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Ein Leserbrief zum Beitrag "Sind die Chinesen nett?"

Eine Seniora-Leserin schreibt uns ihre dezidiert andere Meinung zur "Nettigkeit" des Russischen Präsidenten
Redaktion 21.04.2023
21. April 2023

Weil die Seniora-Leserin in ihrem Schreiben einige, den Frieden fördernde Aspekte anspricht, haben wir uns entschlossen, den Text als Leserbrief zu bringen.

Leserbrief

Zu dem Thema "Sind die Chinesen nett?" kann man wohl keinen Kommentar schreiben - ich versuche es trotzdem einmal.

Ich bin ganz und gar nicht der Meinung, dass der russische Präsident ein 'Softy' ist, der unter einem christlichen Übermaß an Duldsamkeit leidet. Erstens erinnere ich mich daran, dass er im vergangenen Jahr, oder war es schon 2021?, einmal geäußert hat: "Wer von unserem Land ein Stück abbeißen will, dem schlagen wir die Zähne ein" - also das hat schon mal nichts mit 'die andere Wange auch hinhalten' zu tun (was übrigens in der Tierwelt zu einer Beißhemmung führt, im christlichen Verständnis allerdings zum Ausdruck bringen soll, dass man als Geschlagener die Oberhand und Entscheidungsgewalt behält). Zum anderen hat er - bewußt oder unbewußt  - verdeutlicht und für die ganze Welt sichtbar -, dass er sich nicht in die westlichen Niederungen begibt sondern sich wie ein kluger Diplomat verhält, indem er zeigt, wer am westlichen Niedergang Schuld ist: der Westen selber, der seinen eigenen Wohlstand in den Ofen wirft.

Zum anderen denke ich, nur durch das diplomatisch integre Verhalten hat er eindeutig beweisen können, dass sein Rat, eine gemeinsame Wirtschaftszone von Wladiwostok bis Lissabon genauso gemeint war, wie er es gesagt, hat er seine Glaubwürdigkeit in diesem Konzept beweisen können. Ein rascher militärischer Gegenschlag hätte ihn diese Glaubwürdigkeit gekostet.

Andersherum in Bezug auf Chinas voraussichtliche Reaktionen möchte ich zu bedenken geben, dass der Verteidigungsminister Chinas gerade erst in Moskau war und man sich dabei sicher über all die Erfahrungen die Moskau mit der US/NATO gemacht, ausgetauscht hat, dass China viel daraus gelernt hat, wie im Hinblick auf die Ukraine vorgegangen wurde und daraus für Taiwan seine eigenen Schlüsse zieht. Die Erwartung, die Herr Doctorow hinsichtlich Chinas Reaktionen auf eine weitere Eskalation mit Taiwan hat, die angeblich viel härter und schneller ausfallen würde als Russland es gezeigt hat, ist reine Spekulation. China ist ganz sicher nicht 'härter' als die russ. Regierung. Beide Staatschefs sind humanistisch gebildete, kluge Politiker und Strategen und beweisen, dass sie zu hohem Einsatz für unterdrückte Staaten bereit sind. Nun, darin sehe ich 'christliches' Verhalten, oder humanistisches, was durchaus ein Win-Win-Prinzip der Beziehungen nicht ausschließt. China war geschickt genug, sein gigantisches BRI-Projekt weit voranzubringen, ohne in militärische Auseinandersetzungen zu geraten, was aber keine Verurteilung des russischen Verhaltens erlaubt, da Russland weit mehr umzingelt und bedroht ist als China.

Dass die beiden Länder sich so stark von den westlichen unterscheiden, ist in den Augen der tatsächlichen Weltöffentlichkeit außerordentlich wohltuend. Die Macht der Solidarität, der Sanftmut gegenüber den Schwächeren ist gerade nicht Schwäche, sondern überwältigende und überzeugende Stärke, die der Westen einfach nicht toppen kann, weil er aus seinem verbrecherischen Denken nicht ausbricht.

Russland und China tun auch noch etwas anderes sehr Weises: sie helfen auch Ländern, in denen Diktatoren das Zepter führen - nicht weil sie die Tyrannen schätzen, sondern weil sie der Bevölkerung eine Zukunft geben wollen, die ihnen einmal die Selbständigkeit ermöglichen wird.

Mit freundlichen Grüßen
Cornelia Praetorius
cornelia.praetorius@gmail.com
Mitglied der "Mütter gegen den Krieg Berlin Brandenburg",
die schon seit über 24 Jahren zweimal in der Woche gegen NATO-Kriege protestieren.

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