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Uran-Waffen  – Sorgfaltspflicht gegenüber Parlament und Volk missachtet

11. April 2013

Uran-Waffen   – Sorgfaltspflicht gegenüber Parlament und Volk missachtet

Offener Brief vom 19. Mai 2008 an Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland

von Frieder Wagner, Journalist und Filmemacher, Köln

Betrifft: Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke Bundestagsdrucksache 16/8735 vom 7. April 2008

zf. Am 23. April hat der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, dem Präsidenten des Deutschen Bundestages die Antwort der deutschen Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke zur Lagerung und zum Einsatz von Uranmunition und zur Auswirkung dieser Waffen auf die Bevölkerung (Bundestagsdrucksache 16/8735 vom 7. April 2008) zukommen lassen. Die Antwort der Bundesregierung tut alle kritischen Untersuchungen und Stellungnahmen zu Uranwaffen als «Medienberichte» ab und nimmt keine dieser Untersuchungen und Stellungnahmen wirklich zur Kenntnis. Im Ergebnis spricht die Antwort der Bundesregierung eine völlige Entwarnung gegenüber den Gefahren von Uranwaffen aus. Damit fällt die Bundesregierung selbst hinter den Diskussionsstand des Europäischen Parlaments zurück, das sich mit überwältigender Mehrheit (491 von 512 abgegebenen Stimmen) in einer Resolution vom 22. Mai für ein sofortiges Moratorium und für ein weltweites Verbot des Einsatzes von DU-Munition ausgesprochen hat. [DU = Depleted Uranium, abgereichertes Uran]

Der Kölner Journalist und  Filmemacher Frieder Wagner («Der Arzt und die Kinder von Basra», «Deadly Dust») hat eine Erwiderung zur Stellungnahme der Bundesregierung verfasst, die wir an dieser Stelle dokumentieren.

Sehr geehrter Herr Staatsminister Gernot Erler

Ich schreibe Ihnen in tiefer Sorge, denn Ihre Antworten auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke sind so haarsträubend und falsch, dass Sie entweder unwissende wissenschaftliche Berater haben, oder Sie haben sich auf überholte Gutachten und Studien gestützt. Sollte das nicht der Fall sein, muss ich befürchten, dass Sie wissentlich oder unwissentlich dem Parlament und den Parlamentspräsidenten wissenschaftlich unrichtige bzw. längst überholte Kenntnisse weitergegeben haben. Eine andere Erklärung wäre, dass Sie Studien und Ergebnisse von Kommissionen, wie mir scheint aus den Jahren 1999 und 2001, nie durch andere neutrale Wissenschaftler haben überprüfen lassen. Damit hätten Sie zumindest Ihre Sorgfaltspflicht gegenüber dem Parlament und dem Volk miss­achtet.

Fangen wir mit Ihrer «Vorbemerkung der Bundesregierung» an. Dort schreiben Sie als Kernaussage:

«Bis heute hat keine Untersuchung einen wissenschaftlich nachweisbaren ursächlichen Zusammenhang zwischen der Verwendung abgereicherten Urans in Munition und den von Medienberichten damit in Verbindung gebrachten Krankheiten ergeben.»

Wer hat Sie da falsch informiert?

Wenn Sie in der beiliegenden Faktensammlung* das Kapitel 4 aufmerksam lesen, werden Sie feststellen, dass das nicht stimmt und dass viele renommierte Wissenschaftler, auch amerikanische Militärwissenschaftler, diesen Zusammenhang wiederholt festgestellt haben. Hier nur ein paar Beispiele:

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Peter Nowell aus dem Jahr 1976 besagen:

«Es gibt keinen Zweifel an der Fähigkeit der Radioaktivität, Krebs zu erzeugen und auch denjenigen Krebs zu fördern, der durch andere Karzinogene erzeugt worden ist.» ­

(Nowell, P., «The clonal evolution of tumor cell populations», Science, Oktober 1976)

Viele Wissenschaftler, die der militärischen Forschung skeptisch gegenüberstehen, erinnern in Sachen Radioaktivität immer wieder an die wissenschaftliche Arbeit von Hermann Joseph Muller, die ihm 1946 den Nobelpreis für Medizin eingebracht hatte. Muller hatte die furchtbare zellverändernde Wirkung von Ionenstrahlung auf den menschlichen Körper entdeckt. Auch Dr. John W. Gofman, vormals Leiter der Plutoniumforschungsgruppe, dem es 1942 in Berkeley erstmals gelungen war, ein Milligramm Plutonium zu erzeugen, warnte seitdem unermüdlich:

«Nach allen vernünftigen Masstäben, die wir aus den Ergebnissen der Wissenschaft gewinnen, gibt es keine unbedenkliche Dosis, es gibt keine ungefährliche in den Körper aufgenommene Alpha-Strahlung. Wenn dies also eine Tatsache ist, dann ist jede geduldete Verstrahlung die Erlaubnis zu einem Mord.»

