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Die Ursprünge des Hamas/Israel-Konflikts

Judge Andrew Napolitano im Gespräch mit Scott Ritter
Video Judge Napolitano - Judging Freedom 11.10.2023
12. Oktober 2023

Die Übersetzung und das Transkript für seniora.org besorgte Andreas Mylaeus

Andrew Napolitano:

Hallo zusammen. Judge Andrew Napolitano hier für Judging Freedom. Heute ist Mittwoch, der 11. Oktober 2023. Scott Ritter ist jetzt bei uns.

Scott, wie immer ein Vergnügen. Danke, dass Sie wieder in die Sendung gekommen sind. Was geht in Israel und Gaza vor sich, so wie Sie es verstehen, während wir sprechen?

Scott Ritter:

Nun, was hier passiert, ist die Fortsetzung eines Kreislaufs der Gewalt, der schon seit Jahrzehnten andauert. Ich meine, jeder, der am Samstag aufgewacht ist und gesagt hat: Oh mein Gott, es gibt Gewalt in Israel! Sie wissen schon: Wo seid ihr gewesen?

In diesem Fall ging die Gewalt an diesem Tag von der Hamas aus   – einer terroristischen Organisation. Daran gibt es kein Wenn und Aber. Sie sind keine Freiheitskämpfer. Sie sind nicht zur Verteidigung des palästinensischen Volkes da. Die Hamas ist eine terroristische Organisation, ganz einfach. Ihre Charta, Kapitel 12, besagt, dass es ihre Mission ist, den Staat Israel zu zerstören. Und so kritisch ich Israel auch gegenüberstehe   – und ich denke, Sie werden hören, dass ich Israel außerordentlich kritisch gegenüberstehe   – unter keinen Umständen ist das Konzept "Zerstörung des Staates Israel" tragfähig und es darf keine Organisation geben, die glaubt, dass es in Ordnung ist, Zivilisten zu töten, Zivilisten abzuschlachten.

Ich meine, wenn Du eine Uniform trägst, tut es mir leid: Du hast eine Entscheidung getroffen. Du bist im großen Spiel und manchmal zahlst du einen hohen Preis. Es spielt keine Rolle, ob Du ein Mann oder eine Frau bist. Du hast diese Entscheidung getroffen. So sehr mein Herz auch für die Familien der israelischen Soldaten blutet, die ihr Leben verloren haben: So ist der Krieg.

Aber wenn du eine Mutter mit ihrem Kind und ihrem Ehemann oder Freund bist, die sich in einem sicheren Raum verstecken und die Tür eingetreten bekommen, werden sie mit Maschinengewehren beschossen: Nein! Das ist Mord! Das ist also passiert.

Aber wenn Sie glauben, dass dies das erste Mal war, dass im Nahen Osten gemordet wurde, dann irren Sie sich! Und wenn Sie glauben, dass nur die Hamas Morde begeht, dann irren Sie sich! Ich versuche nicht, das zu rechtfertigen. Das ist nicht mein Thema. Aber Israel ermordet schon seit Jahrzehnten Palästinenser! Und wir schweigen immer dazu. Wir reden nicht darüber. Aber jetzt, wo die Hamas dieses grausame Verbrechen begangen hat, und es ist ein grausames Verbrechen, schreien alle aus vollem Halse nein.

Was im Moment vor sich geht, ist ein Kreislauf der Gewalt, und alles, was Israel mit seiner Reaktion tut, ist leider die Fortsetzung dieses Kreislaufs. Sie können nicht... Ich werde es einfach dabei belassen.

Wenn ihr Verteidigungsminister im nationalen Fernsehen die Palästinenser als Tiere bezeichnet und sagt, dass sie ausgerottet werden müssen: Das ist ein Kriegsverbrechen. Und wenn Sie dasitzen und sagen: Ich stehe an der Seite Israels und Sie stehen nicht auf und sagen: Nein, das dürfen Sie nicht sagen, nehmen Sie das zurück, das ist ein Kriegsverbrechen   – wenn Sie nicht verlangen, dass die amerikanische Regierung etwas dagegen unternimmt, dann stehen Sie für nichts.

Andrew Napolitano:

Die israelische Regierung hat auf die Verbrechen der Hamas mit der Anordnung von Kriegsverbrechen reagiert, indem sie den vorsätzlichen Angriff, die Zerstörung und die Ermordung ziviler Infrastrukturen und ziviler Menschen angeordnet hat   – wie lässt sich das aus moralischer, rechtlicher oder gar militärischer Sicht rechtfertigen, Scott?

