Michael Hudson: Die Rückkehr der Raubritter – Trumps verzerrte Sicht auf die Geschichte der US-Zölle

(Red.) Sehr interessante Sicht auf die amerikanische Wirtschaftsgeschichte, die so den Wenigsten bekannt sein dürfte. So wie es aussieht, passiert Trump mit seinen Zöllen etwas Ähnliches, was den USA mit den Sanktionen gegen Russland passiert ist: Die Betroffenen machen sich selbständig und tun sich mit Gleichgesinnten zusammen. Der Weltrüpel hat das Nachsehen...(am)
Zusammenfassung
Donald Trumps Zollpolitik hat die Märkte sowohl unter seinen Verbündeten als auch unter seinen Gegnern in Aufruhr versetzt. Diese Anarchie spiegelt die Tatsache wider, dass sein eigentliches Ziel nicht wirklich die Zollpolitik war, sondern lediglich die Senkung der Einkommenssteuern für Reiche, indem diese durch Zölle als Haupteinnahmequelle des Staates ersetzt werden. Wirtschaftliche Zugeständnisse von anderen Ländern sind Teil seiner Rechtfertigung für diese Steuerumverteilung, da sie einen nationalistischen Vorteil für die Vereinigten Staaten bieten.
Sein Vorwand ist, und vielleicht glaubt er sogar daran, dass Zölle allein die amerikanische Industrie wiederbeleben können. Aber er hat keine Pläne, um die Probleme anzugehen, die überhaupt erst zur Deindustrialisierung Amerikas geführt haben. Es gibt keine Anerkennung dafür, was das ursprüngliche Industrieprogramm der USA und das der meisten anderen Nationen so erfolgreich gemacht hat.
Dieses Programm basierte auf öffentlicher Infrastruktur, steigenden privaten Industrieinvestitionen und durch Zölle geschützten Löhnen sowie einer starken staatlichen Regulierung. Trumps Politik der Verbrennung und Zerstörung ist das Gegenteil davon: Er will den Staat verkleinern, die öffentliche Regulierung schwächen und die öffentliche Infrastruktur verkaufen, um seine Einkommenssteuersenkungen für seine Spenderklasse zu finanzieren.
Dies ist nichts anderes als das neoliberale Programm in einem anderen Gewand. Trump stellt es fälschlicherweise als Unterstützung der Industrie dar, nicht als deren Gegenteil. Sein Vorgehen ist kein Industrieplan, sondern ein Machtspiel, um anderen Ländern wirtschaftliche Zugeständnisse abzuringen und gleichzeitig die Einkommenssteuern für die Reichen zu senken. Die unmittelbaren Folgen werden weitreichende Entlassungen, Unternehmensschließungen und eine Inflation der Verbraucherpreise sein.
Einleitung
Der bemerkenswerte industrielle Aufschwung Amerikas vom Ende des Bürgerkriegs bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs hat Freihandelsökonomen schon immer in Verlegenheit gebracht. Der Erfolg der Vereinigten Staaten folgte genau den gegenteiligen Strategien, die heute von der wirtschaftlichen Orthodoxie vertreten werden. Der Kontrast besteht nicht nur zwischen protektionistischen Zöllen und Freihandel. Die Vereinigten Staaten schufen damals eine gemischte öffentlich-private Wirtschaft, in der öffentliche Infrastrukturinvestitionen als „vierter Produktionsfaktor“ entwickelt wurden, der nicht als gewinnorientiertes Unternehmen betrieben werden sollte, sondern grundlegende Dienstleistungen zu minimalen Preisen bereitstellte, um die Lebenshaltungs- und Geschäftskosten des privaten Sektors zu subventionieren.
Die Logik hinter diesen Maßnahmen wurde bereits in den 1820er Jahren in Henry Clays „American System“ formuliert, das Schutzzölle, interne Verbesserungen (öffentliche Investitionen in den Verkehr und andere grundlegende Infrastrukturen) und ein nationales Bankensystem zur Finanzierung der industriellen Entwicklung vorsah. Es entstand eine amerikanische Schule der politischen Ökonomie, die die Industrialisierung des Landes auf der Grundlage der Doktrin der „Wirtschaft der hohen Löhne“ propagierte, um die Arbeitsproduktivität durch die Anhebung des Lebensstandards und öffentliche Subventionen und Förderprogramme zu steigern.
Dies sind nicht die Maßnahmen, die die Republikaner und Demokraten heute empfehlen. Hätten Reaganomics, Thatcherismus und die Verfechter des freien Marktes aus Chicago die amerikanische Wirtschaftspolitik im späten 19. Jahrhundert bestimmt, hätten die Vereinigten Staaten ihre industrielle Vorherrschaft nicht erreicht. Es ist daher kaum verwunderlich, dass die protektionistische Logik und die öffentlichen Investitionen, die die amerikanische Industrialisierung geprägt haben, aus der Geschichte der USA getilgt wurden. Sie spielen keine Rolle in Donald Trumps falscher Darstellung, mit der er die Abschaffung der progressiven Einkommenssteuern, den Abbau des Staates und die Privatisierung seiner Vermögenswerte propagiert.
Was Trump an der Industriepolitik des 19. Jahrhunderts in Amerika besonders bewundert, ist das Fehlen einer progressiven Einkommenssteuer und die Finanzierung des Staates hauptsächlich durch Zolleinnahmen. Dies hat ihn auf die Idee gebracht, die progressive Einkommenssteuer, die seine eigene Spenderklasse – die 1 %, die vor ihrer Einführung im Jahr 1913 keine Einkommenssteuer gezahlt hat – belastet, durch Zölle zu ersetzen, die nur die Verbraucher (d.h. die Arbeitnehmer) belasten. Eine neue Gilded Age also! [Anm. des Übersetzers: „Vergoldetes Zeitalter“ – Der Begriff „Gilded Age“ stammt aus einem Roman von Mark Twain und Charles Dudley Warner („The Gilded Age: A Tale of Today“, 1873) und beschreibt die Zeit in den USA etwa von 1870 bis 1900. Es war eine Epoche schnellen wirtschaftlichen Wachstums, aber auch massiver sozialer Ungleichheit und politischer Korruption – „vergoldet“ also im Sinne von äußerlichem Glanz bei innerer Fäulnis.]
Mit seiner Bewunderung für das Fehlen einer progressiven Einkommenssteuer in der Ära seines Helden William McKinley (1896 und 1900 zum Präsidenten gewählt) bewundert Trump den wirtschaftlichen Überfluss und die Ungleichheit des Gilded Age. Diese Ungleichheit wurde weithin als Verzerrung der wirtschaftlichen Effizienz und des sozialen Fortschritts kritisiert. Um dem zersetzenden und auffälligen Streben nach Reichtum entgegenzuwirken, das diese Verzerrung verursachte, verabschiedete der Kongress 1890 das Sherman-Kartellgesetz, Teddy Roosevelt folgte mit seiner Kartellbekämpfung, und es wurde eine bemerkenswert progressive Einkommenssteuer verabschiedet, die fast ausschließlich auf Finanz- und Immobilienerträge sowie Monopolrenten fiel.
