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Mein Brief an den Verwaltungsrat der NZZ-Mediengruppe

ich bin entsetzt und wütend darüber, dass in der NZZ ein Artikel mit einer jeder (zumindest europäischen) Vernunft widersprechenden Headline "Waffenhilfe ist überfällig" erscheinen konnte.
Willy Wahl Leserbrief an NZZ am 11. 02. 2015
11. Februar 2015
Waffen in ein brandgefährliches Krisengebiet zu liefern, ist doch wirklich das Letzte, was von der Schweiz aus gefordert werden darf!

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser, liebe Freunde, gestern [15.10.2022] schrieb uns ein befreundeter Journalist nach Lektüre der neuesten Ausgabe der NZZ: «Der Chefredaktor Eric Gujer wird immer verrückter.» Ich antwortete ihm: «Der Eric Gujer war schon immer verrückt.» Dabei fiel mir ein, dass ich vor Jahren aus Empörung über Herrn Gujer einen Leserbrief und danach noch einen Brief an den Präsidenten der NZZ-Gruppe geschrieben hatte. Diesen lege ich Ihnen anbei gerne pro Memoria vor, weil darin eine noch andere Stimmung zur Ukraine-Krise zum Ausdruck kommt als heute. Z.B.: 'Die deutsche Verteidigungsministerin von der Leyen, unter Druck von US-Hardlinern, die tatsächlich Waffenlieferungen an Kiew fordern, ist noch standhaft und warnt vor solchen "Brandbeschleunigern"'. Herzlich Willy Wahl

Herrn Etienne Jornod
Präsident NZZ Mediengruppe
Falkenstrasse 11
8021 Zürich
Zürich, 11. Februar 2015

Ukraine-Konflikt
Waffenhilfe ist überfällig
NZZ   – Eric Gujer, München 9.2.2015, 13:34 Uhr

Sehr geehrter Herr Jornod,

ich bin entsetzt und wütend darüber, dass in der NZZ ein Artikel mit einer jeder (zumindest europäischen) Vernunft widersprechenden Headline "Waffenhilfe ist überfällig" erscheinen konnte.

Waffen in ein brandgefährliches Krisengebiet zu liefern, ist doch wirklich das Letzte, was von der Schweiz aus gefordert werden darf!

Meinen Unmut gab ich der NZZ Auslandsredaktion mit dem nachfolgenden Mail und meinem Leserbrief, welche ich Ihnen hiermit zur Kenntnis bringe, zum Ausdruck und fordere Sie auf, sehr geehrter Herr Jornod, Ihre Aufsichtspflicht wahrzunehmen und von der Redaktion in der hochbrisanten kriegsgeschwängerten Lage, in der sich unsere Welt derzeit befindet, mehr Fingerspitzengefühl zu verlangen, friedensfördernd zu wirken und nicht Öl ins Feuer zu giessen.

Mein Mail an die NZZ-Redaktion

Sehr geehrter Herr Rüesch, Sehr geehrter Herr Gujer, Sehr geehrte Damen und Herren der Auslands-Redaktion,

ich bitte Sie, die Warnung von Prof. John J. Mearsheimer ernst zu nehmen und in Ihre zukuenftige Berichterstattung zur Ukraine einzubeziehen. Zu Herrn Gujers unglaublichen Artikel "Waffenhilfe ist überfällig" hatte ich einen Leserbrief geschrieben, den ich unten anhänge mit der Bitte um Kenntnisnahme. Über eine Stellungnahme Ihrerseits würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüssen
Willy Wahl

http://www.nytimes.com/2015/02/09/opinion/dont-arm-ukraine.html?_r=1

Don't Arm Ukraine. By JOHN J. MEARSHEIMER, professor of political science at the University of Chicago,the author of “The Tragedy of Great Power Politics.”

