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Die deutschen Oppositionsparteien brauchen Sahra Wagenknecht, um Merkel zu besiegen.

Sergey Gladysh
02. Februar 2017
Der angesehene deutschen Journalist und Politiker Ralph Niemeyer erklärt, das Angela Merkels Regierung nur gestoppt werden kann, wenn die Linken und die Sozialdemokraten sich hinter einer Kandidatin wie Sahra Wagenknecht zusammenschließen. (Obwohl einige Passagen durch Ereignisse in der letzten Zeit überholt sind, halten wir das Interview für aktuell und lesenswert)

Sarah Wagenknecht gutes Bild

Sarah Wagenknecht

Dies ist ein exklusives Interview mit Ralph Niemeyer für The Duran1). Den englischen Originaltext finden Sie am Ende der Übersetzung.

Herr Niemeyer, die USA werden bald von Donald Trump regiert. Es gibt Menschen, die sagen, dass Trump die Welt auf den Kopf stellen wird. Werden die Menschen in Europa und der sogenannten 'freien Welt' Präsident Obama vermissen?

Lasst uns Klartext reden: Es sind nicht die Menschen der 'freien Welt', die Herrn Obama vermissen werden, sondern die anerkannten Medien der breiten Masse (mainstream media) und die Eliten, die befürchten, dass der neue Präsident nicht kontrolliert werden kann. Herr Trump hat offensichtlich keine Angst vor der Schattenregierung oder dem tiefen Staat (deep state)2) , dem Geheimdienst, der CIA, und aus diesem Grund sagt er, was er denkt, und er wird wahrscheinlich auch tun, was er will. Es ist erfrischend demokratisch, einen Präsidenten zu sehen, der nicht voller Furcht steckt und ohne Skript spricht.

Kann man dann wohl sagen, dass Sie Herrn Trump mögen?

Nein, weil ich seine Arroganz nicht leiden kann, seinen Fremdenhass, seine Einstellung zu Frauen, Moslems, Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGTB)3) und zu Minderheiten; aber ich sehe ihn aus der pragmatischen und nicht aus der philosophischen Warte heraus. Seine Wirtschaftspolitik könnte sich als gut für die amerikanischen Arbeiter erweisen, wohingegen ihn seine Zugehörigkeit zum großen Geld auch an die Wall Street bindet.

Ich selber bin nicht allzu besorgt wegen seiner Innenpolitik, weil ich nicht in den USA lebe, aber ich hätte dennoch nicht für Frau Clinton gestimmt. Sie hatte keine wirklichen Alternativen zu bieten. Für uns Europäer kann sich die Wahl Trumps als fruchtbar erweisen, wenn wir daran arbeiten, uns von der Dominanz der USA zu emanzipieren.

Dominanz der USA? Erläutern Sie das bitte näher.

Obama benutzte die US-Luftwaffenstützpunkte in Deutschland, um sowohl seine Kriege in Libyen, Irak und Syrien als auch seinen Drohnen-Krieg in Afghanistan und Pakistan zu führen. Mr. Trump zeigt jetzt weniger Interesse daran, die Welt zu überwachen, und das wird uns Raum geben, um ein wenig unabhängiger zu agieren.

Wann immer Deutschland in den vergangenen 100 Jahren versuchte, mit den Russen zu kooperieren, traten die Amerikaner dazwischen. Jetzt tut sich eine neue Gelegenheit auf, wenn Herr Trump und Herr Putin miteinander sprechen und Lösungen finden zum Ukraine- und Syrien-Konflikt. Deutschland könnte auch wieder eine bessere Beziehung zu Russland aufbauen.

Denken Sie, dass Frau Merkel ihre Politik neu ausrichten wird auf Putin?

Nein, ich denke, ihre Zeit ist vorbei.

Wollen Sie damit sagen, dass sie die Wahl im September verlieren wird?

Das würde sie, wenn meine Partei, die Sozialdemokraten, mutig genug wäre, sich mit den Grünen die Die Linke zusammen zu schließen, um einstimmig Sahra Wagenknecht als unsere Kanzlerkandidatin aufzustellen.

Was hält Ihre Partei davon ab?

