Nato-Aufmarsch gegen Russland?
Bei Grossbritannien ist das allerdings kein Wunder. Deutschen Diplomaten ist schon seit Jahrzehnten und bei jedem Konflikt nach Ende des Kalten Krieges schmerzlich bewusst geworden, wie sehr London jede Verhandlung über Krisen und Kriege davon abhängig gemacht hat, welche Auswirkungen die jeweilige Position auf den Zusammenhalt des Inselreiches haben werde.
Wir dürfen schon aufhorchen, wenn es um die Zahl der staatlichen Repräsentanten geht, die sich in Wales einfinden werden. Es sind nicht nur die Vertreter der Mitgliedsstaaten der Nato. Nein, es sind 60 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, die sich die Einladung nach Wales etwas kosten lassen.
Damit wird eine Perspektive für die Nato sichtbar, die an prominentester Stelle einst der berüchtigte Vizepräsident der USA, Dick Cheney, ausgegeben hatte. Zunächst haben die USA die Vereinten Nationen genötigt, gleichsam die Nato als militärischen Dienstleister für ihre sicherheitspolitischen Massnahmen zu akzeptieren. Das darüber verfolgte amerikanische Ziel ging und geht in eine völlig andere Richtung. Die Vereinten Nationen sollen soweit marginalisiert werden, dass sich baldmöglichst die von den USA dominierte Nato an die globale Stelle der Vereinten Nationen setzen kann.
Auf einen Gast wird der erstaunte Kontinent besonders achten. Es handelt sich um den ukrainischen Präsidenten Poroschenko, der zumindest in einem grossen Teil seines Landes mit einer Mehrheit von über 50 Prozent derjenigen gewählt worden ist, die zur Wahl unter den obwaltenden Umständen gegangen sind. Das bedeutet in der Ukraine nicht viel, weil auch der gestürzte Präsident Janukowitsch bei freien Wahlen nach internationalen Standards gewählt worden ist. Fraglich ist allerdings, was die von der deutschen Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel, gebetsmühlenartig an die Adresse des russischen Präsidenten Putin gerichtete Mahnung, sich nicht in der Ostukraine einzumischen, eigentlich soll.
Die Nato macht durch die Einladung ihres Kumpels aus Kiew doch mehr als deutlich, wie sehr sie die inneren Verhältnisse in der Ukraine bestimmt. Sie ist mehr als jeder andere Partei in dem Bürgerkrieg, nicht zuletzt über amerikanische Privatarmeen, die im amerikanischen Staatsauftrag die Ostukraine von russischsprechenden Menschen «säubern» sollen. Zu diesem komplizenhaften Verhalten zählt aber zunächst das beharrliche Unterdrücken jeder Aufklärung der schrecklichen Tragödie von Flug MH17 mit den fast 300 toten Fluggästen und Mannschaftsmitgliedern, dem Massaker auf dem Maidan-Platz in Kiew und den Brandopfern im Gewerkschaftshaus von Odessa. Von der einstmals vielgerühmten «westlichen Wertegemeinschaft» ist nichts mehr übriggeblieben.
Natürlich ist die Anwesenheit von Präsident Poroschenko in Wales ein Signal. Dazu dürfte auch der Blick auf seine Entourage zählen. Werden wir zum ersten Male bei einem Nato-Gipfel Nazi-Militärs als Vertreter der ukrainischen Nationalgarde-Einheit «Asow» begrüssen dürfen? Hat auch das Signalcharakter für Europa? Will man mit diesen Leuten in Wales daran erinnern, warum vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg ausgebrochen war? Es fällt ja schon auf, wer in Kiew so alles zu den Faschisten schweigt, obwohl man einen Aufschrei erwarten müsste. Bereitet man sich schon auf Marine Le Pen vor, indem man diese Bagage hoffähig macht? Oder will die amerikanische Nato-Führungsmacht nur klarstellen, dass sie es auch in Europa mit jedem macht, den sie gegen Russland in Stellung bringen kann?
Jetzt müsste jeder Deutsche erwarten können, dass die deutsche Bundeskanzlerin vor einem derartig gewichtigen Nato-Gipfel die deutsche Öffentlichkeit über eine Regierungserklärung im Deutschen Bundestag wissen lässt, wie nicht sie persönlich, sondern Deutschland die Zukunft der Nato sieht? Oder will sie den Umstand, wie konturenlos die deutsche Aussenpolitik in diesem Kontext ist, dadurch übertünchen, dass sie lieber gar nichts sagt? Dann kann man später natürlich darauf verweisen, welchen Einfluss man als angeblich «mächtigste Frau der Welt» auf amerikanische Zielvorgaben gehabt haben könnte. Dafür steht für Deutschland bei diesem Nato-Gipfel alles auf dem Spiel. Das in Aussicht genommene transatlantische Freihandelsabkommen bedarf nur der Übernahme der Ukraine durch die USA, um aus Ländern wie Frankreich, Benelux, Österreich, Italien und Deutschland Kolonialgebiete unter extensiver US-Kontrolle zu machen.