(Gofman J., «Radiation Induced Cancer from Low-Dose Exposures», 1990, und Gofman in einem offenen Brief vom 11. Mai 1999 an die Presseagenturen)

Die Arbeit des obenerwähnten Peter Nowell ist später durch andere Forschungen erweitert worden, die einwandfrei eine durch Radioaktivität erzeugte genetische Instabilität aufzeigen. Gemäss W. F. Morgan und amerikanischer Kollegen wird«der Verlust der Stabilität des Genoms als einer der wichtigsten Aspekte der Karzinogenese angesehen». Selbst das radiobiologische Forschungsinstitut der amerikanischen Armee hat inzwischen zugegeben, dass DU Krebs verursachen kann.

(Miller, A. C. et al., «Observation of radiation-specific damage in human cells exposed to depleted uranium: Dicentric frequency and neoplastic transformation as endpoints», Radiol. Protection Dosimetry 99 (1  –4): 275  –278, 2002)

Miller und Kollegen haben auch herausgefunden, dass kleinste Mengen von DU, die zu klein sind, um giftig zu sein, und nur schwach radioaktiv sind, mehr zytogenetische Schäden in den Zellen verursachen, als durch deren Giftigkeit oder Radioaktivität allein erklärt werden könnte.

(Miller, A. C. et al., «Potential late health effects of depleted uranium and tungsten used in armor-piercing munitions: Comparison of neoplastic transformation and genotoxicity with the known carcinogen nickel.» In: Proceedings of the International Conference on Low-Level Radiation Injury and Medical Counter-measures, ed. T. M. Blakely et al. Bethesda, MD, ­November 8  –10, 1999)

Ihre neuesten Resultate bestätigten einen vorläufigen Bericht der Royal Society, der nahelegt, dass die Giftigkeit und die Radioaktivität von DU sich in einer unbekannten Art gegenseitig verstärken, und zwar in einem solchen Ausmass, dass 8mal so viele Zellen als vorausgesagt einen zytogenetischen Schaden erleiden. Daher können in den heute gängigen Regierungsstudien die krebserzeugenden und genotoxischen Gesundheitsrisiken von DU massiv unterschätzt worden sein.

(Royal Society [U.K.], «The Health Effects of Depleted Uranium Munitions: Parts I and II», London, May 2001)

Und so weiter und so weiter.

Ihre Berater hätten, wenn sie sich ein wenig Mühe gegeben hätten, für Sie auch ein Gerichtsurteil aus dem Jahre 1993 finden können:

Der Arzt und Wissenschaftler Prof. Dr. Siegwart-Horst Günther hat nämlich 1992 ein Urangeschoss aus dem Irak mitgebracht, um es in Berlin von Fachleuten untersuchen zu lassen. Zu einer Zeit, da die Alliierten im Irak behauptet haben, dass diese Geschosse kein Uran enthalten   – wohlgemerkt! Ein Berliner Gericht hat dieses Geschoss von Prof. Günther beschlagnahmt und durch einen eigenen Gutachter untersuchen lassen. Zitat:

«Wir haben als Gutachter festgestellt, es (das Geschoss) ist Uran, und zwar abgereichertes Uran. Uran ist ein Schwermetall und radioaktiv. Die Aufnahme in den Körper, die Wirkung im Körper ist in jedem Falle schädlich.»

(Amtsgericht Berlin-Tiergarten, Az.: 331 Cs 440/92 Umw. 1993)

Prof. Günther wurde deshalb zu einer Geldstrafe von 3000 DM verurteilt. Mir selbst ist das bis heute völlig unverständlich, denn Günther war als Arzt im Irak gewesen, und wenn er da für eine Recherche Material sammelt (und dabei sogar sein Leben riskiert), muss er, meiner Meinung nach, nicht davon ausgehen, dass er, wenn eine Kriegspartei so massiv gegen das Völkerrecht verstösst, dass das gesammelte Material, das nach dem Völkerrecht gar nicht radioaktiv sein durfte, gegen irgendwelche Vorschriften auch nur im geringsten verstösst.

Am Anfang der «Vorbemerkung der Bundesregierung» schreiben Sie:

«Die Bundesregierung widmet der Thematik der Munition mit abgereichertem Uran und hierdurch bedingter möglicher Gesundheitsgefährdungen seit dem Jahre 1999 erhöhte Aufmerksamkeit. Wissenschaftliche Studien hierzu wurden veranlasst beziehungsweise ausgewertet.»

Ich schätze, Sie meinen hier besonders die Studie im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung vom 3.1.2001, die sich wie folgt nennt: «Untersuchungen zur Uran­ausscheidung im Urin   – Überprüfung von Schutzmassnahmen beim Deutschen Heereskontingent Kfor» (Kosovo-Schutztruppe).

Ausgeführt wurde die Studie vom Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Institut für Strahlenschutz (GSF) in Neuherberg bei München. In der Zusammenfassung heisst es dort: «Die bisher erhobenen Werte der Uran-Ausscheidung im Urin zeigen, dass es bei keinem der bisher untersuchten Probanden einen Hinweis auf eine Inkorporation von DU gibt.»

