Seniora.org - Menschenrechte

… weil die Demokratie zur Menschenwürde gehört

von Karl-Jürgen Müller

Schon seit geraumer Zeit ist die Demokratie zahlreichen Angriffen ausgesetzt. Die Abstimmungen der Franzosen und der Niederländer über den Verfassungsvertrag der Europäischen Union im Jahr 2005, die Abstimmung der Griechen über die Maßnahmen der Europäischen Union im Jahr 2015, der Umgang mit Wahlergebnissen wie dem in den USA  – es gibt politische Kräfte, die all dies und noch viel mehr nicht akzeptieren wollten und wollen und alles daran gesetzt haben und daran setzen, den Mehrheitswillen der jeweiligen Bürgerschaft aus den Angeln zu heben. Sie nutzen dazu alle ihre Mittel und haben dabei wohl keinerlei Skrupel. Auf der anderen Seite ist zu beobachten, dass diejenigen, die derzeit in vielen Staaten des Westens noch die «Machthaber» sind, ihre Macht immer weniger als geliehene Macht auf Zeit im Dienste des Gemeinwohls verstehen, sondern immer mehr als quasi absolutistische Macht zur Durchsetzung von Minderheitsinteressen. Die Französin Natacha Polony aus Frankreich hat dies (nicht nur) für ihr Land eindrucksvoll dargelegt und spricht von einem sich ausbreitenden Soft-Totalitarismus (vgl. Zeit-Fragen, Nr. 2, vom 17. Januar 2017).

Karl-Jürgen Müller ist Lehrer in Deutschland. Er unterrichtet die Fächer Deutsch, Geschichte und Gemeinschaftskunde.

"Vor unseren Augen":

"Vor unseren Augen":

Der Preis der Wahrheit

von Thierry Meyssan, Voltaire Netzwerk | 8. Juli 2013

Große Widerstandskämpfer

Ein salonartiger Widerstand präsentiert uns jetzt die im Namen des Espionage Act beschuldigten Männer als ’Informanten’ (Whistleblower), als wären die Vereinigten Staaten von heute eine echte Demokratie und so, als ob sie die Bürger über einige zu korrigierende Fehler informierten.

„Eine sozialistische Protestdemonstration“: Berlin-Alexanderplatz, 4. November 1989

von Andreas Peglau
Während der 9. November 1989 regelmäßig als neuer „Tag der Befreiung“ zelebriert wird, bleibt ein anderes Datum weiterhin vergessen und verdrängt. Dabei war es der Höhepunkt des Bemühens, im Osten Deutschlands etwas zu errichten, was noch immer eine gute Idee ist: demokratischer Sozialismus. Ich habe mich bemüht, das entscheidende Ereignis dieses Tages zu rekonstruieren.

Fragwürdiger Mauerfall-Kult

Fragt man heute nach dem Ablauf der DDR-„Wende“, erhält man oftmals in etwa diese Beschreibung: Die DDR-Bürgerinnen und -Bürger, von denen ja bereits tausende über Prag oder Ungarn das Land verlassen hatten, hatten von ihrem Staat die Schnauze voll und gingen dafür auf die Straße, auch so leben zu können wie im Westen; dann öffnete sich die Mauer; dann kam die ersehnte Wiedervereinigung.

30 Jahre Mütter der Plaza de Mayo

30 Jahre Mütter der Plaza de Mayo

Kopftücher gegen die Diktatur  – mit einem Festakt und zahlreichen Veranstaltungen wurden in Buenos Aires die Mütter der Plaza de Mayo geehrt

Von Gottfried Stein, ARD-Hörfunkstudio Südamerika 2007

Albert Einstein: Mehr Verantwortungsgefühl für die Mitmenschen!

Zwei Jahre vor seinem Tod wünschte sich der berühmteste Wissenschaftler aller Zeiten mehr Sozialismus. Auch heute hochaktuell.
Christian Müller / 25.12.2021 InfoSperber
Es gibt Zufälle, die vielleicht keine sind. Klassentreffen in Bern. Gemeinsamer Besuch im  – für die meisten bisher unbekannten  – Einstein-Haus an der Kramgasse 49. Dazu ein äusserst informatives Referat von Prof. Dr. Hans-Rudolf Ott, Präsident der Einstein-Gesellschaft. Im lockeren Gespräch beim gemeinsamen Mittagessen, natürlich auch über das Gesehene und Gehörte, plötzlich die Frage: Warum sind in diesem kleinen Museum sogar familiäre Details ein Thema  – etwa dass Albert Einstein zuerst ein uneheliches Kind hatte  –, aber nirgends ist zu lesen, dass er ein Jude war? Auch das gehört doch zur Familiengeschichte! Gibt es da etwas zu verbergen?

 Albert Einstein
Albert Einstein, 1879-1955: Physiker, Nobelpreisträger, Friedensaktivist und Menschenfreund © Common

Geschätzte Seniora-Leserin, geschätzter Seniora-Leser,
Einstein spricht das grosse Thema «Individuum und Gemeinschaft» an und erwähnt auch «die soziale Natur des Menschen». Allerdings wusste er nicht, dass die irrtümliche Trieblehre Freuds («die egoistischen Triebe der Veranlagung», «die sozialen Triebe, die von Natur aus schwächer sind») durch Alfred Adler, die Neo-Psychoanalyse und die Entwicklungspsychologie inzwischen überholt worden war. Heute wissen wir mehr über die Sozialnatur des Menschen, die, wenn in der Erziehung nicht gebremst, zu erstaunlichster Hilfsbereitschaft, Mitmenschlichkeit und Empathie fähig ist. Was für ein Satz: «Ich bin überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, diese gravierenden Übel zu beseitigen, nämlich durch die Errichtung einer sozialistischen Wirtschaft, begleitet von einem Bildungssystem, das sich an sozialen Zielen orientiert.» Wir sind der Meinung, dass die grundlegenden Überlegungen des grossen Denkers zu Kapitalismus und Planwirtschaft eine Diskussion wert sind, um die heutigen Lebensumstände von uns allen zu verbessern. Mit diesem eindrücklichen Text von Albert Einstein senden wir Ihnen unsere besten Wünsche für ein gutes, friedliches Neues Jahr 2022. Herzlich Margot und Willy Wahl

Alle mal herhören

Eine Reportage von Nadia Pantel*
Tages-Anzeiger, 2018-06-26
In den Strassen von Bordeaux erinnert eine kleine Gedenktafel daran, dass hier Sklaven gehandelt wurden. Reicht doch, sagen viele Bewohner. Reicht nicht, sagt der Autor Karfa Diallo.

Appell an den Schweizer Bundesrat: Asyl in der Schweiz für Julian Assange!

Gastbeitrag
Tages-Anzeiger, 2019-05-03
Pressefreiheit Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit am heutigen 3. Mai richten namhafte Juristen und Bürgerinnen einen Appell an den Bundesrat.

Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte,

Julian Assange wurde auf Begehren der USA wegen der Enthüllungen der Kriegsverbrechen der USA im Jahre 2010 verhaftet.

Er wurde von britischen Polizisten aus der ecuadorianischen Botschaft in London gezerrt, nachdem Ecuador das ihm gewährte Asyl in Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention zurückgezogen hatte.

In den USA droht Assange ein Prozess vor dem Eastern District Court of Virginia unter Richterin Leonie Brinkema, wo «ein fairer Prozess absolut unmöglich» ist (John Kiriakou, Ex-CIA). Ausserdem drohen Assange Folter und möglicherweise sogar die Todesstrafe.

Mit einer Auslieferung an die USA verstiesse Grossbritannien gegen elementarste international anerkannte Grundrechte (Folterverbot, fair trial, Art. 3 und 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention) und zwingendes Völkerrecht (Non-Refoulement der Genfer Flüchtlingskonvention).

Der UNO-Sonderberichterstatter, Nils Melzer, spricht von einem «grossen Risiko» eines unfairen Prozesses. Ebenso stellt er fest, «dass sich die USA hinsichtlich Folter in den letzten zwei Jahrzehnten nicht als sicheres Land erwiesen haben».

Julian Assange ist Enthüllungsjournalist. Er hat Kriegsverbrechen der USA in Afghanistan und Irak ans Licht gebracht. Seine Verhaftung verletzt nicht nur die Pressefreiheit, sondern stellt angesichts der drohenden Sanktionen, Folter und Todesstrafe, die faktische Wiedereinführung der Zensur dar.

Dies ist das Ende einer lebendigen Demokratie und der Freiheit, auf die der Westen bislang als eine seiner vitalsten Errungenschaften zu Recht stolz war.

Daher fordern wir Anwältinnen, Juristen und Schweizer Bürgerinnen und Bürger den Bundesrat auf, Julian Assange Asyl in der Schweiz zu gewähren,

  • weil Julian Assange von den USA verfolgt wird, nur weil er als Journalist Kriegsverbrechen aufgedeckt hat,
  • weil Wikileaks in 100 Prozent ihrer Berichterstattung für Transparenz gesorgt hat,
  • weil Julian Assange und Wikileaks nur die Grundwerte unserer Schweizer Verfassung von 1848 verteidigen: die Pressefreiheit, Rede- und Meinungsfreiheit und Demokratie, und
  • weil ohne Recht nur Willkür und Gewalt herrschen.

Zu den Erstunterzeichnenden des Appells gehören, neben den unten aufgeführten Initianten, 35 Juristen und Bürgerinnen, darunter auch der ehemalige Präsident des Bundesgerichts Giusep Nay, der SP-Nationalrat Carlo Sommaruga und der Freiburger Rechtsprofessor Marcel Niggli.

Marcel Bossonet Der Rechtsanwalt in Zürich ist der Schweizer Anwalt von Whistleblower Edward Snowden

Andreas Noll Der Rechtsanwalt in Basel ist spezialisiert auf Strafrecht.

