Skip to main content

China und Russland bauen im asiatisch-pazifischen Raum eine Wagenburg

Von M. K. Bhadrakumar, 19. April 2023  – übernommen von indianpunchline.com
19. April 2023
Eine enge Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen Russland und China, zwei atomar bewaffneten Mächten, wird unter den gegenwärtigen Umständen zweifellos einen wichtigen Beitrag zum Weltfrieden leisten, indem sie die Hegemonie der USA eindämmt und abschreckt.

indianpunchline schoigu und li Y2guX7tOseeGAhMgm8Q1PfH5jBXdgH9V"Arbeitstreffen" zwischen Präsident Wladimir Putin (R), dem chinesischen Staatsrat und Verteidigungsminister General Li Shangfu (L) und dem russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu, Moskau, 16. April 2023

(Red.)Indien beobachtet ganz genau, wie sich die globalen Gewichte verschieben. In dem Artikel wird sehr deutlich, dass die "Wagenburg", die Russland und China gegen die Angriffe der USA  baut, ein Verteidigungsbündnis ist. Es ist der globale Westen, der den Rest der Welt kolonisieren und dominieren will. Seine aggressive Politik führt aber (zu seinem eigenen Nachteil) dazu, dass sich die anderen zusammenschließen. Ob man das jetzt als Militärbündnis ansieht (was die Chinesen verneinen) oder nicht: die Systemintegration, die hier verwirklicht wird, zeigt, dass das Ende der "goldenen Zeiten des Westens" (das der polnische Ministerpräsident kürzlich an die Wand gemalt hat: https://www.pravda.com.ua/eng/news/2023/04/14/7397814/) auch auf diesem Gebiet näher rückt.

Der offizielle Besuch des chinesischen Staatsrats- und Verteidigungsministers General Li Shangfu in Russland vom 16. bis 19. April unterstrich prima facie die Notwendigkeit einer Vertiefung des militärischen Vertrauens und einer engen Koordinierung zwischen den beiden Ländern vor dem Hintergrund der sich verschärfenden geopolitischen Spannungen und der Notwendigkeit, das globale strategische Gleichgewicht zu wahren.

Mit dem Besuch werden die zentralen Entscheidungen umgesetzt, die bei den intensiven Einzelgesprächen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping am 20. und 21. März in Moskau getroffen wurden. In Abweichung vom Protokoll wurde der viertägige Besuch von General Li mit einem "Arbeitstreffen" mit Putin eingeleitet, wie Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte. (hier und hier)

Li ist in Moskau kein Unbekannter. Er war zuvor Leiter der Abteilung für Ausrüstungsentwicklung der Zentralen Militärkommission und wurde 2018 von den USA für den Kauf russischer Waffen, darunter Su-35-Kampfflugzeuge und S-400-Boden-Luft-Raketensysteme, sanktioniert.

Song Zhongping, prominenter chinesischer Militärexperte und TV-Kommentator, prognostizierte, dass Lis Reise ein Zeichen für das hohe Niveau der bilateralen militärischen Beziehungen zu Russland sein und zu einem "für beide Seiten vorteilhaften Austausch in vielen Bereichen, einschließlich Verteidigungstechnologien und Militärübungen" führen werde.

Am vergangenen Mittwoch kündigte das US-Handelsministerium die Verhängung von Ausfuhrkontrollen gegen ein Dutzend chinesischer Unternehmen an, weil sie "Russlands Militär- und Verteidigungsindustrie unterstützen". Die Global Times konterte trotzig: "So wie China eine unabhängige Großmacht ist, ist es auch Russland. Es ist unser Recht zu entscheiden, mit wem wir eine normale wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit pflegen wollen. Wir können nicht akzeptieren, dass die USA mit dem Finger auf uns zeigen oder sogar wirtschaftlichen Zwang ausüben."

Putin sagte bei dem Treffen mit Li am Ostersonntag, die militärische Zusammenarbeit spiele eine wichtige Rolle in den russisch-chinesischen Beziehungen. Chinesischen Analysten zufolge ist der Besuch Lis auch ein gemeinsames Signal Chinas und Russlands, dass ihre militärische Zusammenarbeit nicht durch den Druck der USA beeinträchtigt wird.

Putin hatte im Oktober 2019 bekannt gegeben, dass Russland China bei der Entwicklung eines Raketenfrühwarnsystems unterstützt, das die Verteidigungsfähigkeit Chinas drastisch verbessern würde. Chinesische Beobachter wiesen darauf hin, dass Russland mehr Erfahrung mit der Entwicklung und dem Betrieb eines solchen Systems hat, das in der Lage ist, Interkontinentalraketen zu identifizieren und unmittelbar nach deren Abschuss Warnungen zu senden.