In meinem Kinodokumentarfilm «Deadly Dust   – Todesstaub» sagt einer der verantwortlichen Wissenschaftler der Studie, der Medizinphysiker Dr. Paul Roth, erklärend:

«Wir haben insgesamt weit über 1000 solcher Untersuchungen inzwischen durchgeführt und konnten bei niemandem bisher DU im Urin nachweisen. Bisher gibt es nicht einen einzigen Beleg dafür, dass abgereichertes Uran im Urin nachweisbar gewesen wäre, weder bei ansässiger Bevölkerung noch bei den ausländischen Hilfskräften.»

Und in diesem Film antwortet darauf der Geologe und Wissenschaftler Dr. Axel Gerdes vom Geologischen Institut der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main:

«Man hat natürlich bei den Soldaten in Kosovo sozusagen nur registriert, ob sehr starke Konzentrationen, sehr stark erhöhte Konzentrationen nachzuweisen sind, und dann hat man gesagt, sind nicht. Da wurde nicht geprüft, ob einer ein bisschen kontaminiert ist oder ob er ein bisschen verarmtes Uran ausscheidet. Und dazu ist zu sagen, da ist nicht unbedingt die Herangehensweise zu klären, ob jemand überhaupt kontaminiert wurde, weil, wie gesagt, wenn Uranoxid als unlösliches winzigstes Partikel im Körper ist und nur kleinste Teile davon wieder ausgeschieden werden, dann finde ich natürlich auch nur allerkleinste Teile im Urin, und dann muss man natürlich mit verfeinerten Methoden, mit verfeinerten Techniken rangehen, auch das ‹ob› zu klären.»

(Film «Deadly Dust», 2006, und GSF-Studie vom 3. Januar 2001)

Interessant in diesem Zusammenhang, Herr Staatsminister, ist auch das Auftragsschreiben vom 30. Juli 1999, das vom Verteidigungsministerium an die GSF ging und das mir in Kopie zugegangen ist. Dort heisst es:

Herrn Dr. P.     30.7.1999
GSF   – Institut für Strahlenschutz
85758 Neuherberg
Betr.: Einsatz von Munition mit Bestandteilen an «Depleted Uranium» (DU)
hier: Mögliche Belastungen deutscher
Soldaten durch interne Exposition

[…]

Sehr geehrter Herr Dr. P.

Für Ihre Bereitschaft an der Durchführung einer Analyse und Abschätzung eines ­Potentials möglicher Belastungen deutscher Soldaten durch Bestandteile von DU-Munition im derzeitigen Einsatzgebiet in Kosovo danke ich Ihnen sehr.

Grundsätzlich bin ich mit Ihnen einer Meinung, dass man bei Berücksichtigung der Erfahrungen aus dem Golf-Krieg hypothetisch von keinem signifikanten gesundheitlichen Gefährdungspotential durch die Anwesenheit von Bestandteilen an DU-Munition und deren Reaktionsprodukten am/im Boden oder an getroffenen militärischen Fahrzeugen ausgehen muss …

Schon jetzt danke ich Ihnen sehr herzlich für Ihre Mühe.

Mit freundlichen Grüssen
Im Auftrag
Bundesministerium der Verteidigung
InSan I 4

In diesen Zeilen wird deutlich, dass der Auftraggeber, das Bundesministerium für Verteidigung, nicht daran interessiert war, dass die Studie positiv ausgeht bzw. dass man erwartete, dass in den Urinproben der Soldaten keine Uran-Rückstände gefunden wurden   – schon vor Beginn der Studie wohlgemerkt! Entsprechend war das Ergebnis der Studie.

(Film «Deadly Dust», 2006, und eigenes Archiv: Kopie Brief Verteidigungsministerium an GSF vom 30.7.1999)

Im Film «Deadly Dust» erfährt man wenig später, dass die GSF kurze Zeit danach eine Studie gefertigt hat, die klären sollte, wie sich eingeatmete Uran-Nanopartikelchen in der Lunge verhalten. Das Ergebnis war auch für die Forscher der GSF erstaunlich, bestätigt aber die Aussage und Kritik des Geologen Dr. Axel Gerdes von der Universität Frankfurt an der Durchführung der Urinstudie der GSF. Dr. Paul Roth zu dem Ergebnis der neuen Studie, Zitat:

«Auch für uns etwas überraschend waren die Ergebnisse, die wir bis jetzt erzielt haben. Ein gewisser Teil dieses DU-Materials, etwa ein Drittel, löst sich sehr rasch auf innerhalb von wenigen Tagen, wird also aus der Lunge entfernt. Der andere Teil, etwa die Hälfte bis zwei Drittel, löst sich entweder nur sehr langsam oder vielleicht auch gar nicht auf. Solange es in der Lunge ist, strahlt es natürlich weiter, und je länger es in der Lunge ist, generell gesprochen, umso höher ist die resultierende Strahlendosis» auf das umliegende Zellgewebe.»

