Jürgen Rose  – eine Stimme gegen den Krieg!

27. März 2013

Jürgen Rose   – eine Stimme gegen den Krieg!

von Gisbert Otto

Ein aufrechter Offizier in der Bundeswehr   – Oberstleutnant Jürgen Rose   – gerät immer wieder in Schwierigkeiten.

Weshalb? Ist er ein schlechter Offizier? Nein, das wird ihm nicht vorgeworfen. Trotzdem macht man ihm das Leben schwer. Könnte der Grund darin liegen, dass Jürgen Rose den Wandel der Bundeswehr von der Verteidigung hin zur allzeit bereiten Interventionsarmee nicht mitmachen möchte? Ist dieser Wandel tatsächlich vollzogen? Der Artikel 26 (1) des Grundgesetzes gilt doch noch oder spielt dergleichen bereits keine Rolle mehr?

Im Artikel 26 (1) steht, dass Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig sind. Sie sind unter Strafe zu stellen. 

Der Weg hin zur weltweiten Interventionsarmee steht im Widerspruch zu diesem Artikel. Wie war diese Entwicklung möglich? Wieso wurde 1999 beim Wechsel der NATO-Doktrin von der Verteidigung hin zum Angriff die Mitgliedschaft Deutschlands in der NATO nicht in Frage gestellt? Wie kann es sein, dass die Mehrheit des Parlaments für die Aufstockung des Bundeswehreinsatzes im Herbst 2008 in Afghanistan ist, wenn über 90 Prozent der Bevölkerung dagegen sind? Ist hier nicht die Demokratie in äusserster Gefahr? Welche Absichten stehen hinter dieser unheilvollen Politik? Folgt sie dem amerikanischen Weltmachtstreben, das immer mehr auf Widerstand stösst? Denn wer glaubt heute noch, dass die USA im Irak und in Afghanistan am Frieden und am Demokratieaufbau interessiert sind? Jeder weiss doch mittlerweile, dass es im Irak um das Öl geht und in Afghanistan um die Absicherung regionaler Machtansprüche.

Wieso muss Europa und damit auch Deutschland dieser absoluten Machtpolitik hinterherlaufen, bei der die USA an erster Stelle stehen   – dann kommen die Folgsamen und wie es dem Rest der Völker geht, ist scheinbar gleichgültig? Diese Politik einer bedingungslosen „Westanbindung“ ist in der heutigen vernetzten Welt historisch überholt, in der andere Mächte   – insbesondere ehemalige Entwicklungsländer   –  ihre Potentiale erkennen. Dies bekommen die USA überall zu spüren; ihr Ruf als Weltmacht hat stark gelitten.

Dennoch ist der Drang der USA nach absoluter Macht weiterhin stark und die Folgsamen versprechen sich, an dieser Macht teilhaben zu können. Dabei werden sogar Kriege nicht nur in Kauf genommen, sondern bewusst vorbereitet.

Ausbau von Luftwaffe und Marine (Militärdoktrin der Bundesregierung von 2006)

Entsprechend der militärischen Zielsetzung, zukünftig Interventionskriege zu führen, soll vor allem die Luftwaffe und die Marine auf Angriff getrimmt werden. Vom Verteidigungshaushalt entfallen daher nur 15 Prozent auf das Heer, während für die Luftwaffe 25 Prozent und die Marine 40 Prozent veranschlagt werden.

Wie passt diese Militärdoktrin zu einem Land, dessen Staatsziel laut Verfassung die Friedensförderung ist? Sie passt erkennbar überhaupt nicht dazu; sie stellt vielmehr die Verhältnisse auf den Kopf: Menschen, die sich gegen Kriege einsetzen, müssen mit Bestrafung rechnen, während Anhänger der amerikanischen Machtpolitik, die in hohen Positionen sitzen und in arroganter Selbstherrlichkeit offen Rechtsbruch begehen und damit Kriege anzetteln, straffrei ausgehen!

Ist diese Betrachtungsweise einseitig und anti-amerikanisch? Oder ist sie naiv, weil sich die Mächtigen doch durchsetzen werden? Oder darf das so nicht gesagt werden?  Doch, es muss so gesagt werden, weil Kriege ein schreckliches Elend bedeuten und nicht zum Mittel der Politik werden dürfen. Ein wichtiges Ziel dieser Kriegspolitik ist es, den Rechtsbruch als notwendig erscheinen zu lassen. Dazu braucht es handfeste Manipulation und Irreführung, wie zum Beispiel die Lügen über angebliche Massenvernichtungswaffen im Irak, die den Krieg gegen dieses Land im März 2003 auslösten. Das Märchen vom friedenserhaltenden und Demokratie bringenden Krieg kann aber nicht mehr aufrechterhalten werden: Im Irak hat diese Art der Politik zu fast einer Million Toten geführt. Eine unermessliche Schande, die sich die westliche Welt aufgeladen hat. Dennoch wird weiter gelogen und Kriege werden weiter als Notwendigkeiten hingestellt.

