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Gilbert Doctorow: ‘Sechzig Minuten’ hält dem Westen den Spiegel vor: und das Bild ist hässlich

Die Leser werden bemerken, dass ich sehr oft darauf hingewiesen habe, was ich in den beiden Talkshows des russischen Staatsfernsehens Rossiya-1 lerne, die sich an das einheimische Publikum richten, nämlich Sechzig Minuten und Der Abend mit Vladimir Solovyov.
Von Gilbert Doctorow 28.09.2023 - übernommen von gilbertdoctorow.com
29. September 2023

Sehr oft bieten die Experten in den Talkrunden, seien es die Vorsitzenden der Duma-Parteien und der Duma-Ausschüsse oder pensionierte Militäroffiziere, aufschlussreiche und neuartige Kommentare.

Ein anderer Aspekt dieser Sendungen ist jedoch für meine berufliche Arbeit vielleicht noch nützlicher, nämlich die tägliche Ausstrahlung von Zusammenfassungen westlicher Fernsehsendungen und insbesondere von Interviews oder öffentlichen Reden bekannter amerikanischer und europäischer Politiker. Zu den westlichen Sendern, die am häufigsten in diesen russischen Programmen zu sehen sind, gehören CNN, ABC News, Fox News, die BBC und das ZDF (Deutschland). Bei den eingespielten Videos handelt es sich nicht um kurze Ausschnitte. Im Gegenteil, sie können jeweils mehrere Minuten lang sein und sind oft so zusammengestellt, dass sie die westliche Berichterstattung über ein bestimmtes Thema zeigen.

Sicherlich sind einige der Themen, über die Tag für Tag berichtet wird, nebensächlich. Ich denke dabei an Transgender-Ereignisse und Skandale wie den Kampf um die Einführung von Toiletten für mehrere Geschlechter in verschiedenen amerikanischen Schulsystemen oder den Streit um Drag-Shows, die den Kindern von Soldaten auf US-Militärstützpunkten vorgeführt werden. Die Absicht der russischen Nachrichtensprecher ist es, die Entartung aufzuzeigen, die im Westen als fortschrittliche Kultur gilt. Aber die Geschichten sprechen für sich selbst, und die russischen Nachrichtenmoderatoren tragen nicht dick auf. Wie sie in einem häufig wiederholten Euronews-Beitrag zu sagen pflegen: "Kein Kommentar."

Aber andere Themen sind ernsthaft, geopolitisch und für die militärische Konfrontation mit dem Westen, die Washington und Brüssel heraufbeschworen haben, sehr erheblich. Diese russischen Sendungen schaffen es, dass sich westliche Politiker vor jedem rechtschaffenen Menschen mit einem moralischen Kompass für das Gewissen völlig zu diskreditieren.

In den vergangenen zwei Tagen sind mehrere solcher Fälle bekannt geworden. Einer davon war ein Interview des Mehrheitsführers im Senat, Mitch McConnell, in dem er fast wortwörtlich wiederholt, was sein republikanischer Kollege und bisher nicht angeklagter Kriegsverbrecher, der ranghöchste Senator des Bundesstaates South Carolina, Lindsey Graham, während und nach seinem letzten Besuch in Kiew zu Reportern gesagt hat: dass der Krieg in der Ukraine den amerikanischen Zielen perfekt diene, weil er die russische Armee hart treffe, während er die Vereinigten Staaten nicht ein einziges Leben ihrer Männer in Uniform koste.

Natürlich ist die Behauptung, dass keine amerikanischen Soldaten in der Ukraine getötet worden sind, eine Lüge. Allerdings haben die Polen das größte Kontingent an NATO-Offizieren und -Soldaten gestellt, die in der Ukraine von den Russen getötet wurden. Die Polen stehen den Ukrainern in ihrer Todessehnsucht nahe, indem sie sich gegen den Bären stellen. Aber amerikanische Soldaten und Offiziere sind in der Ukraine in ihrer Eigenschaft als Ausbilder und Geheimdienstmitarbeiter vor Ort, und die russischen Raketenangriffe auf Konzentrationen "ausländischer Söldner" haben mit ziemlicher Sicherheit das Leben von GIs gefordert.

Aber diese eine Lüge ist das geringste von McConnells Vergehen gegen die Menschenwürde. Er hat die zynischste Logik offen ausgesprochen, um den Tod von mindestens 400.000 ukrainischen Soldaten und Offizieren sowie die dauerhafte Verstümmelung unzähliger anderer zu rechtfertigen. Alles nur, um Russland militärisch zu schwächen und sicherzustellen, dass kein einziger Amerikaner den Preis dafür zahlt? Ich lasse die Frage beiseite, ob die russischen Streitkräfte tatsächlich geschwächt worden sind. Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall. Natürlich ist Lindsey Graham mit dieser Darstellung noch einen Schritt weiter gegangen als McConnell, indem er der Hoffnung Ausdruck verlieh, dass so viele Russen wie möglich sterben werden. Sechzig Minuten lässt das niemanden vergessen und zeigt alle paar Tage, wie Graham diese Obszönitäten von sich gibt.