Philip Stolkin Der Zürcher Anwalt wurde bekannt für seinen Widerstand gegen Sozialdetektive.

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Seniora.org unterzeichnet diesen Appell mit aller Entschiedenheit.
Margot und Willy Wahl

ARD-aktuell: Bei Kolumbien gucken wir weg

Die Heckenschützen der Tagesschau feuern nur auf Ziele nach Vorgabe der Bundesregierung
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
Vergleichen ist bekanntlich ein Lernverfahren. Rückschluss: Wird Ihnen, dem Fernsehnachrichten-Konsumenten, eine bedeutende Vergleichsmöglichkeit vorenthalten  – ARD-aktuell ist darin routiniert  – dann wird Ihnen der Zugang zu Erkenntnissen erschwert, schlimmstenfalls sogar verschlossen. Sie werden manipuliert. Ihre Entscheidungsfähigkeit, Ihre soziale Kompetenz, Ihre Souveränität sind berührt. Wie das im Einzelfall vor sich geht, soll hier eine Kritik an der Nachrichtengestaltung über Kolumbien aufzeigen. Im Unterschied zur verstiegenen Berichterstattung über das Nachbarland Venezuela findet der miserable Alltag der Kolumbianer kaum Berücksichtigung in der Tagesschau. Das „Flaggschiff der ARD“ hat Schlagseite. Und das ist gewollt so.

Auf dem Weg in den digital-autoritären Sicherheitsstaat?

Neuer Beitrag im Blog von Jeans Wernicke
Mit seinen historisch einmaligen Enthüllungen hat der ehemalige NSA-Mitarbeiter und Whistleblower Edward Snowden die umfangreichste verdachts­un­abhängige Überwachung aller Zeiten aufgedeckt. Für seine beispiellose Zivilcourage zeichnete ihn die Inter­nationale Liga für Menschenrechte mit der renommierten Carl-von-Ossietzky-Me­daille aus.

Gemeinsam mit ihm ehrte die Liga auch die Filmregisseurin Laura Poitras und den Journalisten Glenn Greenwald, die mit der Pu­blika­tion von Snowdens Enthüllungen betraut sind. Was macht das Wirken dieser drei Menschen so besonders und notwendig? In welchem Kontext fanden ihre Enthüllungen statt? Und wovor haben sie uns  – ein Stückweit zumindest  – womöglich bewahrt? Zu diesen Fragen sprach Jens Wernicke mit Rolf Gössner, Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte.

Quelle: Nachdenkseite
http://www.nachdenkseiten.de/?p=29649

Brave New World - Schöne Neue Welt (1931)

The ultimate explanation of how today’s world works, written in 1931. Das Werk gehört zu den einflussreichsten Romanen des 20. Jahrhunderts
Von Aldous Huxley
Far in the future, the World Controllers have created the ideal society. Through clever use of genetic engineering, brainwashing and recreational sex and drugs all its members are happy consumers. Bernard Marx seems alone harbouring an ill-defined longing to break free. A visit to one of the few remaining Savage Reservations where the old, imperfect life still continues, may be the cure for his distress...

Huxley's ingenious fantasy of the future sheds a blazing light on the present and is considered to be his most enduring masterpiece.

Reviews

«The best science fiction book ever, definitely the most prescient... Looking at our present trajectory we are on the way to ‘Brave New World’» — Yuval Noah Harari, author of Sapiens and Homo Deus

«A masterpiece of speculation... As vibrant, fresh, and somehow shocking as it was when I first read it» — Margaret Atwood

A grave warning... Provoking, stimulating, shocking and dazzling' — Observer

«What Aldous Huxley presented as fiction with the human hatcheries of Brave New World has become fact. The consequences are profound and, if we don't get it right, deeply disturbing», John Humphries — Sunday Times

With introductions by Margaret Atwood and David Bradshaw

Publisher's website

Quelle: https://www.punkt.ch/en/inspiration/library/brave-new-world

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Schöne Neue Welt

Schöne neue Welt (Brave New World) ist ein 1932 erschienener dystopischer Roman von Aldous Huxley, der eine Gesellschaft in der Zukunft, im Jahre 2540 n. Chr. beschreibt, in der „Stabilität, Frieden und Freiheit“ gewährleistet scheinen.

Huxley Welt wohin
Welt  – wohin? Deutsche Erstausgabe, Insel 1932

Mittels physischer Manipulationen der Embryonen und Föten sowie der anschließenden mentalen Indoktrinierung der Kleinkinder werden die Menschen gemäß den jeweiligen gesellschaftlichen Kasten geprägt, denen sie angehören sollen und die von Alpha-Plus (für Führungspositionen) bis zu Epsilon-Minus (für einfachste Tätigkeiten) reichen.

Allen Kasten gemeinsam ist die Konditionierung auf eine permanente Befriedigung durch Konsum, Sex und die Droge Soma, die den Mitgliedern dieser Gesellschaft das Bedürfnis zum kritischen Denken und Hinterfragen ihrer Weltordnung nimmt. Die Regierung jener Welt bilden Kontrolleure, Alpha-Plus-Menschen, die von der Bevölkerung wie Idole verehrt werden.

Das Werk gehört zu den einflussreichsten Romanen des 20. Jahrhunderts. Es inspirierte Autoren aller Generationen zu eigenen Zukunftsvisionen. 1998 wählte die Modern Library, eine bedeutende englischsprachige Institution für Literatur und Kunst, ihn auf Rang 5 der 100 besten englischsprachigen Romane des 20. Jahrhunderts.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%B6ne_neue_Welt

Brief an einen Soldaten

von Gideon Levy

Lieber Soldat!

Es ist unmöglich, das zu tun, was du in den besetzten Gebieten tust, ohne darüber nachzudenken, wie du es tust.

Es ist unmöglich für dich, dich ohne das Gefühl „enormer Genugtuung“, täglich in große Gefahr zu begeben. Du und deine Kumpels wäret nicht in der Lage, diesen Job, den ihr auf euch genommen habt, zu tun, wenn ihr nicht überzeugt wäret, dass das, was ihr tut, sehr wichtig und richtig ist.

Es ist genau deshalb, weil wenigstens einige von euch Prinzipien haben, dass du nicht in der Lage sein würdest, das zu verüben, was du verübst  – weil du nicht darüber denkst, warum du das tun darfst  – ihnen dasselbe aber verboten ist. Dass sie und wir nicht gleich sind. Dass dir im Namen der Sicherheit alles zu tun erlaubt ist, was dir gefällt  – ohne rote Linien, einschließlich der roten Linie, nicht auf Kinder zu schießen  – eine Linie, die längst überschritten ist.

Das Vermächtnis von Stukenbrock

Rede anläßlich der Mahn- und Gedenkveranstaltung des Arbeitskreises „Blumen für Stukenbrock“ e. V. auf dem Sowjetischen Soldatenfriedhof am 6. September 2008

von Jürgen Rose    

Depleted Uranium: abgereichertes Uran Ein Verbrechen gegen Gott und die Menschheit

Liebe Mitkämpfer fuer Frieden und Gerechtigkeit auf der Welt!

Es ist mir ein grosses, persoenliches Anliegen, Sie auf den nachstehenden Artikel ganz besonders eindringlich aufmerksam zu machen.

DU  – depleted Uranium,  eine hoch toxische Substanz- hat eine Halbwertszeit von 4,5 Milliarden (nicht Millionen!) Jahren. Eine unvorstellbar lange Zeit, waehrend der die Substanz krankmachend und todbringend auf Mensch, Tier und Pflanzen einwirkt. Einmal freigesetzt, ist ein Stoppen praktisch unmoeglich!

Jeder Mensch, der noch halbwegs denken kann, muss sich fragen, wenn er dies erfaehrt: Halt! Stop! Was laeuft hier ab? Wollen wir die ganze Menschheit vernichten?

Bitte lesen Sie den Artikel in Ruhe und verteilen Sie ihn im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis. Aber auch weiter an Politiker und Medien, die zwar nicht reagieren werden, aber wissen sollen, dass wir uns informieren und dieses Verbrechen gegen die Menschheit nicht stillschweigend hinnehmen werden. Ueberlegen Sie sich bitte auch weitere Aktivitaeten, wie Leserbriefe oder kleine Artikel in Lokal- oder Vereinszeitungen. Seien Sie kreativ!

Hier wurde eine Buechse der Pandora geoeffnet, die zwar nicht mehr voellig zu schliessen ist, aber weiteres Unheil muessen wir unbedingt vermeiden.

Mit sorgenvollen und dennoch herzlichen Gruessen
Willy Wahl

Depleted Uranium: abgereichertes Uran Ein Verbrechen gegen Gott und die Menschheit

von Doug Westerman

1979 sind Teile von abgereichertem Uran (DU = depleted uranium) aus einer Fabrik der National Lead Industries in der Nähe von Albany, New York, entwichen. Dort wurden DU-Waffen für das amerikanische Militär hergestellt. Diese Teilchen legten eine Strecke von 26 Meilen zurück und wurden in einem Laborfilter von Dr. Leonard Dietz, einem Atomphysiker, entdeckt. Die Entdeckung führte zur Schliessung der Fabrik im Jahre 1980, da aus ihr mehr als 386g DU-Staub pro Monat in die Atmosphäre entwichen. Die Angelegenheit erforderte zudem eine Säuberung von kontaminierten Liegenschaften, die über 100 Millionen Dollar kostete.