Die Tatsache des Rechtsbruches bleibt nichtsdestotrotz bestehen: Die USA brechen mit dem Krieg im Mittleren Osten das Völkerrecht und Deutschland bricht zusätzlich das eigene Grundgesetz. Deshalb muss man dem Rechtsbruch, solange es noch geht, entgegen treten. Es darf den Mächtigen dieser Welt nicht gelingen, die Völker an Kriege zu gewöhnen. Entsprechende Absichtserklärungen gibt es zur Genüge. Auch vom amtierenden Inspekteur des deutschen  Heeres, Generalleutnant Hans-Otto Budde. Dass Oberstleutnant Jürgen Rose über dessen Äusserungen öffentlich gesprochen hat, ist ihm jetzt angelastet worden.

Äusserungen von Generalleutnant Hans-Otto Budde

„Wir brauchen den archaischen Kämpfer.“

 „Auch wenn wir irgendwann sagen können, die Schlachten in Afghanistan oder woanders sind beendet, wird der Kampf gegen den Terrorismus ewig weiter gehen. […] dürfen den Kampf gegen ihn nie aufgeben. Er wird nicht in vierzehn Tagen und auch nicht in vierzehn Wochen zu Ende sein, sondern ewig dauern.“

(http://kaiserslauternamerican.com/article.php?i=4967)

German general visits LRMC, vows to help fight terrorism

Diese Worte hat Jürgen Rose öffentlich bekannt gemacht und folgendes angemerkt:

„Wenn man also von ganz oben her diesen wehrmachtsinspirierten Kämpferkult predigt, solche Latrinenparolen ausgibt …., dann muss man sich nicht wundern, wenn an unterster Ebene solche Kloaken entstehen wie in Calw oder in Coesfeld. Der Fisch beginnt bekanntlich vom Kopf her zu stinken.“

Im Protokoll

„Niederschrift über die Vernehmung eines Soldaten“ vom 27. Mai 2008 sagt Rose weiter, er habe seit 2004 schon mehrfach Einlassungen, das heisst Äusserungen über GenLt Budde gemacht, ohne dass dies beanstandet wurde. Weiter heisst es im Protokoll: „Mit meinen Einlassungen wollte ich GenLt Budde nicht persönlich angreifen, sondern nur auf eine problematische Entwicklung und Einstellungen in der höchsten Bundeswehr-Führung aufmerksam machen […].“

Die Feststellungen von Jürgen Rose erscheinen auf den ersten Blick  ziemlich drastisch zu sein. Wenn man sich aber die verheerenden Folgen einer Führung vor Augen hält, die Kriege als ewig dauernd ansieht, dann können kritische Aussagen dazu gar nicht drastisch genug sein. Der Mensch ist ein soziales Wesen; er ist auf andere   – insbesondere auf die Autoritäten   – ausgerichtet. Wenn diese Autoritäten aber nicht mehr das Wohl des Volkes im Auge haben, dann muss es zum Unglück kommen. In einer solchen Situation gegen die herrschende Meinung Stellung zu nehmen, ist eine besondere menschliche Leistung, für die Jürgen Rose allen Dank verdient.

Der Vorfall in Calw

In welche Konflikte Soldaten kommen können, zeigt der Vorfall in Calw beim Kommando Spezialkräfte (KSK). In einer E-Mail hatte der KSK-Hauptmann Daniel K. den ranghöheren Offizier Rose als „Feind im Inneren“ bezeichnet, den man „zerschlagen“ müsse: „Sie werden beobachtet, nein nicht von impotenten instrumentalisierten Diensten, sondern von Offizieren einer neuen Generation, die handeln werden, wenn es die Zeit erforderlich macht.“

Schlimm ist, dass diese gewalttätige Drohung nur mit einem milden Verweis geahndet wurde. Schlimmer noch ist, dass GenLt Budde in der Tendenz ähnliche Aussagen macht und sich anscheinend seiner Vorbildwirkung nicht bewusst ist. Es entsteht der Eindruck, dass die Bundeswehr-Führung das Fehlverhalten des KSK-Mannes deckt. Eine angemessene Antwort auf die E-Mail des KSK-Hauptmanns wäre ein schwerer Verweis oder die unehrenhafte Entlassung aus der Bundesswehr gewesen.

Die KSK als Kloake zu bezeichnen hat Reizwirkung, weil sie im krassen Gegensatz zum angestrebten Elitebewusstsein dieser Einheit steht. Aber offenbar braucht es solche  Anstösse, weil wir uns sonst wohl kaum mit diesem Thema befassen würden.

