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Albert Camus  – Eine Tochter setzt ihrem Vater ein Denkmal

06. November 2013

Albert Camus   – Eine Tochter setzt ihrem Vater ein Denkmal

«Albert Camus in Bildern und Dokumenten»

Camus Vater Tochter

Catherine Camus mit Vater (links), Catherine Camus (rechts)

rmh. Catherine Camus hat ihrem Vater   – Albert Camus   – einen Bild- und Dokumentenband* gewidmet, der sein Leben und Werk einfühlsam und lehrreich darstellt. Es ist die bewegende Dokumentation einer Tochter zum Leben ihres Vaters.

Catherine Camus ist es gelungen, in dem Bildband «Albert Camus in Bildern und Dokumenten», so der deutsche Titel, ihrem Vater ein Denkmal zu setzen, das anrührend und informativ zugleich ist. Es umfasst die Vielschichtigkeit der Persönlichkeit und des Werks dieses grossen Schriftstellers, Philosophen und Mitmenschen und wird ihm absolut gerecht.

Historisch, chronologisch aufgebaut, können wir das Werden des Menschen Albert Camus und seine schriftstellerische Entwicklung verfolgen. Private Fotos werden ergänzt durch Aufnahmen der Welt, in der er lebte, begleitet von Erläuterungen und Auszügen aus seinem Werk, die die unendliche Fülle seiner Gedanken im jeweiligen Kontext dokumentieren.

Die sorgfältige und immer treffende Auswahl der Werkzitate legt Zeugnis davon ab, wie genau und intensiv sich die Tochter mit dem Werk und der Person ihres Vaters beschäftigt hat.

Das Buch zeigt, wie Camus versuchte, seinen Weg zu gehen und ihn seinen Mitmenschen verständlich und eindringlich nahezubringen: glücklich leben in einer schrecklichen, ungerechten Welt   – in Ausübung von Solidarität und Freundschaft mit den anderen Menschen, in der Auflehnung gegen die Ungerechtigkeit, im Aufzeigen falscher Ideen, Haltungen und Handlungen.

Dieser Bild- und Dokumentenband ist von grosser Aktualität angesichts der Bewegungen in Nordafrika, der Heimat Albert Camus’. Er zeigt, wie sehr Camus uns mehr denn je in einer chaotischen, ungerechten und von Kriegen überzogenen Welt als Wegweiser dienen kann. In der Ablehnung der Gewalt, auf beiden Seiten. Sowohl bei den Unterdrückten als auch bei den Kolonialherren. Im Kampf gegen die Ungerechtigkeit. Im Bezug zum Mitmenschen, beginnend mit der innigen Beziehung zu seiner analphabetischen, fast tauben Mutter. Im Erleben seiner Kindheit, geprägt von Armut, viel Freundschaft und wohlwollenden Lehrern, denen er ein eindringliches Denkmal setzt. Die Fähigkeit, vielfältige Freundschaften einzugehen über die politischen Grenzen hinweg, sich trotz einer schwachen Gesundheit einzusetzen für die Gerechtigkeit. Die Verbundenheit mit der Natur, der Landschaft Nordafrikas, dem Meer.

Beendet wird der Band mit der Dokumentation des letzten, posthum erschienenen Werks Albert Camus’, «Der erste Mensch», das die Suche nach dem Vater, der im Ersten Weltkrieg als Soldat in Nordfrankreich sein Leben verlor, beschreibt. Albert Camus hatte das Manuskript bei sich, als er bei einem Auto-unfall starb. Mit versöhnlichen Fotos der südfranzösischen Landschaft, der Stadt Lourmarin, wo Camus begraben ist, und den Freunden, in denen seine ganze Lebensfreunde zum Ausdruck kommt, endet der Bildband.

Dieses zutiefst menschliche Buch der Tochter über ihren Vater verbindet.

Zum Buch:

Buch Camus Bilder

Cathrine Camus, Albert Camus in Bildern und Dokumenten, Zürich 2010 ISBN 978-3-283-01151-2

2011  © Zeit-Fragen. Alle Rechte reserviert.

Ein weiteres wunderbares Buch, das ich sehr empfehle und das mich persönlich überaus beeindruckt und berührt hat:

Der erste Mensch

Das unvollendete Manuskript zum Roman war bereits 1960 am Ort des tödlichen Autounfalls Albert Camus' aufgefunden worden. Seine Tochter Catherine Camus hatte sich lange Zeit geweigert, das Fragment gebliebene Werk zu veröffentlichen, nicht zuletzt aufgrund des stark autobiographischen Charakters des Textes, der in der Endfassung möglicherweise vermindert worden wäre.

Camus der erste mensch

Der erste Mensch / ISBN / 9780783816012

Medienecho

«Inszeniert wie ein Roman, enthält ‹Der erste Mensch› eine bewegende Autobiographie der algerischen Kindheit Albert Camus´: das intimste Selbstzeugnis, dass der diskrete und scheue Autor hinterlassen hat.»

(Der Spiegel)

«Ein überwältigendes posthumes Comeback.»

(FAZ)

Gespiegelt in der Figur Jacques Comery erzählt Camus von seiner Kindheit, die er mit seiner fast tauben, analphabetischen Mutter und einer dominanten Großmutter im Armenviertel Algiers verbringt. Auf der Suche nach einer Vaterfigur beginnt er, über die eigene Herkunft zu reflektieren. Das handgeschriebene Manuskript wurde bei dem tödlichen Autounfall Camus’ in seiner Mappe gefunden.

Hier eine der Stellen aus dem Buch, die mich so berührt hat:

"Auf einem Kriegsgräberfriedhof besucht Jacques das Grab seines Vaters. Als er darauf die Jahreszahlen 1885   – 1914 liest, kommt ihm erst richtig zum Bewusstsein, dass dieser mit 29 Jahren gestorben ist. Und er, Jacques, ist jetzt 40.

Der unter dieser Steinplatte begrabene Mann, der sein Vater gewesen war, war jünger als er. Und die Welle von Zärtlichkeit und Mitleid, die auf einmal sein Herz überflutete, war nicht die Gemütsregung, die den Sohn bei der Erinnerung an den verstorbenen Vater überkommt, sondern das verstörte Mitgefühl, das ein erwachsener Mann für das ungerecht hingemordete Kind empfindet -- etwas entsprach hier nicht der natürlichen Ordnung, und eigentlich herrschte hier, wo der Sohn älter war als der Vater, nicht Ordnung, sondern nur Irrsinn und Chaos."