Der ewige Tod aus Amerika – Afghan-American Interviews

Der ewige Tod aus Amerika  – Afghan-American Interviews

von Mohammed Daud Miraki, MA, MA, PhD, Freier afghanisch amerikanischer Wissenschaftler  – Dezember 2002

„Hätten sie uns auf einmal umgebracht, wäre es nicht so schlimm. Aber die Amerikaner haben nicht nur uns heute Lebenden, sondern auch alle kommenden Generationen unseres Volkes, unseren Kindern und Kindeskindern, das von Gott gegebene Menschenrecht genommen: das Recht auf Leben. Sie töten uns auf alle Ewigkeiten hinaus.“

Der grosse Vorwand … für eine Anti-Utopie

Für alle, die sich den Kopf nicht durch einen angeblich coronabedingten «grossen Umbruch» à la WEF verdrehen lassen wollen
von Diana Johnstone*
In ihrer vom Weltwirtschaftsforum (WEF) herausgegebenen Abhandlung «Covid-19: The Great Reset» [Covid-19: Der grosse Umbruch] bescheren uns die Ökonomen Klaus Schwab und Thierry Malleret die Stimme der Möchtegern-Global-Governance.

«Das WEF ist heute mächtig, weil es in einem Umfeld des Staatskapitalismus operiert, in welchem die Rolle des Staates (vor allem in den Vereinigten Staaten, weniger in Europa) weitgehend darauf reduziert wurde, positiv auf die Forderungen solcher Lobbys, insbesondere des Finanzsektors, zu reagieren.»

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Diana Johnstone (Bild Wikipedia)

Indem sie ihrer kürzlich veröffentlichten WEF-Abhandlung den Titel «Covid-19: The Great Reset» geben, verknüpfen die Autoren die Pandemie auf eine Art und Weise mit ihren futuristischen Vorschlägen, die einen Chor von «Aha!»-Rufen hervorrufen dürfte. In der gegenwärtigen Atmosphäre der Verwirrung und des Misstrauens lässt die Freude, mit der die Ökonomen Klaus Schwab und Thierry Malleret die Pandemie als Vorboten der von ihnen vorgeschlagenen sozioökonomischen Umwälzung begrüssen, vermuten, dass sie (wenn sie dazu in der Lage gewesen wären) Covid-19 geschaffen hätten, wäre es nicht zufällig aufgetaucht.

Tatsächlich hat Klaus Schwab, der Gründer des Weltwirtschaftsforums, den «Great Reset» bereits energisch propagiert und dabei den Klimawandel als auslösende Krise genutzt, bevor ihm der jüngste Ausbruch des Corona-Virus einen noch unmittelbareren Vorwand lieferte, seine Pläne zur Neugestaltung der Welt anzupreisen.

Die Autoren fangen gleich an, indem sie verkünden: «Die Welt, wie wir sie in den ersten Monaten des Jahres 2020 kannten, gibt es nicht mehr», (dt. S. 12) dass radikale Veränderungen eine «neue Normalität» (dt. S. 12) formen werden. Wir selbst würden transformiert werden. «Viele unserer Überzeugungen und Annahmen, wie die Welt aussehen könnte oder sollte, werden sich dabei zerschlagen.» (dt. S. 13)

Das ganze Buch hindurch scheinen sich die Autoren über die angenommenen Auswirkungen der weit verbreiteten «Angst» vor dem Virus zu freuen, die die Menschen darauf konditionieren soll, die von ihnen angestrebten radikalen Veränderungen zu wünschen. Sie verwenden technokratisches Psychogeschwätz, um zu verkünden, dass die Pandemie die menschliche Mentalität bereits so verändert, dass sie sich der neuen Realität anpasst, die sie für unvermeidlich halten.

«Unsere unterschwellige und möglicherweise anhaltende Furcht davor, mit einem Virus (Covid-19 oder einem anderen) infiziert zu werden, wird somit den unerbittlichen Marsch der Automatisierung beschleunigen […].» (dt. S. 183) Wirklich?

«Auf Grund der Corona-bedingten höheren Angst, mit völlig Fremden in einem geschlossenen Raum zu sitzen, könnte es sein, dass viele Menschen beschliessen, sich den neuesten Film oder die Opernaufführung lieber zu Hause anzusehen, weil es am vernünftigsten ist.» (dt. S. 234)

«Es gibt andere erste Auswirkungen, die viel einfacher vorherzusehen sind. Sauberkeit ist eine davon. Die Pandemie wird unseren Fokus auf Hygiene sicherlich mehr in den Vordergrund rücken. Die neue Hygienebesessenheit wird insbesondere die Schaffung neuer Verpackungen nach sich ziehen. Wir werden angehalten, die Produkte, die wir kaufen wollen, nicht anzufassen. Einfache Freuden wie das Riechen an einer Melone oder das Betasten einer Frucht werden verpönt sein und vielleicht sogar der Vergangenheit angehören.» (dt. S. 234)

Dies ist die Stimme der Möchtegern-Global-Governance. Von oben herab entscheiden Experten, was die Massen wollen sollen, und verdrehen die angeblichen Wünsche des Volkes so, dass sie zu den Profitplänen passen, mit denen sie hausieren gehen. Ihre Pläne kreisen um digitale Innovation, massive Automatisierung unter Verwendung «künstlicher Intelligenz» und schliesslich sogar um die «Verbesserung» des Menschen, indem man ihn künstlich mit einigen Eigenschaften von Robotern ausstattet: zum Beispiel Problemlösung ohne ethische Ablenkungen.

Der 1938 in Ravensburg geborene Ingenieur und Wirtschaftswissenschaftler Klaus Schwab gründete 1971 sein Weltwirtschaftsforum, das von internationalen Konzernen massiv gesponsert wird. Es tagt einmal im Jahr in Davos in der Schweiz  – das letzte Mal im Januar 2020 und nächstes Jahr im Mai, verschoben auf Grund von Covid-19.

Eine mächtige Lobby

Was ist es genau? Ich würde das WEF als eine Kombination von kapitalistischer Beratungsfirma und gigantischer Lobby beschreiben. Die futuristischen Vorhersagen sind darauf angelegt, Investoren in profitable Bereiche der, wie Schwab es nennt, «Vierten Industriellen Revolution (4IR)» zu führen und dann, wenn die Bereiche definiert sind, Druck auf Regierungen auszuüben, um solche Investitionen durch Subventionen, Steuererleichterungen, Beschaffungen, Vorschriften und Gesetze zu unterstützen. Kurz gesagt, das WEF ist die Lobby für neue Technologien, alles Digitale, künstliche Intelligenz, Transhumanismus.

Es ist heute mächtig, weil es in einem Umfeld des Staatskapitalismus operiert, in welchem die Rolle des Staates (vor allem in den Vereinigten Staaten, weniger in Europa) weitgehend darauf reduziert wurde, positiv auf die Forderungen solcher Lobbys, insbesondere des Finanzsektors, zu reagieren. Da sie durch Wahlkampfspenden gegen die obskuren Wünsche der einfachen Leute immunisiert sind, brauchen die meisten der heutigen Politiker praktisch die Führung von Lobbys wie dem WEF, die ihnen sagen, was sie tun sollen.

Im 20. Jahrhundert, insbesondere während des New Deal, stand die Regierung unter dem Druck widersprüchlicher Interessen. Der wirtschaftliche Erfolg der Rüstungsindustrie während des Zweiten Weltkriegs liess einen Militärisch-Industriellen Komplex (MIC) entstehen, der zu einem dauerhaften Strukturfaktor in der US-Wirtschaft geworden ist.

Es ist die dominante Rolle des MIC und der daraus resultierenden Lobbys, die die Nation endgültig in einen Staatskapitalismus anstelle einer Republik verwandelt haben.

Der Beweis für diese Transformation ist die Einstimmigkeit, mit der der Kongress nie davor zurückschreckt, grotesk aufgeblähte Militärbudgets zu genehmigen. Der MIC hat Medien und Think tanks hervorgebracht, welche die Öffentlichkeit ununterbrochen damit indoktrinieren, es sei existenziell notwendig, den Reichtum der Nation weiterhin in Kriegswaffen zu investieren. Sofern die Wähler nicht zustimmen, können sie keine Mittel des politischen Ausdrucks finden angesichts von Wahlen, die von zwei Pro-MIC-Parteien monopolisiert werden.

Das WEF kann als analog zum MIC gesehen werden. Es beabsichtigt, Regierungen und Meinungsmacher für die Förderung einer «4IR» zu gewinnen, welche die zivile Wirtschaft und das zivile Leben selbst dominieren wird.

Die Pandemie ist ein vorübergehender Vorwand; die Notwendigkeit, «die Umwelt zu schützen», wird der nachhaltigere Vorwand sein. Genauso wie der MIC als absolut notwendig dargestellt wird, um «unsere Freiheiten zu schützen», wird die 4IR als absolut notwendig angepriesen werden, um «die Umwelt zu retten»  – und in beiden Fällen werden viele der verfochtenen Massnahmen den gegenteiligen Effekt haben.

Bisher hat die Techno-Tyrannei von Schwabs 4IR ihren Platz im US-Staatskapitalismus noch nicht ganz erobert. Aber ihre Aussichten sehen gut aus. Das Silicon Valley trug massiv zur Kampagne von Joe Biden bei, und Biden hat sich beeilt, die Mogule in sein Übergangsteam zu berufen.

Aber die wirkliche Gefahr dabei, dass alle Macht an den Reset geht, liegt nicht in dem, was da ist, sondern darin, was nicht da ist: irgendeine ernsthafte politische Opposition.

Kann die Demokratie wiederhergestellt werden?

Dem Great Reset steht eine breite Strasse offen, aus dem einfachen Grund, dass ihm nichts im Wege steht. Kein weit verbreitetes Bewusstsein für die Probleme, keine effektive politische Organisation des Volkes, nichts. Schwabs Dystopie (Anti-Utopie) ist allein aus diesem Grund beängstigend.

Die Präsidentschaftswahlen 2020 haben gerade die fast vollständige Entpolitisierung des amerikanischen Volkes veranschaulicht. Das mag seltsam klingen angesichts der heftigen parteipolitischen Emotionen. Aber es war alles viel Lärm um nichts.

