Der F-35-Skandal braucht ein Opfer
Alle wollen die Schweizer Ex-Bundesrätin Viola Amherd zum alleinigen Sündenbock machen. Weil sie uns vor fünf Jahren im Abstimmungskampf einen Festpreis von 6 Milliarden Dollar für den F-35 versprach. Das ist unfair. Neben der Oberwalliserin sassen damals folgende Damen und Herren im Bundesrat: Ignazio Cassis, Karin Keller-Sutter, Guy Parmelin, Simonetta Sommaruga, Alain Berset und Ueli Maurer, der Finanzminister.
Sie alle – oder zumindest ihre Mitarbeiter – kannten das Gutachten der eidgenössischen Finanzverwaltung, das festhielt, der angebliche Festpreis sei in Wirklichkeit kein Festpreis. Wenn nur eine Bundesrätin oder nur ein Bundesrat öffentlich Zweifel an diesem Geschäft geäussert hätte, wäre die Vorlage abgelehnt worden. Fehlanzeige! Klar ist auch: Die Yankees können jederzeit digital per Knopfdruck entscheiden, ob die Maschinen starten dürfen oder eben nicht.
Der Dollar wird auf 70 Rappen sinken.
Letzte Woche sank der Kurs des Dollars erstmals unter 80 Rappen. Trump erhöht den Druck auf die Fed, damit der Kurs noch weiter sinkt. Trump wird sich gegen die Fed durchsetzen. Der Dollar wird auf 70 Rappen sinken. Wer amerikanische Staatsanleihen im Depot hat, wird bluten – wie unsere Nationalbank. Diese müsste sofort aussteigen, damit der Schaden nicht laufend grösser wird. Im Vertrag garantiert die Schweiz den USA einen festen Wechselkurs. Nur schon im Rahmen dieses Geschäfts ist die zweite Milliarde futsch. Gesamthaft – Depot der Nationalbank inklusive – sind es währungsseitig mehr als 25 Milliarden.
Wer Kompensationen verlangt, kauft teurer ein. In der Regel ohne dauerhafte Vorteile für die heimische Industrie. Genau das hat die Schweiz gemacht. Dritte Milliarde futsch.
Trump wird mit der Schweiz Katz und Maus spielen. Weil wir kein Rückgrat haben.
Und wer ein Auto auf Raten kauft, beginnt mit den Ratenzahlungen erst, wenn der Wagen in seiner Garage steht. Anders ist es bei diesem Ratenvertrag: Wir zahlen absehbar 4 Milliarden Dollar, bevor der erste atomwaffenfähige Bomber F-35 in Payerne landet. Der Kaufpreis wird bei 8 Milliarden Dollar zu liegen kommen. Und danach werden uns die Amerikaner bei Wartung, Unterhalt und Ersatzteilen erst richtig abzocken. Dies umso mehr, als die Amis die Flieger ohne wirksame Waffen liefern.
Wie viel hat der Bund jenen Juristen bezahlt, die ihm bestätigten, der Vertrag sehe eine Festpreisgarantie vor? Geht der Bund gegen diese Gefälligkeitsgutachter zivilrechtlich vor? Schweigen im Walde.
Offenbar sind die Tarnkappenbomber gar nicht so unsichtbar wie behauptet. So soll die weitgehend inexistente iranische Luftabwehr zwei von ihnen abgeschossen haben.
Wenn es nach Annahme der Bilateralen 3 bei Vertragsinterpretationen eine Differenz mit der EU geben sollte, sehen die Verträge ein unheimlich langes und kompliziertes Verfahren vor. Anders hier: Es gibt gar kein Verfahren bei Meinungsdifferenzen.
Was unternimmt die rechtsnational-bürgerliche Mehrheit im Parlament? Darf das Volk nach dem Einsturz des ganzen Lügengebäudes von SVP, FDP und Mitte wenigstens über die Frage «Lieber ein Ende mit Schrecken oder ein Schrecken ohne Ende?» abstimmen? Die SVP wird eine Volksabstimmung verhindern.
Denn Trump ist brutal und zurzeit leider auch brutal erfolgreich unterwegs.

Nach seinem Dafürhalten wollen alle seinen Arsch küssen.(Bildquelle: Globalbridge)
Er wird mit der Schweiz wie mit fast allen Staaten – China ausgenommen – Katz und Maus spielen. Weil wir kein Rückgrat haben.
Ist Trump unberechenbar? Das glaube ich nicht. Er wird folgende Punkte durchsetzen: Erstens Zölle von mindestens 10 Prozent auf alle Schweizer Exporte, weil wir Angst haben vor zollfreien amerikanischen Steaks und Chlor-Poulets. Zweitens Senkung der stark überteuerten Medikamentenpreise in den USA, damit Trumps unsoziale Reformen weniger hart durchschlagen. Drittens Kauf der F-35-Kampfjets ohne Festpreisgarantie. Viertens keine Gegenzölle auf digitale Dienstleistungen.
Alte Bauernregel: Jeder Skandal braucht ein Opfer, damit alles so bleibt, wie es schon immer war. Viola Amherd ist das Opfer. Der Gipfel der Frechheit: Die Mittäterin Karin Keller-Sutter lässt sich bereits als Aufräumerin feiern. Bananenrepublik Schweiz, gesteuert von Spindoktoren. Die Trump-Kuscherin wird uns ein Loch von 50 bis 70 Milliarden einfahren. Zwanzig Mal mehr als Viola Amherd. Leider.

Der Autor Peter Bodenmann ist Hotelier in Brig und ehemaliger Präsident der SP Schweiz.
Bilder, Titel und Hervorhebungen seniora.org
-
Quelle: WELTWOCHE - Mit freundlicher Genehmigung übernommen