Skip to main content

Heinemann zum Krieg

25. Februar 2014

Heinemann zum Krieg

Die Rede von Bundespräsident Joachim Gauck auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 schlägt weiterhin hohe Wellen.

Einer seiner Vorgänger als Bundespräsident hielt eine vielbeachtete Rede, die in weiten Teilen konträr zur Rede des aktuellen Bundespräsidenten steht   – und nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat

Gustav Heinemann:  "Meine Damen und Herren, ich trete das Amt in einer Zeit an, in der die Welt in höchsten Widersprüchlichkeiten lebt. Der Mensch ist im Begriff, den Mond zu betreten, und hat doch immer noch diese Erde aus Krieg und Hunger und Unrecht nicht herausgeführt.

Der Mensch will mündiger sein als je zuvor und weiß doch auf eine Fülle von Fragen keine Antwort.

Unsicherheit und Resignation mischen sich mit der Hoffnung auf bessere Ordnungen. Wird solche Hoffnung endlich erfüllt werden? Das ist eine Frage an uns alle, zumal an uns hier, die wir kraft der uns erteilten Mandate Verantwortung für unsere Mitbürger tragen. 

Ich sehe als erstes die Verpflichtung, dem Frieden zu dienen.

Nicht der Krieg ist der Ernstfall, in dem der Mann sich zu bewähren habe, wie meine Generation in der kaiserlichen Zeit auf den Schulbänken lernte, sondern der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir alle uns zu bewähren haben. Hinter dem Frieden gibt es keine Existenz mehr. (…)

Ich appelliere an die Verantwortung in den Blöcken und an die Mächte, ihre Zuversicht auf Sicherheit nicht im Wettlauf der Rüstungen, sondern in der Begegnung zu gemeinsamer Abrüstung und Rüstungsbegrenzung zu suchen. [Beifall] Abrüstung erfordert Vertrauen.

Vertrauen kann nicht befohlen werden; und doch ist auch richtig, dass Vertrauen nur der erwirbt, der Vertrauen zu schenken bereit ist. Es gehört zu den vornehmsten Aufgaben unserer Politik, Vertrauen aufzuschließen. Dieser Aufgabe sind alle Machtmittel unterzuordnen   – die zivilen und die militärischen. (…) 

Wir werden erkennen müssen, daß die Freiheit des einzelnen nicht nur vor der Gewalt des Staates, sondern ebensosehr vor ökonomischer und gesellschaftlicher Macht geschützt werden muß. Der Einfluß der Verbände und ihrer Lobbyisten steht oft genug im Gegensatz zu unserer Ordnung, in der Privilegien von Rechts wegen abgeschafft sind, aber in der sozialen Wirklichkeit noch weiter bestehen. (…)

Es gibt schwierige Vaterländer. Eines davon ist Deutschland. Aber es ist unser Vaterland. Hier leben und arbeiten wir. Darum wollen wir unseren Beitrag für die eine Menschheit mit diesem und durch dieses unser Land leisten. In solchem Sinne grüße ich auch von dieser Stelle alle deutschen Bürger." [Lebhafter Beifall]

Zu seinem Amtsantritt als Bundespräsident am 1. Juli 1969 hielt Gustav Heinemann diese Rede. 

The english version you find here:
http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/sub_document.cfm?document_id=169

Quelle:
https://www.versoehnungsbund.de/2014-heinemann

Hintergrund zu den Reden von Gauck, Steinmeier und von der Leyen ist die Studie „Neue Macht   – Neue Verantwortung“

Diese Studie ist das Ergebnis des Projekts "Elemente einer außenpolitischen Strategie für Deutschland", einer gemeinsamen Initiative des German Marshall Fund of the United States und der Stiftung Wissenschaft und Politik und wurde durch den Planungsstab des Auswärtigen Amts gefördert.

"Die Bedeutung dieser Studie für die zukünftige stärker militärische Ausrichtung Deutschlands kann meines Erachtens kaum hoch genug eingeschätzt werden". (C. Ronnefeldt)

Mehr dazu:
https://www.versoehnungsbund.de/node/565

Weitere Beiträge in dieser Kategorie