Es wurden keine wirklichen Themen debattiert, keine ernsthaften politischen Fragen aufgeworfen, weder zu Krieg noch zu den Richtungen der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung. Bei den bösartigen Auseinandersetzungen ging es um Personen, nicht um -Politik. Der stümperhafte Trump wurde beschuldigt, «Hitler» zu sein, und die von der Wall Street gekauften demokratischen Kriegstreiber wurden von Trumpisten als «Sozialisten» bezeichnet. Lügen, Beleidigungen und Verwirrung hatten überhandgenommen.

Eine Wiederbelebung der Demokratie könnte sich aus einer organisierten, konzentrierten Beschäftigung mit den von den Davoser Planern aufgeworfenen Fragen ergeben, aus der eine informierte öffentliche Meinung hervorgeht, die beurteilt, welche technischen Innovationen sozialverträglich sind und welche nicht.

Alarmrufe von den Rändern werden das intellektuelle Kräfteverhältnis nicht beeinflussen. Was wir brauchen, ist, dass sich die Menschen überall zusammenfinden, um die Probleme zu studieren und eine fundierte Meinung über Ziele und Methoden der zukünftigen Entwicklung zu erarbeiten.

Solange sie nicht mit sachkundiger und präziser Kritik konfrontiert werden, werden das Silicon Valley und seine unternehmerischen und finanziellen Verbündeten einfach damit weiterfahren, zu tun, was immer sie sich vorstellen, tun zu können, ungeachtet der sozialen Auswirkungen.

Eine seriöse Bewertung sollte zwischen potentiell nützlichen und unerwünschten Innovationen unterscheiden, um zu verhindern, dass populäre Vorstellungen dazu benutzt werden, Akzeptanz für jeden noch so verhängnisvollen «technologischen Fortschritt» zu gewinnen.

Fragen neu definieren

Die politischen Unterscheidungen zwischen links und rechts, zwischen Republikanern und Demokraten, haben an Schärfe zugenommen, während sie sich gerade selbst als inkohärent, verzerrt und irrelevant entpuppen und mehr auf ideologischen Voreingenommenheiten als auf Fakten basieren. Neue und fruchtbarere politische Orientierungen könnten durch die Konfrontation mit spezifischen, konkreten Themen aufgebaut werden.

Wir könnten die Vorschläge des Great Reset einen nach dem anderen aufgreifen und sie sowohl in pragmatischer als auch in ethischer Hinsicht überprüfen.

  1. Dank der Pandemie hat die Nutzung von Telefonkonferenzen über Skype, Zoom oder andere neue Plattformen stark zugenommen. Das WEF begrüsst dies als einen Trend. Ist es deswegen schlecht? Fairerweise muss man sagen, dass diese Innovation positiv ist, da sie es vielen Menschen ermöglicht, an Konferenzen teilzunehmen, ohne die Kosten, den Ärger und die Umweltkosten von Flugreisen. Die negative Seite ist, dass sie den direkten menschlichen Kontakt verhindert. Dies ist ein einfaches Problem, bei dem die positiven Punkte zu überwiegen scheinen.
  2. Sollte die Hochschulbildung online gehen, wobei die Professoren Kurse für Studenten über das Internet geben? Dies ist eine weitaus kompliziertere Frage, die von den Bildungseinrichtungen selbst und den Gemeinschaften, denen sie dienen, gründlich diskutiert werden sollte, wobei das Für und Wider abzuwägen ist und man sich vor Augen halten sollte, dass diejenigen, die die Technologie bereitstellen, sie verkaufen wollen und sich wenig um den Wert des menschlichen Kontakts in der Bildung kümmern  – nicht nur des menschlichen Kontakts zwischen Student und Professor, sondern auch der oft lebensbestimmenden Kontakte zwischen den Studenten selbst. Online-Kurse mögen für geografisch isolierte Studenten von Vorteil sein, aber die Auflösung der Bildungsgemeinschaft wäre ein grosser Schritt zur Zerstörung der menschlichen Gemeinschaft insgesamt.
  3. Gesundheit und «Wellness». Hier sollte die Diskussion deutlich hitziger werden: «In der Zeit nach der Pandemie», so Schwab und Malleret, «werden (insgesamt) drei Branchen florieren: Big Tech, Gesundheit und Wellness.» (dt. S. 241) Für die Davoser Planer verbinden sich die drei.

Diejenigen, die glauben, dass Wohlbefinden weitgehend selbst erzeugt wird und von Einstellungen, Aktivitäten und Lebensstilentscheidungen abhängt, übersehen das Wesentliche. «Die Kombination von KI [künstliche Intelligenz], Internet der Dinge, Sensoren und tragbarer Technologie wird neue Einblicke in das gesundheitliche Wohlbefinden der Menschen ermöglichen. Diese Systeme werden überwachen, wie es uns geht und wie wir uns fühlen, […] werden präzise Informationen über unseren CO2-Fussabdruck, unsere Auswirkungen auf die Biodiversität, die Toxizität aller Inhaltsstoffe, die wir konsumieren, und die Umgebungen oder räumlichen Kontexte, in denen wir uns bewegen, bedeutende Fortschritte unseres Bewusstseins für das kollektive und individuelle Wohlbefinden bewirken.» (dt. S. 243f.)

Frage: Wollen oder brauchen wir diesen ganzen kybernetischen Narzissmus wirklich? Können wir das Leben nicht einfach geniessen, indem wir einem Freund helfen, eine Katze streicheln, ein Buch lesen, Bach hören oder einen Sonnenuntergang beobachten? Es wäre besser, wir entschliessen uns, bevor sie unsere Gedanken umarbeiten.

4. Essen. Um mir den gesunden Appetit nicht zu verderben, werde ich das überspringen. Die Tech-Zauberer möchten die Bauern mit all ihren schmutzigen Böden und Tieren abschaffen und in schönen, sauberen Labors kreierte, verbesserte, künstliche Lebensmittel industriell herstellen  – aus was genau?

Das zentrale Thema: Homo faber

5. Was ist mit der menschlichen Arbeit?

«Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die durch die Pandemie ausgelöste Rezession einen starken Anstieg der Arbeitssubstitution auslösen, das heisst körperliche Arbeit wird durch Roboter und ‹intelligente› Maschinen ersetzt, was wiederum dauerhafte und strukturelle Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt hervorrufen wird.» (dt. S. 61f.)

Diese Ablösung ist bereits seit Jahrzehnten im Gange. Zusammen mit Outsourcing und Zuwanderung hat sie die kollektive Macht der Arbeit ohnehin schon geschwächt. Aber zweifellos sind die Tech-Industrien bereit, viel, viel weiter und schneller zu gehen, um Menschen aus der Arbeit zu verdrängen.

«Die Covid-19-Krise und die damit einhergehenden Massnahmen zur räumlichen Distanzierung haben diesen Prozess der Innovation und des technologischen Wandels nun plötzlich beschleunigt. Chatbots, die sich oft auf die gleiche Spracherkennungstechnologie wie Alexa von Amazon stützen, und andere Software, die Aufgaben anstelle von menschlichem Personal ausführen kann, setzen sich rasch durch. Diese, auf Notwendigkeit (wie z. B. Hygienemassnahmen) beruhenden Innovationen werden bald Hunderttausende und möglicherweise Millionen von Arbeitsplätzen kosten.» (dt. S. 62)

Die Senkung der Arbeitskosten ist seit langem das Leitmotiv dieser Innovationen, nebst der internen Dynamik der Technologieindustrie, «alles zu tun, was sie tun kann». Zur Rechtfertigung werden dann sozial nützliche Vorwände erfunden. Etwa so:

«Da die Verbraucher in nächster Zeit wahrscheinlich automatisierte Dienste einem persönlichen Kontakt vorziehen, wird das, was derzeit im Callcenter-Sektor geschieht, unweigerlich auch in anderen Bereichen auftreten.» (dt. S. 62)

«Da die Verbraucher wahrscheinlich vorziehen …»! Jeder, den ich kenne, klagt über die Verzweiflung, wenn er versucht, die Bank oder die Versicherungsgesellschaft zu erreichen, um einen Notfall zu erklären, und statt dessen mit einer toten Stimme und einer Auswahl an irrelevanten Nummern zum Anklicken konfrontiert wird. Vielleicht unterschätze ich den Grad der Feindseligkeit gegenüber unseren Mitmenschen, der heute die Gesellschaft durchdringt, aber mein Eindruck ist, dass es eine grosse, unausgesprochene öffentliche Nachfrage nach weniger automatisierten Diensten und mehr Kontakt mit realen Menschen gibt, die ausserhalb des Algorithmus denken und das Problem tatsächlich verstehen können, anstatt einfach vorprogrammierte Fehlerkorrekturen auszuspucken.

Es gibt eine potentielle Bewegung da draussen. Aber wir hören nichts davon, weil uns unsere Medien einreden, das -grösste Problem im täglichen Leben der Menschen bestehe darin, dass jemand seine Verwirrung zeige angesichts des verwirrten Gender-Geschlechts eines anderen.

Dabei, so behaupte ich, würde sich die Nachfrage der Verbraucher mit dem verzweifelten Bedürfnis der fähigen Menschen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, zusammenfügen. Die Technokraten verdienen ansehnliches Geld, indem sie anderen Menschen die Möglichkeit nehmen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Hier ist eine ihrer grossartigen Ideen:

«So gibt es in so unterschiedlichen Städten wie Hangzhou, Washington DC und Tel Aviv Bemühungen, von Pilotprogrammen zu gross angelegten Aktionen überzugehen, die in der Lage sind, eine Armee von Lieferrobotern auf die Strasse und in die Luft zu bringen.» (dt. S. 185)

Was für eine tolle Alternative zur Bezahlung eines existenzsichernden Lohns an menschliche Lieferanten!

