«Israels Aggression gegen den Iran erfüllt die Kriterien des ‹Verbrechens gegen den Frieden›»
Zeitgeschehen im Fokus: Die deutsche Bundesregierung unter Friedrich Merz bemüht bei Israels Vorgehen permanent dessen Recht auf Selbstverteidigung, da es von der Hamas angegriffen worden sei oder der Iran eine Atombombe bauen würde, wogegen sich Israel präventiv verteidigen dürfe. Was sagt das Völkerrecht dazu?
Prof. Dr. Alfred de Zayas Beide Behauptungen sind juristisch falsch, leicht zu widerlegen und können mit der Uno-Charta nicht in Einklang gebracht werden. Das Recht auf Selbstverteidigung wird im Artikel 51 der Uno-Charta nur in sehr begrenzten Situationen anerkannt, und entsprechende Voraussetzungen müssen erfüllt sein. In beiden Fällen, die Merz nennt, fehlen diese Bedingungen.
Gewaltanwendung ohne Resolution des Uno-Sicherheitsrats verletzt Art. 2(4) der Charta, Israels Aggression gegen den Iran erfüllt die Kriterien des «Verbrechens gegen den Frieden» (Artikel 6a des Statuts des Nürnberger Tribunals und des Urteils von 1946) und des «Verbrechens der Aggression» im Sinne des Artikels 5 des Statuts von Rom und der Kampala-Definition des Internationalen Strafgerichtshofs. Überdies verletzt die Bombardierung Irans durch Israel auch etliche Uno-Resolutionen unter anderem 2625, 3314.
Was Gaza und Palästina betrifft, stellte der Angriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 eine Reihe von Kriegsverbrechen dar, aber dieser Hamas-Angriff war, völkerrechtlich gesehen, keine «Aggression» im Sinne der Uno-Resolutionen, denn die Hamas ist nicht die Armee eines Staats, sondern operierte aus einem von Israel besetzten Gebiet heraus, und zusätzlich ist es ein Gebiet, dessen Bevölkerung seit 2007 unter einer illegalen Blockade leidet.
Israel kann sich in keiner Weise auf Art. 51 der Uno-Charta berufen, denn Israel ist nach den Feststellungen des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in seinen Gutachten vom 9. Juli 2004 und 19. Juli 2024 eine Besatzungsmacht, deren Okkupation der Palästinensischen Gebiete beziehungsweise deren Blockade Gazas illegal ist. Der IGH hat in seinem Gutachten vom 19. Juli 2024 klar dargelegt, dass das Westjordanland und der Gaza-Streifen als besetzte Gebiete gelten, wofür die Genfer IKRK-Konventionen von 1949 und die Zusatzprotokolle von 1977 zur Anwendung kommen. Eine Besatzungsmacht hat eine völkerrechtliche Verpflichtung, für das Wohlergehen der unter Besatzung lebenden Bevölkerung zu sorgen.
Das haben nicht nur der IGH festgestellt, sondern auch die Uno-Sonderberichterstatter über Palästina John Dugard, Richard Falk, Michael Lynk und Francesca Albanese in etlichen Berichten an die Uno-Generalversammlung und an den Uno-Menschenrechtsrat. Die Berichte der Uno-Sonderkommission über Palästina, die die ehemalige Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, leitet, hat mehrere Berichte vorgelegt, die das Recht auf Selbstbestimmung der Palästinenser begründen und ein Ende der Okkupation verlangen.
