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Was ich schon 2022 von einem Whistleblower über die Nord-Stream-Sprengung erfahren habe

Eine Bestätigung des Hersh-Artikels
von Thomas Röper - Anti-Spiegel - 9. Februar 2023 15:16 Uhr
10. Februar 2023
Im Oktober 2022 wurde mir eine Nachricht von einem Whistleblower geschickt, der behauptet hat, Informationen über die Sprengung von Nord Stream zu haben. Seine Erzählung bestätigt exakt den Bericht von Seymour Hersh über die Sprengung der Pipeline.

In meinem Artikel mit der Übersetzung des Berichts von Seymour Hersh, der im Detail mitgeteilt hat, wie die Biden-Regierung die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines schon 2021 geplant und danach durchgeführt hat, habe ich erwähnt, dass sich vor einigen Monaten jemand an mich gewandt hat, der behauptet hat, Soldat bei dem Manöver BALTOPS 22 gewesen zu sein und der gesehen haben will, wie ausgesprochen arrogant aufgetretene Spezialtaucher aus den USA auf dem Kriegsschiff, auf dem er gedient hatte, genau am Ort der späteren Sprengung das Anbringen von Minen „geübt“ hätten.

Leider konnte er für seine Geschichte keine Belege liefern und wollte anonym bleiben, weshalb ich nicht darüber berichtet habe, denn er konnte nichts Belastbares als Bestätigung für seine Geschichte liefern. Aufgrund einer Geschichte von jemandem, der seine Identität nicht preisgibt und keine Belege für seine Geschichte liefern kann, schreibe ich natürlich keinen Artikel. Nach der Veröffentlichung von Hersh am 8. Februar bin ich jedoch sicher, dass dieser Whistleblower, der sich damals bei mir gemeldet hat, die Wahrheit gesagt hat, weil seine Geschichte exakt zu dem passt, was Hersh veröffentlicht hat.

Daher werde ich hier erzählen, was ich im Oktober 2022 erfahren habe und ich werde auch die Mail des Whistleblowers, deren Text ich am 4. Oktober 2022 bekommen habe, komplett übersetzen und veröffentlichen. Die Mail war im Original auf Englisch und kam von einer anonymen Proton-Adresse.

Wie ich von dem Whistleblower erfahren habe

Anfang Oktober 2022 wurde ich von meinem Kollegen und Freund John Marc Dugan, einem in Moskau lebenden US-Amerikaner, kontaktiert. Er hatte eine Mail von einem anonymen Whistleblower bekommen.

Wir haben damals lange diskutiert, was wir damit machen können, aber da der Whistleblower keine Belege für seine Geschichte liefern konnte und wir auch seine mitgeschickten Bilder nicht verifizieren konnten, schließlich ist mit Photoshop alles möglich, war ich nicht bereit, etwas darüber zu veröffentlichen. Auch John hat in seinen Videos meines Wissens am Ende nicht darüber berichtet.

Welche Teile der Hersh-Geschichte die Mail des Whistleblowers bestätigt

Mit dem Wissen von heute aus dem Artikel von Seymour Hersh halte ich die Geschichte des Whistleblowers für authentisch, denn sie passt exakt zu dem, was Hersh schreibt. Der Whistleblower hat damals von nicht militärisch aussehenden US-Spezialtauchern berichtet, die während des Manöver BALTOPS 22 mit dem Hubschrauber auf das Kriegsschiff gebracht wurden, auf dem der Whistleblower Dienst tat.

Das bestätigt die Geschichte von Hersh, dass die Spezialtaucher von der Navy-Tauchschule Panama City in Florida kommen und keine Soldaten waren, sondern wohl von US-Geheimdiensten sind. Mehr noch: Hersh geht nicht auf die Details der Operation in der Ostsee selbst ein, der Whistleblower aber schon. Und der erwähnte, dass die US-Spezialtaucher MK29-Tauchsysteme hatten, die nach seinen Angaben geheim sind.

Die MK29 sind nach allem, was man im Netz erfahren kann, tatsächlich geheim, jedenfalls kann man sie nicht bestellen, es gibt nur Berichte über sie. Vor allem aber sind sie laut einer Meldung des US-Verteidigungsministeriums von 2018 von eben jener Tauchschule der US-Navy in Panama City, Florida, entwickelt worden, die Hersh erwähnt. Dass der Whistleblower das System MK29, das eine direkte Verbindung zu der Navy-Tauchschule hat, deren Spezialtaucher laut Hersh die Bomben an den Pipelines gelegt haben, bereits Anfang Oktober 2022 erwähnt hat, ist für mich eine weitere Bestätigung für die Geschichte von Hersh.

In diesem Video zeigt die US-Navy stolz das MK29 und erklärt seine Vorteile bei langen Tauchgängen in großer Tiefe.