Trump verbreitet damit eine vereinfachte und völlig falsche Darstellung dessen, was die Industrialisierungspolitik der USA im 19. Jahrhundert so erfolgreich gemacht hat. Für ihn ist der „vergoldete“ Teil jenes Zeitalters das Großartige, nicht der staatlich gelenkte industrielle und sozialdemokratische Aufschwung. Sein Allheilmittel sind Zölle anstelle von Einkommenssteuern und die Privatisierung der verbleibenden staatlichen Aufgaben. Das würde einer neuen Generation von Raubrittern freie Hand geben, sich durch die Reduzierung der staatlichen Steuern und Regulierungen weiter zu bereichern, während das Haushaltsdefizit durch den Verkauf der verbleibenden öffentlichen Güter, von Nationalparks über Postämter bis hin zu Forschungslabors, abgebaut würde.
Wichtige politische Maßnahmen, die zum erfolgreichen industriellen Aufschwung Amerikas führten
Zölle allein reichten nicht aus, um den industriellen Aufschwung Amerikas zu bewirken, ebenso wenig wie den Deutschlands und anderer Nationen, die das industrielle und finanzielle Monopol Großbritanniens ablösen und überholen wollten. Der Schlüssel lag darin, die Zolleinnahmen zur Subventionierung öffentlicher Investitionen zu verwenden, kombiniert mit Regulierungsbefugnissen und vor allem einer Steuerpolitik, um die Wirtschaft in vielen Bereichen umzustrukturieren und die Organisation von Arbeit und Kapital zu gestalten.
Das Hauptziel war die Steigerung der Arbeitsproduktivität. Dies erforderte zunehmend qualifizierte Arbeitskräfte, was wiederum einen steigenden Lebensstandard, Bildung, gesunde Arbeitsbedingungen, Verbraucherschutz und sichere Lebensmittelvorschriften notwendig machte. Die Doktrin der Hochlohnwirtschaft erkannte, dass gut ausgebildete, gesunde und gut ernährte Arbeitskräfte „Billiglohnarbeit“ unterbieten konnten.
Das Problem war, dass Arbeitgeber stets versucht haben, ihre Gewinne zu steigern, indem sie sich gegen die Forderungen der Arbeitnehmer nach höheren Löhnen gewehrt haben. Der industrielle Aufschwung in Amerika löste dieses Problem, indem er erkannte, dass der Lebensstandard der Arbeitnehmer nicht nur vom Lohnniveau, sondern auch von den Lebenshaltungskosten abhängt. In dem Maße, in dem die durch Zolleinnahmen finanzierten öffentlichen Investitionen die Kosten für die Grundversorgung decken konnten, konnten der Lebensstandard und die Arbeitsproduktivität steigen, ohne dass die Industriellen Gewinneinbußen hinnehmen mussten.
Die wichtigsten Grundbedürfnisse waren kostenlose Bildung, öffentliche Gesundheitsversorgung und soziale Dienste. Öffentliche Investitionen in die Infrastruktur für Verkehr (Kanäle und Eisenbahnen), Kommunikation und andere grundlegende Dienstleistungen, die natürliche Monopole darstellten, wurden ebenfalls getätigt, um zu verhindern, dass sie zu privaten Lehensgütern wurden, die auf Kosten der Gesamtwirtschaft Monopoleinnahmen anstrebten. Simon Patten, Amerikas erster Professor für Wirtschaftswissenschaften an der ersten Business School (der Wharton School der University of Pennsylvania), bezeichnete öffentliche Investitionen in die Infrastruktur als „vierten Produktionsfaktor“. [Anm. M.H.: Die drei üblichen Produktionsfaktoren sind Arbeit, Kapital und Boden. Diese Faktoren lassen sich jedoch am besten anhand von Einkommensempfängerklassen verstehen. Kapitalisten und Arbeiter spielen eine produktive Rolle, während Grundbesitzer ohne produktive Leistung eine Rente erhalten, da ihre Grundrente unverdientes Einkommen ist, das sie „im Schlaf verdienen“.] Im Gegensatz zu privatem Kapital ging es dabei nicht darum, Gewinne zu erzielen oder gar die Preise auf das marktübliche Niveau zu maximieren. Das Ziel war vielmehr, öffentliche Dienstleistungen entweder zum Selbstkostenpreis, zu subventionierten Tarifen oder sogar kostenlos anzubieten.
Im Gegensatz zur europäischen Tradition überließ die USA viele grundlegende Versorgungsleistungen der Privatwirtschaft, regulierte diese jedoch, um Monopolrenten zu verhindern. Die Wirtschaftsführer unterstützten diese gemischte öffentlich-private Wirtschaft, da sie darin eine Subventionierung der Niedrigkostenwirtschaft und damit eine Steigerung ihrer (und ihrer eigenen) Wettbewerbsfähigkeit in der internationalen Wirtschaft sahen.
Die wichtigste öffentliche Einrichtung, aber auch die am schwierigsten einzuführende, war das Währungs- und Finanzsystem, das ausreichende Kredite zur Finanzierung des industriellen Wachstums des Landes bereitstellen musste. Die Schaffung privater und/oder öffentlicher Papierkredite erforderte die Abkehr von der engen Bindung des Geldes an Goldbarren. Goldbarren blieben lange Zeit die Grundlage für die Zahlung von Zöllen an den Fiskus, wodurch sie aus der Gesamtwirtschaft abgezogen wurden und für die Finanzierung der Industrie nur begrenzt zur Verfügung standen. Industrielle befürworteten die Abkehr von der übermäßigen Abhängigkeit von Goldbarren durch die Schaffung eines nationalen Bankensystems, das eine wachsende Überstruktur von Papierkrediten zur Finanzierung des industriellen Wachstums bereitstellen sollte. [Anm. M.H.: Im Gegensatz zum britischen System der kurzfristigen Handelskredite und einer Börse, die auf schnelle Gewinne auf Kosten der übrigen Wirtschaft ausgerichtet war, ging Deutschland weiter als die Vereinigten Staaten und schuf eine Symbiose aus Regierung, Schwerindustrie und Bankwesen. Die Ökonomen bezeichneten die Logik, auf der dies beruhte, als Staatstheorie des Geldes. Die Einzelheiten dazu finden Sie in Killing the Host (2015, Kapitel 7).]