In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass die Palästinenser nicht erst seit 2023, sondern bereits seit 1947 Vertreibung und Besetzung erleiden. Hinzu kommt, dass die Palästinenser gemäss der Uno-Charta und Artikel 1 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte das Recht auf Selbstbestimmung haben und ein im Völkerrecht anerkanntes Recht auf Widerstand gegen die Besatzungsmacht. (siehe Kasten Seite 4)
Wenn ein Staat ein fremdes Territorium besetzt, die Bevölkerung unterdrückt, durch illegale Siedlungen massiv ihren Lebensraum einschränkt, Krankenhäuser und Schulen bombardiert – also das Völkerrecht mit Füssen tritt – käme doch kein Mensch auf die Idee, dem unterdrückenden Staat ein Selbstverteidigungsrecht zuzugestehen und ihn bei der Unterdrückung zu unterstützen, wenn sich die Unterdrückten wehren, auch wenn ihr Vorgehen gewalttätig ist.
Kann man sich nach dem Völkerrecht also nicht präventiv verteidigen?
Das von Georg W. Bush im Jahr 2003 erfundene Recht auf «präventive Selbstverteidigung» existiert im Völkerrecht nicht. Die Bombardierung Iraks im Jahr 2003 wurde vom damaligen Generalsekretär der Uno als «illegaler Krieg» bezeichnet. Alle Völkerrechtler sind sich einig, dass es ein Verbrechen war, das leider bis heute straffrei geblieben ist. Netanjahus Behauptungen über den Iran sind faktisch und völkerrechtlich verkehrt.
Es gibt weder im Artikel 51 der Uno-Charta noch in der völkerrechtlichen Doktrin ein Recht auf präventive Selbstverteidigung. Im Gegenteil. Es besteht eine völkerrechtliche Verpflichtung, alle Konflikte durch Diplomatie zu lösen (Art. 2(3) der Uno-Charta). In beiden Fällen – Iran und Gaza – waren die Iraner und die Palästinenser bereit zu Verhandlungen. Die seit Jahrzehnten andauernden Verhandlungen sind an der Intransigenz der USA und Israels gescheitert.
Es gab keine Fakten, keine Beweise, keine Anzeichen, dass der Iran in Zukunft Israel angreifen wolle. Auch die Chefin des US-Geheimdienstapparats, Tulsi Gabbard, hat bestätigt, dass keine Anzeichen für ein iranisches Atombombenprogramm vorliegen – auch der unvorsichtige, unprofessionelle Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) hat dies bestätigt.
Bei der Aktion gegen den Iran fühlt man sich an den «Präventivkrieg» Israels gegen Syrien und Ägypten von 1967 erinnert. Sehen Sie hier auch Parallelen, oder hat Israel damals völkerrechtskonform gehandelt?
Auch hier hat Israel völkerrechtswidrig gehandelt. Die Resolution 242 des Sicherheitsrates hat verlangt, dass sich Israel aus den besetzten Gebieten zurückzieht. Israel hat diese Resolution systematisch verletzt, und 58 Jahre danach ist Israel aggressiver denn je. Dies ist nur möglich, weil die USA sämtliche Resolutionen gegen Israel mit ihrem Veto belegen. Es geht also um eine Revolte gegen die Uno-Charta und gegen das Völkerrecht.
Ernstzunehmende Historiker, auch israelische Historiker wie Ilan Pappé (Exeter), Norman Finkelstein (New York) und Avi Schleim (Oxford) bestätigen, dass Israel seit achtzig Jahren ethnische Säuberung gegen die Palästinenser praktiziert, dass die zionistische Fantasie heisst, das gesamte Gebiet für sich in Anspruch zu nehmen – es palästinenserfrei zu machen. Netanjahu sprach schon 2019 davon, das Westjordanland zu annektieren.1 Wenn er damals von «annektieren» sprach, war und ist ihm klar, dass das Westjordanland Israel nicht gehört.
Das Gebiet zu israelischem Staatsgebiet zu erklären, bedeutet nach dem Völkerrecht Vertreibung und im schlimmsten Fall Völkermord. Tatsächlich ist Israel, das seit den 1940er Jahren von den USA und Europa unterstützt wird, ein aggressiver Staat, der alle seine Nachbarn immer wieder angreift. Dies aber ist nur möglich, weil der Westen Israel als seinen Kolonialposten im Nahen Osten betrachtet und mit militärischen, politischen, ökonomischen, diplomatischen und propagandistischen Mitteln unterstützt.