Betreibt Russland mit seinen öffentlichen Erklärungen, die von amerikanischen Rundfunkanstalten ordnungsgemäß aufgezeichnet wurden, Propaganda? Ganz und gar nicht. Es erfüllt die Aufgabe des normalen Journalismus, sein Publikum zu informieren.

In Sechzig Minuten wurden heute auch die jüngsten Äußerungen von Donald Trump darüber gezeigt, wie er die russische Invasion in der Ukraine verhindert hätte: indem er den Marktpreis für Öl auf 40 Dollar gesenkt und damit die Einnahmen, die Russland für seinen Angriff auf Kiew zur Verfügung stehen, drastisch reduziert hätte. Die Moderatoren und Podiumsteilnehmer kommentierten dies mit der klaren Aussage, dass Russland Trumps nächste Kandidatur für das Weiße Haus sicher nicht unterstützen wird, wenn diese idiotischen Äußerungen von "The Donald" sein viel gepriesener, aber bis jetzt streng geheim gehaltener "Friedensplan" sind.

Auch der kanadische Premierminister Justin Trudeau erhielt heute viel Sendezeit im russischen Staatsfernsehen. In einem Video war zu sehen, wie er vor einigen Tagen im kanadischen Parlament neben dem ukrainischen Präsidenten Zelensky stand und die Ehrung eines ukrainischen Freiheitskämpfers, der sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Kanada niedergelassen hatte, durch den Parlamentspräsidenten beklatschte. Die Tatsache, dass dieser Freiheitskämpfer die Russen aus den Reihen einer Waffen-SS-Einheit der Nazis bekämpfte, die in Galizien Zivilisten ermordete, wurde nach dieser Zeremonie bekannt und führte zum Rücktritt des Parlamentspräsidenten, zur Verabschiedung einer Entschließung des Parlaments, in der die Nazis verurteilt wurden, und zu einer öffentlichen Entschuldigung Trudeaus für diesen Skandal. Wie Sechzig Minuten in seiner Berichterstattung über Trudeaus Äußerungen zu diesem Thema hervorhob, ließ er jedoch in seiner Aufzählung der Opfer der Waffen-SS und der Nazi-Truppen im Allgemeinen jegliche Erwähnung der Todesopfer, die Russen zugefügt wurden, aus.

Für den Fall, dass die Zuschauer das moralische Monster, das heute den Namen der Familie Trudeau beschmutzt, nicht ganz verstanden haben, hat Sechzig Minuten auch eine lange Anprangerung von Trudeau im indischen Fernsehen ausgestrahlt, in der er unter anderem als Kokainabhängiger bezeichnet wurde, in dessen Flugzeug bei der Ankunft in Indien zum G-20-Treffen vor einigen Wochen illegale Drogen gefunden wurden, der aber unantastbar war. In derselben indischen Sendung hieß es, Trudeau habe den ersten Tag des G-20-Gipfels verpasst, weil er in seinem Hotelzimmer mit Drogenkonsum beschäftigt war. Ist das russische Propaganda? Oder handelt es sich nur um die Wiedergabe schmutziger Wäsche, die andere in der "freien Welt" lebende Menschen für ihr Publikum ausgelegt haben? In jedem Fall geht es darum, dass Justin Trudeau und der ebenfalls drogenabhängige Zelensky mehr gemeinsam haben als die Bewunderung für alte Nazis.

Schließlich hat Sechzig Minuten heute auch die ehemalige Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin von 2016, Hilary Clinton, nicht ignoriert. Sie zeigten einen Ausschnitt aus Clintons gestrigem Interview mit der CNN-Chef-Korrespondentin Christiane Amanpour, in dem sie behauptete, Wladimir Putin sei selbst für die Erweiterung der NATO verantwortlich. Hier war die Versuchung zu groß, und die Diskussionsteilnehmer ließen ihrer Abscheu vor der Dame freien Lauf, die hinter der ganzen gefälschten Russia-Gate-Geschichte stand, die uns so sehr an den Rand des Dritten Weltkriegs gebracht hat. War sie Freiwild für die spöttischen und verächtlichen Worte über sie? Natürlich war sie das.

Quelle: https://gilbertdoctorow.com/
Mit freundlicher Genehmigung von Gilbert Doctorow
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus

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