Scott Ritter:

Gar nicht. Dafür gibt es keinerlei Rechtfertigung.

Sehen Sie, ich komme aus dem Marine Corps und ich bin dem Marine Corps gegenüber sehr loyal. Aber im Irak, in Haditha, als die Marines 26 irakische Zivilisten ermordet haben: Das ist ein Kriegsverbrechen, und man kann es nicht anders drehen. Es spielt keine Rolle, wie sehr man das Marine Corps liebt, wie sehr man das Marine Corps respektiert. Man kann das nicht wegdiskutieren. Und genauso wenig können wir das, was Israel gerade tut, einfach wegdiskutieren.

Sie müssen verstehen, dass Israel weiß, dass die Hamas aus unterirdischen Bunkern agiert. Ich werde das noch einmal sagen: Israel weiß, dass die Hamas sich unterirdisch eingebunkert hat. Jede Bombe, die in Gaza auf dem Boden landet, tötet also unschuldige palästinensische Zivilisten, nicht die Hamas-Führung, nicht die Hamas-Infrastruktur, nicht die Hamas-Kämpfer. Und doch tun sie es trotzdem. Dies ist ein absichtlicher Angriff auf eine unschuldige Zivilbevölkerung. Das nennt man kollektive Bestrafung, und das ist ein Kriegsverbrechen.

Andrew Napolitano:

Nun, wir wissen, dass die Kollektivstrafe als Kriegsverbrechen gilt. Sie wurde in Nürnberg ausdrücklich verurteilt. Sie wurde in den Genfer Konventionen ausdrücklich verurteilt. Es war eine Taktik von Nazi-Deutschland: Jemand hat ein Verbrechen begangen und sie begannen einfach, andere zu töten, bis sie herausfanden, wer es gewesen war.

Aber aus einer militärischen Perspektive betrachtet: Was erhoffen sich die israelischen Generäle von der vorsätzlichen Tötung von Zivilisten, wenn die Hamas-Mörder, hinter denen sie wirklich her sind, durch das israelische Militärverhalten nicht effektiv beeinträchtigt werden?

Scott Ritter:

Im Moment verhält sich das israelische Militär sehr emotional, und das ist sehr gefährlich. Sie sollten kaltherzige Profis sein. Sie sollten über die Emotionen hinausgehen. Ich weiß, dass das schwierig ist. Sehen Sie, viele hochrangige israelische Offiziere waren zu Hause. Sie wurden gekidnappt oder getötet. Ihre Familien wurden getötet. Diese Jungs nehmen das persönlich. Ihre Freunde sind auf dem Schlachtfeld gestorben. Die Familien ihrer Freunde sind abgeschlachtet worden. Das ist eine außerordentlich persönliche Sache.

Aber wenn man als Profi diese Uniform anzieht, muss man sich auch wie ein Profi verhalten. Und im Moment verhält sich das israelische Militär mit Emotionen, und das ist eine sehr gefährliche Sache, denn es färbt auf Ihr Urteilsvermögen ab. Israel ist eine Nation, die ihre Offiziere ausgebildet hat, und ich weiß das mit Sicherheit. Ich kenne viele israelische Offiziere, und ich weiß, dass sie eine ähnliche Ausbildung erhalten haben wie ich, die Kriegsverbrechen gegenüber intolerant ist. Und doch haben wir immer und immer wieder gesehen, dass Israel Kriegsverbrechen begeht, und die Leute, die diese Kriegsverbrechen begehen, sind die IDF, die israelischen Verteidigungsstreitkräfte, trotz ihrer Ausbildung. Und der Grund dafür ist, dass sie emotional werden. Sie gehen auf Patrouille im Westjordanland. 10-jährige Kinder werfen mit Steinen nach ihnen. Sie nehmen die Kinder gefangen und brechen ihnen die Arme und Beine. Ein Scharfschütze schießt ihnen in den Bauch und lacht dann, als Krankenwagenfahrer vorfahren. Dann erschießen sie die Krankenwagenfahrer, weil sie sich von ihren Gefühlen leiten ließen. Nein! Sie sollten Profis sein.