Nicht ohne Grund hat die Generalversammlung der Uno am 10. November 1975, die berühmte Resolution 3379 angenommen: «Zionism is Racism». In der Tat kann man den Zionismus so bezeichnen. Es geht um die Schaffung eines ethnisch-religiösen Staates, der andere Menschen systematisch demütigt, diskriminiert und marginalisiert. Der Zionismus hat viel mit dem ehemaligen Apartheid-Regime in Südafrika gemeinsam, vielleicht ist er noch schlimmer, wenn man sieht, was im Gaza-Streifen und im Westjordanland geschieht.
Wenn ein Staat angegriffen wird, hat er das Recht auf Selbstverteidigung. Wie ist hier die völkerrechtliche Bestimmung, und wie darf nach der Uno-Charta die Selbstverteidigung aussehen?
Wenn ein Staat von einem anderen Staat angegriffen wird, kann er sich direkt verteidigen, muss aber den Uno-Sicherheitsrat sofort einschalten. Das Recht auf Selbstverteidigung ist zeitlich begrenzt. Ein Angriff liefert keinen Anlass zum totalen Krieg oder gar Völkermord, wozu sich auch der Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, vernehmen liess.2 Das Recht auf Selbstverteidigung erlaubt nur, einem Angriff zu begegnen, bis die Uno eingeschaltet wird. Dabei muss stets auf das Prinzip der Verhältnismässigkeit geachtet werden. Nichts, gar nichts, auch kein Angriff wie jener der Hamas am 7. Oktober 2023 kann als Rechtfertigung für ethnische Säuberungen herangezogen werden.
Bundeskanzler Friedrich Merz sprach davon, dass Israel das moralische Recht habe, den Iran anzugreifen. Was sagen Sie als Völkerrechtler dazu? Kann das moralische Recht über dem Völkerrecht stehen? Gibt es überhaupt ein moralisches Recht als völkerrechtliche Kategorie?
Hier geht es um eine schockierende Umkehrung der Fakten und des Rechts. Israel ist der Täter, nicht das Opfer. Die Israeli sind die «Herren» und behandeln die Iraner und die Palästinenser wie «Untermenschen». So äusserte sich der damalige israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant: «Wir kämpfen gegen Tiere und handeln entsprechend.»
Seit Jahrzehnten hat Israel gegen das Völkerrecht gehandelt – in totaler Straflosigkeit – und dies wird von den USA und Europa akzeptiert. Sie applaudieren, als ob diese Situation selbstverständlich wäre. Israel hat weder moralisches noch völkerrechtliches Recht. Friedrich Merz betreibt Apologie der Aggression, Apologie von Kriegsverbrechen, Apologie von Verbrechen gegen die Menschheit, Apologie von Völkermord. Solche Apologetik stellt, wenn ich nicht irre, ein Verbrechen nach der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland dar. Hier wie in so vielen anderen Situationen wird das Recht à la carte beziehungsweise gar nicht angewandt. Um es deutlich zu sagen: Es gib keine völkerrechtliche Kategorie eines sogenannten «moralischen Rechts».
Israel besitzt Atomwaffen. Hätte der Iran in der Logik der Israeli nicht ein Recht, Israel anzugreifen, da Israel schon lange dem Iran droht und bereits eine Reihe von Wissenschaftlern gezielt ermordet hat?
Die Dreistigkeit der Politiker Israels kennt keine Grenzen. Man nennt das in Yiddish «Chuzpe». Auf Lateinisch würde ich sagen «quod licet Iovi, non licet bovi». Was Jupiter gestattet ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt, beziehungsweise, was die Israeli dürfen, dürfen die Iraner nicht. So simpel und dreist ist es. Trotzdem hätte der Iran kein Recht, einen «Präventivschlag» gegen Israel durchzuführen. Der Iran hat seit Jahren mit der IAEA, mit den USA und mit den Europäern verhandelt. Das ist das, was die Uno-Charta in ihrem Artikel 2(3) verlangt.
