„Die Geopolitik und die Gefahr eines neuen Weltkriegs überwinden“
In den letzten Monaten vollzogen sich wesentliche Veränderungen, und eine wachsende Zahl von Nationen bewegt sich in Richtung der neuen strategischen Geometrie eines Bündnisses zwischen Rußland, China und den Vereinigten Staaten, das sich trotz des massiven Widerstands britischer und amerikanischer Netzwerke, die die alte, gefährliche Weltordnung der Geopolitik erhalten wollen, weiter ausbildet.
Helga Zepp-LaRouche hielt die Eröffnungsrede zum Thema „Das Zusammenfallen der Gegensätze – die Welt von Morgen“. Sie äußerte die Hoffnung, daß bei dem bevorstehenden Treffen zwischen Trump und Putin in Helsinki die Schaffung eines neuen Paradigmas auf die Tagesordnung gesetzt wird, um den neoliberalen Dogmen ein Ende zu setzen, die die Welt in die Katastrophe geführt haben. Die 68 Mio. Flüchtlinge, die für Ende 2017 von den Vereinten Nationen gemeldet wurden, seien eine Illustration der Brutalität, mit der im Westen in den letzten Jahren der Austeritätspolitik Vorrang vor dem Gemeinwohl eingeräumt wurde. Die Neue Seidenstraße biete einen Ausweg, sie sei die Fortsetzung eines Prozesses, der 1975 mit Lyndon LaRouches Vorschlag für eine Internationale Entwicklungsbank begann. Die Neue Seidenstraße finde bei der Mehrheit der Menschen Anklang, indem sie den Aufbau einer „Gemeinschaft der gemeinsamen Zukunft der gesamten Menschheit“ ermöglicht, und tatsächlich hätten sich bereits 140 Nationen angeschlossen, die schon jetzt die Mehrheit der Weltbevölkerung repräsentieren und die aus dem Win-Win-Prinzip Nutzen ziehen werden.
Das Thema des anschließenden ersten Konferenzabschnitts lautete „Die Geopolitik und die Gefahr eines neuen Weltkriegs überwinden“. Erster Redner war Wladimir Morosow (47:18), der Programmkoordinator des Russischen Rats für Internationale Angelegenheiten (Russian International Affairs Council, RIAC), einer führenden Denkfabrik, die mit dem russischen Außenministerium verbunden ist. Er sprach über „Rußlands Rolle in der Neuen Weltordnung“ – einer Weltordnung, die auf der Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens zwischen Mächten beruht, die bisher nur ihre eigenen Interessen verfolgten.
Multipolarität oder Multilateralismus - ein russischer Standpunkt
Zur Zeit ist viel vom Ende der „unipolaren Welt“ und von der notwendigen „multipolaren Welt“ die Rede. Mit diesem Thema befaßte sich Wladimir MOROSOW. Morosow stellte gleich zu Beginn polemisch die These auf, daß zwar die „unipolare Welt“ schon bald enden werde, aber eine „multipolare Welt keine bessere Alternative“ wäre.
Die Idee der Multipolarität reiche „zurück in die 1970er Jahre, mit dem Aufstieg der asiatischpazifischen Länder, mit der Schaffung der Trilateralen Kommission etc.“, doch es herrsche oft Verwirrung über die Definition von Polarität. „Tatsächlich ist Multipolarität eine andere Version des Wiener Kongresses, eine Weltordnung, die beherrscht ist von einem Gleichgewicht der Mächte und die in mehrere Machtzentren geteilt ist, die miteinander um die begrenzten globalen Ressourcen konkurrieren. Auch wenn eine solche Ordnung auf den Interessen von mehr als einem Staat gründet, berücksichtigt sie nie die Interessen der kleineren Staaten... Diese Ordnung wird gewissermaßen eine Rückkehr zur Geopolitik sein - das, was wir alle vermeiden wollen, wenn wir über die Zukunft der globalen Ordnung sprechen.“
RIAC schlägt als Alternative zur Multipolarität den „Multilateralismus“ vor.
„Der wesentliche Unterschied zwischen Multipolarität und Multilateralismus ist, daß der Multilateralismus auf einem Ausgleich der Interessen anstatt auf einem Gleichgewicht der Macht beruht.“
Eine solche Ordnung sollte z.B. die UN, die G-20, die OECD, die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) und die Asiatisch-Pazifische Wirtschaftskooperation (APEC) einbinden. Wichtige Arbeitsbereiche wären die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen und Hilfe bei der wirtschaftlichen Entwicklung. Siehe auch: https://www.youtube.com/watch?v=2cMi1WO6A_U
Nach Morosows Einschätzung wird Rußlands Rolle in der neuen globalen Ordnung vor allem von seiner inneren Dynamik bestimmt sein, es werde jedoch nicht von der internationalen Bühne abtreten. Rußlands höchste außenpolitische Priorität werde die innere und äußere Sicherheit sein, etwa Sicherheit an seinen Grenzen, im Nahen Osten usw.
In dem Zusammenhang werde Rußland mehr Gewicht auf die chinesische Gürtel- und StraßenInitiative legen - nicht nur wegen des offensichtlichen wirtschaftlichen Nutzens, sondern auch zur Stabilisierung der zentralasiatischen Länder und Afghanistans, die „möglicherweise explodieren könnten, wenn wir die Ausbreitung des Extremismus dort nicht aufhalten, und wenn wir den Menschen keine geeignete wirtschaftliche Alternative zum Drogenanbau und zum Terrorismus bieten“.
Er sei „eher skeptisch gegenüber der Idee des ,Eurasianismus’ in der russischen Außenpolitik“ und ziehe „den Begriff der europazifischen Macht vor. D.h., daß wir davon ausgehen müssen, daß Rußland ein europäisches Land ist.
Aber es hat Zugang zur Pazifikregion, es wird an allen Fragen und an allen Problemen, an allen Konflikten beteiligt sein, die sich in der Pazifikregion abspielen...“ Dies ist eine Polemik gegen diejenigen in Rußland, die dafür plädieren, sich vom Westen komplett abzuwenden und nur auf Asien zu konzentrieren.
Eine weitere entscheidende Frage für Moskau sei die Stabilisierung Syriens und die Niederschlagung des Terrorismus, was auf längere Sicht hoffentlich zur „Schaffung eines kollektiven Sicherheitssystems für den Nahen Osten“ führen werde.
Alle Vorträge und Diskussionen der Konferenz werden in mehreren Sprachen auf der folgenden Webseite veröffentlicht: http://newparadigm.schillerinstitute.com/de/
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