Die klassische politische Ökonomie betrachtete die Steuerpolitik als wichtigsten Hebel zur Steuerung der Verteilung von Ressourcen und Krediten an die Industrie. Ihr wichtigstes politisches Ziel war die Minimierung der wirtschaftlichen Rente (der Überschuss der Marktpreise über den inneren Wert) durch die Befreiung der Märkte von Renteneinkünften in Form von Grundrente, Monopoleinkünften sowie Zinsen und Finanzgebühren. Von Adam Smith über David Ricardo und John Stuart Mill bis hin zu Marx und anderen Sozialisten definierte die klassische Werttheorie solche wirtschaftliche Renten als unverdientes Einkommen, das ohne Beitrag zur Produktion abgeschöpft wird und somit eine unnötige Belastung der Kosten- und Preisstruktur der Wirtschaft darstellt. Steuern auf Industriegewinne und Löhne erhöhten die Produktionskosten und waren daher zu vermeiden, während Grundrente, Monopole und Finanzgewinne wegbesteuert werden sollten oder Land, Monopole und Kredite einfach in öffentlichen Besitz überführt werden konnten, um die Zugangskosten für Immobilien und Monopoldienstleistungen zu senken und die Finanzaufwendungen zu reduzieren.
Diese Politik, die auf der klassischen Unterscheidung zwischen intrinsischem Kostenwert und Marktpreis basiert, machte den industriellen Kapitalismus so revolutionär. Die Befreiung der Volkswirtschaften von Renteneinkünften durch die Besteuerung von wirtschaftlicher Rente zielte darauf ab, die Lebenshaltungs- und Geschäftskosten zu minimieren und gleichzeitig die politische Dominanz einer Finanz- und Grundbesitzerelite zu verringern. Als die Vereinigten Staaten 1913 ihre erste progressive Einkommenssteuer einführten, hatten nur 2 Prozent der Amerikaner ein so hohes Einkommen, dass sie eine Steuererklärung abgeben mussten. Der Großteil der Steuern von 1913 fiel auf die Renteneinkünfte von Finanz- und Immobilieninteressen sowie auf die Monopollisten, die vom Bankensystem organisiert wurden.
Wie Amerikas neoliberale Politik ihre frühere industrielle Dynamik umkehrt
Seit Beginn der neoliberalen Ära in den 1980er Jahren wurde das verfügbare Einkommen der US-Arbeitnehmer durch hohe Kosten für Grundbedürfnisse gedrückt, während gleichzeitig die Lebenshaltungskosten sie aus den Weltmärkten verdrängten. Das ist nicht dasselbe wie eine Hochlohnwirtschaft. Es handelt sich um eine Abschöpfung der Löhne, um die verschiedenen Formen der wirtschaftlichen Rente zu bezahlen, die sich ausgebreitet und die ehemals wettbewerbsfähige Kostenstruktur Amerikas zerstört haben. Die heutige Wirtschaftsleistung von 331.000 Dollar pro Vier-Personen-Haushalt wird nicht hauptsächlich für Produkte oder Dienstleistungen ausgegeben, die Lohnempfänger produzieren. Sie wird größtenteils vom Finanz-, Versicherungs- und Immobiliensektor (FIRE) und den Monopolen an der Spitze der Wirtschaftspyramide abgeschöpft.
Die Schuldenlast des privaten Sektors ist weitgehend verantwortlich für die heutige Verlagerung der Löhne weg von steigenden Lebensstandards für Arbeitnehmer und der Unternehmensgewinne weg von neuen Sachinvestitionen, Forschung und Entwicklung für Industrieunternehmen. Die Arbeitgeber haben ihren Arbeitnehmern nicht genug gezahlt, um sowohl ihren Lebensstandard zu halten als auch diese Finanz-, Versicherungs- und Immobilienlast zu tragen, wodurch die US-Arbeitskräfte immer weiter zurückfallen.
Aufgrund von Bankkrediten und steigenden Schuldenquoten sind die Richtwerte für die Wohnkosten von Hauskäufern in den USA auf 43 % ihres Einkommens gestiegen, weit über den früheren Standardwert von 25 %. Die Federal Housing Authority versichert Hypotheken, um zu garantieren, dass Banken, die diese Richtlinie befolgen, keine Verluste erleiden, selbst wenn Zahlungsrückstände und Zahlungsausfälle Rekordhöhen erreichen. Die Wohneigentumsquote sank von über 69 % im Jahr 2005 auf unter 63 % während der Obama-Zwangsräumungswelle nach der Subprime-Hypothekenkrise 2008. Die Mieten und Immobilienpreise sind stetig gestiegen (insbesondere in der Zeit, in der die Federal Reserve die Zinsen bewusst niedrig hielt, um die Vermögenspreise zur Stützung des Finanzsektors in die Höhe zu treiben, und da privates Kapital Immobilien aufgekauft hat, die sich Lohnempfänger nicht leisten können), sodass Wohnkosten bei weitem den größten Posten der Lohneinkommen ausmachen.
Auch die Zahlungsrückstände explodieren, etwa bei den Bildungskrediten, die aufgenommen wurden, um einen besser bezahlten Arbeitsplatz zu bekommen, und in vielen Fällen bei den Autokrediten, die notwendig sind, um zur Arbeit zu fahren. Hinzu kommen Kreditkartenschulden, die nur angehäuft werden, um über die Runden zu kommen. Die Katastrophe der privatisierten Krankenversicherung verschlingt mittlerweile 18 Prozent des US-BIP, und dennoch sind Schulden für medizinische Leistungen zu einer der Hauptursachen für Privatinsolvenzen geworden. All dies ist genau das Gegenteil von dem, was mit der ursprünglichen Politik der Hochlohnwirtschaft für die amerikanische Industrie beabsichtigt war.
Diese neoliberale Finanzialisierung – die Verbreitung von Rentiergebühren, die Inflation der Wohn- und Gesundheitskosten und die Notwendigkeit, über die eigenen Einkünfte hinaus auf Kredit zu leben – hat zwei Auswirkungen. Der offensichtlichste ist, dass die meisten amerikanischen Familien seit 2008 ihre Ersparnisse nicht mehr erhöhen konnten und von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck leben. Der zweite Effekt ist, dass die Arbeitgeber verpflichtet sind, ihren Arbeitskräften genug zu zahlen, um diese Rentierkosten zu tragen, wodurch der existenzsichernde Lohn für amerikanische Arbeitskräfte so weit über den aller anderen Volkswirtschaften gestiegen ist, dass die amerikanische Industrie nicht mehr mit der ausländischer Länder konkurrieren kann.