Ist die Drohung mit Krieg gegenüber einem anderen Staat nicht auch ein Verstoss gegen die Nürnberger Prinzipien?
Jede Gewaltandrohung stellt eine Verletzung des Artikels 2(4) der Uno-Charta dar. Denkt man an das Nürnberger Urteil von 1946 und an das Statut des Internationalen Militärtribunals, wird klar, dass nicht nur die Gewaltanwendung, sondern auch die Androhung eine Verletzung des Artikels 6a des Statuts bedeutet, somit auch der Nürnberger Prinzipien, die von der Uno-Generalversammlung und von der Internationalen Völkerrechtskommission (International Law Commission) angenommen wurden.
Die Nazis wurden für die Androhung von Gewalt und für die Aggression gegen die Tschechoslowakei und gegen Polen verurteilt. Aber heute denkt kein Mensch an das Nürnberger Urteil, und keiner kommt auf die Idee, dass die Nürnberger Prinzipien auch bei den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges Anwendung finden sollten – gegenüber den USA, Grossbritannien, Frankreich, Russland. So hatte es der US-amerikanische Chefankläger, Robert Jackson, in seiner Eröffnungsrede in Nürnberg, formuliert. (siehe Kasten Seite 6)
Das Nürnberger Tribunal wurde jedoch nicht geschaffen, um das Völkerrecht voranzubringen, sondern um «Lawfare» gegen die Besiegten zu praktizieren beziehungsweise «vae victis». Hinzu kommt noch die Nützlichkeit des Nürnberger Prozesses, um juristisch eine Begründung der Kollektivschuld der Deutschen zu erschaffen. Auch deutsche Regierungsinstanzen wurden als «kriminelle Organisationen» verurteilt. Die Frage bleibt, ob die Nato heute nach denselben Kriterien nicht auch als «kriminelle Organisation» bezeichnet werden sollte. In den USA kennt man den Begriff «gaslighting». Es ist eine psychologische Manipulation, um nicht nur Individuen, sondern ganzen Völkern einen Schuldkomplex zu suggerieren. Das ist im heutigen Deutschland überall zu beobachten.
Was ist das für ein Zustand, wenn der Präsident eines Landes dem Präsidenten eines anderen Lande, mitteilt, dass man ihn vorerst am Leben liesse?
Es ist eine zivilisatorische Retrogression, ein Rückfall in die Barbarei. Man erinnert sich an das 16. Jahr des Peloponnesischen Krieges, als der arrogante Athener General den Leuten der Insel mitteilte: «Die Starken tun, was sie wollen, und die Schwachen ertragen, was sie müssen.» Es lohnt sich Thukydides noch einmal zu lesen!
Wo sehen Sie die Ursachen der chaotischen Situation, geprägt von Antagonismen, Umkehrung von Werten und Verlust an Rationalität?
Ursache ist das mangelnde Demokratieverständnis unserer Politiker, die uns ignorieren und nicht anhören wollen. Millionen Menschen in den USA, Grossbritannien, Frankreich, Deutschland wollen Frieden. Aber die Politiker wollen Krieg, denn sie verdienen daran. Unsere Demonstrationen und Proteste müssen grösser und entschlossener werden, weil die Regierenden auf unsere bisherigen demokratischen Proteste nicht reagiert haben.
Wir leben in einer Diktatur der «Eliten» – und nicht nur in den USA ist das so, auch in Grossbritannien, in Frankreich, in Deutschland. Die Arroganz und Heucheleien von Trump, Starmer, Macron und Merz sind atemberaubend. Sie lügen systematisch, unterdrücken die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Wissenschaften.