Andrew Napolitano:

Wenn den Truppen ein Verhalten befohlen wird, das offenkundig rechtswidrig ist und ein Kriegsverbrechen darstellt, wie der vorsätzliche Angriff auf Zivilisten, wer hat dann die Kriegsverbrechen begangen? Sind es die Truppen vor Ort? Ist es die Person, die den Knopf drückt oder den Schalter für die Artillerie umlegt, die auf eine Universität oder ein Krankenhaus gerichtet ist? Oder ist es der General, der dies befiehlt? Oder ist es Benjamin Netanjahu und die zivile Führung?

Scott Ritter:

Jeder in der Befehlskette. Ich meine, das Entscheidende ist: Es ist nicht erlaubt, einen rechtswidrigen Befehl zu befolgen. Wenn wir uns jetzt mit Fragen der Verfassungsmäßigkeit befassen, Judge, bei allem Respekt: Der Gefreite vor Ort ist kein Verfassungsgelehrter, und wenn er den Befehl erhält, etwas zu tun, was eindeutig rechtswidrig ist, zum Beispiel in den Irak einzumarschieren, kann er nicht sagen: Ich weigere mich, in den Irak einzumarschieren, weil das eine Verletzung des Völkerrechts ist. Das ist nicht seine Aufgabe. Es ist auch nicht die Aufgabe des Leutnants oder des Hauptmanns oder des Majors oder des Obersts. Das Völkerrecht ist Sache des Präsidenten, seines Kabinetts und der Personen, die befugt sind, diese Entscheidungen zu treffen.

Aber wenn Sie als Pilot der israelischen Luftwaffe einen Auftrag erhalten, eine Bombe auf eine Universität abzuwerfen, und diese als Universität identifiziert wird, haben Sie die moralische Verantwortung zu fragen: Steht dies im Verhältnis zur Bedrohung? Was ist die Bedrohung? Warum tue ich das? Wie hoch ist das Potenzial für Kollateralschäden? All diese Fragen sollten bereits von der Zelle für die Zielerfassung beantwortet worden sein, und wenn sie die Antworten nicht haben, dann hat der Pilot die moralische Verpflichtung zu sagen: "Ich kann diesen Einsatz nicht fliegen, bevor ich nicht weiß, was ich tun soll: Ich kann diese Mission nicht fliegen, bis diese Fragen beantwortet sind."

Dann gehen wir die Befehlskette hinauf, und wenn alle darauf bestehen, ohne angemessene Antworten zu fliegen, dann sind alle schuldig, vom Premierminister, der die Aktion befohlen hat, über den Verteidigungsminister, der diesen Befehl in die Tat umgesetzt hat, bis hin zum Piloten. Sie alle haben ein Kriegsverbrechen begangen. Sie alle sind für dieses Verbrechen verantwortlich. Sie sollten alle für das Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden.

Andrew Napolitano:

Gary, stellen Sie die Bilder von der Gaza-Universität ein. Ich denke, Scott und ich können darüber sprechen, wenn ich mich nicht irre.

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(eingefügter Videoclip zeigt die Zerstörung der Universität von Gaza)

Jetzt geht's los: Das war also die Universität von Gaza vor vier Tagen. Sie können sehen, wie sie aussieht. In ein paar Minuten werden Sie ein sehr überzeugendes Bild von einer Drohne sehen.

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Ihr Argument ist also, dass nicht nur das zivile Kommando, sondern auch derjenige, der die Bombe abgeworfen hat, die dies getan hat, oder die Bomben, die dies getan haben, oder der den Abzug betätigt oder den Schalter umgelegt hat, der die Raketen geschickt hat, die dies getan haben, hätte wissen müssen, was er tut. Dies sind Bilder von dem, was vor dem vergangenen Samstag noch eine Universität in Gaza war.

Scott Ritter:

Das Foto, das Sie gerade gezeigt haben, ist sogar noch schlimmer, Judge. Es ist eine Moschee!

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Es ist eine Moschee. Es ist eine religiöse Stätte, die ein geschützter Ort ist, und wieder wussten sie, dass es eine Moschee war, als sie sie bombardierten, und um die Bombardierung zu rechtfertigen, brauchen Sie harte Informationen, dass eine unmittelbare Bedrohung von dieser Moschee ausgeht, die dies rechtfertigt. Ansonsten kann man sie nicht angreifen. Das ist ein geschütztes Ziel.

