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Zur Notwendigkeit der ethischen und kulturellen Dimension in der Bildungsdebatte

Gedanken zum lesenswerten Buch «Geisterstunde  – Die Praxis der Unbildung» von Konrad Paul Liessmann
von Urs Knoblauch, Kulturpublizist und Gymnasiallehrer, Fruthwilen TG
09. Januar 2015
In der gegenwärtigen Diskussion über Schule, Bildung und Lehrpläne wird von der Eltern- und Lehrerschaft und besonders von der Arbeitswelt immer wieder auf die fehlenden notwendigen Werthaltungen im Zusammenwirken hingewiesen.

geisterstunde

Buch: Geisterstunde

Auch die nötigen Fähigkeiten, der Einsatz und die Begeisterung für eine Sache fehlen da und dort. Dabei werden immer auch die zentralen Aufgaben von Schule und Elternhaus angesprochen: Wozu eigentlich eine gute Bildung? Aber auch staatspolitische Fragen werden von Eltern und dem Gewerbe immer wieder gestellt: Wofür werden eigentlich die Millionen an Steuergeldern ausgegeben?

In dieser wichtigen Debatte der demokratischen und staatspolitischen Meinungsbildung leistet das Buch «Geisterstunde» von Prof. Konrad Paul Liessmann, gerade auch in bezug auf den für 21 Schweizer Kantone geplanten zentralistischen Lehrplan 21, einen wertvollen Beitrag.

Der Autor lehrt am Institut für Philosophie der Universität Wien, ist Essayist und Kulturpublizist. 2003 erhielt er den Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels und 2010 den Donauland-Sachbuchpreis. Er ist auch Herausgeber der Reihe «Philosophicum Lech». Seine beiden letzten Veröffentlichungen waren «Das Universum der Dinge» (2010) und «Lob der Grenze» (2012).

Über den Sinn von Bildung nachdenken

Es ist erfreulich und dringend nötig, dass sich hier eine weitere Persönlichkeit zu Wort meldet, welche die Werte und Inhalte der europäischen, humanistischen und christlich-abendländischen Bildungskultur in ihrer Bedeutung für die Gegenwart und Zukunft kennt und lehrt. Sein Buch bietet wichtige Anregungen zum Nachdenken über das Wesentliche in Bildung, Erziehung und Kultur. «Niemand weiss mehr, was Bildung bedeutet, aber alle fordern ihre Reform.

Ein regelrechter Markt hat sich etabliert, auf dem Bildungsforscher und -experten, Agenturen, Testinstitute, Lobbys und nicht zuletzt Bildungspolitiker aller Fraktionen ihr Wesen und Unwesen treiben», so Professor Liessmann. So stellt der Autor in einzelnen Kapiteln praktische Beispiele gut verständlich dar: «Das, was sich aktuell in Klassenzimmern und Hörsälen, in Seminarräumen und Redaktionsstuben, in der virtuellen Welt und in der realen Politik abzeichnet», wird einer scharfen, dringend nötigen und pointierten Kritik unterzogen.

Bei der Lektüre des Buches kann der Leser wertvolle aktuelle Bezüge zur gegenwärtigen Schul- und Bildungsdebatte und zum Kulturbetrieb herstellen. Es zeigt sich, wie nötig es ist, die Sachfragen und Inhalte genauer zu erfassen und zu benennen, kulturhistorisch einzuordnen und nicht einer Beliebigkeit oder den Interessengruppen zu überlassen.

So behandelt Liessmann auch die Thematik von «Pisa und Bologna», die mit ihren Bildungsexperten zu einer «Bildungskatastrophe» führte: «Es ist gespenstisch: Wann immer nationale Bildungssysteme auf dem Prüfstand stehen, Pisa-Ergebnisse veröffentlicht, der jährliche OECD-Bericht ‹Education at a Glance› (Bildung auf einen Blick) seine finsteren Prognosen für Deutschland und Österreich verkündet, die geringen Akademikerquoten beklagt und Chancenungerechtigkeit der Schulen angeprangert werden, taucht er auf wie aus dem Nichts: der Bildungsexperte. Niemand weiss so genau, was ihn zum Experten macht, meistens handelt es sich um einen Absolventen eben jenes Bildungssystems, das er nun medienwirksam kritisiert […]» (S. 30)

Beiträge zu Alfred Adler und Friedrich Liebling


Quelle: Zeit-Fragen
http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=2005