Der Vizekanzler und Parteivorsitzende Sigmar Gabriel kann nicht über seinen eigenen Schatten springen. Er weiß, dass er, wenn er kandidieren würde, vielleicht 20% bekäme, und nicht 40%, wie es bei der SPD üblich war unter den Kanzlern Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder. Unglücklicherweise gibt es keine charismatischen Kandidaten in unserer Partei   – daher sollte man eine Plattform mit Die Linke und den Grünen bilden.

Die dem rechten Flügel angehörende Partei Alternative für Deutschland (AfD) wird Frau Merkels Christlich Demokratischer Union (CDU) 10% der Wählerstimmen wegnehmen, und das würde einer Mitte-Links-Mehrheit eine Chance eröffnen, aber nur, wenn die SPD mindestens 35% gewönne. Ich glaube, wir werden uns begnügen müssen mit einer noch nie dagewesenen Koalition zwischen CDU und den Grünen, was zu weiteren 4 Jahren mit Frau Merkel führen wird.

Sahra Wagenknecht scheint nicht nur von den zur Zeit dominierenden Medien (mainstream media) angegriffen zu werden, sondern auch von ihrer eigenen Partei , da sie einen härteren Standpunkt zu den Flüchtlingen vertritt und die Regierung für den Terror-Angriff in Berlin verantwortlich macht und sie beschuldigt, Personal bei der Polizei abgebaut zu haben. Ist das ein linksorientierter Standpunkt?

Ja, man sollte diese Aussagen wirklich sehr sorgfältig diskutieren. Es ist keine linke Position, wenn man als Antwort auf Terror-Attacken mehr Polizei fordert, aber was sie aufgezeigt hat, ist, dass die Ursachen für den Terror in Europa im Zusammenhang stehen mit der Politik Deutschlands, Europas und auch der USA in Bezug auf den Nahen Osten und Nordafrika (MENA)4).

Sie hat die Flüchtlinge nicht in Zusammenhang gebracht mit den Terrorattacken, aber sie hat zu Recht darauf hingewiesen, dass eine unkontrollierte Einwanderung Probleme schafft, auf die der Staat nicht angemessen reagiert hat. Menschen in Dein Land zu lassen, ist eine Sache, sie als gleichwertige Bürger zu behandeln und sie mit gleichen Chancen auszustatten, ist eine andere.

Die Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern gelingt dann am besten, wenn sie unsere Sprache lernen und angemessene Arbeit finden. Es sollten jedoch dieselben Regeln und Bedingungen angewandt werden, die für alle anderen Deutschen gelten. Wenn die Regel der Mindestlohnzahlung nicht auf die Flüchtlinge angewandt wird, dann werden die deutschen Arbeiter schwer unter Druck gesetzt.

Dieses Thema ist total vernachlässigt worden von der deutschen Regierung, weswegen die Menschen befürchten, dass zu viele Ausländer nach Deutschland kommen werden. Die Linken und die Sozialdemokraten sollten sich solidarisch mit den Flüchtlingen und Arbeitern zeigen im Kampf für gleiche Bedingungen.

Aber warum ist Sahra Wagenknecht unter Beschuss von ihrer eigenen Partei?

Weil die Ultra-Linken in ihrer Partei von offenen Grenzen träumen und nicht sehen, dass die Flüchtlingskrise die Folge einer Verschwörung ist, die von den USA angezettelt wurde, um die EU zu destabilisieren und Deutschland zu schwächen.

Indem sie Millionen von Menschen veranlassten, nach Europa zu fliehen, haben ISIS (der sog. Islamische Staat) und Al-Qaida   – beides Produkte der militärischen Invasion der USA und der Unterstützung durch ihren Geheimdienst   – unsere humanitären Werte herausgefordert und es geschafft, Europa nach rechts zu verlagern, nachdem die politische Mitte und die Linken grobe Fehler bei der Bewältigung der Krise gemacht haben.

Sahra Wagenknechts Partei ist noch nicht aufgewacht. Sie könnte Protestwähler von der AfD gewinnen und sogar noch stärker werden, weil die AfD eine rechts-außen Partei ist, die kein soziales Programm hat. Letztendlich ist sie auch nur eine neo-liberale Partei, und die Arbeiter würden Die Linke und die Sozialdemokraten bevorzugen, wenn wir ihnen zeigten, dass wir ihre Sorgen verstehen.