Andrew Napolitano:

Und selbst wenn sich die Hamas dort verstecken würde, ist das keine unmittelbare Bedrohung, die die Zerstörung eines religiösen Gebäudes rechtfertigt.

Scott Ritter:

Es kommt auf die Verhältnismäßigkeit an: Wenn drei verwundete Hamas-Kämpfer in die Moschee laufen, um Schutz zu suchen, und die Moschee ist mit 50 Gläubigen gefüllt: Nein! Sie dürfen diese Moschee nicht bombardieren. Wenn der Kommandant der Hamas im Keller ein geheimes Treffen abhält und dies eine einmalige Chance ist, diese Führungsperson auszuschalten, dann darf man das tun. Wie ich schon sagte: Alles hat einen (...technische Übertragungsprobleme...)

Andrew Napolitano:

Was ist Ihre Meinung dazu, wie es dazu kam   – nicht die Politik der Geschichte, die uns dorthin gebracht hat, sondern die nachrichtendienstlichen Versäumnisse des Mossad mit seinem schlechten Ruf, des MI6 und der CIA. Wie konnten die drei besten Geheimdienste der Welt dies übersehen?

Scott Ritter:

Nun, zunächst einmal: Die CIA hat seit einiger Zeit, wenn es um Fragen von Israel und der israelischen Sicherheit geht, alles aus Israel im Grunde einfach abgenickt. Wenn Israel also sagt, dass dies eine Bedrohung ist... Es gibt einige Ausnahmen: Zum Beispiel das iranische Nuklearproblem. Die CIA hat gesagt: Nein, wir haben unsere eigene unabhängige Einschätzung dazu. Aber wenn es um die Hamas oder die Hisbollah geht oder um irgendetwas, was mit dem Potenzial von Terroranschlägen auf israelischem Boden zu tun hat, dann wird die CIA, wenn es irgendeine Frage gibt, Israel nachgeben und sagen: Wir werden eurer Einschätzung folgen.

Das ist übrigens derselbe Fehler, den wir 1973 im Jom-Kippur-Krieg gemacht haben, als der israelische Geheimdienst erneut versagte. Damals gab die CIA in einem Nachbericht zu, dass sie keine kritischen Bewertungen der israelischen Geheimdienstinformationen mehr vornahm, weil sie die israelischen Einschätzungen einfach für bare Münze nahm und sie nicht in Frage stellen wollte. Und ich glaube, das ist das Modell, das heute angewandt wird. Für Israel wiederum ist es das Modell von 1973. Eines der Ergebnisse von 1973 ist folgendes: Die israelischen Geheimdienstleute sammelten alle Daten, die notwendig waren, um zu zeigen, dass Ägypten sich auf einen Angriff über den Suez-Kanal vorbereitete. Sie verfassten eine Einschätzung, in der sie sagten, wann sie es tun werden, wo sie es tun werden und wie sie es tun werden. Das wurde an die Befehlskette weitergegeben. Der König von Jordanien warnte Golda Meir, die Premierministerin, dass Ägypten und Syrien etwas Großes vorhätten. Aber Israel wurde von dem infiziert, was man "das Konzept" nannte. Und das damalige Konzept war, dass Ägypten sich niemals darauf einlassen würde, weil es nicht in seinem Interesse läge, dies zu tun. Deshalb haben sie alle Geheimdienstinformationen ignoriert.

Heute sieht es so aus: Es geht nicht darum, dass die Israelis keine Informationen gesammelt hätten. Sie haben sehr gute Informations-Sammler da draußen. Sie haben eine Menge Daten gesammelt, und diese Daten wiesen darauf hin, dass etwas passieren würde. Sie hatten auch einen Hinweis aus Ägypten, der besagte: Es wird etwas Großes passieren. Aber wieder einmal wurde Israel von der "Konzept" infiziert, und das Konzept, die Vorstellung war diesmal, dass die Hamas sich von einer terroristischen Organisation, die sich der Zerstörung Israels verschrieben hatte, wegbewegte und stattdessen zu einer Organisation wurde, die sich der Verwaltung des Gazastreifens widmete. Israel nahm einen Teil des Drucks zurück. Es hatte Tausenden von Palästinensern erlaubt, den Gazastreifen zu verlassen und in Israel Arbeit zu finden, um ein Einkommen zu erzielen. Der Lebensstandard stieg an. Hoffnung keimte auf, zumindest aus israelischer Sicht, und die Israelis sagten: Es liegt nicht im Interesse der Hamas, einen Angriff wie diesen durchzuführen. All diese Informationen, die wir sammeln, dass ein Angriff unmittelbar bevorsteht, das ist Propaganda von Seiten der Hamas, die allen sagen will: Seht her, wir sind groß und stark! Aber in Wirklichkeit hat die Hamas aufgegeben, hart zu sein. Sie will ein verantwortungsvoller, regierender Akteur werden, und so hat die "Vorstellung" alle tatsächlichen Geheimdienstdaten überlagert.