Die Privatisierung und Deregulierung der US-Wirtschaft hat Arbeitgeber und Arbeitnehmer dazu gezwungen, die Rentierkosten zu tragen, darunter höhere Immobilienpreise und steigende Schulden, die untrennbar mit der heutigen neoliberalen Politik verbunden sind. Der daraus resultierende Verlust der industriellen Wettbewerbsfähigkeit ist das größte Hindernis für die Reindustrialisierung. Schließlich waren es diese Rentierkosten, die die Wirtschaft überhaupt erst deindustrialisiert haben, wodurch sie auf den Weltmärkten weniger wettbewerbsfähig wurde und die Verlagerung der Industrie ins Ausland durch die Erhöhung der Kosten für Grundbedürfnisse und die Geschäftstätigkeit vorangetrieben wurde. Die Zahlung solcher Kosten schrumpft auch den Binnenmarkt, da sie die Kaufkraft der Arbeitnehmer für die von ihnen produzierten Güter verringert. Trumps Zollpolitik trägt nichts zur Lösung dieser Probleme bei, sondern wird sie durch eine Beschleunigung der Preisinflation noch verschärfen.
Diese Situation wird sich wahrscheinlich nicht so schnell ändern, da die Nutznießer der heutigen neoliberalen Politik – die Empfänger dieser rentenorientierten Abgaben, die die US-Wirtschaft belasten – zur politischen Spenderklasse der Milliardäre geworden sind. Um ihre Renteneinkünfte und Kapitalgewinne zu steigern und sie unumkehrbar zu machen, drängt diese wiederauflebende Oligarchie auf eine weitere Privatisierung und den Verkauf des öffentlichen Sektors, anstatt subventionierte Dienstleistungen anzubieten, um die Grundbedürfnisse der Wirtschaft zu minimalen Kosten zu decken. Die größten privatisierten öffentlichen Versorgungsunternehmen sind natürliche Monopole – weshalb sie ursprünglich in öffentlicher Hand blieben (nämlich um Monopolrenten zu vermeiden).
Vorgegeben wird, dass privates Eigentum, das nach Profit strebt, einen Anreiz zur Effizienzsteigerung biete. In Wirklichkeit werden die Preise für ehemals öffentliche Dienstleistungen in den Bereichen Verkehr, Kommunikation und anderen privatisierten Sektoren auf das marktübliche Niveau angehoben. Man wartet gespannt auf das Schicksal der US-Post, die der Kongress zu privatisieren versucht.
Weder die Steigerung der Produktion noch die Senkung der Kosten sind das Ziel des heutigen Ausverkaufs staatlicher Vermögenswerte. Die Aussicht, ein privatisiertes Monopol zu besitzen, das Monopolrenten abschöpfen kann, hat Finanzmanager dazu veranlasst, Geld zu leihen, um diese Unternehmen aufzukaufen, wodurch sich ihre Kostenstruktur um Schuldenzahlungen erhöht hat. Anschließend verkaufen die Manager die Immobilien der Unternehmen, um schnell an Bargeld zu kommen, das sie als Sonderdividenden ausschütten, und leasen die für den Betrieb benötigten Immobilien zurück. Das Ergebnis ist ein hoch verschuldetes Monopol mit hohen Kosten und sinkenden Gewinnen. Das ist das neoliberale Modell, das sich von der paradigmatischen Privatisierung von Thames Water in England bis hin zu privaten finanzialisierten ehemaligen Industrieunternehmen wie General Electric und Boeing erstreckt.
Im Gegensatz zum Aufschwung des industriellen Kapitalismus im 19. Jahrhundert ist es das Ziel der Privatisierer in der heutigen postindustriellen Ära des rentierorientierten Finanzkapitalismus, „Kapitalgewinne“ aus den Aktien bisher öffentlicher Unternehmen zu erzielen, die privatisiert, finanzialisiert und dereguliert wurden. Ein ähnliches finanzielles Ziel wird im privaten Bereich verfolgt, wo der Geschäftsplan des Finanzsektors darin besteht, das Streben nach Unternehmensgewinnen durch Kapitalgewinne aus Aktien, Anleihen und Immobilien zu ersetzen.
Die große Mehrheit der Aktien und Anleihen befindet sich im Besitz der reichsten 10 Prozent, nicht der unteren 90 Prozent. Während ihr Finanzvermögen in die Höhe geschnellt ist, ist das verfügbare persönliche Einkommen der Mehrheit (nach Zahlung der Rentierabgaben) geschrumpft. Unter dem heutigen Rentier-Finanzkapitalismus entwickelt sich die Wirtschaft in zwei Richtungen gleichzeitig – nach unten für den industriellen Güter produzierenden Sektor, nach oben für die finanziellen und anderen Rentieransprüche auf die Arbeit und das Kapital dieses Sektors.
Die gemischte öffentlich-private Wirtschaft, die früher die amerikanische Industrie aufgebaut hat, indem sie die Lebenshaltungs- und Geschäftskosten minimierte, wurde durch Trumps einflussreichste Wählerschaft (und natürlich auch die der Demokraten) umgekehrt – das reichste Prozent, das weiterhin unter der libertären Flagge des Thatcherismus, der Reaganomics und der Chicagoer Anti-Regierungs-Ideologen (d.h. Anti-Arbeit-Ideologen) marschiert. Sie werfen der Regierung vor, mit progressiven Einkommens- und Vermögenssteuern, Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und ihrer Rolle als Regulierungsbehörde zur Verhinderung von räuberischem Wirtschaftsverhalten und Polarisierung in den „freien Markt“ einzugreifen.
Die Frage ist natürlich: „Frei für wen?“ Was sie meinen, ist ein Markt, der für die Reichen frei ist, um wirtschaftliche Renten zu erzielen. Sie ignorieren sowohl die Notwendigkeit, wirtschaftliche Renten zu besteuern oder anderweitig zu minimieren, um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu erreichen, als auch die Tatsache, dass die Senkung der Einkommenssteuern für Reiche – und das anschließende Beharren auf einem ausgeglichenen Staatshaushalt wie in einem privaten Haushalt, um eine noch höhere Verschuldung zu vermeiden – der Wirtschaft die öffentliche Kaufkraft entzieht. Ohne Netto-Staatsausgaben ist die Wirtschaft gezwungen, sich zur Finanzierung an die Banken zu wenden, deren verzinsliche Kredite exponentiell wachsen und Ausgaben für Güter und reale Dienstleistungen verdrängen. Dies verschärft den oben beschriebenen Lohndruck und die Dynamik der Deindustrialisierung.
Eine fatale Auswirkung all dieser Veränderungen ist, dass nicht, wie im 19. Jahrhundert erwartet, der Kapitalismus das Bank- und Finanzsystem industrialisiert hat, sondern die Industrie finanzialisiert wurde. Der Finanzsektor hat seine Kredite nicht zur Finanzierung neuer Produktionsmittel vergeben, sondern zur Übernahme bereits vorhandener Vermögenswerte – vor allem Immobilien und bestehende Unternehmen. Dadurch werden die Vermögenswerte mit Schulden belastet, während der Finanzsektor Geld verleiht, um die Preise für diese Vermögenswerte in die Höhe zu treiben.