Ralph T. Niemeyer wurde am 9. Oktober 1969 in West-Berlin geboren. Er war der jüngste Journalist, der jemals die Kanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl, aber auch andere Staatsführer, wie den Präsidenten der Sowjetunion Michail S. Gorbachow und Nelson Mandela, interviewt hat.

Nachdem er die geheimen Waffengeschäfte von westdeutschen Politikern publik gemacht hatte, floh er im Frühling 1989 nach Ost-Deutschland, direkt vor dem Fall der Berliner Mauer. In den frühen 1990igern heiratete er Sahra Wagenknecht, die heutige deutsche Oppositions-Anführerin. Sie ließen sich 2013 scheiden.

Heute ist Niemeyer politisch aktiv als ultra-linkes Mitglied der Sozialdemokratischen Partei (SPD).

1) 'The Duran' ist eine Internet- Quelle für Nachrichten und Meinungen. 

2) deep state = der tiefe Staat, Staat im Staat, Schattenstaat, permanente Regierung. In den USA, aber auch in Deutschland und in vielen anderen Ländern, ist er existent. Er zeigt sich „als eine Struktur jenseits des demokratischen Systems, ohne demokratische Legitimation und ohne parlamentarische Kontrolle. Teile von Geheimdiensten und privaten Sicherheitsunternehmen sind eng vernetzt mit multinationalen Konzernen und Banken“, so Jürgen Roth. In seinem auf Deutschland bezogenen Buch „Der tiefe Staat“. Roth beschreibt einen plutokratischen Staat im korrupten Staate, dessen demokratisches Antlitz nur noch ein potemkinsches Dorf ist, das immer mühsamer von seinen privaten wie staatlichen Medien maskiert werden muss. Dazu zählt Roth auch den inzwischen von den Medien bis zu einer halb-offiziellen Institution verharmlosten Lobbyismus: Also die direkte Einflussnahme kapitalstarker Lobbyorganisationen auf parlamentarische Entscheidungen. Die Medien vermischen diese Korruption gerne mit Lobbyarbeit von sauberen NGO, die aber inzwischen auch schon durch dubiose NGO unterwandert werden, hinter denen dieselben Mächte stecken könnten, die korrupten Konzernlobbyismus betreiben. Jürgen Roth: Der tiefe Staat

3) LGBT … ist eine aus dem englischen Sprachraum kommende Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender, also Lesben, Schwule und Transgender. (Wikipedia   – https://de.wikipedia.org/wiki/LGBT)

4) Das Akronym MENA wird häufig von westlichen Finanzexperten und Wirtschaftsfachleuten für „Middle East & North Africa“ (Nahost und Nordafrika) verwendet.

Quelle:
http://theduran.com/german-opposition-needs-sahra-wagenknecht-defeat-angela-merkel/

Übersetzung seniora.org

German opposition needs Sahra Wagenknecht to defeat Angela Merkel

Sergey Gladysh, January 16, 2017

The reign of Germany's Angela Merkel can only be stopped if leftists and social democrats unite behind a candidate like Sahra Wagenknecht, says renowned German journalist and politician Ralph Niemeyer

Mr. Niemeyer, the US will soon be governed by Donald Trump. There are those who say that with Trump, the world will be turned upside down. Will the people of Europe and the so called “free world” miss President Obama? 

Let’s face it: it’s not the people of the “free world” who will miss Mr. Obama, but the mainstream media and the elites who fear that the new US president can’t be controlled. Mr. Trump obviously doesn’t fear the “deep state”, the Secret Service, the CIA, and for this reason says what he thinks and probably will do what he wants. It is refreshingly democratic to see a president who is not full of fear and speaks unscripted. I don’t think that the world will go under because of him.

Would it then be fair to say that you like Mr. Trump?

No, because I don’t like his arrogance, his xenophobia, his racism, his attitude towards women, muslims, LGBT and minorities, but I see him from a pragmatic, not a philosophical point of view. His industrial policy might turn out to be good for American workers, while his affiliation with big money will also tie him to Wall Street.