(Film «Deadly Dust», 2006)

Dieses Ergebnis konnte man bisher in keiner Presseveröffentlichung des Verteidigungsministeriums oder auch nur im Internet lesen beziehungsweise finden. Es liegt darum der begründete Verdacht nahe, dass man ein solches Ergebnis bewusst gegenüber der Öffentlichkeit und dem Parlament unterdrückt hat. Auch der von DU-Verharmlosern so hochgepriesene «Bericht des Arbeitsstabes Dr. Theo Sommer: Die Bundeswehr und ihr Umgang mit Gefährdungen und Gefahrstoffen» vom 21. Juni 2001 zitiert gern im Kapitel «Abgereichertes Uran» aus allen möglichen, meist verharmlosenden und fehlerhaften Studien von Nato, EU und WHO, so auch das Ergebnis der obenerwähnten Urinuntersuchung der GSF, nennt aber nirgends die Studie mit dem «überraschenden Ergebnis» von «DU-Partikelchen in simulierter Lungenflüssigkeit», aus der Dr. Paul Roth oben gerade zitiert wurde. Nur auf Seite 25 des Berichts von Dr. Theo Sommer liest man den Satz: «Wird Alphastrahlung in den Körper aufgenommen, so kann sie schädigend wirken».

(Bericht des Arbeitsstabes Theo Sommer vom 21.6.2001)

Aber gerade die Inkorporation ist das Gefährliche und Furchtbare, wie Sie, Herr Staatsminister, weiter oben von neutralen Wissenschaftlern erfahren konnten und wie Sie es in der beigelegten Faktensammlung nachlesen können. Deshalb muss hier klar festgestellt werden:

Die Gefahren der Uran-Munition waren seit dem Golf-Krieg von 1991 und dem Kosovo-Krieg 1999 öffentlich und bekannt, auch den Verfassern der oben zitierten Studien. Wer 2003 für den dritten Golf-Krieg stimmte, stimmte nicht nur für einen völkerrechtswidrigen Krieg, er war damit auch wissentlich und willentlich für das mögliche Kriegsverbrechen der DU-Munition. Hochrangige Persönlichkeiten und Politiker, Journalisten und Kommentatoren haben sich in Deutschland 2003 für diesen Golf-Krieg ausgesprochen. Sie können sich nun nicht darauf zurückziehen, von der zwangsläufigen Verwendung von Uran-Munition und den Folgen in einer heutigen kriegerischen Auseinandersetzung nichts gewusst zu haben.

Und, Herr Staatsminister, ich möchte Sie als Politiker hier auf folgende Fragestellung aufmerksam machen: Warum wird das DU-Problem von Wissenschaftlern, besonders aber von Politikern oft nicht verstanden?

Dazu die Biologin Rosalie Bertell, die auch schon von der Bundesregierung als Beraterin herangezogen wurde, in einem Vortrag:

«Die grundlegenden Probleme, die ein öffentliches Verständnis dieser neuen Situation verhindern, schliessen unsere akademischen Spezialisierungen und die Neuartigkeit der Verseuchung ein. Die Toxikologie hat Schwermetalle seit über einem Jahrhundert studiert, aber nicht die keramischen Schwermetallpartikel in Nanometergrösse. Zudem schliessen Kurse in Toxikologie an den Universitäten nicht das Studium radioaktiver Metalle wie Uran mit ein, da diese Disziplin dem Kernphysiker überlassen wird. Die Berechnung der radioaktiven Dosis ist die Aufgabe von Physikern, die das Inhalationsmodell, das von der ICRP (International Commission on Radiological Protection) vorgeschlagen wird, benutzen. Die ICRP ist eine Nichtregierungsorganisation, die ihre Mitglieder selbst einsetzt und sich selbst aufrechterhält, in der alle Entscheidungen durch ihr 13köpfiges Hauptkomitee getroffen werden. Als die Vereinten Nationen die IAEA (International Atomic Energy Agency) ins Leben rief und sie damit betraute, Standards für den Schutz gegen Radioaktivität aufzustellen, wandte sich die IAEA an die ICRP statt an die WHO (Weltgesundheitsorganisation), um Empfehlungen zu formulieren. Die IAEA schloss rechtliche «Memos of Understanding» (MoU)   – Übereinkommen mit den anderen Unterorganisationen der Uno   – mit eingeschlossen die WHO   – ab, wodurch sie federführend bezüglich Standards für den Schutz gegen Radioaktivität und die Einschätzung des Schadens nach jedem Unfall geworden ist.

Die ICRP hat eine mathematische Methodologie vorgeschrieben, die bestimmt, wie man die Dosis sowie die Zahl der tödlichen Krebsarten, die für jede Dosis vorausgesagt werden, berechnet. Diese Methodologie nimmt ein normal funktionierendes Reparatursystem der Körperzellen an und benutzt die beobachteten Eigenschaften des Uranminenstaubs. Sie ist für die Berechnung der Dosis ins Körperinnere gelangender Strahlungsquellen vom ECRC (European Committee on Radiation Risk) und der offiziellen Radioaktivitätsschutz-Agentur in Frankreich öffentlich als unbrauchbar eingeschätzt worden. (siehe dazu: Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire. ­Response to ECCR: Health Consequences of Chronic Internal Contamination by Radionuclides. DRPH/2005-20. Paris 2005)

