Doctorow: Wladimir Putins Staatsbesuch in China, wie das indische Weltfernsehen WION berichtet
Wie Sie aus diesem Gespräch und aus den Nachrichten auf dem Laufband am unteren Bildschirmrand ersehen können, verfügt Indiens globaler englischsprachiger Sender* über ein gut informiertes und differenziertes Verständnis der anstehenden Fragen.
Nachstehend das Transkript eines Lesers
WION, Shivan Chanana: 0:00
Der russische Präsident Wladimir Putin hält sich zu seinem ersten Auslandsbesuch in China auf, nachdem er zum fünften Mal zum Präsidenten Russlands wiedergewählt und vereidigt wurde. Der russische Präsident hat eine große Delegation mitgebracht, die aus fünf stellvertretenden Premierministern, Leitern von Wirtschafts-, Diplomaten- und Sicherheitsbehörden sowie einer Reihe von Spitzenmanagern aus Russland besteht. Was ist hier zu erwarten? Was ist von China und Russland zu erwarten, wenn sie sich in ihrer grenzenlosen Partnerschaft annähern? Mehr dazu erfahren wir von Dr. Gilbert Doctorow, Autor, Historiker und politischer Kommentator, der aus Brüssel zugeschaltet ist.
Dr. Doctorow, es ist immer ein Vergnügen, mit Ihnen zu sprechen; willkommen bei WION. Warum hat Putin China für seinen ersten Staatsbesuch nach seiner Wiederwahl ausgewählt?
Doctorow: 0:43
Das beruht vollständig auf Gegenseitigkeit. Es unterstreicht die sehr engen Beziehungen zwischen beiden Ländern, die in der ganzen Welt der engste Partner des jeweils anderen sind. Und seit Präsident Xi Russland als erstes Land einer Auslandsreise nach seiner Wahl bzw. Wiederwahl zum Präsidenten besucht hat, tut Herr Putin genau das Gleiche.
Chanana:
Doktor Doctorow, es ist auch ein Treffen hinter verschlossenen Türen mit Xi Jinping und Herrn Putin geplant. Und das wird im 1-plus-4-Format stattfinden. Außer den 10 Diplomaten und natürlich den Staatsoberhäuptern werden keine weiteren Personen in diesem geschlossenen Raum anwesend sein. Was erwarten Sie von diesen Gesprächen? Es wird nämlich gesagt, dass sie dort über die Ukraine sprechen werden.
Doctorow: 1:33
Ich denke, ganz oben auf der Tagesordnung werden die Absicht der Russen stehen, taktische Atomwaffen auf dem Schlachtfeld einzusetzen. Dies ist eine neue Entwicklung, eine noch nie dagewesene Entwicklung, und Herr Putin hat angekündigt, dass Russland dazu bereit sei, und hat angeordnet, dass mit den Einheiten des Zentralen Militärbezirks, die in der Nähe der Ukraine operieren, Übungen, Militärübungen durchgeführt werden, um alle Arten von Trägersystemen für diese Atomwaffen zu üben. Die Chinesen sind sehr vorsichtig, sehr vorsichtig, wenn es darum geht, die Büchse der Pandora der Atomwaffen zu öffnen, und ich denke, dies wird ein wichtiges Thema für die Gespräche zwischen den Staats- und Regierungschefs sein.
Chanana: 2:18
Es ist interessant, dass Sie taktische Atomwaffen erwähnt haben. Natürlich hat Russland in letzter Zeit viel mit dem Säbel gerasselt, wenn es um Atomwaffen ging. Sie haben direkt vor der Ukraine im südlichen Militärbezirk und auch in Weißrussland Atomwaffen-Übungen durchgeführt. Aber was China betrifft, so hat es deutlich gemacht, dass es sich nicht auf irgendeine Art von militärischer Verflechtung einlassen will, sondern dass es auf den Frieden hinarbeiten will. Wenn Sie also glauben, dass die taktischen Nuklearwaffen hinter verschlossenen Türen diskutiert werden, inwieweit glauben Sie, dass China daran beteiligt sein wird, wenn es auf dem Schlachtfeld weitergeht?
Doctorow: 2:56
Ich denke, China wird Herrn Putin seine Zustimmung zu seinen jüngsten Erklärungen über den Einsatz taktischer Atomwaffen geben. Dies wird eine große Veränderung in der Position Chinas bedeuten, aber auch andere, prinzipielle Elemente ihrer Nuklearpolitik in China werden in Chengjing überprüft. Wenn Russland und China ihre beabsichtigten Gespräche über die Unterstützung, die Russland China mit seinem Frühwarnsystem für ankommende Raketen gewähren kann, fortsetzen, würde dies wahrscheinlich Chinas Politik in Bezug auf deren Einsatz ändern. Bisher war es Chinas Politik, einen nuklearen Gegenangriff nur dann zu starten, wenn es von einem anderen Land physisch angegriffen wurde. Dies soll sich nun ändern, je nach den Ergebnissen der Gespräche mit Russland, um die beiden Länder in eine einzige Luftverteidigungszone zu integrieren. Wenn dies erfolgreich verläuft, wird China seine eigene Politik in Bezug auf den Einsatz von Atomwaffen ändern und zu einem Einsatz nach entsprechender Warnung übergehen, was eine sehr große Veränderung für die Weltpolitik darstellt.