Und die letzte Sache über die Israelis ist dieses hier: Sie sammeln ganz viele Daten über den Gazastreifen, die sie in einen Supercomputer eingeben, und sie erlauben es der künstlichen Intelligenz, verschiedene Algorithmen zu entwickeln, die Bedrohungen modellieren, und so ließen sie sich von einem verdammten Computer gefangen halten, anstatt auf Experten zu hören, deren Gehirn 20 Mal besser ist als jedes KI-Programm, das man sich ausdenken kann.

Andrew Napolitano:

Ist das Modell der "Konzeption oder der Vorstellung", das Sie gerade beschrieben haben und das Sie zu Recht kritisieren, war das im Krieg von 1967, dem Krieg von 1973 oder ist das jetzt?

Scott Ritter:

Es war der Krieg von 1973, in dem sie sich dessen schuldig gemacht haben, und dann haben sie es abgeschafft. Als ich in Israel mit dem israelischen Geheimdienst zusammengearbeitet habe, hatten sie ein Gremium geschaffen, das sie den "ungläubigen Thomas" nannten. Das war ein Oberst an der Spitze des Stabes. Seine Aufgabe war es, jede Analyse, die die Befehlskette hinaufging, kritisch zu prüfen. Bevor sie zum Leiter des Nachrichtendienstes, zum Premierminister, gelangen konnten, mussten sie ihn passieren. Und er stellte jede einzelne Einschätzung in Frage.

Andrew Napolitano:

Sind Sie der Ansicht, dass der israelische Geheimdienst gesagt hat, dass etwas kommen wird, aber die Politik, die Kultur, die Geschichte, wie auch immer Sie es nennen wollen, diese Informationen zurückgewiesen hat? Oder sind Sie der Ansicht, dass sie am Schalter geschlafen haben und sich ihre Informationen nicht einmal angeschaut haben? Oder sind Sie der Meinung, dass sie weggesehen haben, weil sie einen Vorwand für die Invasion des Gazastreifens suchten?

Scott Ritter:

Nun, zunächst einmal: Ich akzeptiere nicht, dass sie weggesehen haben und einen Vorwand für die Invasion des Gazastreifens gesucht haben. Ich weiß, es kursiert eine solche beliebte Verschwörungstheorie. Lassen Sie mich nur Folgendes sagen: Ich habe sehr eng mit israelischen Soldaten zusammengearbeitet, mit israelischen Fachleuten, und sie würden niemals ihre Soldaten oder ihre Bürger auf diese Weise opfern. Jeder, der so etwas behauptet, hat keine Ahnung, wer Israel ist, was Israelis sind. Zu so etwas wären sie einfach nicht bereit.

Andrew Napolitano:

Was ist also dieses Mal passiert? Haben sie verwertbare Informationen ignoriert oder haben sie keine verwertbaren Informationen erhalten?

Scott Ritter:

Nein. Ich glaube, dass sie eine ganze Reihe von verwertbaren Informationen erworben hatten. Ich glaube, dass ihre Abhängigkeit von künstlicher Intelligenz zur Erstellung von Bedrohungsmodellen durch die Vorstellung korrumpiert wurde, dass die Hamas so etwas nie tun würde. Und ich glaube, die Führung war von der Vorstellung besessen, dass ihre Politik der Befriedung der Hamas durch wirtschaftliche Anreize funktioniert und sie deshalb nicht zulassen würde, dass irgendetwas diese Politik stört. Daher ignorierten sie die Informationen, die ihnen über die Möglichkeit eines bevorstehenden Angriffs übermittelt wurden.

Andrew Napolitano:

Hier ist Präsident Biden, der gestern das sagte, was man natürlich von ihm erwartet und was er aus politischen Gründen sagen musste.