FEB. 8, 2015 The New York Times

The Ukraine crisis is almost a year old and Russia is winning. The separatists in eastern Ukraine are gaining ground and Russia’s president, Vladimir V. Putin, shows no signs of backing down in the face of Western economic sanctions.   – Unsurprisingly, a growing chorus of voices in the United States is calling for arming Ukraine. A recent report from three leading American think tanks endorses sending Kiev advanced weaponry, and the White House’s nominee for secretary of defense, Ashton B. Carter, said last week to the Senate armed services committee, “I very much incline in that direction.”   – They are wrong. Going down that road would be a huge mistake for the United States, NATO and Ukraine itself. Sending weapons to Ukraine will not rescue its army and will instead lead to an escalation in the fighting. Such a step is especially dangerous because Russia has thousands of nuclear weapons and is seeking to defend a vital strategic interest....   – ....Crimea, a casualty of the West’s attempt to march NATO and the European Union up to Russia’s doorstep, is surely lost for good. It is time to end that imprudent policy before more damage is done — to Ukraine and to relations between Russia and the West.

Mein Leserbrief

Ich traue meinen Augen nicht: "Waffenhilfe ist überfällig" lese ich und denke, das darf doch nicht wahr sein. Ist die NZZ jetzt zum Propagandaorgan des Pentagon mutiert? Ein SCHWEIZER Journalist in einer SCHWEIZER Zeitung ruft auf, Kriegsmaterial in ein brandgefährliches Krisengebiet zu liefern. Die deutsche Verteidigungsministerin von der Leyen, unter Druck von US-Hardlinern, die tatsächlich Waffenlieferungen an Kiew fordern, ist noch standhaft und warnt vor solchen "Brandbeschleunigern". Gestern Abend bei Günter Jauch sagte Harald Kujat, der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, es sei "idiotisch", wenn der Westen eine militärische Lösung überhaupt in Erwägung ziehe. Wenn Russland wolle, könne es den Krieg binnen 48 Stunden beenden. Noch aber seien gar keine regulären russischen Verbände im Einsatz. Jetzt gehe es primär darum, zu verhindern, dass aus dem Bürgerkrieg in der Ukraine ein Krieg um die Ukraine werde. Und in dieser Situation macht Eric Gujer einen Aufruf zu Waffenlieferungen! Absurder geht es nicht.

Willy Wahl

Die Reaktionen

Ich informierte meine Leserschaft (ich bin Herausgeber der Internetplattform www.seniora.org ) über meine Intervention bei der NZZ und erhielt viele zustimmende Rückmeldungen. Eine Stimme aus Deutschland möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, denn auch diese sollte Ihnen zu denken geben:

Lieber Herr Wahl,

ich danke Ihnen sehr für Ihren Brief an die nzz-Redaktion.
Ich dachte bisher, es ist das Privileg der deutschen transatlantischen Leitmedien, bellizistische Artikel zu schreiben. Es ist bedrückend, wenn auch Journalisten aus der blockfreien Schweiz die Orientierung verlieren.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Vonnahme, Richter beim Bayr. Verwaltungsgericht (i.R.)

Ich habe als Kind die Schrecken des Krieges in Deutschland erlebt und kann das Elend der der Menschen, deren Häuser zerbombt werden, die auf der Flucht sind, mitempfinden. Es sind ja die Alten, Frauen und Kinder, die am meisten leiden. Mir scheint, dass den jungen Journalisten das Empfinden für ihre Mitverantwortung vollkommen fehlt, wenn sie so locker ihre bellizistischen Artikel schreiben. Gerade heute findet sich in der NZZ ein Bericht "Dresden   – ein unvergessenes Fanal" über die grauenhafte Bombardierung und völlige Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945.

„Nie wieder Krieg“ war der Tenor damals. Eine solch ethisch verantwortliche Sorgfalt beim Schreiben erwarte ich von der NZZ-Redaktion!

Über eine Nachricht von Ihnen, sehr geehrter Herr Jornod, freue ich mich und verbleibe mit vorzüglicher Hochachtung

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