Als Professor für Völkerrecht und Professor für moderne Geschichte bin ich besonders schockiert über das Versagen der Zunft der Historiker und der Zunft der Völkerrechtler. Deshalb würde ich die «American Society of International Law» in «American Society of Imperial Law» umbenennen. Auch die «Deutsche Gesellschaft für Internationales Recht» agiert im Dienste der Eliten. Nur wenige Professoren haben den Mut, den Politikern Kontra zu bieten.
Bei uns in Amerika gibt es berühmte Professoren wie Richard Falk (Princeton), John Mearsheimer (Chicago), Jeffrey Sachs (Columbia), Stephen Kinzer (Boston), die bereit sind, den Mächtigen die Wahrheit zu sagen – speak truth to power. Aber die meisten Professoren haben Angst und schweigen. Dennoch haben wir Professoren und Akademiker eine ethische Verantwortung für die Gesellschaft. Wenn wir unsere Autorität nicht ausüben, wenn wir über Völkermord und Krieg uns ausschweigen, was haben wir dann für eine Moral?
Wenn Akademiker in Russland oder China schweigen, sind wir die ersten, die das verurteilen. Nun massen wir uns an, uns als Demokraten zu bezeichnen. Nein, unsere Regierungen sind selbsternannte Demokraten, Parteioligarchen, die den Bezug zu ihrer Bevölkerung schon lange verloren haben. Mit Demokratie hat das kaum noch etwas zu tun. Unsere Akademiker im Westen versagen genauso wie die Akademiker in «nicht-demokratischen» Staaten.
Bei den Lügen und Unwahrheiten wundert man sich, warum Politiker wie Macron und Merz überhaupt noch ernst genommen werden.
Ganz einfach: Wegen der Kraft der ständigen Propaganda und Public Relations durch die Medien. Es ist eine Art «kognitive Dissonanz». Wie schon die Römer festgestellt hatten: «mundus vult decipi» – die Welt will betrogen werden. Oder vielleicht ist es nicht so dramatisch. Julius Caesar schrieb in «De Bello Civile 2,2»: «Quae volumus, ea credimus libenter» – Wir glauben, was wir glauben wollen.
Tatsächlich ist es angenehm zu glauben, denn der Glaube spendet uns Trost. Deshalb wollen wir denken, dass unsere Regierungen anständig und wahrhaftig sind. Wir hängen an unseren Märchen aus der Kindheit. It feels good. Eigentlich verdienen Trump, Starmer, Macron und Merz nur unsere Verachtung, aber die Medien wollen uns belehren, dass sie Staatsmänner seien. Einige unter uns sind damit zufrieden.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, der Verluderung in der Politik des Westens entgegenzutreten?
Ein Aufstand der globalen Mehrheit (global majority) ist das, was uns noch retten kann. Die Menschen in Lateinamerika, Afrika und Asien müssen gegenüber den arroganten Amerikanern und Europäern Widerstand leisten und sagen: «Genug von eurem Imperialismus, genug von eurem Neo-Kolonialismus, genug von eurer Arroganz!» Persönlich schöpfe ich Hoffnung für die Menschheit vor allem in Afrika und Asien, in BRICS-Staaten, in der Belt and Road-Initiative.
Ich hege auch die Hoffnung, dass die Studenten an den Universitäten das tun, was meine Generation 1968 bis 1975 tat: Wir demonstrierten jeden Tag, jede Woche, jeden Monat. Wir gingen auf die Strasse und schrien: «Wenn die Regierung den Vietnamkrieg nicht stoppt, werden wir die Regierung selbst stoppen.»
Es ist die Jugend, die die Zerstörung des Völkerrechts durch Leute wie Trump, Starmer, Macron und Merz stoppen muss. Man sah in den letzten Monaten, dass immer mehr Menschen an den westlichen Universitäten gegen das kriegsverbrecherische Vorgehen Israels demonstrierten. Man versucht, das zu verhindern mit dem Vorwurf des Antisemitismus, den die Sonderberichterstatterin über die Menschenrechtslage in den besetzten palästinensischen Gebieten, Francesca Albanese, seit langem über sich ergehen lassen muss.