Und nebenbei bemerkt: Ein Mann, der ein Lieferfahrrad fährt, nutzt erneuerbare Energie. Aber all diese Roboter und Drohnen? Batterien, Batterien und noch mehr Batterien! Hergestellt aus welchen Materialien, die woher kommen und wie produziert werden? Von noch mehr Robotern? Woher kommt die Energie, die nicht nur fossile Brennstoffe, sondern auch die menschliche körperliche Anstrengung ersetzen soll?

Auf dem letzten Treffen in Davos äusserte der israelische Intellektuelle Yuval Harari eine eindringliche Warnung:

«Während die Menschen in der Vergangenheit gegen die Ausbeutung kämpfen mussten, wird im 21. Jahrhundert der wirklich grosse Kampf der gegen die Bedeutungslosigkeit sein. […] Diejenigen, die im Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit scheitern, werden eine neue ‹nutzlose Klasse› bilden  – nicht aus der Sicht ihrer Freunde und ihrer Familie, sondern nutzlos aus der Sicht des wirtschaftlichen und politischen Systems. Und diese nutzlose Klasse wird durch eine immer grösser werdende Kluft von der immer mächtiger werdenden Elite getrennt sein.»1

Und das Militär. Unsere kapitalistischen Untergangspropheten prophezeien den Teil-Kollaps der zivilen Luftfahrt und der Luftfahrtindustrie, da die Menschen alle beschliessen, zu Hause zu bleiben und an ihren Bildschirmen zu kleben. Aber keine Sorge!

«Eine Ausnahme stellt der Luft- und Raumfahrtsektor im Verteidigungsbereich dar, der relativ sicher zu sein scheint.» (dt. S. 231)

Für Kapitalinvestitionen zumindest. Anstatt auf Ferien an sonnigen Stränden können wir uns auf Weltraumkriege freuen. Das könnte eher früher als später passieren, denn, wie die Brookings Institution in einem Bericht von 2018 darüber, «How artificial intelligence is transforming the world» («Wie künstliche Intelligenz [KI] die Welt verändert»), feststellt, geht alles schneller, auch der Krieg:

«Die mit KI verbundene Big-Data-Analytik wird die nachrichtendienstliche Analyse tiefgreifend beeinflussen, da riesige Datenmengen nahezu in Echtzeit gesichtet werden […] und damit Kommandeuren und ihren Stäben ein bisher nicht gekanntes Mass an nachrichtendienstlicher Analyse und Produktivität liefern. Die Befehls- und Kontrollfunktionen werden in ähnlicher Weise betroffen sein, da menschliche Befehlshaber bestimmte Routine-, und unter besonderen Umständen Schlüsselentscheidungen an KI-Plattformen delegieren, wodurch sich die Zeit drastisch verkürzt, die Entscheidung und anschliessende Aktion verknüpft.»2 

Es besteht also keine Gefahr, dass irgendein weichherziger Offizier aus sentimentaler Verbundenheit mit der Menschheit zögert, den dritten Weltkrieg zu beginnen. Wenn die KI-Plattform eine Gelegenheit sieht, dann nichts wie los!

«Letztendlich ist Kriegsführung ein Wettbewerbsprozess um die Zeit, bei dem die Seite, die am schnellsten entscheiden und am schnellsten zur Ausführung übergehen kann, in der Regel die Oberhand behält. In der Tat können künstlich intelligente Informationssysteme, verbunden mit KI-gestützten Kommando- und Kontrollsystemen, die Entscheidungsunterstützung und Entscheidungsfindung auf eine Geschwindigkeit bringen, die der Geschwindigkeit der traditionellen Mittel der Kriegsführung weit überlegen ist. Dieser Prozess wird so schnell sein, insbesondere wenn er mit automatischen Entscheidungen zum Einsatz künstlich intelligenter autonomer Waffensysteme mit tödlicher Wirkung gekoppelt ist, dass ein neuer Begriff geprägt wurde, um die Geschwindigkeit der Kriegsführung zu beschreiben: Hyperwar».3

Die Amerikaner haben die Wahl. Entweder sie streiten sich weiter über Belanglosigkeiten oder sie wachen auf  – wachen wirklich auf, erkennen die geplante Realität und tun etwas dagegen.

Die Zukunft wird durch Investitionsentscheidungen gestaltet. Nicht durch unanständige Reden, nicht einmal durch Wahlen, sondern durch Investitionsentscheidungen. Damit das Volk seine Macht zurückgewinnt, muss es seine Herrschaft darüber, wie und für welche Zwecke Kapital investiert wird, wieder geltend machen.

Und wenn privates Kapital sich dagegen sperrt, muss es sozialisiert werden. Das ist die einzige Revolution  – und es ist auch der einzige Konservatismus, der einzige Weg, um anständiges menschliches Leben zu erhalten. Darum geht es in der Realpolitik.  •


https://www.weforum.org/agenda/2020/01/yuval-hararis-warning-davos-speech-future-predications/
https://www.brookings.edu/research/how-artificial-intelligence-is-transforming-the-world/
3 a.a.O.

*Diana Johnstone lebt in Paris. Ihr neuestes Buch ist «Circle in the Darkness: Memoirs of a World Watcher » (Memoiren einer Weltbeobachterin). Atlanta 2020. ISBN 978-1-949762-13-6. Ausserdem erschien «Fools’ Crusade: Yugoslavia, NATO and Western Delusions.» 2002.(ISBN 978-1-58367-084-2), «Queen of Chaos: the Misadventures of Hillary Clinton. » Deutsch: Die Chaos Königin. Frankfurt 2016 (ISBN 978-3-866489-135-9). Sie schrieb ausserdem ein Vorwort und einen Kommentar zu den Memoiren ihres Vaters, Paul H. Johnstone  – ehemaliger leitender Analytiker der Strategic Weapons Evaluation Group (WSEG) im Pentagon  –, die unter dem Titel «From MAD to Madness. Inside Pentagon Nuclear Planning» 2017 erschienen. Sie kann unter diana.johnstone@wanadoo.fr erreicht werden.

Quelle: https://consortiumnews.com/2020/11/24/diana-johnstone-the-great-pretext-for-dystopia/; Abdruck mit der freundlichen Genehmigung der Autorin. (Übersetzung Zeit-Fragen)

Quelle: https://www.zeit-fragen.ch/archiv/2020/nr-30-29-dezember-2020/der-grosse-vorwand-fuer-eine-anti-utopie.html

Die Abspaltung des Donbass von der Ukraine war kein Verstoss gegen das Völkerrecht

15. Juli 2022 Autor: David C. Hendrickson, übernommen mit freundlicher Genehmigung von GlobalBridge
Im internationalen Völkerrecht  – auch in der UNO-Charta festgehalten  – gibt es ein Recht auf Sezession, wenn sich ein Volk von einer Regierung nicht mehr vertreten fühlt, die ihrerseits nicht mehr demokratisch legitimiert ist. Dieser Fall trat im Jahr 2014 ein, als auf dem Kiever Maidan die ordentlich gewählte Regierung weggeputscht wurde.

Die Mauer/WALL/MUR

Als ich am Montag vor einer Woche (6.11. 23.10 Uhr auf 3sat) den Film „MUR/WALL“ sah, fiel ich aus allen Wolken.

Ich wusste zwar, dass die Israelis eine acht Meter hohe Mauer bauten. Von der Monströsität dieses „Bauwerks“ hatte ich bis dato jedoch keine Ahnung: 50 Meter breit ist diese Mauer-Sperranlage! Eine fünfzig Meter breite Schneise, elektronisch gesichert, mit Wachttürmen, Stacheldraht, Schutzgraben, asphaltierte Strasse für Armeefahrzeuge durchzieht 500 Kilometer lang zum Teil fruchtbares Land und sperrt die Palästinenser buchstäblich in ein Konzentrationslager. Unvorstellbar! Ein Kilometer kostet 2 Mio Dollar.

Schauen Sie sich auf „Steinbergrecherche“ die Bilder an. Noch eindrücklicher wäre natürlich der Film. Ich hoffe, er kommt in die Kinos.

Die Bilder auf www.Steinbergrecherche.com/ können nicht mehr eingesehen werden, da die Seite eingestellt wurde.

Beste Grüsse

Die USA - Zyniker der Macht oder gar Schurkenstaat?

Gedanken zu Barack Obama`s Friedensnobelpreis-Rede
von Grimmepreisträger Frieder Wagner

In seiner Dankesrede für die Verleihung des Friedensnobelpreises sagte US-Präsident Barack Obama unter anderem, Zitat:

"Es wird Zeiten geben, in denen Nationen - allein oder gemeinsam - den Einsatz ihres Militärs nicht nur für nötig halten, sondern auch für moralisch gerechtfertigt. (...) Ich kann die Augen nicht vor den Bedrohungen für das amerikanische Volk verschließen. Es steht fest: das Böse existiert in der Welt.  Zu sagen, dass der Einsatz des Militärs manchmal nötig ist, ist kein Aufruf zum Zynismus. (...) Und selbst dort, wo wir auf einen teuflischen Feind stoßen, der sich an keine Regeln hält, glaube ich, dass die Vereingten Staaten von Amerika die Fahnenträger in der Kriegsführung bleiben müssen. Das unterscheidet uns von unseren Gegnern. Das ist der Quell unserer Stärke. Deshalb habe ich Folter verboten. Deshalb habe ich angeordnet, das Gefangenenlager Guantánamo zu schließen. Und deshalb habe ich Amerikas Verpflichtung bestätigt, sich an die Genfer Konventionen zu halten."

Die wirkliche humanitäre Krise spielt sich nicht in Aleppo ab

von Paul Craig Roberts*
Warum hören wir nur von der „humanitären Krise in Aleppo,” und nicht von der der humanitären Krise überall in Syrien, wo das Böse, das in Washington herrscht, seine ISIL-Söldner losgelassen hat, um die Menschen in Syrien abzuschlachten? Warum hören wir nichts von der humanitären Krise im Jemen, wo die Vereinigten Staaten von Amerika und ihr saudiarabischer Vasall jemenitische Frauen und Kinder massakrieren? Warum hören wir nichts über die humanitäre Krise in Libyen, wo Washington ein Land zerstört und Chaos an seiner Stelle hinterlassen hat? Warum hören wir nichts über die humanitäre Krise im Irak, die schon 13 Jahre lang anhält, oder über die humanitäre Krise in Afghanistan, die schon seit 15 Jahren besteht?