Dieses mathematische Modell für den Verseuchungsgrad der Bevölkerung berücksichtigt weder die Altersverteilung oder den Gesundheitsstatus der kontaminierten Personen noch die anderen giftigen Wirkungen, die zusätzlich zur Radioaktivität mit dem Uranstaub einhergehen. Es unterscheidet auch nicht zwischen einem Partikel von 2 Mikrogramm (µg) einerseits und 40 000 bis 60 000 Nanopartikeln mit einer Gesamtmasse von 2 µg andererseits. Wenn die zwei Mikrogramm DU zu 40 000 bis 60 000 Nanopartikeln aerosolisiert werden, geben sie eine ganz andere Dosis an die Person ab, die sie einatmet. Diese Dosis ist mindestens 36mal höher als die Dosis des intakten DU-Partikels von 2 µg. Die Zunahme wird durch die vergrösserte Oberfläche pro Volumen bei gleicher Masse verursacht. Die kleineren Partikel werden mit einer annähernd 3,6mal grösseren Oberfläche des Gewebes Kontakt haben, und die vom Uran emittierten Alpha-Partikel werden einen 10mal effektiveren Schaden am Gewebe verursachen als in dem Fall, wenn sie aus einem grösseren intakten Partikel stammen. Dies ist so, weil sie direkt von der Oberfläche emittiert und nicht durch den Partikel selbst abgebremst werden.

Die WHO, die UNSCEAR (United ­Nations Scientific Committee on Atomic Radiation) und die UNEP (United Nations Environmental Program) sind von den obenerwähnten MoUs gezwungen worden, die Methodologie und Empfehlungen der IAEA (im Grunde ICRP) zu benutzen. Es gibt keine Unabhängigkeit bei diesen Organisationen. Da alle die ICRP-Methodologie und -Risikofaktoren benutzen, kommen alle zu denselben (falschen) Schlüssen.

In der Hierarchie der Organisationen innerhalb der Vereinten Nationen berichtet die IAEA direkt an den UN-Sicherheitsrat, während die WHO an die Ecosoc berichtet, welche wiederum an die UN-Generalversammlung rapportiert. Dies gibt der IAEA effektiv den Vorrang, speziell in Angelegenheiten, die mit dem Militär verbunden sind.»

(Rosalie Bertell, Vortrag, gehalten am XV. Kongress «Mut zur Ethik» zum Thema «Völker und Kulturen: Einander achten, einander beistehen, voneinander lernen» vom 31. August bis 2. September 2007 in Feldkirch/Vorarlberg.)

So liegt der Verdacht nahe, dass wirklich neue wissenschaftliche Untersuchungsmethoden in regierungsamtlichen oder den Regierungen nahestehenden Instituten gar nicht angewendet werden.

Nun noch einiges zu Ihren Antworten, der an die Bundesregierung gestellten Fragen, auf die Sie meines Wissens falsch und nicht der Wahrheit entsprechend geantwortet haben.

So sagen Sie auf die Fragen 3 und 4 folgendes:

«Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse zu möglichen Einsatzorten bzw. -zeiten von Munition mit abgereichertem Uran in Afghanistan seit 2001 vor.»

und:

«Der Bundesregierung wird ein Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran nicht angezeigt. Eine Informationspflicht hierzu besteht nicht.»

Wie muss ich dann eine Anweisung verstehen, die mir in Kopie zugegangen ist und die als «VS   – nur für den Dienstgebrauch» deklariert ist und wohl nur aus dem Verteidigungsministerium stammen kann. Dort heisst es:

1.3.3 Gefährdung durch DU-Munition

Bei der Operation «Enduring Freedom» zur Unterstützung der Nordallianz gegen das Taliban-Regime wurde durch US-Kampfflugzeuge unter anderem auch panzerbrechende Brandmunition mit DU-Kern eingesetzt.

Beim Einsatz dieser Munition gegen Hartziele (z. B. Pz, Kfz) entzündet sich das Uran auf Grund seiner pyrophoren Wirkung. Bei der Verbrennung entstehen besonders an und in den Zielen sesshafte toxische Stäube, die jederzeit aufgewirbelt werden können.

DU-Munition kann deshalb bei ungeschütztem Personal toxische und radiologische Schädigungen hervorrufen:

  • Gefahr einer Schwermetallvergiftung
  • Gefahr durch sehr schwachen radioaktiven Strahler

Bei Verdacht des Einsatzes dieser Munition (ausgebrannte Kfz, Pz, abgebrannte Kolonnen, typische Einschüsse von 30-mm-Munition) ist im Umfeld der Munitionswirkung ABC-Schutzkleidung (Overgarment) und ABC-Maske zu tragen, bis durch die ABC/Se-Truppe eine Gefährdung ausgeschlossen werden kann […] usw.

Daraus muss ich doch eindeutig schliessen, Herr Staatsminister, dass zumindest bestimmten Personen der Bundesregierung bekannt ist, wenn schon nicht unseren dort stationierten Soldaten, dass in Afghanistan wohl tonnenweise Uranmunition eingesetzt worden ist. Sie, Herr Staatsminister, wussten es scheinbar nicht, oder wollten Sie das etwa bewusst in Ihrer Antwort dem Parlament und dem Parlamentspräsidenten verschweigen? Doch sicher nicht!