Laut dem Whistleblower sollten die Spezialtaucher Übungen mit Seeminen machen, hatten aber laut dem Whistleblower gar nicht die dafür nötige Ausrüstung dabei. Stattdessen hatten sie hochmoderne Tieftauchausrüstung (inklusive der MK29) dabei, die sie für eine Übung mit Seeminen gar nicht brauchen, denn diese Minen schwimmen in so geringer Tiefe, dass eine herkömmliche Tauchausrüstung ausreichend ist. Bei der Übung waren die Spezialtaucher laut dem Whistleblower außerdem am falschen Ort aktiv und waren viel länger unter Wasser, als es mit ihm bekanntem Gerät möglich ist.

Dass die Spezialtaucher die Sprengsätze an den Pipelines unter dem Deckmantel einer Übung mit Seeminen angebracht haben, schreibt Hersh in seinem Artikel. Die Übung mit Seeminen wurde demnach extra als Tarnung für das Legen der Bomben an den Pipelines in das Manöver BALTOPS 22 aufgenommen. Auch hier deckt sich die vom Whistleblower geschriebene Mail mit dem nun von Hersh veröffentlichten Artikel.

Die Mail des Whistleblowers

Nun zeige ich den Text der Mail, die der Whistleblower an John geschickt und die John mir unmittelbar danach am 4. Oktober weitergeleitet hat. Ich habe sie aus dem Englischen übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Sehr geehter Herr Dugan!

Ich schreibe diesen Brief in der Hoffnung, dass Sie ihn weitergeben. Ich kann die Informationen nicht selbst weitergeben, da sie meiner Karriere und meinem Leben schaden würden. Ich sende Ihnen dieses Foto als Beweis dafür, dass ich dort war, sowie eine Kopie meines Ausweises. Sie dürfen dies an einen anderen Journalisten weitergeben, dem Sie vertrauen, aber nicht aus Ihrem Besitz abgeben. Es ist wichtig, dass Sie es mit niemandem teilen und dass Sie dieses E-Mail-Konto nie wieder benutzen. Sie können den Brief wortwörtlich so zitieren, wie er geschrieben ist:

Ich hatte eine führende Rolle in der Verwaltung beim Militärmanöver BALTOPS 22 im Juni in der Nähe der Insel Bornholm, Dänemark. Ich kann Ihnen meinen genauen Titel nicht nennen, weil dadurch meine Identität preisgegeben werden könnte. Es gab einige ungewöhnliche Details im Zusammenhang mit einer Gruppe von US-Marine-Soldaten der Naval Striking and Support Forces NATO (STRIKFORNATO), die aus Stockholm angereist waren. Was damals seltsam anmutete, sieht im Nachhinein geradezu ruchlos aus.

Lassen Sie mich das erklären. Verzeihen Sie mir im Voraus, wenn ich mich bei der Terminologie vertan habe, denn das Militär meines Landes verwendet möglicherweise andere Begriffe. Ich kann keine genauen Angaben zu meinem Job machen, aber ich arbeite in der Koordination von Tauchteams und Unterwassereinsätzen mit verschiedenen Streitkräften des NATO-Bündnisses.

Am 15. Juni, dem Tag der Übung, war ich mit der Koordinierung bestimmter Aspekte der Übung befasst. Ich muss mich hier vage ausdrücken. Ein US-Militärhubschrauber kam mit einer Gruppe von Männern an, die Minenjäger der US Navy sein sollten. Sie stiegen aus, luden ihre Ausrüstung ab und trafen sowohl den Vizeadmiral der US Navy als auch eine Gruppe amerikanischer Männer in Zivil, die einige Stunden später eintrafen. Wir alle vermuteten, dass es sich bei denen um eine Art von Geheimdienstmitarbeitern handelte.

Nach einem kurzen Gespräch, das ich wegen des Hubschrauberlärms nicht hören konnte, traten sie zu ihrem Briefing an.

Ich fand es ziemlich seltsam, dass sie von der US-Marine waren. Mein erster Gedanke war, dass sie wie eine Gruppe von Terroristen aussahen und nicht wie jemand von der US Navy. Die anderen Gruppen, die wir aus vielen Bereichen des Militärs hatten, hatten eine Art von Standards. Haarschnitte, zum Beispiel. Diese Männer hatten nicht nur wildes Haar, das in jeder zivilisierten Nation gegen die militärischen Normen verstoßen hätte, sondern sie hatten auch noch Gesichtsbehaarung. Wie ich schon sagte, sahen sie eher wie Terroristen aus dem Mittleren Osten aus. Keiner dieser Männer trug eine Erkennungsmarke um den Hals.

