Vatican beendet den Kampf gegen die Befreiungstheologie
Bischof Romero
(...) Auch Romeros Nachfolger operierte ganz auf der offiziellen Linie Roms. Diese wurde vom langjährigen Glaubenspräfekten Joseph Ratzinger vorgegeben. Und bestand darin, nicht nur die Befreiungstheologie zu bekämpfen, sondern auch alle Befreiungstheologen. Noch 2007, damals schon als Papst Benedikt, erklärte Ratzinger die Lehren von Jon Sobrino für gefährlich. Dieser war der ehemalige Berater Romeros.
Befreiungstheologie ist zurück
Papst Franziskus weiss, dass sich die weltpolitische Lage verändert hat. Der ideologische Konflikt um die marxistische Gefahr der Befreiungstheologie ist verblasst. Nach dem Fall der Mauer kann er Óscar Romero seligsprechen lassen, ohne verdächtigt zu werden, mit antireligiösen Ideologen zu paktieren. Als Jesuiten-Oberer in Argentinien agierte Jorge Mario Bergoglio freilich noch treu auf der Linie von Kardinal Ratzinger. Beide waren von der Angst zur Zeit des Kalten Krieges geprägt, der gottlose Kommunismus könnte Kapitalismus wie Katholizismus in Lateinamerika zersetzen. Dieselbe Haltung, die auch Romero bis zu seiner Bekehrung teilte.
Im September 2000 legten die argentinischen Bischöfe, darunter der Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, vor dem Bildnis Romeros ein Schuldbekenntnis ab für ihr Schweigen unter dem Obristenregime 1976 bis 1983. Sie brachten damit zum Ausdruck, dass Romero das gelebt hatte, wozu ihnen während der Militärdiktatur der Mut fehlte. Anders als sie hatte Romero in den Zeiten des Terrors Partei für die Armen ergriffen, mit ihnen Brot und Bedrohung geteilt und dafür mit dem Leben bezahlt.
Mit Romeros Seligsprechung ist nun der römische Kampf gegen die Befreiungstheologie beendet. Und kirchenoffiziell beglaubigt, dass Óscar Romero als Anwalt der Armen nicht auf der falschen Seite gestanden hatte.
Niemand war über Todesdrohungen überrascht. Auch er nicht.
Als Toter blieb Romero so gegenwärtig wie als Lebender.
ein Auszug aus "Der verehrte Bekehrte"
Literaturtipps
- James R. Brockman, Oscar Romero: Anwalt der Armen. Eine Biografie. Topos Verlag 2015.
- Martin Maier, Oscar Romero: Kämpfer für Glaube und Gerechtigkeit. Herder Verlag 2010.
- Johannes Meier (Hg.), Die notwendige Revolution. Grünewald Verlag 2000.
- Oscar A. Romero, In meiner Bedrängnis. Tagebuch eines Märtyrerbischofs 1978 – 1980. Herder Verlag 1993
- Eva-Maria Kremer, Mord am Altar. Das Zeugnis des Erzbischofs Oscar Arnulfo Romero. Rex Verlag 1992
- Placido Erdozain, San Romero de America. Das Volk hat dich heiliggesprochen. Jugenddienst Verlag 1984
Zusammengestellt von:
http://www.br.de/radio/bayern2/gesellschaft/katholische-welt/oscar-romero-seligsprechung-100.html
Weitere Beiträge in dieser Kategorie
- Gideon Levy: Wenn es in Gaza kein Genozid ist, was ist es dann?
- Internationaler Gerichtshof - Südafrika gegen Israel, Anhörungen zu vorläufigen Maßnahmen
- Ein genbasierter Impfstoff soll’s richten
- TV-Tip: Leben in Ketten – Menschenhandel am Atlantik
- Alle mal herhören
- Pro Memoria: Giordano Bruno
- KenFM im Gespäch mit: Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer
- Das große US-Gefängnis
- Vatican beendet den Kampf gegen die Befreiungstheologie
- "Vor unseren Augen":
- Von der Freiheit des Gewissens und den Grenzen des Gehorsams
- 30 Jahre Mütter der Plaza de Mayo
- Fritz Noll. Ein verspäteter Nachruf
- Der Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon 2013 wird an Dr. Rolf Gössner verliehen
- LA TROIKA HUNDE A EUROPA: SE RADICALIZAN LAS PROTESTAS EN EL SUR Y EN EL ESTE