Dieser Prozess der zunehmenden Finanzialisierung des Vermögens erhöht die wirtschaftlichen Gemeinkosten nicht nur in Form von Schulden, sondern auch in Form von höheren Kaufpreisen (aufgebläht durch Bankkredite) für Immobilien, Industrieunternehmen und andere Unternehmen. Im Einklang mit seinem Geschäftsmodell, Kapitalgewinne zu erzielen, hat der Finanzsektor versucht, solche Gewinne zu besteuern. Er hat auch eine Vorreiterrolle bei der Forderung nach Senkungen der Immobiliensteuern übernommen, damit ein größerer Teil des steigenden Wertes von Wohn- und Bürogebäuden – ihre Standortrente – an die Banken verpfändet werden kann, anstatt als wichtige Steuerbasis für die lokalen und nationalen Finanzsysteme zu dienen, wie es klassische Ökonomen im gesamten 19. Jahrhundert gefordert hatten.
Das Ergebnis war eine Verlagerung von einer progressiven Besteuerung zu einer regressiven Besteuerung. Renteneinkünfte und fremdfinanzierte Kapitalgewinne wurden nicht besteuert, und die Steuerlast wurde auf Arbeit und Industrie verlagert. Es ist diese Steuerverlagerung, die Finanzmanager von Unternehmen dazu veranlasst hat, das Streben nach Unternehmensgewinnen durch das oben beschriebene Streben nach Kapitalgewinnen zu ersetzen.
Was als Harmonie der Interessen aller Klassen versprochen wurde – zu erreichen durch die Vermehrung ihres Reichtums durch Verschuldung und steigende Preise für Häuser und andere Immobilien, Aktien und Anleihen – hat sich zu einem Klassenkampf entwickelt. Dieser geht heute weit über den im 19. Jahrhundert bekannten Klassenkampf zwischen Industriekapital und Arbeit hinaus. Die postmoderne Form des Klassenkampfs ist die des Finanzkapitals gegen Arbeit und Industrie. Die Arbeitgeber beuten die Arbeiterschaft nach wie vor aus, indem sie Gewinne erzielen, indem sie den Arbeitnehmern weniger zahlen, als sie für ihre Produkte erzielen. Aber die Arbeiterschaft wird zunehmend durch Schulden ausgebeutet – Hypothekenschulden (wobei „leichtere“ Kredite die schuldenfinanzierte Inflation der Wohnkosten anheizen), Studentenschulden, Autokredite und Kreditkartenschulden, nur um ihre Lebenshaltungskosten zu decken.
Die Zahlung dieser Schulden erhöht die Arbeitskosten für industrielle Arbeitgeber und schränkt ihre Gewinnmöglichkeiten ein. Und (wie oben dargelegt) ist es gerade diese Ausbeutung der Industrie (und damit der gesamten Wirtschaft) durch das Finanzkapital und andere Rentiers, die die Verlagerung der Industrie ins Ausland und die Deindustrialisierung der Vereinigten Staaten und anderer westlicher Volkswirtschaften, die denselben politischen Kurs eingeschlagen haben, vorangetrieben hat. [Anm. M.H.: Die Deindustrialisierung Amerikas wurde auch durch die Politik der USA (die unter Jimmy Carter begann und unter Bill Clinton beschleunigt wurde) gefördert, die die Verlagerung der industriellen Produktion nach Mexiko, China, Vietnam und andere Länder mit niedrigeren Lohnniveaus vorantrieb. Trumps Einwanderungspolitik, die auf den amerikanischen Nationalismus setzt, ist ein Spiegelbild des Erfolgs dieser bewussten Politik der USA zur Deindustrialisierung Amerikas. Es ist bemerkenswert, dass seine Migrationspolitik das Gegenteil der Politik ist, die den industriellen Aufschwung Amerikas begleitete, als Einwanderung als Quelle für Arbeitskräfte gefördert wurde – nicht nur für Fachkräfte, die vor der Unterdrückung in Europa flohen, sondern auch für Niedriglohnarbeiter in der Bauindustrie (Männer) und der Textilindustrie (Frauen). Heute jedoch, da die amerikanischen Industrieländer direkt in die Länder gezogen sind, aus denen früher Einwanderer für die Industriearbeit in die USA kamen, hat die amerikanische Industrie keinen Bedarf mehr, sie in die Vereinigten Staaten zu holen.]
Im krassen Gegensatz zur Deindustrialisierung im Westen steht der erfolgreiche industrielle Aufschwung Chinas. Heute ist der Lebensstandard in China für einen Großteil der Bevölkerung weitgehend so hoch wie in den Vereinigten Staaten. Dies ist das Ergebnis der Politik der chinesischen Regierung, industrielle Arbeitgeber durch Subventionen für Grundbedürfnisse (z.B. Bildung und medizinische Versorgung) und öffentliche Hochgeschwindigkeitszüge, lokale U-Bahnen und andere Verkehrsmittel, bessere Hightech-Kommunikation und andere Konsumgüter sowie deren Zahlungssysteme zu unterstützen.
Am wichtigsten ist jedoch, dass China das Bankwesen und die Kreditvergabe als öffentliche Dienstleistung in öffentlicher Hand belassen hat. Dies ist die entscheidende politische Maßnahme, die es China ermöglicht hat, die Finanzialisierung zu vermeiden, die die USA und andere westliche Volkswirtschaften deindustrialisiert hat.
Die große Ironie dabei ist, dass Chinas Industriepolitik derjenigen der USA während des industriellen Aufschwungs im 19. Jahrhundert auffallend ähnelt. Wie bereits erwähnt, hat die chinesische Regierung die grundlegende Infrastruktur finanziert und in öffentlicher Hand belassen, um ihre Dienstleistungen zu niedrigen Preisen anzubieten und so die Kostenstruktur der Wirtschaft so gering wie möglich zu halten. Und die steigenden Löhne und Lebensstandards in China haben tatsächlich ihr Pendant in einer steigenden Arbeitsproduktivität gefunden.
Es gibt Milliardäre in China, aber sie werden nicht als Helden und Vorbilder für die Entwicklung der Wirtschaft insgesamt angesehen. Der Anhäufung auffälliger Großvermögen, wie sie für den Westen charakteristisch sind und dort eine politische Spenderklasse hervorgebracht haben, wurde mit politischen und moralischen Sanktionen gegen die Nutzung persönlichen Reichtums zur Kontrolle der öffentlichen Wirtschaftspolitik begegnet.