Eine andere Sache, die ich seltsam fand, war, dass sie behaupteten, nach Unterwasserminen zu suchen, aber sie hatten nicht die Ausrüstung für solche Übungen. Ihre Ausrüstung bestand aus den neuesten Unterwasser-Tauchgeräten der Marine und einigen kleinen Hartschalenkoffern, die wir Pelikane nennen.

Ihre Aufgabe bestand darin, mit einem Schlauchboot zu einem bestimmten Ort zu fahren, dort nach Antischiffsminen zu suchen und mit ihren Ergebnissen zurückzukehren. Normalerweise haben sie bei solchen Unternehmungen eine lange Metalldetektionsausrüstung dabei, aber die fehlte in ihrer Ausrüstung.

Ein Detail, das mir hier sehr seltsam vorkam, war, dass andere Minensuchteams herkömmliche SCUBA-Ausrüstung mit Tanks und dergleichen trugen, während diese Gruppe hochmoderne Helium-Atemschutzhelme und Tauchanzüge trug. Obwohl ich noch nie einen aus der Nähe gesehen habe, bin ich mir ziemlich sicher, dass es sich um die MK29-Systeme handelte, die für Tieftauchgänge entwickelt wurden und bis heute geheim sind. Das Militär meines Landes wäre nicht einmal in der Lage, sich das Helium dafür zu leisten, geschweige denn die Anzüge selbst. Für die Ortung von Minen, die nur wenige Meter unter der Oberfläche liegen, wären diese Anzüge sicher nicht erforderlich.

Sie fuhren mit ihrem Boot aufs Meer hinaus. Nicht in das Gebiet, in dem die simulierten Minen platziert waren, sondern an einen ganz anderen Ort. Mein Kollege, der die verschiedenen Standorte der Teams überwachte, machte einen beiläufigen Witz darüber, dass sich die US-Marine verirrt habe und zweitausend Meter von ihrem Zielort entfernt sei.

Sie verließen ihr Boot, trugen ihre Atemgeräte und verschwanden für über sechs Stunden unter Wasser. Soweit ich weiß, gibt es keine eigenständige Unterwasserausrüstung, die einen Taucher sechs Stunden lang unter Wasser halten kann. Mit den neuesten militärischen Systemen sind höchstens drei oder vier Stunden möglich, wenn der Taucher sich nicht überanstrengt. Nach einigen Stunden begannen wir uns Sorgen zu machen und setzten uns mit dem Koordinator der 6. US-Flotte in Verbindung, der uns versicherte, dass alles in Ordnung sei, dass sie in Kontakt stünden, dass wir die Sache ignorieren und keine Berichte darüber machen sollten.

Nachdem die Übung beendet war und sie zurückkehrten, fehlten fast alle Pelikane. Sie blieben nicht für irgendwelche Höflichkeiten. Sie unterhielten sich kurz mit den Zivilisten aus den USA, stiegen in einen wartenden Hubschrauber und flogen ab. Die Zivilisten, mit denen sie gesprochen hatten, flogen ebenfalls ab, allerdings mit einem anderen Hubschrauber. Ihre Mission wurde später als „erfolgreich abgeschlossen“ bezeichnet, obwohl sie sich nicht in der Nähe des Ziels gewesen sind.

Im Nachhinein habe ich folgenden Verdacht. Die Taucher trafen sich mit einem kleinen, wartenden Tauchboot, das sie in den Bereich der Pipeline brachte. Der für eine solche Aktion erforderliche Sprengstoff hätte nicht in ihre Ausrüstung gepasst, daher vermute ich, dass sie Vermessungs- und Ortungsgeräte mit sich führten, mit denen sie markieren konnten, wo der Sprengstoff platziert werden musste. Nachdem sie die Pipeline untersucht und die richtigen Koordinaten markiert hatten, hatten sie Zeit, diese Daten mit Sprengstofftechnikern zu prüfen, zu einem späteren Zeitpunkt an den Ort zurückzukehren und die erforderlichen Sprengladungen zu platzieren, die dann mit einem Zeitzünder oder aus der Ferne gezündet wurden.

Ende der Übersetzung

Bleibt anzumerken, dass sich der Whistleblower wohl in einem Punkt seiner Schlussfolgerung geirrt hat, denn die Taucher dürften den Sprengstoff laut dem Hersh-Bericht sofort angebracht haben. Vielleicht hat das von dem Whistleblower vermuteten Tauchboot ihn mitgeführt, was durchaus möglich ist.

Die USA haben dafür nötige, sogenannte „unbemannte maritime Systeme“ und sie werden regelmäßig bei Manövern erprobt, wie zum Beispiel dieses Manöver vom September 2022 vor der Küste Portugals zeigt.

Quelle: https://www.anti-spiegel.ru/2023/was-ein-whistleblower-mir-schon-im-2022-ueber-die-nord-stream-sprengung-mitgeteilt-hat/

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