Eine solche Zusammenarbeit zeugt von einem hohen Maß an Vertrauen und erfordert eine mögliche Integration der russischen und chinesischen Systeme. Die Systemintegration wird für beide Seiten von Vorteil sein: Stationen im Norden und Westen Russlands könnten China mit Warndaten versorgen, und im Gegenzug könnte China Russland Daten zur Verfügung stellen, die in seinen östlichen und südlichen Stationen gesammelt wurden. Das heißt, die beiden Länder könnten ihr eigenes globales Raketenabwehrnetz aufbauen.

Diese Systeme gehören zu den anspruchsvollsten und sensibelsten Bereichen der Verteidigungstechnologie. Die USA und Russland sind die einzigen Länder, die in der Lage waren, solche Systeme zu entwickeln, zu bauen und zu unterhalten. Eine enge Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen Russland und China, zwei atomar bewaffneten Mächten, wird unter den gegenwärtigen Umständen zweifellos einen wichtigen Beitrag zum Weltfrieden leisten, indem sie die Hegemonie der USA eindämmt und abschreckt.

Es kann kein Zufall sein, dass Moskau vom 14. bis 18. April //eng.mil.ru/en/news_page/country/more.htm?id=12464005@egNews">eine kurzfristige Überprüfung der Streitkräfte seiner Pazifikflotte anordnete, die sich mit dem Besuch von Li überschnitt. Die Inspektion fand vor dem Hintergrund der Verschärfung der Lage um Taiwan statt.

So wurde Anfang April bekannt, dass sich der amerikanische Flugzeugträger USS Nimitz Taiwan nähert; am 11. April begannen die USA eine 17-tägige Militärübung auf den Philippinen, an der mehr als 12.000 Soldaten teilnahmen; am 17. April erschien die Nachricht über die Entsendung von 200 amerikanischen Militärberatern nach Taiwan.

In der vergangenen Woche begannen auf dem Luftwaffenstützpunkt Minot in North Dakota (dem Global Strikes Command der US-Luftwaffe) die strategischen Übungen Global Thunder 23, bei denen die Verladung von Marschflugkörpern mit Atomsprengköpfen auf Bomber geübt wurde. Die Bilder zeigen, wie strategische Bomber vom Typ B-52H Stratofortress vom technischen Personal des Stützpunkts mit Marschflugkörpern vom Typ AGM-86B ausgerüstet werden, die an den Pylonen unter den Flügeln nukleare Sprengköpfe tragen können!

Außerdem sind zunehmend Übungen der US-Luft- und Flottenstreitkräfte in unmittelbarer Nähe der russischen Grenzen oder in Regionen, in denen Russland geopolitische Interessen hat, zu beobachten. Am 5. April kreisten B-52 Stratofortress über der koreanischen Halbinsel, angeblich "als Reaktion auf atomare und Raketenbedrohungen aus Nordkorea". Gleichzeitig führten Südkorea, die USA und Japan trilaterale Marineübungen in den Gewässern des Japanischen Meeres durch, an denen auch der Flugzeugträger USS Nimitz teilnahm.

Der Sekretär des russischen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, wies kürzlich auf die wachsende Fähigkeit Japans zur Durchführung von Offensivoperationen hin, die, wie er sagte, "eine grobe Verletzung eines der wichtigsten Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges" darstelle. Japan plant den Kauf von rund 500 Tomahawk-Marschflugkörpern aus den USA, die den größten Teil des russischen Fernen Ostens direkt bedrohen können. Die Mitsubishi Heavy Industries arbeitet an der Entwicklung landgestützter Anti-Schiffs-Raketen des Typs 12, "um die abgelegenen Inseln Japans zu schützen".

Japan entwickelt auch Hyperschallwaffen, die für Kampfeinsätze "auf abgelegenen Inseln" konzipiert sind, was die Russen als Option für eine mögliche Inbesitznahme der südlichen Kurilen durch Japan ansehen. Im Jahr 2023 wird Japans Militärbudget 51 Milliarden Dollar übersteigen (genauso viel wie das Russlands), und es soll auf 73 Milliarden Dollar steigen.

Bei der jüngsten Überraschungsinspektion verlegten die Schiffe und U-Boote der russischen Pazifikflotte ihre Stützpunkte in das japanische Meer, das Ochotskische Meer und die Beringsee. Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte: "In der Praxis ist es notwendig, Mittel und Wege zu finden, um den Aufmarsch feindlicher Streitkräfte im operativ wichtigen Gebiet des Pazifiks   – dem südlichen Teil des Ochotskischen Meeres   – zu verhindern und ihre Landung auf den südlichen Kurilen und der Insel Sachalin abzuwehren."

Laut auf leisen Sohlen...