Zur Antwort zu 14 («Welche Studien und Untersuchungen zu den Folgen von Uranmunition hat die Bundesregierung seit den Golf-Kriegen 1991 und 2003 und bis zu den Jugoslawien-Kriegen 1995 und 1999 durchgeführt und finanziert?»):

Wie fragwürdig die Studien der GSF und andere letztlich sind, ist Ihnen vielleicht inzwischen klar geworden. Das Problem ist aber auch nicht in erster Linie kontaminiertes Trinkwasser, das Problem ist die Inhalation von Uranoxidpartikelchen und dass diese mit dem Blut überall hinwandern können, auch in den männlichen Samen, in die weiblichen Eizellen, und dass es so dann zu Chromosomenbrüchen bei den Kontaminierten kommt. Solche genetische Veränderungen werden dann an die Kinder und Kindeskinder weitergegeben, und das über viele Generationen   – das ist das Entsetzliche. Schon 1997 wurde bei 5 von 25 amerikanischen Veteranen, die seit 1991 Uranfragmente im Körper haben, Uran 238 im Sperma festgestellt! (Melissa ­McDiarmid, Niederschrift der Telekonferenz, Veterans Administration/Departement of ­Defense, vom 25. März 1998 zum Programm für abgereichertes Uran)

In diesem Zusammenhang muss ich Ihnen sagen: Es gibt berechtigte Befürchtungen, dass von unseren sogenannten Friedenstruppen in Kosovo und in Afghanistan etwa 30% mehr oder weniger stark kontaminiert nach Hause zurückkommen werden. Bei manchen Soldaten wird ein Krebs oder eine Leukämie womöglich erst nach 20 Jahren ausbrechen. Aber denken Sie daran: Mittels einer massenspektroskopischen Analyse einer Knochenstanze eines solch kontaminierten Menschen lässt sich anhand des Isotopenfingerprints feststellen   – gerade nach so einer langen Zeit   –, ob dieser Mensch abgereichertes Uran aufgenommen hat und ob das der Auslöser seiner Erkrankung war. Finanzielle Entschädigung ist das wenigste, was der Bundesregierung dann droht   – womöglich in Milliardenhöhe. Dazu noch einmal Rosalie Bertell:

«Depleted Uranium ist eine Waffe, die das eigene Militär zerstört wie auch die ihr hauptsächlich ausgesetzte Zivilbevölkerung ebenso wie die gegnerischen Soldaten. DU zerstört die zivile Umwelt nach dem Krieg und macht sie für viele Jahrzehnte gefährlich   – ähnlich wie Landminen, die heute geächtet und verboten sind.»

(Rosalie Bertell: International Journal of Health Services, Volume 36, Number 3, Pages 503  –520, 2006)

Zur Antwort 16 («Welche Studien zu den Folgen von Uranmunition sind bekannt?»):

Wenn das Kompetenzzentrum der Bundeswehr 300 Studien zu DU ausgewertet hat, so müssen Ihnen ja zahllose Hinweise über die möglichen Konsequenzen zugegangen sein   – oder die Verantwortlichen dort machen ihre Arbeit nicht gut, mit allen furchtbaren Folgen.

Zur Antwort zu 17 und 18 («Neue Studien zu DU und Folgen notwendig?»):

Ich kann Ihnen nur dringend raten, sofort neue Untersuchungen und Forschungen zu finanzieren, vor allem mit neutralen und regierungsunabhängigen Instituten, um dann konsequent zu handeln und um so eine Katastrophe zu vermeiden.

In Berlin schloss am 19.6.2004 eine Sachverständigenstellungnahme von Ärzten und Wissenschaftlern über «die Folgen des Einsatzes von Uranmunition» mit folgender Zusammenfassung:

«Es ist aus ärztlicher Sicht zu kritisieren, dass neue wissenschaftliche Untersuchungsmethoden zu Uranmunition nicht in den regierungsamtlichen Forschungen angewandt werden. So entsteht der Eindruck, dass die von der US-amerikanischen und der britischen Regierung (und den ihnen nahestehenden Ländern) durchgeführten Studien nicht der Aufklärung, sondern der Verschleierung der Ursachen dienen. Auch die Verweigerung des Sicherheitsrates auf Druck der US-Regierung, im Jahre 2001 systematische und breitangelegte Studien der WHO zur Ursachenaufklärung der Kinderkrebserkrankungen, insbesondere Leukämien im Irak, durchführen zu lassen, erhärtet den schweren und nicht von der Hand zu weisenden Verdacht, dass hier Ursachenverschleierung statt Ursachenaufklärung betrieben wird.»

Und nun erfährt die Öffentlichkeit sogar von der USA-freundlichen Regierung des Irak, dass man dort wissenschaftlich festgestellt hat, dass im Irak durch die Kriege 1991 und 2003 mindestens 18 Regionen durch DU-Staub quasi unbewohnbar sind und dass man deshalb die Bevölkerung evakuieren muss.