Die Antwort ist, dass die Krise in Aleppo die Krise Washingtons ist, das seine ISIL-Söldner an die syrische Armee und die russische Luftwaffe verliert. Die Jihadisten, die Obama und die Killerin Hillary („Wir kamen, wir sahen, er starb“) geschickt haben, um Syrien zu zerstören, werden selbst zerstört. Das Obamaregime und die westlichen Medienhuren versuchen, die Jihadisten zu retten, indem sie sie in die Decke der „humanitären Krise“ hüllen.

Eine derartige Scheinheiligkeit entspricht dem Washingtoner Standard. Gäbe das Obamaregime nur einen Pfifferling auf „humanitäre Krise,“ dann hätte es nicht humanitäre Krisen in Syrien, Irak, Afghanistan, Libyen und Jemen orchestriert.

Wir befinden uns mitten in einem Präsidentenwahlkampf in den Vereinigten Staaten von Amerika und niemand hat gefragt, warum die Vereinigten Staaten von Amerika entschlossen sind, eine demokratisch gewählte Regierung in Syrien zu stürzen, die vom syrischen Volk unterstützt wird.

Niemand hat gefragt, woher der Narr im Weißen Haus die Macht nimmt, den Präsidenten Syriens zu stürzen, indem er von den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützte Jihadisten auf die Menschen in Syrien hetzt, die die Medienhuren fälschlich als „gemäßigte Rebellen“ bezeichnenen.

http://www.cashkurs.com/autoren/dr-paul-craig-roberts

Dysfunktion der Macht um acht: Falschmünzerei der Tagesschau

Nicht nur bei der Berichterstattung über den Krieg in Syrien pfeift die ARD-aktuell auf Völkerrecht, Grundgesetz und ihre Pflicht zur Objektivität
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
Systematischer Tendenzjournalismus, Nachrichtenunterschlagung und bellizistische Propaganda: Die Informationen der Tagesschau über das Massenmorden in Syrien sind beispiellos einäugig. Das ist ganz im Sinne der Bundesregierung. Deren Völkerrechtsbruch, grundgesetzwidrige Politik und strafrechtlich relevanter Friedensverrat sind dem Durchschnittszuschauer nicht bewusst. Seine verzerrte Sicht auf die Kriege des US-Imperiums gegen den Rest der Welt erlaubt es den politisch Verantwortlichen in Berlin, sich fortgesetzt als friedliebende Demokraten und Verteidiger der Menschenrechte aufzuspielen.

Ein Gesetz gegen den Inland-Terrorismus in den USA?

Der Krieg gegen Andersdenkende wird im Eiltempo durchgesetzt
von Philip Giraldi
Zeit-Fragen Nr. 3 v. 28.01.2021
Präsident Joe Biden hat bereits deutlich gemacht, dass die Gesetzgebung zur Bekämpfung dessen, was er «Inland-Terrorismus» nennt, oberste Priorität haben wird. Das bedeutet, dass das Versprechen seiner Antrittsrede, der Präsident «aller Amerikaner» zu sein, nicht für diejenigen zu gelten scheint, die nicht mit ihm übereinstimmen. Barack Obamas ehemaliger CIA-Chef John Brennan, der in diese Entwicklungen offenbar eingeweiht ist, beschreibt in einem Tweet, dass sich die Spione der neuen Administration «laserartig bewegen, um so viel über den Aufstand herauszufinden, wie sie können». Dazu gehören «religiöse Extremisten, Autoritäre, Faschisten, Bigotte, Rassisten, Nativisten und sogar Libertäre».1

Grundrechte sind unveräusserlich

Die Bill of Rights der US-Verfassung, zu der auch die Rede- und Versammlungsfreiheit gehört, ist seit einiger Zeit unter Beschuss geraten. Die Regierung hat ihre angeblichen Befugnisse, die ihr bei bei Erklärung des Ausnahmezustandes übertragen werden, schon immer dazu genutzt, um den Bürgern ihre Rechte zu verweigern. Während des amerikanischen Bürgerkriegs inhaftierte Abraham Lincoln Kritiker des Konflikts.

Die Regierung von Woodrow Wilson führte während des Ersten Weltkriegs den Espionage Act ein, der seither dazu verwendet wird, Whistleblower zu verurteilen, ohne dass Beweise vorliegen, die in einem normalen Zivilprozess erforderlich wären. Während des Zweiten Weltkriegs errichtete Franklin D. Roosevelt Konzentrationslager, in denen japanische Amerikaner inhaftiert wurden, deren einziges Verbrechen darin bestand, Japaner zu sein.

Aber die vielleicht grösste Verletzung der Bill of Rights ist jüngeren Datums: nämlich die Patriot and Military Commissions Acts, im Zuge des «Global War on Terror» in Kraft gesetzt, den Präsident George W. Bush nach dem 11. September begann. Mit dem geheimnistuerischen Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA), der ein Gericht einschliesst, um den Genehmigungsprozess für Haftbefehle zu beschleunigen, haben sich gewöhnliche Bürger unter Überwachung wiedergefunden, für die es wenig oder gar keine Rechtfertigung in Form eines wahrscheinlichen Grundes gab.

Das FISA-Verfahren wurde gar notorisch missbraucht beim Versuch des nationalen Sicherheitsapparates, Donald Trumps Wahlkampf zu torpedieren. Die Werkzeuge für immer mehr Regierungsunfug liegen bereit; und niemand sollte daran zweifeln, dass die Demokraten genauso fähig sind, verfassungsmässige Garantien zu ignorieren, wie es die Republikaner waren.

Politisierung gefährdet nationalen Sicherheitsapparat

Was den gegenwärtigen Zustand des Krieges gegen den «Terrorismus» so gefährlich macht, ist, dass der nationale Sicherheitsapparat politisiert wurde; gleichzeitig hat die Regierung gelernt, dass die Bezeichnung einer Person oder Organisation als Terrorist oder sogar als «materieller Unterstützer des Terrorismus» unendlich dehnbar ist. Das ist genau der Grund, warum Aussenminister Mike Pompeo Gegner oft angeprangert und als Terroristen bezeichnet hat, weil dies andere Massnahmen zulässt, die sonst in Frage gestellt werden könnten.

Hinzu kommt, dass sich die Spielregeln seit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg geändert haben. Die Regierung verfügt über technische Möglichkeiten, von denen man im grössten Teil des 20. Jahrhunderts nicht einmal zu träumen gewagt hätte. Edward Snowden und andere Whistleblower haben gezeigt, wie die Regierung routinemässig die verfassungsmässigen Grenzen ihre Befugnisse zur Einmischung in das Leben der normalen Bürger ignoriert.

Darüber hinaus kann sie das Leben von Millionen von Amerikanern gleichzeitig überwachen und gibt Polizei und Geheimdiensten die Macht, «fishing expeditions» [Schnüffeltouren] zu unternehmen, die buchstäblich in die Telefone, Computer und Gespräche von Menschen eindringen, die sich keines Verbrechens schuldig gemacht haben.

Gesetze gegen Andersdenkende

Bestehende Ermächtigungen werden als Waffen eingesetzt, um gegen Dissidenten vorzugehen, die vom neuen Regime identifiziert werden. Ein Gesetzesentwurf, der vom Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, Adam Schiff, eingebracht wurde,
«würde die bestehende Gesetzgebung zum Krieg gegen den Terror nehmen und sie einfach dahingehend abändern, dass wir das jetzt innerhalb der Vereinigten Staaten tun können».2

Er würde mit früheren Gesetzen kombiniert werden, einschliesslich Barack Obamas berüchtigtem National Defense Authorization Act von 2012, der es dem Militär erlaubt, amerikanische Bürger, die des Terrorismus verdächtigt werden, ohne Gerichtsverfahren auf unbestimmte Zeit zu inhaftieren.

Obama und Brennan haben sich auch das illegale und verfassungswidrige Recht angemasst, als Richter, Geschworene und Drohnen-Henker von amerikanischen Bürgern im Ausland zu agieren. Angesichts dieser Präzedenzfälle gäbe ein Gesetzesentwurf wie der von Adam Schiff der nationalen Sicherheitsgemeinschaft noch mehr freie Hand.

Es soll nach Totalitarismus klingen

Das neue Gesetzeswerk würde eine verstärkte geheime Rechtsaufsicht, Unterdrückung der Meinungsfreiheit, unbefristete Inhaftierung ohne Anklage, Folter und möglicherweise sogar Mord bedeuten. Wenn das nach Totalitarismus klingt, so sollte es das auch. Besonderes Augenmerk sollte darauf gelegt werden, dass der Plan der Biden-Administration, sogenannte inländische Terroristen zu verfolgen, die Version dieser Generation von Pearl Harbor oder 9/11 sein wird.

Der Vorfall auf dem Capitol Hill am 6. Januar (in manchen Kreisen bereits als 1/6 bezeichnet) wurde bis zur Unkenntlichkeit übertrieben und wird nun routinemässig von Politikern und den Mainstream-Medien als «Aufstand» bezeichnet, was er nicht war. Die Sprache, die verwendet wird, um diejenigen zu verunglimpfen, die als angeblich «Rechte» oder «Anhänger weisser Überlegenheit» Staatsfeinde sein sollen, ist erstaunlich, und die Technologie hält Schritt, um die Vereinigten Staaten und andere Länder in Polizeistaaten zu verwandeln, um sicherzustellen, dass die Bürger das tun, was die Regierung ihnen vorschreibt. 