Juri Ljamin, russischer Militärexperte und leitender Mitarbeiter des Zentrums für die Analyse von Strategien und Technologien, einer führenden Denkfabrik des militärisch-industriellen Komplexes, erklärte gegenüber der Zeitung Iswestija:

"In Anbetracht der Tatsache, dass wir die territoriale Frage nicht geklärt haben, erhebt Japan Anspruch auf unsere Südkurilen. In dieser Hinsicht sind Kontrollen sehr notwendig. Es ist notwendig, die Bereitschaft unserer Streitkräfte im Fernen Osten zu erhöhen... In der gegenwärtigen Situation müssen wir die Verteidigungszusammenarbeit mit China weiter verstärken. In der Tat bildet sich eine Achse gegen Russland, Nordkorea und China: die USA, Japan, Südkorea, Taiwan, und dann geht es weiter nach Australien. Auch Großbritannien versucht aktiv, sich daran zu beteiligen... All dies muss berücksichtigt werden, und es sollte eine Zusammenarbeit mit China und Nordkorea aufgebaut werden, die, wenn man so will, unsere natürlichen Verbündeten sind."

Bei einem Treffen mit Schoigu im Kreml am 17. April   – während Li in Moskau weilte   – merkte Putin in sehr bedeutsamen Worten an, dass sich die derzeitigen Prioritäten der russischen Streitkräfte "in erster Linie auf die ukrainische Schiene konzentrieren... (aber) das pazifische Einsatzgebiet bleibt relevant", und es muss bedacht werden, dass "die Kräfte der (pazifischen) Flotte in ihren einzelnen Komponenten sicherlich in Konflikten in jeder Richtung eingesetzt werden können".

Am nächsten Tag sagte Schoigu zu General Li:

"Im Geiste der unverbrüchlichen Freundschaft zwischen den Nationen, Völkern und Streitkräften Chinas und Russlands freue ich mich auf die engste und erfolgreichste Zusammenarbeit mit Ihnen..."

Aus dem //eng.mil.ru/en/news_page/country/more.htm?id=12464480@egNews">russischen Verteidigungsministerium hieß es:

"Sergej Schoigu betonte, dass Russland und China die globale Lage stabilisieren und das Konfliktpotenzial verringern könnten, wenn sie ihr Handeln auf der globalen Bühne koordinierten. Es ist wichtig, dass unsere Länder die gleichen Ansichten über den laufenden Wandel der globalen geopolitischen Landschaft teilen... Das heutige Treffen wird meiner Meinung nach dazu beitragen, die strategische Partnerschaft zwischen Russland und China im Verteidigungsbereich weiter zu festigen und eine offene Diskussion über regionale und globale Sicherheitsfragen zu ermöglichen."

Peking und Moskau sind der Ansicht, dass die USA, denen es nicht gelungen ist, Russland "auszuradieren", sich nun dem asiatisch-pazifischen Raum zuwenden. Der Besuch von Li zeigt, dass die Realität der russisch-chinesischen Verteidigungszusammenarbeit kompliziert ist. Die militärisch-technische Zusammenarbeit zwischen Russland und China war schon immer recht geheimnisvoll, und die Geheimhaltung hat sich in dem Maße verstärkt, in dem beide Länder eine direktere Konfrontation mit den USA eingehen.

Die politische Bedeutung von Putins Erklärung von 2019 über die gemeinsame Entwicklung eines Frühwarnsystems für ballistische Raketen geht weit über ihre technische und militärische Bedeutung hinaus. Sie zeigte der Welt, dass Russland und China am Rande eines formellen Militärbündnisses stehen, das ausgelöst werden könnte, wenn der Druck der USA zu weit geht.

Im Oktober 2020 schlug Putin die Möglichkeit eines Militärbündnisses mit China vor. Das chinesische Außenministerium reagierte positiv, auch wenn Peking das Wort "Bündnis" nicht in den Mund nahm.

Ein funktionierendes und effektives Militärbündnis kann im Bedarfsfall schnell gebildet werden, aber die jeweiligen außenpolitischen Strategien der beiden Länder machen einen solchen Schritt unwahrscheinlich. Die reale und unmittelbare Gefahr eines militärischen Konflikts mit den USA kann jedoch einen Paradigmenwechsel auslösen.

Badrakumar Photo 2 1024x677
M. K. BHADRAKUMAR über sich selbst
Ich war von Beruf Diplomat. Für jemanden, der in den 1960er Jahren in einer abgelegenen Stadt an der Südspitze Indiens aufwuchs, war Diplomatie ein unwahrscheinlicher Beruf. Meine Leidenschaft galt der Welt der Literatur, dem Schreiben und der Politik - ungefähr in dieser Reihenfolge. Während meiner Doktorarbeit über die Werke von Tennessee Williams ermutigten mich jedoch Freunde, es mit der Prüfung für den öffentlichen Dienst zu versuchen. Wie sich herausstellte, hatte mich das Schicksal, bevor ich die Tragweite dessen, was sich da abspielte, begreifen konnte, in die obersten Ränge der Verdienstrangliste befördert und mich in den indischen Auswärtigen Dienst aufgenommen. Mehr

Quelle: https://www.indianpunchline.com/china-russia-circle-wagons-in-asia-pacific/
Die Übersetzung für seniora.org besorgte Andreas Mylaeus

Weitere Beiträge in dieser Kategorie