Doctorow: „Judging Freedom“: Ausgabe vom 19. September
Ich erkläre hier, wie und warum sie die uns zur Verfügung stehenden analytischen Instrumente nicht richtig einsetzen und den Kontext der jüngsten öffentlichen Äußerungen von Personen wie Boris Johnson, Lloyd Austin und Wladimir Putin nicht berücksichtigt haben. Was die ersten beiden betrifft, so haben die meisten meiner Kollegen im Voraus entschieden, dass es sich bei ihnen um „Clowns“ handelt, und lehnen alles von vornherein ab, was aus professioneller Sicht ein unverzeihlicher Fehler ist.
Wie ich bereits in früheren Essays gesagt habe, sind wir verpflichtet, unsere Differenzen darzulegen und, wenn möglich, die Quellen für unsere Urteile und Äußerungen genau zu benennen, wenn wir unsere Anhänger in die Lage versetzen wollen, selbstständig zu denken.
Es gibt viele verschiedene Punkte in diesem 25-minütigen Interview, von denen ich hoffe, dass sie für die Zuhörer aufschlussreich oder herausfordernd sind. Ich möchte jedoch im Folgenden zwei davon hervorheben.
Was Boris Johnsons kleine Rede auf der Jalta-Europakonferenz in der Ukraine letzte Woche betrifft, in der er in den schmeichelhaftesten Worten über die militärischen Fähigkeiten der Ukraine und ihre zukünftige Rolle in der europäischen Verteidigung sprach, so halte ich es für einen Fehler, alles auf Wahnvorstellungen zurückzuführen, wie es so viele meiner Kollegen tun. Ich muss Boris in Bezug auf den Heldenmut und die Tapferkeit vieler ukrainischer Soldaten zustimmen. Dass 600.000 von ihnen sinnlos abgeschlachtet wurden, ist eine nationale Tragödie, für die die Bande um Selensky, die die Macht fest im Griff hat, verantwortlich ist, zusammen mit den zynischen und grausamen NATO-Unterstützern seines Regimes. Ich habe bereits früher gesagt und wiederhole es heute, dass der russische Vormarsch im Donbass und jetzt die Säuberungsaktion in Kursk kein Zuckerschlecken sind. Die Russen stehen harten Kämpfen gegenüber, die dem Restpatriotismus und dem Mut der ukrainischen Soldaten zu verdanken sind.
Was Lloyd Austin betrifft, so verweise ich auf seine Antwort gegenüber einem Reporter auf die Frage, ob er Kiew die Erlaubnis erteilt habe, NATO-Raketen einzusetzen, um das Kernland Russlands anzugreifen. Dieser Austausch fand einige Tage vor dem Zeitpunkt statt, an dem Wladimir Putin seine Warnung vor dem Einsatz von NATO-Raketen auf diese Weise aussprach. Austin sagte, 1) Kiew habe keinen Bedarf an Storm Shadow, da es über andere Mittel verfüge, um militärische Ziele tief in Russland anzugreifen, 2) die Russen hätten ihre Bomber und Waffenlager bereits außerhalb der Reichweite von Storm Shadow abgezogen. Diese Argumente waren klar und korrekt. Dementsprechend scheint das US-Militär nicht nur Muskeln, sondern auch Köpfchen zu haben.
Ich gehe davon aus, dass mein Hinterfragen von Colonel Douglas Macgregor nicht unbeantwortet bleiben werden, wenn er später am Tag am Mikrofon von Judging Freedom an der Reihe ist. Aber das ist gut so, wenn das Publikum auf Trab gehalten werden soll.
https://www.youtube.com/watch?v=KjsOR32wcds&t=5s
Quelle: https://gilbertdoctorow.com/
Mit freundlicher Genehmigung von Gilbert Doctorow
Die Übersetzung besorgte Andreas Mylaeus
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