[eingefügter Videoclip, 10. Oktober 2023]

Joe Biden:

Wir wissen jetzt, dass sich unter den von der Hamas festgehaltenen Personen auch amerikanische Staatsbürger befinden. Ich habe mein Team angewiesen, Informationen auszutauschen und zusätzliche Experten aus der gesamten US-Regierung zu entsenden, um sich mit den israelischen Kollegen zu beraten und sie bei den Bemühungen zur Geiselbefreiung zu unterstützen.

(Ende des eingefügten Videoclips)

Andrew Napolitano:

Gibt es amerikanische Spezialeinheiten oder Navy Seals in Israel, Ägypten, im Gazastreifen, wo auch immer sie bereit sein könnten, einzugreifen?

Scott Ritter:

Nein. Erstens braucht Israel sie nicht und will sie auch nicht. Gaza ist ein israelisches Problem. Wenn sie nach Gaza gehen, haben sie "Sayeret Matkal" [Anm. Übersetzer: Matkal ist eine Eliteeinheit der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF). Sayeret Matkal ist eine der geheimsten und am besten ausgebildeten Spezialeinheiten der Welt. Sie konzentriert sich in erster Linie auf die Sammlung von Informationen, die Terrorismusbekämpfung und verdeckte Operationen.], sie haben die Flotilla 13 [Anm. Übersetzer: Flotilla 13, auch bekannt als Shayetet 13 ist eine Spezialeinheit der israelischen Marine.], sie haben die Jamam. Sie haben eine ganze Reihe von Einheiten, die darauf spezialisiert sind, auf die israelische Art und Weise auf israelischem Boden die israelischen Büger zu verteidigen. Das Letzte, was sie wollen, ist Delta Force oder... [...Lärm, technische Störung]

Andrew Napolitano:

[zu dem Lärm] Ist das der Hund, Scott?

Scott Ritter:

Nicht der Hund. Das ist jemand, der mich über Skype anruft und den ich eingeladen habe, mich anzurufen. Warum sie mich jetzt anrufen... Aber so ist es halt.

Das ist ein rein politischer Schachzug des Präsidenten Biden, weil er sonst kritisiert wird. Lassen Sie uns hier zunächst einmal sehr deutlich werden: Die Vereinigten Staaten haben eine Vereinbarung mit Israel, wonach amerikanische Juden hingehen und in der israelischen Armee dienen können, und so gibt es eine ganze Reihe von... [...Lärm, technische Störung]

Es sind viele Amerikaner dort, und so steht Biden unter Druck, unter politischem Druck, weil Amerikaner getötet... [...Lärm, technische Störung]

Wir bieten Hilfe an, die Israel weder will noch braucht. Sehen Sie, Israel hat bereits mit unseren Leuten trainiert. Sie kennen unsere Techniken. Sie haben sich bereits das genommen, was sie brauchen. Sie brauchen nicht noch eine amerikanische Komponente in diesem ohnehin schon komplexen Problem.

Andrew Napolitano:

Hier ist Präsident Putin, der eine der besten Analysen der Dynamik der Politik im Nahen Osten und der grausamen Entscheidungen amerikanischer Diplomaten in den letzten 40 oder 50 Jahren gibt.

[eingefügter Videoclip]

Wladimir Putin:

Leider können wir eine drastische Verschlechterung der Situation im Nahen Osten feststellen. Ich denke, viele werden mir zustimmen, dass dies ein klares Beispiel für das Scheitern der Politik der Vereinigten Staaten im Nahen Osten ist, die versucht haben, die Lösung des Konflikts zu monopolisieren, aber leider nicht darauf bedacht waren, für beide Seiten akzeptable Kompromisse zu finden. Im Gegenteil, sie haben ihre eigenen Vorstellungen darüber gefördert, wie dies geschehen sollte, haben Druck auf beide Seiten ausgeübt, erst auf die eine, dann auf die andere Seite, ohne die grundlegenden Interessen des palästinensischen Volkes zu berücksichtigen und ohne vor allem die Notwendigkeit im Auge zu behalten, den Beschluss des UN-Sicherheitsrates über die Schaffung eines unabhängigen, souveränen palästinensischen Staates umzusetzen.

[Ende des eingefügten Videoclips]

Andrew Napolitano:

Ihre Meinung dazu?