Chanana: 4:11
Auf jeden Fall. Ich meine, das sind sehr interessante Bemerkungen, die Sie gemacht haben, und wir werden das natürlich genau verfolgen, um zu sehen, wie es weitergeht, denn dieser Besuch von Herrn Putin in China kommt nur wenige Tage nach einer Regierungsumbildung, wenige Tage nach einer Kabinettsumbildung, und Herr Jinping ist gerade aus Europa nach seiner erfolgreichen Europatournee zurückgekehrt. Glauben Sie, dass sich dies auf die Beziehungen zwischen Russland und China auswirken wird? Glauben Sie, dass die Tatsache, dass Xi Jinping eine erfolgreiche Europareise hatte, die Beziehungen zwischen Russland und China beeinflussen wird? Oder wird dies Putin den Weg nach Europa öffnen?
Doctorow: 4:47
Ich denke, wir sollten überlegen, wie und warum dieser Besuch von Xi erfolgreich war. Wenn Sie die Financial Times lesen, würden Sie sagen, es war ein Misserfolg; er hat nichts erreicht. Aber Ihrer Aussage entnehme ich, dass WION das anders sieht, und ich stimme Ihnen zu. Ich denke, es war eine bemerkenswert erfolgreiche Reise, die genau das bewirkt hat, wovor die Mainstream-Medien im Westen warnen, nämlich eine Kluft zu vertiefen, die bereits bestand, und zwar zwischen mehreren EU-Mitgliedstaaten und der großen Mehrheit dieser Staaten, die alle an der von Washington diktierten Politik arbeiten. Dazu gehören insbesondere Serbien, Ungarn und sogar Frankreich. Erstaunlicherweise gelang es Xi, seine Freunde, die Franzosen, als Gesprächspartner bei der Stange zu halten, indem er ihnen das Versprechen von Industrieinvestitionen gab, insbesondere im Bereich der Elektrofahrzeuge, die in Europa und der Welt eine große Zukunft haben.
Chanana: 5:54
Dr. Doctorow, die Diplomaten konzentrieren sich auf die Vorbereitung eines Gipfels zum Friedensplan für die Ukraine, der nächsten Monat in der Schweiz stattfinden soll. Glauben Sie, dass China daran teilnehmen wird?
Doctorow:
Das ist fraglich. Die Tatsache, dass Russland nicht anwesend sein wird, hat einen großen Einfluss auf Chinas Denken. Sie haben sich nicht beeilt, ihre Absichten zu verkünden, aber ich denke, dass sie kurz vor der eigentlichen Eröffnung des Treffens eine Erklärung abgeben werden, dass sie nicht teilnehmen werden, weil es keine Möglichkeit gibt, produktiv zu sein, aber wir werden sehen.
Chanana:
Es ist immer ein Vergnügen, mit Ihnen zu sprechen, Herr Doktor. Ihr tiefgreifendes Verständnis der Weltpolitik bringt immer sehr interessante Einblicke, und Ihre Kommentare sind definitiv auch für unsere Zuschauer aufschlussreich. Wir werden das weiter verfolgen, um zu sehen, inwieweit diese Entwicklungen mit dem übereinstimmen, was wir heute besprochen haben. Ich danke Ihnen vielmals.
Das war Dr. Gilbert Doctorow, der uns aus Brüssel zugeschaltet ist. Er ist Autor, Historiker und politischer Kommentator.
Doctorow: 6:54
Vielen Dank für die Einladung und Ihre freundlichen Worte.
Chanana:
Ich danke Ihnen.
*Putin Meets Xi in China | Tactical nuclear deployment being discussed in closed door meet? |
Russian President Vladimir Putin is in the China on his first foreign visit after being re-elected and sworn in as Russia’s president. The Russian president has brought a large delegation consisting of five deputy prime ministers, heads of economic, diplomatic and security agencies - along with a number of CEO's. There will also be a closed door meeting with Xi - in the ‘1+4 format’ - what to expect? What's on the cards? WION's Shivan Chanana discusses with Dr. Gilbert Doctorow Historian, Author and Political Commentator from Brussels.
Quelle: https://gilbertdoctorow.com/
Mit freundlicher Genehmigung von Gilbert Doctorow
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus
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