Um nur ein Beispiel dafür zu nennen, wie die Technologie den Prozess vorantreibt, hat Biden wiederholt damit gedroht, so etwas wie eine nationale Quarantäne einzurichten und durchzusetzen, um das Corona-Virus zu besiegen. Kann er das tun? Ja, die Werkzeuge sind bereits vorhanden. Die Gesichtserkennungstechnologie ist hoch entwickelt und kann in den vielen installierten Überwachungskameras eingesetzt werden. In Übersee werden Armbänder entwickelt,3 die den Richtlinien der Regierung zur Durchsetzung der Pandemiemassnahmen entsprechen sollen. Wenn man Ihnen sagt, Sie sollen zu Hause bleiben und Sie statt dessen mit dem Hund spazieren gehen, wird Ihr Armband die Polizei benachrichtigen, die Sie finden und verhaften wird.

Und, wie das alte Sprichwort sagt, die Revolution beginnt bereits, ihre eigenen Kinder zu fressen. Universitäten und Schulen bestehen darauf, dass Lehrkräfte die neue Ordnung von «Gleichheit und Vielfalt» aktiv unterstützen, sowohl öffentlich als auch privat, während die Polizei sich von Beamten trennt, die im Verdacht stehen, mit konservativen Gruppen in Verbindung zu stehen, was bedeutet, dass so etwas wie ein Loyalitätstest bald alltäglich werden könnte.

Vor kurzem hat das Verteidigungsministerium damit begonnen, die Sozialen Medien von Militärangehörigen intensiv zu überwachen, um Andersdenkende zu identifizieren, wie es bereits in einigen grossen Unternehmen mit ihren Mitarbeitern gemacht wird. Die neue Direktorin des nationalen Geheimdienstes, Avril Haines, hat bereits bestätigt, dass ihre Behörde an einer öffentlichen Bedrohungsbewertung von QAnon teilnehmen wird,4 die sie als Amerikas grösste Bedrohung bezeichnet hat. 

Skandale zur Vertuschung der Grundrechtsverletzungen

Haines hat auch vorgeschlagen, dass die Geheimdienste «die Kontakte zwischen Menschen in den Vereinigten Staaten und im Ausland untersuchen werden», während Biden an seinem ersten vollen Tag im Amt versprochen hat, Behauptungen über russisches Hacking von US-Infrastruktur und Regierungsseiten sowie die Vergiftung des Putin-Kritikers Alexei Nawalny und die Geschichte, dass Russland den Taliban Kopfgelder angeboten habe, um US-Truppen in Afghanistan zu töten, gründlich zu untersuchen. Es könnte ein neues Russiagate sein, bei dem eine angebliche ausländische Bedrohung benutzt wird, um die Bürgerrechtsverletzungen der Bundesregierung im Land zu vertuschen. 

Und natürlich wird die neue Politik die Vorurteile der neuen Führer widerspiegeln. Rechter «Terror» wird ins Visier genommen, obwohl die Liste der tatsächlichen rechten Ausschreitungen extrem kurz ist. Gruppen wie «Black Lives Matter» werden trotz ihrer Hauptrolle5 bei den letztjährigen Unruhen, Brandstiftungen, Plünderungen und Gewalttaten, die einen Schaden von zwei Milliarden Dollar verursachten und etwa 30 Menschen töteten, unantastbar sein, weil sie ein Teil des Systems der Demokratischen Partei sind.

Die Antifa, die letzte Woche einen Aufstand in Portland ausgelöst hat, wird ebenfalls einen Passierschein erhalten  – die Medien beschreiben die linke Gewalt routinemässig als «meist friedlich» und räumen ein, dass es manchmal zu «Sachbeschädigungen» gekommen sei. Es sind Anhänger von Donald Trump und Konservative im allgemeinen, denen die Ausgangstür gezeigt wird, bis hin zu Forderungen, sie zu «deprogrammieren».6

Jennifer Rubin sagte kürzlich in der «Washington Post», dass «wir kollektiv, im wesentlichen die Republikanische Partei niederbrennen müssen. Wir müssen sie plattmachen, denn wenn es Überlebende gibt, wenn es Leute gibt, die diesen Sturm überstehen, werden sie es wieder tun.»7 Sie wiederholte auch Forderungen, sie nicht mehr anzustellen:

«Ich finde es absolut abscheulich, dass irgendeine Institution der höheren Bildung, irgendeine Nachrichten- oder Unterhaltungsorganisation, die einen Nachrichtenkanal hat, diese Leute einstellen würde.»8

Wie die bemerkenswert ahnungslose Aussenministerin Condoleezza Rice 2006 sagte, als Libanon von Israel angegriffen und bombardiert wurde: «Wir sehen die Geburtswehen eines neuen Nahen Ostens […].»9 Wir Amerikaner sehen, wie etwas Neues und Seltsames aus den Trümmern des Trumpismus aufsteigt. Es wird nicht schön werden, und wenn es vorbei ist, werden die Amerikaner viel weniger Freiheiten geniessen, das ist sicher.10  •


http://ronpaulinstitute.org/archives/peace-and-prosperity/2021/january/20/fmr-cia-director-biden-intel-community-moving-in-on-pro-trumplibertarians/
2https://www.lawfareblog.com/rep-schiff-announces-domestic-terrorism-bill
https://www.bbc.com/news/technology-52409893?fbclid=IwAR09EJ2TZX-hbt410IPkyzG-39MgyB7nBOI47hfzHQ-EhP0XvdEPPdfTppk
https://www.nytimes.com/live/2021/01/19/us/inauguration-day-biden#avril-haines-pick-for-national-intelligence-director-says-shell-help-with-a-public-threat-assessment-of-qanon
https://www.theamericanconservative.com/articles/whatever-happened-to-the-populist-left/
https://www.foxnews.com/media/howard-kurtz-reacts-katie-couric-deprogram-trump-supporters
https://earthfmwrth.com/content/national-news/washington-posts-rubin-says-we-have-to-burn-down-the-republican-party 
8 ebd.
https://www.aljazeera.com/news/2006/7/22/rice-sees-bombs-as-birth-pangs
10 https://nypost.com/2021/01/17/the-left-wants-to-silence-conservatives-all-of-them/ 

Quelle: https://www.strategic-culture.org/news vom 28.1.2021

(Übersetzung Zeit-Fragen)

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Philip Giraldi (Bild Wikimedia)

Philip Giraldi* (*1946) erhielt einen MA und PhD von der University of London in europäischer Geschichte und einen Bachelor of Arts mit Auszeichnung von der University of Chicago. Er war lange Zeit als Spezialist der CIA für Terrorismusbekämpfung und als Offizier der Defense Intelligence Agency (US-Militärgeheimdienst) tätig. 18 Jahre arbeitete er für die CIA in der Türkei, in Italien, Deutschland und Spanien, von 1989 bis 1992 als Chief of Base in Barcelona. Neben Englisch spricht er Türkisch, Spanisch, Italienisch und Deutsch. Seit 1992 ist er in der Sicherheitsberatung für eine Reihe von Fortune-500-Firmenkunden tätig. Er publiziert regelmässig für verschiedene Medien wie The American Conservative oder für antiwar.com und trat häufig als Gast auf verschiedenen Fernsehkanälen auf. Er leitet das Council for the National Interest und ist Gründungsmitglied der Veterans Intelligence for Sanity. Mit seiner Frau, mit der er seit 32 Jahren verheiratet ist, lebt er in der Nähe seiner Töchter und Enkelkinder in Virginia.

Quelle: https://www.zeit-fragen.ch/archiv/2021/nr-3-9-februar-2021/ein-gesetz-gegen-den-inland-terrorismus-in-den-usa.html

Ein Haus des Friedens – eine Welt ohne Hunger und Krieg

Ein Haus des Friedens  – eine Welt ohne Hunger und Krieg

Eine Kunstausstellung zeigt mögliche Wege

von Urs Knoblauch

Urs Knoblauch balgrist75

Urs Knoblauch 35 Jahre Konzeptkunst "Genauer Erfassen"  – Malerei, Fotografie, Film, Texte, Objekte und Installationen
Kirche Balgrist Zürich  – Offene Kirche für Kultur und Begegnung vom 22. Oktober 2009 bis 22. November 2009.

Ein zweiter Brief an Michael Leutert, MdB Die Linke

Ein zweiter Brief  an  Michael Leutert, MdB Die Linke

From: reuven.cabelman(at)skynet.be
To: michael.leutert(at)bundestag.de
Cc: sahra.wagenknecht(at)bundestag.de
Sent: Friday, February 05, 2010 3:33 PM
Subject: Ein zweiter Brief

Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Leutert,

Einmal mehr heisst es, die «Guten» kämpften gegen die «Bösen»

von Karl-Jürgen Müller
Manchmal braucht es nur wenige Worte, um deutlich zu machen, mit welch plumpen Methoden wir Bürger davon überzeugt werden sollen, dass der Krieg eine gute Sache sei.

Der republikanische Sprecher des US-amerikanischen Repräsentantenhauses, John Boehner, hat, so jedenfalls berichtete die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» am 30. September, den Einsatz von US-amerikanischen Bodentruppen im Krieg gegen den IS, den «Islamischen Staat», gefordert. Die USA hätten keine andere Wahl: «Das sind Barbaren. Sie wollen uns töten. Wenn wir sie nicht zuerst vernichten, dann werden wir den Preis zahlen.»

Das klingt nicht nur nach dem «Wilden Westen», das ist auch so gemeint. Boehner vermied es selbstverständlich zu erwähnen, dass das schon Jahre andauernde menschliche Leiden im Nahen und Mittleren Osten «Der Fluch der bösen Tat» (Peter Scholl-Latour) ist und dass die «böse Tat» viele Täter in den westlichen Staaten hat, zum Beispiel CIA-Flüge mit lybischen Kämpfern nach Syrien, wie selbst in einem Interview des Deutschlandfunks mit einem Politikwissenschaftler der Universität Bonn bekundet wurde, der ansonsten auch voll auf Krieg setzt. Herr Boehner hat auch vergessen zu erwähnen, dass es eine US-amerikanische Militärzeitschrift war, die forderte, neue Grenzen, sogenannte «Blutgrenzen», im Nahen und Mittleren Osten zu ziehen. Nicht mit friedlichen Mitteln.