Scott Ritter:

Sehen Sie, ich habe das schon immer gesagt... [...Lärm, technische Störung] ...er [Putin] ist der einzige Erwachsene im Raum und seine Reife als Führungskraft, die Ausgeglichenheit, die er als Diplomat an den Tag legt, kommt durch. Hätten wir einen amerikanischen Präsidenten, der das artikuliert, was er gerade artikuliert hat, dann hätte es diese Tragödie im Nahen Osten heute nicht gegeben. Dieses Problem wäre gelöst worden. Aber wir wissen gar nicht, wie wir ausgewogen handeln könnten. Wir gehen einfach rein...

Jedes Wort, das er dort gesagt hat, war 100% wahr. Und ich weiß, dass man mich einen Putin-Fan nennen wird und all das Zeug. Aber wisst ihr was: Wenn der Mann Recht hat, hat er Recht! Und Sie wissen, dass er Recht hat.

Andrew Napolitano:

Wie oppressiv ist Gaza? Unser Freund und Kollege Gerald Celente hat es als ein Konzentrationslager unter freiem Himmel bezeichnete.

Scott Ritter:

Das ist die richtige Bezeichnung dafür. Viele Leute nennen es ein Freiluftgefängnis. Das Problem bei diesem Vergleich ist, dass er impliziert, dass die palästinensischen Zivilisten, die dort leben, über zwei Millionen, Gefängnisinsassen sind, dass sie ein Verbrechen begangen haben. Sie haben kein Verbrechen begangen. Das einzige Verbrechen, dessen sie sich schuldig gemacht haben, ist, dass sie geboren wurden. Geboren in einem Flüchtlingslager, geboren als Insassen eines Konzentrationslagers, und es ist ein Freiluftkonzentrationslager.

Israel kontrolliert es. Israel hat eine Mauer um das Lager gezogen. Israel diktiert die Lebensqualität, den Lebensrhythmus, jeden Aspekt dessen, was in Gaza passiert, verweigert ihnen das Recht auf einen eigenen Flughafen, verweigert ihnen das Recht auf einen eigenen Hafen. Wissen Sie, also, ja! Es ist ein Konzentrationslager unter freiem Himmel. Und das Wichtigste an diesem Wort ist, dass es die Israelis sind, eine jüdische Nation, die diesen armen Palästinensern eine konzentrationslagerähnliche Realität aufzwingt.

Die Israelis sollten es besser wissen. Sie haben unter Konzentrationslagern gelitten. Sie wissen, was Konzentrationslager sind. Warum sie so weitermachen, verstehe ich nicht.

Andrew Napolitano:

Wie beurteilen Sie die Amtszeit von Benjamin Netanjahu als Premierminister?

Scott Ritter:

Ich habe Benjamin Netanjahu vom ersten Tag an gehasst. Meine anfängliche Abneigung gegen diesen Mann ist 1982 entstanden, als ein Hauptmann des Marine Corps auf einen israelischen Panzer zuging und ihm sagte, dass er nur über seine Leiche die Linien der Marines passieren könne. Er zog eine Pistole und sagte dem Oberstleutnant, er würde ihm das Hirn wegblasen. Die Israelis zogen sich zurück. Wir riefen den Geschäftsträger in der Botschaft an, um das israelische Vorgehen zu verurteilen. Das war Benjamin Netanjahu. Seine Reaktion war, Gerüchte über diesen Hauptmann in die Welt zu setzen, er sei betrunken gewesen, er habe Alkohol im Atem gehabt.

Benjamin Netanjahu ist eine Schande. Er ist ein Feigling. Das war er schon immer. Er war von 1996 bis 1999 Premierminister. Ich war in den zwei Jahren seiner Amtszeit dabei. Er kennt die Wahrheit über die angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen, denn ich habe mit dem Leiter seines Geheimdienstes zusammengearbeitet, der mir zugestimmt hat, und dennoch ist er 2002 vor dem Kongress der Vereinigten Staaten aufgetreten, als Privatmann, aber mit der Aura des Premierministers, und hat gesagt, es gebe keinen Zweifel, dass der Irak ein Atomwaffenprogramm habe. Er hat gelogen. Die Amerikaner zogen daraufhin in den Irak und sind gestorben. Benjamin Netanjahu hat das Blut von Tausenden von Amerikanern und Hunderttausenden von Irakern an seinen Händen.

Und jetzt ist er der kriegsverbrecherische Premierminister von Israel. Er ist für all diese Gewalt verantwortlich. Er ist der Mann, der 2006 der Hamas die Macht im Gazastreifen übertragen hat. Er hat es getan. Er ist derjenige. Erinnern wir uns also daran, wer der eigentliche Verbrecher in all dem ist: Sein Name ist Benjamin Netanjahu.

