich nenne nur die Fakten, wie sie sind   –, dass die meisten Israelis entsetzt wären, wenn alle palästinensischen Gefangenen für die Geiseln in Gaza freigelassen würden. Das haben sie nicht im Sinn. Sie würden es begrüßen, wenn ein paar Leute freigelassen würden, vielleicht so wie wir es vorhin gesehen haben. Aber alle freizulassen   – und das ist die Forderung der Hamas: "alle für alle"... Mit anderen Worten, sie sagen: Wir lehnen euer gesamtes Sicherheitsparadigma über Groß-Israel und das Westjordanland ab. Wir sind nicht bereit, es zu akzeptieren. Und wir lassen diese Menschen frei, bzw. wir zwingen euch, sie freizulassen, als ersten Schritt zur Befreiung unseres Gebiets vom Zionismus.

Und, wissen Sie, ich bin mir nicht sicher... Es ist, wissen Sie, es wäre viel verlangt, dass Israel dies akzeptiert, denn es gibt keine Alternative.

Andrew Napolitano:

Glauben Sie, dass Israel in Gefahr ist, zu implodieren?

Alastair Crooke:

Ja, weil es übernimmt. Das, was wir gerade als Versuch beschrieben haben, eine militärische Matrix über ganz Groß-Israel zu legen, schließt die Hisbollah ein und natürlich auch das Westjordanland, das jetzt auf Messers Schneide steht. Sie gehen also wirklich zu weit und gehen ein großes Risiko ein.

Ich weiß nicht, wie die Vereinbarung mit den Amerikanern und dem Weißen Haus über den Krieg gegen die Hisbollah aussieht. Aber wir kommen der Sache immer näher. Sie werden sich erinnern: Erst gestern wurden vier weitere Hisbollah-Führer von Israel ermordet, und wir haben gesehen, wie die Spannungen mit dem Iran zunehmen. Was wird sich daraus ergeben? Wird sich Amerika einmischen? Wird es das unterstützen oder wird es das Israel überlassen?

Ich meine, er [Netanyahu] geht ein großes Risiko ein, und Israel geht ein großes Risiko ein, um den Zionismus zu retten, indem es sowohl die Hisbollah als auch die Hamas und die Kräfte im Westjordanland bekämpft. Es ist also ein großes Glücksspiel.

Andrew Napolitano:

Ist es wahrscheinlich, dass der Beschuss der Houthis durch die Vereinigten Staaten den Krieg ausweitet und vergrößert?

Alastair Crooke:

Die Reaktion darauf war im Irak, als 20 ballistische Raketen auf den großen amerikanischen Stützpunkt Ain al-Asad base abgefeuert wurden und viele Amerikaner... Die US-Streitkräfte dort haben das neueste Patriot-Raketenabwehrsystem und es war nicht wirksam. Ich kenne die genauen Zahlen nicht, aber offensichtlich haben viele dieser ballistischen Raketen ihr Ziel erreicht, und es gab schwere Verluste. Es ist viel davon die Rede, dass es vier amerikanische Tote gab. Ich kann das nicht bestätigen. Aber es gibt viele Spekulationen, dass es diesmal amerikanische Tote bei diesem Angriff gab.

Aber 20 ballistische Raketen, nicht nur Raketen oder Drohnen, wurden aus dem Irak   – nicht aus dem Iran, sondern innerhalb des Irak   – auf Ain al-Assad abgefeuert, und das hat eindeutig etwas mit den Ereignissen im Jemen zu tun.

Andrew Napolitano:

Will Premierminister Netanjahu den Krieg ausweiten, um die Vereinigten Staaten mit hineinzuziehen?

Alastair Crooke:

Ja, natürlich. Ich meine, das ist die Falle, die er den Vereinigten Staaten gestellt hat, und ich habe, glaube ich, in dieser Sendung Ihnen gesagt, dass ich glaube, dass das, was er zu tun versucht, genau das ist. Ich meine, er würde es gerne sogar auf den Iran ausdehnen, aber ich denke, das wird nicht passieren. Aber es ist klar: Wenn es zu einem Konflikt im Norden kommt, wird er amerikanische Unterstützung wollen   – nicht nur eine Legitimierung seines Handelns, die bereits gegeben ist   – sondern tatsächliche Unterstützung, amerikanische Unterstützung, denn die Hisbollah ist ein gewaltiger Gegner. Sie ist nicht wie die Hamas. Sie verfügt über 150.000 Raketen, hochentwickelte, neu ausgebildete und erfahrene Truppen vor Ort. Ich meine, es wird ein ganz anderer und sehr viel härterer Krieg werden.

Aber es scheint, dass wir uns unweigerlich in diese Richtung bewegen und Amerika unweigerlich tiefer hineingezogen wird, nicht nur im Jemen, sondern ich weiß, dass das Weiße Haus jetzt unter großem Druck steht, den Kräften im Irak eine klare und harte Botschaft zu übermitteln, was zu einer Eskalation führen wird, und wir werden feststellen, dass die Amerikaner in immer mehr Reaktionen auf Angriffe auf die amerikanische Basen im Irak und in Syrien verwickelt werden.

Andrew Napolitano:

Werden die Briten in einen größeren Krieg verwickelt sein, oder hängt das davon ab, wer zum Zeitpunkt der Ausweitung des Krieges Premierminister ist?

Alastair Crooke:

Wissen Sie, es ist mir peinlich, wenn Sie mich fragen, was die britische Politik tun wird.

Andrew Napolitano:

Ich konnte nicht widerstehen.

Alastair Crooke:

Ja, also ich würde es vorziehen... Ich meine, sie werden tun, was man ihnen befielt, und das ist die Kurz- und Langfassung der Sache. Sie werden das tun.

Aber, wissen Sie, sie [die britische Regierung] haben gesagt, als sie im Jemen mitgemacht haben   – und ich denke, dass es eine sehr dumme Verpflichtung war, die sie eingegangen sind   – sie sagten: "Oh, das wird nur ein einmaliger Schlag gegen den Jemen und die Houthis sein und wir haben nicht die Absicht, einen Krieg gegen den Jemen zu führen." Warum haben Sie dann all diese Raketen auf den Jemen abgefeuert, wenn Sie doch wussten, mit wem sie es zu tun bekommen? Ich meine, das war sehr dumm, wenn das die Grundlage für Ihre Entscheidung war.

Andrew Napolitano:

Alastair, mein lieber Freund, vielen Dank, es ist mir immer ein Vergnügen. Ich weiß, Sie sind auf Reisen. Ich weiß es sehr zu schätzen, ebenso wie die Leute, die uns jetzt und später zuschauen, dass Sie sich die Zeit genommen und das für uns analysiert haben. Ich wünsche Ihnen alles Gute.

Alastair Crooke:

Ich danke Ihnen vielmals, danke.

Alastair Crooke Al Mayadeen th 3659101378

Quelle:  https://www.youtube.com/watch?v=OPHmovWe2ts
Die Übersetzung des Transkripts für senora.org besorgte Andreas Mylaeus

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