Das sieht man nicht nur im Grossen, sondern auch in der von den USA auf deutschem Territorium beabsichtigten Fluggastkontrolle durch amerikanisches Staatspersonal. Wir sollen von unseren natürlichen Partnern, weil Nachbarn im gemeinsamen Haus Europa, auf Dauer getrennt werden. Natürlich mit Hilfe der baltischen Staaten, Polens und der Ukraine. Von Bulgarien und Rumänien sollte man alleine schon deshalb schweigen, weil schon der Besuch von US-Senatoren in diesen Ländern die dortigen Regierungen veranlasst, ihre Politik – siehe «south stream» – zu ändern.
Für Deutschland war seit dem «goldenen Zeitalter Deutschlands» unter Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Russland der Nachbar und der Partner. Für die USA ist Russland erkennbar der Rivale, der Feind, die Beute. Das soll in Wales zementiert werden.
Willy Wimmer
Seit 1959 Mitglied der CDU, Landesvorstand der Jungen Union Rheinland und Bezirkvorsitzender der Jungen Union Niederrhein. 1969 bis 1980 Mitglied des Stadtrats Mönchengladbach, 1975 bis 1979 Vorsteher des Stadtbezirks Rheydt-Mitte, 1975 bis 1976 Mitglied der Landschaftsversammlung Rheinland. Von Juni 1986 bis November 2000 Vorsitzender des Bezirksverbandes Niederrhein der CDU Nordrhein-Westfalen – seit November 2000 Ehrenvorsitzender. Von April 1985 bis Dezember 1988 Vorsitzender der Arbeitsgruppe Verteidigungspolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Vom 19. Dezember 1988 bis 01. April 1992 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung mit den besonderen Schwerpunkten: Integration der Streitkräfte in Deutschland und Zusammenarbeit mit der Westgruppe der Truppen (ehemals SU, heute GUS). Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE von Juli 1994 bis Juli 2000. Stellvertretender Leiter der Delegation des Deutschen Bundestags bei der Parlamentarischen Versammlung der OSZE. Willy Wimmer ist unter Einschluss von Finanz- und Wirtschaftsfragen Experte für globale Sicherheitspolitik und führte über Jahrzehnte auf höchster staatlicher Ebene Gespräche
- in Asien, unter anderem in China, Taiwan, Hongkong, Japan, Nord- und Südkorea, Indonesien und auf den Philippinen,
- in Südasien, unter anderem in Indien, Pakistan, Bangladesch und Afghanistan
- in Nah- und Mittelost, unter anderem im Irak, Iran, Israel und der Türkei
- in der Russischen Föderation und allen Staaten im Kaukasus und Zentralasien
- in Staaten beider Amerikas, unter anderem in den USA, Kanada, Mexiko sowie Ländern Lateinamerikas
- in Südafrika, Sudan und Marokko
Erfolgreiche Vermittlung im Gefangenenaustausch zwischen Israel und dem Iran
1998 vermittelte er erfolgreich im Austausch sowohl von gefangenen als auch toten Soldaten zwischen Israel und dem Iran, der im Sommer desselben Jahres erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Gegen Kosovo-Krieg
1999 sprach er sich gegen den Kosovo-Krieg aufgrund der Ansicht aus, dass es sich um einen ordinären Angriffskrieg handelte. Unter anderem erhob er schwere Vorwürfe gegen den damaligen Bundesaußenminister Joschka Fischer sowie Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping, denen er schwerwiegende Manipulation vorwarf.
Verfassungsklage gegen Tornado-Einsatz in Afghanistan
Sofort nach dem Beschluss des Bundestages am 9. März 2007, Truppen der NATO in Afghanistan durch einen Einsatz von Tornado-Flugzeugen zu unterstützen, reichte er gemeinsam mit dem CSU-Abgeordneten Peter Gauweiler eine Klage gegen diesen Beschluss beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Parallel wurde ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, da dieser Tornado-Einsatz laut der Kläger einen Beitrag zur stillschweigenden Änderung des NATO-Vertrags geleistet habe. Diese Änderungen seien mit dem allgemeinen Gewaltverbot der UN-Charta und des Völkergewohnheitsrechts unvereinbar und verstießen gegen die Artikel 24, 25 und 26 des Grundgesetzes, wodurch Deutschland völkerrechtswidrige Aktionen der Vereinigten Staaten unterstütze. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde am 12. März vom 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts abgewiesen.
Opposition gegen Irak-Krieg
2003 zog er gemeinsam abermals zusammen mit Peter Gauweiler in einem offenen Brief an die CDU/CSU-Bundestagsfraktion Parallelen zwischen dem Jugoslawien- und dem Irak-Krieg. Danach wurden „sowohl die Intervention der USA im Irak als auch die Bombardierung Jugoslawiens und seiner Hauptstadt Belgrad durch die NATO ohne ein Mandat der UNO“ ausgestattet. Vor dem Hintergrund der deutschen Völkerrechtslehre sei dieser Aspekt zutreffend und mit Nachdruck als völkerrechtswidrig bewertet worden. Im Irak-Krieg sei die Weltöffentlichkeit mit Unwahrheiten bedient worden.
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