Dieser staatliche Aktivismus, den die US-Rhetorik als chinesische „Autokratie“ verurteilt, hat geschafft, was westliche Demokratien nicht geschafft haben: die Entstehung einer finanzialisierten Rentier-Oligarchie zu verhindern, die ihren Reichtum nutzt, um die Kontrolle über die Regierung zu kaufen und die Wirtschaft zu übernehmen, indem sie staatliche Funktionen privatisiert und ihre eigenen Gewinne fördert, indem sie den Rest der Wirtschaft bei sich selbst verschuldet und gleichzeitig die öffentliche Regulierungspolitik abbaut.
Was war eigentlich das Vergoldete Zeitalter, das Trump wiederbeleben möchte?
Trump und die Republikaner haben ein politisches Ziel über alle anderen gestellt: Steuersenkungen, vor allem progressive Steuern, die hauptsächlich die höchsten Einkommen und das persönliche Vermögen belasten. Es scheint, dass Trump irgendwann einen Ökonomen gefragt haben muss, ob es eine Alternative für die Finanzierung des Staates gebe. Jemand muss ihm gesagt haben, dass von der amerikanischen Unabhängigkeit bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs die mit Abstand dominierende Form der Staatseinnahmen die Zolleinnahmen waren.
Bei der Einführung seiner enormen und beispiellosen Zölle am 3. April versprach Trump, dass allein diese Zölle Amerika reindustrialisieren würden, indem sie sowohl eine Schutzbarriere schaffen als auch dem Kongress ermöglichen würden, die Steuern für die reichsten Amerikaner zu senken, von denen er offenbar glaubt, dass sie dadurch einen Anreiz erhalten würden, die amerikanische Industrie „wieder aufzubauen“. Es ist, als würde man den Finanzmanagern, die die amerikanische Wirtschaft deindustrialisiert haben, noch mehr Reichtum geben, um irgendwie den industriellen Aufschwung wiederholen zu können, der in den 1890er Jahren unter William McKinley seinen Höhepunkt hatte.
„Es ist leicht zu erkennen, wie Trump auf diese Idee gekommen ist. Die Zölle treffen nicht seine Rentierklasse aus Immobilien-, Finanz- und Monopolmilliardären, sondern in erster Linie die Arbeitnehmer.“
Was Trump dabei außer Acht lässt, ist, dass Zölle lediglich die Voraussetzung für die Förderung der Industrie durch den Staat in einer gemischtwirtschaftlichen Ordnung waren, in der der Staat die Märkte so gestaltete, dass die Lebenshaltungs- und Geschäftskosten minimiert wurden. Diese öffentliche Förderung verschaffte dem Amerika des 19. Jahrhunderts seinen internationalen Wettbewerbsvorteil. Angesichts seines wirtschaftlichen Leitmotivs, sich selbst und seine einflussreichste Wählerschaft von Steuern zu befreien, vergisst Trump jedoch einfach die Tatsache, dass es damals noch keine Einkommenssteuer gab.
Was Trump ebenfalls reizt, ist der übermäßige Reichtum einer Klasse von Raubrittern, in deren Reihen er sich leicht vorstellen kann, als wäre er in einem historischen Roman. Aber dieses selbstgefällige Klassenbewusstsein hat eine blinde Stelle, wenn es darum geht, wie ihr Streben nach räuberischen Einkünften und Reichtum die Wirtschaft um sie herum zerstört, während sie davon träumen, dass die Raubritter ihr Vermögen als große Organisatoren und Triebkräfte der Industrie gemacht haben. Er ist sich nicht bewusst, dass das Gilded Age nicht als Teil der industriellen Erfolgsstrategie Amerikas entstanden ist, sondern weil Monopole und Renteneinkünfte noch nicht reguliert waren. Die großen Vermögen wurden durch das frühe Versagen bei der Regulierung von Monopolen und der Besteuerung von wirtschaftlichen Renten ermöglicht. Gustavus Myers' „History of the Great American Fortunes“ erzählt die Geschichte, wie Eisenbahn- und Immobilienmonopole auf Kosten der Gesamtwirtschaft geschaffen wurden.
Die amerikanischen Kartellgesetze wurden erlassen, um dieses Problem zu lösen, und die ursprüngliche Einkommensteuer von 1913 galt nur für die reichsten 2 % der Bevölkerung. Sie traf (wie oben erwähnt) hauptsächlich Finanz- und Immobilienvermögen sowie Monopole – Finanzinteressen, Grundrente und Monopole – und nicht die Arbeit oder die meisten Unternehmen. Im Gegensatz dazu sieht Trumps Plan vor, die Besteuerung der reichsten Rentierklassen durch Zölle zu ersetzen, die hauptsächlich von den amerikanischen Verbrauchern gezahlt werden. Um seine Überzeugung zu verbreiten, dass nationaler Wohlstand durch Steuervergünstigungen für seine Spenderklasse durch die Nichtbesteuerung ihrer Renteneinkünfte erreicht werden kann, muss das Bewusstsein dafür verhindert werden, dass eine solche Finanzpolitik die von ihm angeblich angestrebte Reindustrialisierung Amerikas verhindern wird.
Die US-Wirtschaft kann sich nicht reindustrialisieren, ohne sich von Renteneinkünften zu befreien
Die unmittelbarsten Auswirkungen von Trumps Zollpolitik werden Arbeitslosigkeit infolge der Handelsstörungen (über die Arbeitslosigkeit hinaus, die sich aus seinen DOGE-Kürzungen im öffentlichen Dienst ergibt) und ein Anstieg der Verbraucherpreise für eine Arbeitnehmerschaft sein, die bereits durch die Finanz-, Versicherungs- und Immobilienkosten belastet ist, die sie als erste Ansprüche auf ihr Arbeitseinkommen zu tragen hat. Die Zahlungsrückstände bei Hypotheken, Autokrediten und Kreditkartenschulden haben bereits ein historisch hohes Niveau erreicht, und mehr als die Hälfte der Amerikaner hat überhaupt keine Ersparnisse – und gibt in Umfragen an, dass sie nicht in der Lage sind, im Notfall 400 Dollar aufzubringen.
Unter diesen Umständen kann das verfügbare persönliche Einkommen unmöglich steigen. Und es ist unmöglich, dass die amerikanische Produktion nicht durch die Handelsstörungen und Entlassungen beeinträchtigt wird, die durch die von Trump angedrohten enormen Zollbarrieren verursacht werden – zumindest bis zum Abschluss seiner Verhandlungen mit einzelnen Ländern, um diesen im Austausch für die Wiederherstellung eines normaleren Zugangs zum amerikanischen Markt wirtschaftliche Zugeständnisse abzuringen. Trump hat zwar eine 90-tägige Pause angekündigt, in der die Zölle für Länder, die sich zu Verhandlungen bereit erklärt haben, auf 10 % gesenkt werden, aber er hat die Zölle auf chinesische Importe auf 145 % erhöht. [Anm. M.H.: Das Weiße Haus hat darauf hingewiesen, dass Trumps neue Zölle in Höhe von 125 % auf chinesische Importe zusätzlich zu den bereits geltenden Zöllen in Höhe von 20 % gemäß dem IEEPA (International Emergency Economic Powers Act) erhoben werden, wodurch die Zölle auf chinesische Importe auf unerschwingliche 145 % steigen.]