I, personally, am not too worried about US domestic policy because I don’t live in the US, but I still wouldn’t have voted for Mrs. Clinton. She didn’t offer any real alternatives. For us, Europeans, the election of Trump can bear fruit as we work to emancipate ourselves from US dominance.

US dominance? Can you elaborate?

Obama used US air bases in Germany to conduct his wars in Libya, Iraq and Syria, as well as his drone war in Afghanistan and Pakistan. Now, Mr. Trump is showing less eagerness in policing the world, and this will give us room to maneuver a bit more independently.

For the past 100 years whenever Germany tried to cooperate with Russia, the US put their foot in the door. Now, a new chance arises if Mr. Trump and Mr. Putin talk with each other and find solutions to Ukraine and Syria. Germany can also establish better relations with Russia again.

You think Mrs. Merkel will realign with Mr. Putin?

No, I think her time is over. 

Are you saying she will loose the election in September?

She would, if my party, the Social Democrats, were brave enough to unite with the Greens and Die Linke (The Left) to unanimously nominate Sahra Wagenknecht as our candidate for chancellor. 

What is keeping your party from doing this?

Vice Chancellor and SPD-chairman Sigmar Gabriel can’t jump over his own shadow. He knows that if he becomes the candidate we will get maybe 20%, not 40% like SPD used to have with chancellors Willy Brandt, Helmut Schmidt and Gerhard Schröder. Unfortunately, there are no charismatic candidates in our party, so one should form a platform with Die Linke and the Greens.

The right wing party Alternative für Deutschland (AfD) will probably steal 10% of the votes from Mrs. Merkel’s Christian Democratic Union (CDU) so it would open a chance for a center-leftist majority, but only if SPD wins at least 35%. I think we will end up with a first ever coalition between CDU and the Greens, which would result in four more years of Mrs. Merkel.

Sahra Wagenknecht seems to be under attack not only from mainstream media but also from inside her party as she takes a tougher stance on refugees and holds the government accountable for the Berlin terrorist attack, blaming it on downsized police forces. Is that a leftist point of view?

Indeed, one should discuss these statements very carefully. It is not a leftist position to demand more police in response to terror attacks, but she did point out that the reasons behind the terror attacks in Europe are linked to the policies of Germany, the EU and also the US towards countries in the MENA region.

She did not link the refugees to the terrorist attack, but she was right to point out that uncontrolled migration is creating problems to which the state has not adequately responded. To let people into your country is one thing, to treat them as equal citizens and to provide equal opportunities for them is another.

Integration of refugees and migrants is most effective when they learn our language and find adequate work. However, the same rules and conditions should apply to them as apply to all other Germans. When the minimum wage rule is not applied to refugees, German workers are placed under serious pressure.

This issue has been totally neglected by the German government, which is why the people fear that too many foreigners are coming into Germany. The leftists and social democrats should stand in solidarity with refugees and workers fighting for equality.

But why is she under fire from her own party?

Because the ultra leftists in her party are dreaming of open borders and fail to see that the refugee crisis is a conspiracy, instigated by the US in order to destabilize the EU and weaken Germany.

By having millions of people flee to Europe, ISIS and Al-Qaida, both of which are products of US military invasion and intelligence support, challenged our humanitarian values and managed to shift Europe to the right after the centrist and leftist politicians mishandled the crisis.

Her party hasn’t woken up yet. They could win protest votes from AfD and become even stronger because AfD is a right wing party that lacks a social agenda. Ultimately, it’s another neo-liberal party, and the workers would favor Die Linke and Social Democrats if we demonstrated our understanding of their worries.

Ralph T. Niemeyer was born on October 9, 1969, in West-Berlin. He was the youngest-ever German journalist to interview chancellors Helmut Schmidt and Helmut Kohl as well as other leaders, including Soviet President Mikhail S. Gorbachev and Nelson Mandela.

After publishing secret arms deals of West-German politicians he fled to East-Germany in spring of 1989 just before the Berlin Wall came down. In the early 1990s he married today’s German oppositional leader Sahra Wagenknecht. They divorced in 2013. 

Today Niemeyer is involved in politics, he is an ultra-leftist member of the Social Democratic Party (SPD). 

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