Die Ausbildung der Soldaten in der Bundeswehr geht heutzutage in eine Richtung, von der die Öffentlichkeit sich schwerlich genauere Vorstellungen machen kann. Während zum Beispiel Major Florian Pfaff den Gehorsam im Irak-Krieg verweigerte, weil er einen Angriffskrieg weder direkt noch indirekt unterstützen wollte, wird in der Bundeswehr die genau gegenteilige Denk- und Handlungsweise gefördert. Mit dem Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee wurden Spezial- und Eliteeinheiten aufgestellt, die durch stetes Training auf Befehl und Gehorsam getrimmt werden. Diese Soldaten sollen eine ethisch neutrale Einstellung zum Töten von Menschen bekommen; Gewissensprobleme sollen vermieden werden. Bei dieser Einstellung zum Krieg, die in keinem Moment berücksichtigt, dass Kriege immer den Interessen weniger dienen, fährt es einem kalt über den Rücken. Es scheint, dass die Bundeswehr seelenlose, gut funktionierende Auftragssoldaten heranziehen möchte   – eine menschliche Herabwürdigung sondergleichen.

(Genauere Informationen zur Gehorsamsverweigerung von Florian Pfaff finden Sie auf dieser Homepage unter „Major Florian Pfaff: Beförderungssperre rechtswidrig   – Pazifismus erlaubt“ und unter „Gehorsam bis zum Verbrechen?“   – Tatsachenroman von Gisbert Otto).

Bundeswehrinformationsplattform „aktuell“

Auf der Bundeswehrinformationsplattform „aktuell“ wurde am 14. März 2008 ein Text mit dem Titel „Iran: Atomare Bedrohung Israels“ veröffentlicht (Bitte lesen Sie diesen Text am Ende dieses Artikels). Auch ohne den Text zu lesen, ist die Botschaft klar: Der Iran wird als gefährliche Bedrohung hingestellt. Das ist auch der Zweck solcher Titel: Die Stimmung gegen den Iran soll angeheizt werden; das ist Voraussetzung für jeden Krieg. Nach den unglaublichen Lügen, mit denen der Irak-Krieg in die Wege geleitet wurde, hat ganz offensichtlich niemand etwas dazugelernt oder lernen wollen, denn die jetzigen Angriffsargumente sind genauso wenig beweisbar wie seinerseits Saddams Massenvernichtungswaffen.

Der Krieg gegen den Iran war schon einmal geplant. Er wurde aufgrund amerikanischer Geheimdienstberichte (National Intelligence Estimate   – NIE   – von 2007) zurückgestellt. Jetzt   – ein Jahr später   – ist ein Angriff gegen den Iran erneut im Gespräch. Im Artikel auf der Bundeswehrinformationsplattform „aktuell“ werden die Folgen eines iranischen Atomangriffes auf Israel diskutiert. Zugleich wird gesagt, dass dieser atomare Schlag „noch in weiter Ferne“ liege. Denn der Iran verfügt zurzeit nicht über Atomwaffen. Was sollen diese hypothetischen Annahmen? Der Iran kann keinen Atomangriff starten, wohl aber können das Israel und die USA; davon steht aber nichts im Text. Zugleich wird im Artikel das Bild einer Nukleardetonation gezeigt mit der Legende: Taktische Atomwaffen sind nur eine Weiterentwicklung der Artillerie   – also nichts Besonderes. Dabei ist der Einsatz von Atomwaffen absolut menschenverachtend; er ist die äusserste Form der Unmenschlichkeit; er ist völkerrechtswidrig. Leider ist es Tatsache, dass Waffen mit abgereichertem Uran bereits tonnenweise eingesetzt wurden. Der Einsatz dieser Waffen wird jedoch geleugnet   – auch von Deutschland (Bitte lesen Sie dazu den Text auf dieser Homepage. „Offener Brief: Uran-Waffen   – Sorgfaltspflicht gegenüber Parlament und Volk missachtet“). 

Anlässlich des Artikels „Iran: Atomare Bedrohung Israels“ bezeichnete Jürgen Rose die Bundeswehrinformationsplattform „aktuell“ als „Desinformations- und Propagandaplattform“, die „Kriegspropaganda gegen den Iran“ betreibe. Viele Leser werden diese Meinung mit Jürgen Rose teilen. Den Artikel „Iran: Atomare Bedrohung Israels“ hat Jürgen Rose per E-Mail an Willy Wahl in Zürich geschickt mit der Bitte, dieses E-Mail breit zu verteilen.

Anfeindungen gegen Oberstleutnant Rose

In einem dienstlichen Schreiben vom 16. Mai 2008 an den Chef des Stabes WBK IV hat Jürgen Rose das Mitglied des Deutschen Bundestages Dr. Stinner als „Denunzianten“ bezeichnet.