China und andere Länder und Unternehmen haben bereits die Ausfuhr von Rohstoffen und Teilen eingestellt, die von der amerikanischen Industrie benötigt werden. Für viele Unternehmen wird es zu riskant sein, den Handel wieder aufzunehmen, bis die Unsicherheit im Zusammenhang mit diesen politischen Verhandlungen geklärt ist. Es ist zu erwarten, dass einige Länder diese Zwischenzeit nutzen werden, um Alternativen zum US-Markt zu finden (einschließlich der Produktion für ihre eigene Bevölkerung).
Was Trumps Hoffnung angeht, ausländische Unternehmen davon zu überzeugen, ihre Fabriken in die Vereinigten Staaten zu verlagern, so laufen diese Unternehmen Gefahr, dass er ihnen als ausländischen Investoren ein Damoklesschwert über den Kopf hält. Er könnte zu gegebener Zeit einfach darauf bestehen, dass sie ihre amerikanischen Tochtergesellschaften an inländische US-Investoren verkaufen, wie er es von China im Fall von TikTok gefordert hat.
Das grundlegendste Problem ist natürlich, dass die steigenden Schulden, Krankenversicherungs- und Wohnkosten der amerikanischen Wirtschaft die US-Arbeitskräfte und die von ihnen hergestellten Produkte bereits aus den Weltmärkten verdrängt haben. Trumps Zollpolitik wird dieses Problem nicht lösen. Vielmehr werden seine Zölle durch die Erhöhung der Verbraucherpreise dieses Problem noch verschärfen, da sie die Lebenshaltungskosten und damit die Preise für amerikanische Arbeitskräfte weiter in die Höhe treiben werden.
Anstatt ein Wiederaufleben der US-Industrie zu unterstützen, werden Trumps Zölle und andere finanzpolitische Maßnahmen dazu führen, dass Veralterung und finanzialisierte Deindustrialisierung geschützt und subventioniert werden. Ohne eine Umstrukturierung der finanzialisierten Rentierwirtschaft, um sie wieder auf den ursprünglichen Geschäftsplan des industriellen Kapitalismus mit von Renteneinkünften befreiten Märkten zurückzuführen, wie es die klassischen Ökonomen mit ihrer Unterscheidung zwischen Wert und Preis und damit zwischen Rente und Industriegewinn befürworten, wird sein Programm die Reindustrialisierung Amerikas nicht schaffen. Vielmehr droht es, die US-Wirtschaft in eine Depression zu stürzen – für 90 Prozent der Bevölkerung.
Wir haben es also mit zwei gegensätzlichen Wirtschaftsphilosophien zu tun. Auf der einen Seite steht das ursprüngliche Industrieprogramm, das die Vereinigten Staaten und die meisten anderen erfolgreichen Nationen verfolgt hatten. Es handelt sich um das klassische Programm, das auf Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und einer starken staatlichen Regulierung basiert, mit steigenden Löhnen, die durch Zölle geschützt werden, die öffentliche Einnahmen und Gewinnmöglichkeiten für die Schaffung von Fabriken und die Beschäftigung von Arbeitskräften bieten.
Trump hat keine Pläne, eine solche Wirtschaft wiederherzustellen. Stattdessen vertritt er die gegenteilige Wirtschaftsphilosophie: Verkleinerung des Staates, Schwächung der öffentlichen Regulierung, Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur und Abschaffung der progressiven Einkommenssteuern. Dies ist das neoliberale Programm, das die Kostenstruktur für die Industrie erhöht und zu einer Polarisierung von Vermögen und Einkommen zwischen Gläubigern und Schuldnern geführt hat. Donald Trump stellt dieses Programm fälschlicherweise als industriefreundlich dar, nicht als dessen Gegenteil.
Die Einführung von Zöllen bei gleichzeitiger Fortsetzung des neoliberalen Programms wird lediglich die Senilität in Form einer industriellen Produktion schützen, die durch hohe Arbeitskosten aufgrund steigender Immobilienpreise im Inland, Krankenversicherungen, Bildung und Dienstleistungen belastet ist, die von privatisierten öffentlichen Versorgungsunternehmen erworben werden, die früher Grundbedürfnisse wie Kommunikation, Transport und andere Grundbedürfnisse zu subventionierten Preisen anstelle von finanzialisierten Monopolrenten bereitstellten. Es wird ein trübes Vergoldetes Zeitalter sein.
Trump mag zwar aufrichtig daran interessiert sein, Amerika zu reindustrialisieren, aber sein eigentliches Ziel ist es, die Steuern für seine Spenderklasse zu senken, in der Annahme, dass die Zolleinnahmen dies finanzieren können. Aber ein Großteil des Handels ist bereits zum Erliegen gekommen. Bis sich der Handel wieder normalisiert und Zolleinnahmen generiert werden können, wird es zu weitreichenden Entlassungen kommen, wodurch die betroffenen Arbeitnehmer noch tiefer in die Verschuldung geraten werden und die amerikanische Wirtschaft nicht in einer besseren Position sein wird, um eine Reindustrialisierung voranzutreiben.
Die geopolitische Dimension
Trumps Verhandlungen mit einzelnen Ländern, um ihnen wirtschaftliche Zugeständnisse im Austausch für die Wiederherstellung ihres Zugangs zum amerikanischen Markt abzuringen, werden zweifellos dazu führen, dass einige Länder dieser Zwangstaktik nachgeben werden. Tatsächlich hat Trump angekündigt, dass über 75 Länder die US-Regierung kontaktiert haben, um Verhandlungen aufzunehmen. Einige asiatische und lateinamerikanische Länder suchen jedoch bereits nach einer Alternative zu Trumps Instrumentalisierung der Handelsabhängigkeit, um Zugeständnisse zu erpressen. Die Länder diskutieren Optionen, sich zusammenzuschließen, um einen gemeinsamen Handelsmarkt mit weniger anarchischen Regeln zu schaffen.