Das ist völlig absurd. Die Untersuchungen richten sich nicht gegen die Juden oder die israelische Bevölkerung, sondern gegen die Menschrechtsverletzungen durch die israelische Regierung. Damals, während des Vietnamkriegs, waren alle Kommunisten, die gegen den Vietnamkrieg protestierten, Staatszersetzer und eine Gefahr für den Westen. Wenn eine Bewegung aufsteht, die sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzt, und der Funke auf weitere Menschen überspringt, dann können die westlichen Regierungen das nicht mehr ignorieren.
Vor dem Irak-Krieg 2003 gab es riesige Demonstrationen in vielen europäischen Städten. In Berlin waren es 500 000 bis zu einer Million. Gerhard Schröder, damals deutscher Bundeskanzler, verweigerte zusammen mit Jacques Chirac, sich am Irak-Krieg zu beteiligen. Auch in Paris waren Hundertausende auf der Strasse. Die Regierungen sind unsere Angestellten. Sie müssen spüren, dass wir uns nicht länger an der Nase herumführen lassen. Auch die Kirchen haben hier etwas zu sagen, denn: «Alle Panzer stehen still, wenn dein starker Arm es will.»
Herr de Zayas, vielen Dank für das Gespräch.
Interview Thomas Kaiser
- www.vaticannews.va/de/welt/news/2019-09/israel-westjordanland-annexion-wahlkampf-kritik.html ↩︎
- www.diepresse.com/19694917/un-hochkommissar-tuerk-spricht-von-ethnischer-saeuberung-im-gazastreifen ↩︎
Widerstandsrecht der Palästinenser und aller, die unter Okkupation leben
Artikel 7 der Uno-Resolution 29/3314: Definition vonAggression Diese Definition [von Aggression], insbesondere Artikel 3, beeinträchtigt in keiner Weise das aus der Charta abgeleitete Recht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit von Völkern, denen dieses Recht gewaltsam entzogen wurde und die in der Erklärung über die Grundsätze des Völkerrechts betreffend die freundschaftlichen Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen den Staaten in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen genannt werden, insbesondere von Völkern, die unter kolonialen und rassistischen Regimen oder anderen Formen der Fremdherrschaft stehen: noch das Recht dieser Völker, in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Charta und in Übereinstimmung mit der obengenannten Erklärung für dieses Ziel zu kämpfen und Unterstützung zu suchen und zu erhalten.
Quelle: Resolution adopted by the General Assembly 29/3314 : Definition of Aggression
www.un-documents.net/a29r3314.htm
Aus der Eröffnungsrede Robert Jacksons vor dem Nürnberger Tribunal vom 21. 11. 1945
«Wir dürfen nie vergessen, dass die Bilanz, nach der wir diese Angeklagten heute beurteilen, die Norm ist, nach der uns die Geschichte morgen richten wird.» (IMT, Bd. 2, S. 101) und weiter: «Dieses Gesetz wird zwar zunächst gegen die deutschen Aggressoren angewandt, es schliesst aber mit ein, dass es – wenn es einem nützlichen Zweck dienen soll – auch die Aggression aller anderen Nationen verurteilen muss, einschliesslich derer, die jetzt hier zu Gericht sitzen.» (IMT, Bd. 2, S. 154)
Quelle: https://www.roberthjackson.org/speech-and-writing/opening-statement-before-the-international-military-tribunal/">www.youtube.com/watch?v=OU-d9esunwc; https://www.roberthjackson.org/speech-and-writing/opening-statement-before-the-international-military-tribunal/
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Quelle: ZgiF Zeitgeschehen im Fokus - Mit freundlicher Genehmigung übernommen