(Quelle: www.schweizmagazin.ch/news/336/ARTICLE/1911/2008-01-03.html)

In der Berliner Stellungnahme heisst es weiter:

«Trotz aller noch existierenden offenen Fragen hat die neuere und insbesondere die unabhängige Forschung hinreichend Beweise erbracht, dass Menschen, die Uran-partikelchen in ihren Körper aufgenommen haben, seien es Soldaten oder Zivilbevölkerung, aber vor allem Kinder und Jugendliche, einer schweren Gefährdung ihrer Gesundheit und ihres Lebens ausgesetzt sind.

[Siehe meine Faktensammlung.]

Das alleine reicht aus, um von den Regierungen der Welt, also in der UN und im UN-Sicherheitsrat, ein striktes Verbot des Einsatzes von DU-Waffen zu fordern. Keine Macht dieser Welt hat das Recht, auf ihren selbstgewählten Kriegsschauplätzen die Menschen noch lange nach Beendigung der Kriegshandlungen zu vergiften und zu töten.»

(Sachverständigenstellungnahme und Fazit von Ärzten und Wissenschaftlern über «Die Folgen des Einsatzes von Uranmunition» in Berlin am 19.6.2004)

Gerade das ist aber nach allen Menschenrechtsgesetzen, nach der Haager und der Genfer Konvention und den Nürnberger Dekreten seit langem verboten und ein Kriegsverbrechen an den betroffenen Menschen und unserer gesamten Erde. Es ist wohl die unbequemste Wahrheit überhaupt, und deshalb wird sie von unseren Regierungen systematisch unterdrückt. Auch dazu nochmals Rosalie Bertell:

«Es ist eindeutig, dass abgereichertes Uran verantwortlich ist für eine ganze Anzahl von biochemischen Ereignissen, die Menschen erheblich schädigen. Diese Schädigung trifft alle, unterschiedslos und unabhängig von ihrer nationalen Zugehörigkeit, ihrem Alter, ihrem Geschlecht oder ihrem Status als Kriegsteilnehmer oder Zivilist. Es ist unbestreitbar, dass das abgereicherte Uran beim Verbrennen bei Temperaturen von bis zu 5000 Grad Celsius einen unsichtbaren gefährlichen Metallrauch erzeugt. Dies allein stellt eine Verletzung des Genfer Protokolls für das Verbot des Gebrauchs von Gas im Krieg dar, denn Metallrauch entspricht einem Gas.»

(Rosalie Bertell, International Journal of Health Services, Volume 36, Number 3, Pages 503-520, 2006)

Das Genfer Protokoll, das Gas als Waffe verbietet, wurde von Präsident Gerald Ford für die USA am 22. Januar 1975 unterzeichnet und trat am 29. April 1975 in Kraft. Grossbritannien unterzeichnete dieses Protokoll schon am 9. April 1930. Die Verpflichtung gegenüber diesem Genfer Protokoll war den USA und Grossbritannien vor dem Irak-Krieg 1991 also sehr wohl bekannt. Sie setzten sich aber in diesem Krieg und allen nachfolgenden (Bosnien 1995, Kosovo 1999, Afghanistan 2001 und Irak 2003) darüber hinweg.

(«Prohibition of the Use of Asphyxiating, Poisonous of other Gases and Bacteriological Methods of Warfare.» Geneva Protocol. Geneva, June 17, 1925)

Zur Antwort 19 («Wie viele Bundeswehrsoldaten/-innen haben eine Dienstbeschädigung auf Grund radioaktiver Kontamination geltend gemacht?»):

Wenn niemandem aus der Bundeswehr, dann muss Ihnen aber bekannt sein, dass in Italien mindestens 109 Soldaten, die in Kosovo stationiert waren, an aggressiven Krebserkrankungen gestorben sind. Mindestens die Familie eines Offiziers wurde mit 500 000 Euro entschädigt. Und auch die Erkrankung des britischen Golf-Kriegsveterans von 1991, Kenny Duncan, wurde als Folge seiner Uranmunition-Kontaminierung von einem britischen Gericht anerkannt, und er bekommt jetzt eine höhere Rente.

Ich selbst kenne mindestens drei Bundeswehrangehörige, die in Kosovo waren und dann an merkwürdigen und aggressiven Erkrankungen gestorben sind. Zwei davon an einem Krebs, dessen schnelle Entwicklung selbst Fachleute irritiert hat. Sie sind alle drei tot und waren in Prizren und Umgebung stationiert. Die Bundeswehr will das aber nicht sehen. Die Verantwortung wird sie aber eines Tages übernehmen müssen   – wir haben die Exhumierung eines so verstorbenen Soldaten beantragt. Das Ergebnis steht für mich schon heute fest: Wir werden abgereichertes Uran in den Knochenproben finden.

Zur Antwort 21 («Gibt es Langzeituntersuchungen bei Bundeswehrangehörigen zu DU und Folgen?»): Da weise ich dringend auf den letzten Absatz meiner Ausführung zur Antwort 14 hin.