Andrew Napolitano:

Wird das israelische Volk ihn aus dem Amt jagen?

Scott Ritter:

Nein, denn sein Hebel war vom ersten Tag an die Sicherheit. Ich kann nicht behaupten, dass ich Yitzhak Rabin persönlich kannte. Aber ich war dort bei Yitzhak Rabin. Ich habe mit seiner Regierung zusammengearbeitet. Und er war ein Mann, der den Frieden suchte. Ich war an seinem Todestag dabei, als er ermordet wurde. Ich habe miterlebt, wie Israel einen Führer zu Grabe trug, den es liebte und der wegen des Hasses von Benjamin Netanjahu getötet wurde. Ein Mann, der die religiöse Rechte in Israel ermächtigt hat, ein Todesurteil gegen Yitzhak Rabin auszustellen, so dass ein rechter Fanatiker ihn auf einer Friedenskundgebung ermordet hat. Als Yitzhak Rabin beerdigt wurde, war das das Ende der Hoffnung auf Frieden für Israel. Von diesem Moment an spielte Benjamin Netanjahu die Angst-Karte, die Angst-Karte, die Angst-Karte, und er hat die israelische Bevölkerung auf der Grundlage von Unwissenheit und Angst eingeschüchtert, damit sie ihn weiterhin als ihren Führer ermächtigt.

Andrew Napolitano:

Wie wird das Ihrer Meinung nach enden? Ich meine, solange es nicht zu einem Zwei- oder Dreifrontenkrieg kommt, ist die Hamas ein Winzling im Vergleich zur militärischen Macht der israelischen Regierung, oder?

Scott Ritter:

Nun, nein. Sehen Sie, 2006 hat Israel 30.000 Soldaten mobilisiert, um im Südlibanon gegen 3.000 Hisbollah-Kämpfer anzutreten. 34 Tage später wurde Israel geschlagen, musste zugeben, dass es geschlagen wurde. Sie wurden zerschlagen. Die Hisbollah stand auf, kämpfte und besiegte sie. Zur Hamas: Es gibt viele Tausende von Hamas-Kämpfern, die sehr gut ausgebildet sind. Sie sind im Untergrund aktiv. Alles, was sie tun müssen, um zu gewinnen, ist zu überleben. Israel wird aufgrund des Abschlachtens der unschuldigen Palästinenser schließlich die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft verlieren. Irgendwann wird die internationale Gemeinschaft es satthaben, palästinensische Leichen zu sehen, und sie wird sagen: Genug ist genug. Wenn das passiert, wird Israel eine Kompromisslösung mit der Hamas finden müssen. Die Hamas wird diesen Krieg gewinnen. [...Lärm, technische Störung]

Die Hamas wird nicht gewinnen, indem sie Israel besiegt. Sie wird gewinnen, indem sie einfach überlebt.

Andrew Napolitano:

Wir haben die letzten zwei oder drei Sätze von dem, was Sie gesagt haben, wegen der technischen Störung verloren. Können Sie noch einmal sagen, warum die Hamas diesen Krieg gewinnen wird?

Scott Ritter:

Die Hamas wird gewinnen, indem sie sich nicht besiegen lässt. Alles, was sie tun muss, um zu gewinnen, ist zu überleben. Genau wie die Hisbollah im Jahr 2006. Israel kann die Hamas nicht besiegen. Wenn Sie glauben, dass Israel in den Gazastreifen einmarschieren und einen urbanen Krieg von unvorstellbarem Ausmaß führen wird, wissen Sie nichts über die Schlacht von Stalingrad. Sie wissen nichts über die Schlacht um Monte Casino 1944. Sie wissen nichts über Mariupol oder Bahmut. Israel kann das nicht tun. Sie haben nicht die Kräfte dazu, und irgendwann wird die Welt genug haben von toten palästinensischen Kindern und das israelische Volk wird genug haben von toten israelischen Soldaten.

Andrew Napolitano:

Scott Ritter, Sie sind Spitze. Was soll ich sagen. Vielen Dank für diese außergewöhnliche Analyse. Wir werden uns bald wieder bei Ihnen melden, mein lieber Freund.

Scott Ritter:

Vielen Dank.

 

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