(Red.) Nicht zum ersten Mal übernimmt Globalbridge.ch eine Analyse des in Moskau ansässigen Politologen Dmitri Trenin, der nicht nur die geopolitische Beziehung Russlands zum Westen, sondern auch die Beziehung Russlands zu jenen Ländern genau beobachtet, die nicht zum Westen gehören, aber global eine wichtige Stimme haben, China, Indien, Iran etc. Trenin ist aufgefallen, dass Wladimir Putin innerhalb Russlands eine eigene Fehleinschätzung eingestanden hat. (cm)

Letzte Woche erklärte der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit Soldatenmüttern, er betrachte die Minsker Vereinbarungen von 2014 und 2015 heute als Fehler. Dieses Eingeständnis war im Hinblick auf die Möglichkeit von Friedensverhandlungen zur Beendigung der Kämpfe in der Ukraine sehr wichtig.

Es sei daran erinnert, dass Putin 2014 auf der Grundlage eines Mandats des russischen Parlaments handelte, um militärische Gewalt „in der Ukraine“ einzusetzen, nicht nur auf der Krim. Tatsächlich rettete Moskau die Städte Donezk und Lugansk vor der Überrumpelung durch die Kiewer Armee und besiegte die ukrainischen Streitkräfte. Doch anstatt die gesamte Region Donbass zu erfassen, hielt Russland inne und stimmte einem von Deutschland und Frankreich in Minsk vermittelten Waffenstillstand zu. 

Putin erklärte den Soldatenmüttern, dass Moskau zu jenem Zeitpunkt die Gefühle der vom Konflikt betroffenen Bevölkerung im Donbass nicht genau kannte und hoffte, dass Donezk und Lugansk unter den in Minsk festgelegten Bedingungen (mehr Autonomie, Red.) irgendwie mit der Ukraine wiedervereinigt werden könnten. Putin könnte beigefügt haben   – seine eigenen Handlungen sowie Gespräche mit dem damaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko bestätigen dies   –, dass er damals bereit war, den neuen Kiewer Behörden eine Chance zu geben, das Problem zu lösen und die Beziehungen zu Moskau wieder zu normalisieren. Bis zu einem recht späten Zeitpunkt hoffte Putin auch, dass er sich mit den Deutschen und Franzosen sowie mit der US-Führung noch einigen könnte. 

Das Eingeständnis von Fehlern ist bei amtierenden Staatsoberhäuptern selten, aber es ist ein wichtiger Indikator für die Lehren, die sie aus ihrem Tun gezogen haben. Diese Erfahrung hat Putin offensichtlich zu dem Schluss gebracht, dass nicht die Entscheidung, im Februar die militärische Sonderoperation einzuleiten, falsch war, sondern dass Moskau acht Jahre zuvor kein Vertrauen in Kiew, Berlin und Paris hätte setzen dürfen und sich stattdessen auf seine eigene militärische Stärke hätte verlassen sollen, um die russischsprachigen Regionen der Ukraine (von den ukrainischen Nationalisten, Red.) zu befreien.

Mit anderen Worten, jetzt einem Waffenstillstand im Stil von Minsk zuzustimmen, wäre ein weiterer Fehler, Weiterlesen