Dazu Jürgen Rose in der „Niederschrift über die Vernehmung eines Soldaten“ vom 27. Mai 2008

„Zu den Vorwürfen gegenüber Dr. Stinner bemerke ich folgendes: Aus meiner Sicht stellen die Aktivitäten des Dr. Stinner den Versuch dar, mich aus politischen Gründen irgendwelcher Dienstvergehen zu beschuldigen. Dies war für mich der Anlass für die inkriminierte Formulierung in der Kurzmitteilung an den ChdSt.“

In der „Niederschrift über die Vernehmung eines Soldaten“ vom 19. Mai 2008 steht folgende Aussage von Jürgen Rose: „Ich fühle mich durch die mehrfachen Initiativen des Abgeordneten Dr. Stinner, mich wegen meiner Meinungsäusserungen bei meinen Vorgesetzten anzuschwärzen, denunziert“.

Diese Aussagen sprechen für sich.

Diziplinarbusse von Euro 3.000,--

Am 28. Mai 2008 wurde gegen Oberstleutnant Jürgen Rose eine Diziplinarmassnahme mit einer Busse von Euro 3.000,-- verhängt. Anlass dafür waren seine in diesem Artikel aufgeführten Äusserungen und das Verschicken des Artikels „Iran: Atomare Bedrohung Israels“ per E-Mail, wobei Jürgen Rose aus disziplinarrechtlichen Gründen jeweils darauf hinweist, dass er als Privatperson spricht.

An die Leser dieses Artikels

Jürgen Rose ist das Vorbild eines Soldaten. Er repräsentiert den „Bürger in Uniform“, Leitbild der Bundeswehr bei ihrer Gründung. Dass er heute noch an diesem Leitbild festhält, ist ausserordentlich. Ausserordentlich ist aber auch der Druck, der auf ihn ausgeübt wird.

Unterstützen Sie Jürgen Rose. Schicken Sie ihm ein E-Mail. Es braucht nicht viel; er freut sich über jedes Ihrer Worte. Seine Mail-Adresse ist: j-rose@t-online.de  

Wir finden es auch richtig, wenn die Euro 3.000,-- von uns Bürgern aufgebracht werden. Wenn das für Sie möglich ist und Sie an dieser Aktion teilnehmen möchten, wäre dies ein weiteres Signal gegen den Krieg: Das NEIN zum Krieg muss stärker werden!

Wir haben dafür ein Friedenskonto bei „Ossietzky“ eingerichtet /

Konto Nummer: 900 369 426 bei der Stadtsparkasse Hannover, Bankleitzahl 250 501 80 („Friedenskonto“)

Jürgen Rose spricht für uns. Wir haben genug vom überholten Freund-/ Feinddenken   – wir haben genug von den Lügen, mit denen die Völker und Menschen aufeinander gehetzt werden. Wir durchschauen das Prinzip der Mächtigen: Teile und Herrsche. Da machen wir nicht mehr mit   – Kriege sind überholt!

Liebe Freunde, verehrte Kollegen,

gegen die antidemokratische Sanktionswut einer neofeudalistisch verfaßten Militärgerichtsbarkeit hat sich inzwischen zivilgesell-schaftliche Solidarität konstituiert. Demokratische Bürger, die unbeirrbar am grundgesetzlichen Friedensgebot und den verfassungsmäßig garantierten Grundrechten festhalten, haben ein "Friedenskonto" (Stadtsparkasse Hannover, BLZ 250 501 80, Kontonummer 900 369 426, "Ossietzky-Friedenskonto") eingerichtet. Damit wollen sie Soldatinnen und Soldaten, die aufgrund ihrer Widerständigkeit gegen die völkerrechts- und grundgesetzwidrige Kriegspolitik rechtsverräterischer Bundesregierungen der Bestrafung durch die militärische Sonderjustiz zum Opfer gefallen sind, helfen, die gegen sie verhängten Disziplinarbußen zu entrichten. Zugleich soll hierdurch ein Zeichen gesetzt werden für den Frieden und gegen Globalisierungskriege, für das Leitbild vom "demokratischen Staatsbürger in Uniform" und gegen autoritäre Willkür in den Streitkräften, für die Gewissensfreiheit und gegen bedenkenlosen Kadavergehorsam.

Nähere Informationen zu der Aktion "Friedenskonto" und den Hintergründen finden sich in den beigefügten Materialien. Für Rückfragen stehe ich unter u. a. Nummern gerne zur Verfügung. Eine maximale Verbreitung dieser Nachricht ist nachdrücklich erwünscht.

In dubio pro libertate!

Jürgen Rose

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