Das Ergebnis wäre, dass Trumps Politik ein weiterer Schritt in Amerikas Marsch in den Kalten Krieg wäre, um sich von den Handels- und Investitionsbeziehungen mit dem Rest der Welt, einschließlich möglicherweise einiger seiner europäischen Satelliten, zu isolieren. Die Vereinigten Staaten laufen Gefahr, auf das zurückgeworfen zu werden, was lange Zeit als ihr größter wirtschaftlicher Vorteil galt: ihre Fähigkeit, sich selbst mit Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Arbeitskräften zu versorgen. Aber sie haben sich bereits deindustrialisiert und haben anderen Ländern außer dem Versprechen, ihnen nicht zu schaden, ihren Handel nicht zu stören und ihnen keine Sanktionen aufzuerlegen, wenn sie sich bereit erklären, die Vereinigten Staaten zum Hauptnutznießer ihres Wirtschaftswachstums zu machen, wenig zu bieten.
Die Hybris nationaler Führer, die versuchen, ihr Reich zu vergrößern, ist uralt – ebenso wie ihr Untergang, der meist an ihnen selbst liegt. Bei seiner zweiten Amtseinführung versprach Trump ein neues Goldenes Zeitalter. Herodot (Geschichte, Buch 1.53) erzählt die Geschichte von Krösus, König von Lydien um 585 –546 v. Chr. im heutigen Westen der Türkei und an der ionischen Küste des Mittelmeers. Kroisos eroberte Ephesus, Milet und benachbarte griechischsprachige Reiche und erlangte Tributzahlungen und Beute, die ihn zu einem der reichsten Herrscher seiner Zeit machten, der insbesondere für seine Goldmünzen berühmt war. Doch diese Siege und dieser Reichtum führten zu Arroganz und Hybris. Kroisos wandte seinen Blick nach Osten, ehrgeizig, Persien zu erobern, das von Kyros dem Großen regiert wurde.
Nachdem er den kosmopolitischen Tempel von Delphi mit beträchtlichen Mengen an Gold und Silber ausgestattet hatte, fragte Krösus dessen Orakel, ob er bei der geplanten Eroberung Erfolg haben würde. Die Priesterin Pythia antwortete: „Wenn du gegen Persien in den Krieg ziehst, wirst du ein großes Reich zerstören.“
Kroisos brach um 547 v. Chr. optimistisch auf, um Persien anzugreifen. Er marschierte nach Osten und griff den persischen Vasallenstaat Phrygien an. Cyrus startete eine spezielle Militäroperation, um Kroisos zurückzuschlagen, besiegte dessen Armee, nahm ihn gefangen und nutzte die Gelegenheit, um sich des Goldes von Lydien zu bemächtigen, um seine eigene persische Goldwährung einzuführen. So zerstörte Kroisos tatsächlich ein großes Reich – allerdings sein eigenes.
Springen wir zurück in die Gegenwart. Wie Krösus, der hoffte, mit seinen Goldmünzen den Reichtum anderer Länder zu erlangen, hofft Trump, dass seine aggressive Handelspolitik es Amerika ermöglichen würde, den Reichtum anderer Nationen zu erpressen und die Rolle des Dollars als Reservewährung zu stärken, um ausländischen Abwehrmaßnahmen gegen die Entdollarisierung und der Schaffung alternativer Pläne für den internationalen Handel und die Haltung von Devisenreserven entgegenzuwirken. Doch Trumps aggressive Haltung hat das Vertrauen in den Dollar im Ausland weiter untergraben und führt zu schwerwiegenden Unterbrechungen in den Lieferketten der US-Industrie, wodurch die Produktion ins Stocken gerät und Entlassungen im Inland drohen.
Die Investoren hofften auf eine Rückkehr zur Normalität, als der Dow Jones Industrial Average nach Trumps Aussetzung der Zölle in die Höhe schoss, nur um dann wieder zu fallen, als klar wurde, dass er weiterhin alle Länder mit 10 Prozent (und China sogar mit 145 Prozent) besteuern würde. Es wird nun deutlich, dass seine radikale Störung des Handels nicht rückgängig gemacht werden kann.
Die von Trump am 3. April angekündigten Zölle, gefolgt von seiner Erklärung, dass dies lediglich seine maximale Forderung sei, über die bilateral mit jedem Land einzeln verhandelt werden müsse, um wirtschaftliche und politische Zugeständnisse zu erlangen (die nach Trumps Ermessen weiter geändert werden können), haben das traditionelle Konzept einer Reihe von Regeln ersetzt, die für alle Länder einheitlich und verbindlich sind. Seine Forderung, dass die Vereinigten Staaten bei jedem Geschäft „der Gewinner“ sein müssen, hat die Sichtweise der übrigen Welt auf ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten verändert. Es entsteht nun eine völlig andere geopolitische Logik, um eine neue internationale Wirtschaftsordnung zu schaffen.
China hat mit eigenen Zöllen und Exportkontrollen reagiert, da sein Handel mit den Vereinigten Staaten eingefroren und möglicherweise lahmgelegt ist. Es scheint unwahrscheinlich, dass China seine Exportkontrollen für viele Produkte, die für die Lieferketten der USA unverzichtbar sind, aufheben wird. Andere Länder suchen nach Alternativen zu ihrer Handelsabhängigkeit von den Vereinigten Staaten, und derzeit wird über eine Neuordnung der Weltwirtschaft verhandelt, einschließlich defensiver Maßnahmen zur Abkehr vom Dollar. Trump hat einen riesigen Schritt in Richtung der Zerstörung eines einst großen Imperiums getan.
Dieser Artikel basiert auf America's Protectionist Takeoff, 1815-1914: The Neglected American School of Political Economy (ISLET, 2010), Michael Hudsons Analyse der politischen Dynamik und Wirtschaftstheorie, die den Aufstieg Amerikas zur Industriemacht geprägt haben.
Über den Autor:
Michael Hudson ist Finanzanalyst und Präsident des Institute for the Study of Long-Term Economic Trends (Institut für die Untersuchung langfristiger Wirtschaftstrends). Er ist renommierter Forschungsprofessor für Wirtschaftswissenschaften an der University of Missouri –Kansas City.
Hudson war als Wirtschaftsberater für die Regierungen der USA, Kanadas, Mexikos und Lettlands sowie als Berater für UNITAR, das Institute for Research on Public Policy und den Canadian Science Council tätig. Hudson hat mehr als zehn Bücher über internationale Finanzpolitik, Wirtschaftsgeschichte und die Geschichte des ökonomischen Denkens verfasst oder herausgegeben.
Er ist Mitglied der Redaktion von Lapham's Quarterly und hat für das Journal of International Affairs, Commonweal, International Economy, Financial Times und Harper's geschrieben. Außerdem ist er regelmäßiger Autor für CounterPunch und Naked Capitalism. Er ist Co-Moderator des Podcasts „Geopolitical Economy Hour“ mit Radhika Desai und wöchentlicher Kommentator mit Richard Wolff in „Dialogue Works“ mit Nima Alkhorshid.
Er bloggt unter Michael-Hudson.com.