Zur Antwort 23 (Über Studien von Nato, UNEP und WHO): Die Studien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der anderen sind mit Vorsicht zu geniessen, weil die WHO schon 1959 mit der IAEA ein Abkommen geschlossen hat, in dem der Satz steht:

«Wenn eine der beiden Parteien eine Aktivität oder ein Programm in einem Bereich beginnen will, der für die andere Partei von Interesse ist oder es sein könnte, wird sie die andere Partei konsultieren, um die betreffende Frage einvernehmlich zu regeln.»

(Vertrag zwischen der Internationalen Atomenergiekommission und der WHO, angenommen von der 12. WHO-Generalversammlung am 28. Mai 1959 in der Resolution WHA 1240. Siehe Organisation mondiale de la santé, «Documents fondamentaux», 42. Aufl., Genf WHO 1999.)

Genau diese Verpflichtung auf eine «einvernehmliche Regelung» erlaubt es der IAEA seither, alle Bemühungen der WHO zu unterbinden, Zusammenhänge von radioaktiver Strahlung und Erkrankungen in der Bevölkerung zu untersuchen beziehungsweise zu veröffentlichen.

Dies wurde auch durch eine Veröffentlichung und Pressekonferenz des 2004 pensionierten Strahlenexperten der WHO, Dr. Keith Baverstock, vom Februar 2004 deutlich. In einer Studie der WHO machten Baverstock und seine Co-Autoren darauf aufmerksam, dass Luftstäube, die Uran-Aerosole enthalten, wie sie im Südirak (und auch in Afghanistan) an bestimmten Stellen zu finden sind, sowohl radioaktiv schädlich als auch chemisch hoch toxisch wirken. Die damals unterdrückte WHO-Studie, die 2001 beendet wurde, hätte laut Baverstock «Druck auf die USA und Grossbritannien ausüben und den Einsatz von Uran-Waffen sicher eindämmen können».

Baverstock wörtlich:

«Das Ergebnis unserer Studie ist, dass der ausgedehnte Einsatz von Uranwaffen im Irak eine einzigartige Bedrohung der Gesundheit für die Zivilbevölkerung darstellt. Wir haben zunehmende wissenschaftliche Beweise dafür, dass die radiologische Aktivität und die chemische Toxizität mehr Schäden an menschlichen Zellen hervorruft, als wir bisher angenommen haben. DU ist ein Alpha-Strahler und verfügt gleichzeitig über eine chemische Toxizität. Beide Effekte in ihrer Wechselwirkung können einen «Cocktail-Effekt» erzeugen, der für die Erhöhung des Krebs-Risikos verantwortlich ist.»

(Sachverständigenstellungnahme, Irak-Tribunal, Berlin, 19.6.2004)

Aus diesem Grund hat   – wie Sie weiter oben schon erfahren haben   – die irakische Regierung 18 Regionen ihres Landes wegen der Kontamination für nicht bewohnbar erklärt und die Bevölkerung umgesiedelt.

Meldung der WHO und IAEA in einer gemeinsamen Pressekonferenz

In einer gemeinsamen Pressekonferenz teilten die WHO und die IAEA mit, dass im Jahre 2005 weltweit 7,6 Millionen Menschen an Krebs gestorben sind. Im Jahre 2020 werden sich die tödlichen Krebserkrankungen allerdings pro Jahr auf weltweit 15 Millionen verdoppeln, so WHO und IAEA. In den Jahren danach könnte diese Zahl dann sogar auf 84 Millionen Krebstote pro Jahr anwachsen.

In der Erklärung wurde nicht klar, ob die Ursache des Anwachsens dieser Zahlen auf eine radioaktive Verseuchung der Atmosphäre zurückzuführen sei. Journalisten befürchten das allerdings, weil WHO und IAEA eigentlich nur bei Meldungen im Zusammenhang mit Radioaktivität gemeinsame Erklärungen abgeben.

Ich möchte Ihnen versichern, Herr Staatsminister, dass ich dies geschrieben habe aus Sorge um uns alle. Wenn man wie ich 35 Jahre als freier Journalist und Filmemacher Programm für ARD und ZDF gemacht und dafür verschiedene nationale und internationale Preise erhalten hat, dann merkt man auch, wenn man auf ein Thema gestossen ist, das uns auf den Nägeln brennen sollte. «Uranmunition und die Folgen» ist ein solches Thema   – auch weil sich immer mehr herausstellt, dass die Anwendung dieser Waffe ein Kriegsverbrechen ist.

Ausserdem sollen meine Kinder nicht von mir sagen können, ich hätte es gewusst, aber nichts getan. Als verantwortlicher Politiker müssen Sie sich jetzt entscheiden   – entscheiden Sie richtig.

Mit freundlichen Grüssen
Frieder Wagner,
Journalist und Filmemacher

PS: Sie erlauben, dass ich diesen offenen Brief an verschiedene Abgeordnete und Zeitungen weitergebe.

Die Faktensammlung kann beim Verfasser unter der E-Mail-Adresse  ochowa-film@t-online.de bestellt werden.Sie finden sie ebenfalls hier:
www.seniora.org/index.php?option=com_content&task=view&id=227&Itemid=72

Quelle: Nr.22 vom 26.5.2008
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