Aber Herr Boehner hat auch vergessen zu erwähnen, dass die Kämpfer des IS auch Menschen sind, die ihre Geschichte haben, sehr wahrscheinlich eine tragische Geschichte haben so wie viele Menschen in den Teilen der Welt, von denen uns Pankaj Mishra in seinem Buch «Aus den Ruinen des Empires. Die Revolte gegen den Westen und der Wiederaufstieg Asiens» so eindrucksvoll erzählt hat. Und dass wir eigentlich sehr, sehr wenig über diese Menschen wissen und dass uns sicherlich nur das berichtet wird, was wir sehen, hören und lesen sollen. Was bitte nicht so verstanden werden soll, dass hier «Verständnis» gefordert wird. Aber nachdenken kann man schon einmal.

Finale Rettungsschüsse

Die Berliner Schießbude und der Abschied der Tagesschau vom Nachrichtenjournalismus
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
Die Regierung Merkel schiebt im Schlagschatten der Pandemie einen mörderischen Bundeswehr-Auslandseinsatz durchs Parlament; „unsere Jungs und Mädels“ sollen jetzt auch noch nach Libyen.(1) Bundestagspräsident Schäuble gibt das Grundgesetz für einen finalen Rettungsschuss frei: Die Würde des Menschen stehe über dessen Recht auf Leben.(2) Und die Tagesschau, führende Repräsentantin der „Vierten Gewalt“ im Staate, unterschlägt diese Informationen und deren unerlässliche Erklärung.

 Die indirekte Bankrotterklärung der ARD-aktuell kam in der Tagesschau-Hauptausgabe um 20 Uhr am 26. April:

„Bundestagspräsident Schäuble hat angesichts der Einschränkung vieler Grundrechte davor gewarnt, dem Schutz von Leben in der Corona-Krise alles unterzuordnen. Wenn es überhaupt einen absoluten Wert im Grundgesetz gebe, dann sei es die Würde des Menschen, sagte er dem Tagesspiegel. Diese sei unantastbar, aber sie schließe nicht aus, dass Menschen sterben müssen.(3)

Daniel Popakra, ARD-Hauptstadtstudio, berichtet anschließend über Alltagsaspekte der Kontaktsperre, qualifiziert Schäubles Säure-Attentat auf die Verfassung als „bemerkenswerte Äußerung“ und zitiert ihn noch einmal wörtlich:

„Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz von Leben zurückzutreten, dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig.“(4)

Die Äußerung des Bundestagspräsidenten, protokollarisch der Zweite im Staate (nach dem Bundespräsidenten), ist als offiziöse Handreichung bei behördlichen Entscheidungen über Leben und Tod zu verstehen. Einen

„Durchbruch des Sozialdarwinismus in Zeiten der Corona-Pandemie“(5)

nannte Rüdiger Minow das Schäuble-Interview im Berliner Tagesspiegel.(6) ARD-Mann Popakra berichtete, Schäuble erhalte nicht nur lebhafte Unterstützung von seinem Parteifreund Armin Laschet, dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, sondern auch von der Bündnis90/Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und von Alexander Gauland, Fraktionschef der AfD. Unisono, frei von Scham und Berührungsängsten, bekundeten die alle:

“Schäuble hat recht”.(Anm.4)

Hat er nicht. Und das weiß er selbst am besten. Bereits als Bundesinnenminister hatte er vergeblich versucht, sein zynisches Grundrechtsverständnis durchzusetzen. Von der Idee, dass der Staat gegebenenfalls Herr über Leben und Tod seiner Bürger sei, war er schon damals geradezu besessen.(7) Er hatte deshalb ein „Luftfahrtsicherheitsgesetz“ auf den Weg gebracht, das die Behörden ermächtigte, von Terroristen entführte zivile Passagierflugzeuge notfalls abzuschießen. Das Bundesverfassungsgericht verwarf das Gesetz und belehrte den Urheber:  

„Dem Staat ist es im Hinblick auf dieses Verhältnis von Lebensrecht und Menschenwürde einerseits untersagt, durch eigene Maßnahmen unter Verstoß gegen das Verbot der Missachtung der menschlichen Würde in das Grundrecht auf Leben einzugreifen. Andererseits ist er auch gehalten, jedes menschliche Leben zu schützen.“(8) 

Die Tagesschau hätte mit Verweis auf dieses höchstrichterliche Urteil zumindest den übelsten Auswüchsen des Streits über das Anti-Pandemie-Regime der Bundesregierung ein rasches Ende machen können. Hat sie aber nicht, und das disqualifiziert sie.

Friedenspolitik im Nuklearzeitalter

Die Aussage von der Zeitenwende – inzwischen zum geflügelten Wort geworden – ist tatsächlich eine vom frustrierten Machtstreben des Westens diktierte Fehldiagnose, geradezu Propaganda in ihrer klassischen Form.
von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Köchler - zeit-fragen.ch v. 04. Oktober 2022
Was sich vor unser aller Augen abspielt, ist eine «Zeitenwende» ganz anderer Art: In der Statistik der zwischenstaatlichen Gewaltanwendung ist im Jahre 2022 plötzlich ein dem Westen zugerechnetes Land (wenngleich diese Zuordnung unter dessen Bevölkerung umstritten ist) in der Position des Angegriffenen, während in den Jahrzehnten davor fast ausschliesslich die Vereinigten Staaten und deren Verbündete für sich  – mehr oder weniger straflos  – in Anspruch nahmen, das internationale Gewaltverbot zu ignorieren.

Fritz Noll. Ein verspäteter Nachruf

Fritz Noll. Ein verspäteter Nachruf

von Volker Bräutigam

Fritz Noll, vor Jahren Chefredakteur der DKP-Parteizeitung Unsere Zeit (UZ) ist, wie mir erst jetzt bekannt wurde, Ende Dezember im Alter von 83 Jahren gestorben.

Hongkong und Minneapolis

Zwei Städte im Zentrum der weltweiten Aufmerksamkeit
Von Rüdiger Rauls*
Zwei Städte stehen im Zentrum der weltweiten Aufmerksamkeit. Sie stehen nicht nur für sich alleine. Sie stehen für Grundsätzliches. In Minneapolis offenbart sich der gesellschaftliche Verfall des Westens, besonders seiner Führungsmacht USA. An Hongkong offenbart sich seine Angst vor diesem Verfall. Hongkong belegt die Ohnmacht des Westens gegenüber China.

Amerikanische Zustände

Über 100.000 Corona-Tote, etwa 40 Millionen Arbeitslose, Reiche, die immer reicher werden, und Arme, die immer mehr werden. Das ist die Lage im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Unbegrenzt sind die Möglichkeiten aber nur für Investoren und Kapitalbesitzer. Alle anderen stoßen sehr schnell an die Grenzen des American Way of Life. Besonders die schwarzen Bürger versinken immer mehr im Elend. Ihre Zahl an den Arbeitslosen ist mehr als doppelt so hoch wie ihr Anteil an der amerikanischen Bevölkerung. Dasselbe Verhältnis gilt auch für ihre Toten durch die Corona-Epidemie und durch Polizeigewalt.

Israel verliert seine Besten

Im Jahr 2012 berichtete die israelische Zeitung Haaretz über eine Umfrage, die besagt, dass mindestens ein Drittel der Israelis in Erwägung ziehen würde, ins Ausland auszuwandern, wenn sich die Gelegenheit biete.
By Lawrence Davidson - 7. Mai 2021 "Information Clearing House"
Dies sollte kein vorübergehendes Phänomen bleiben. In einem aktualisierten Newsweek-Artikel von 2018 heißt es: "Israel feiert im Mai seinen 70. Geburtstag mit der Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem. Doch das Land kämpft mit einer existenziellen Krise. ... Angetrieben von den hohen Lebenshaltungskosten, den niedrigen Gehältern und den politischen und demografischen Trends, verlassen Israelis das Land in Scharen." In Anbetracht der Tatsache, dass "Israel eine der höchsten Armutsraten und Einkommensungleichheiten in der westlichen Welt hat", kann man verstehen, warum die Vorstellung, dass Israel "absolut essentiell ... für die Sicherheit der Juden auf der ganzen Welt" sei, unter den Juden selbst zur Debatte steht.

Während die Wirtschaft sicherlich eine Rolle bei dieser Auswanderung spielt, ist sie nicht der einzige Faktor. Es ist auch eine Frage des Gewissens. Besonders auffällig unter denen, die gehen, ist die Zahl der Intellektuellen und Akademiker. Und unter dieser Gruppe befinden sich einige der ethischsten Bürger Israels.

Hier können wir uns wieder Haaretz zuwenden. Am 23. Mai 2020 veröffentlichte die Zeitung eine Reihe von Interviews mit einigen der Aktivisten und Gelehrten, die an einem aufgeklärten Wandel verzweifeln und sich deshalb entschieden haben, das Land zu verlassen. Hier sind ein paar Beispiele:

  • "Ariella Azoulay, eine international anerkannte Kuratorin und Kunsttheoretikerin und ihr Partner, der Philosoph Adi Ophir, der zu den Gründern des 21. Jahres, einer Anti-Besatzungs-Organisation, gehörte."
  • "Anat Biletzki, ehemalige Vorsitzende von B'Tselem - dem israelischen Informationszentrum für Menschenrechte in den besetzten Gebieten."
  • "Dana Golan, ehemalige Geschäftsführerin der Anti-Besatzungsgruppe Breaking the Silence."
  • "Yonatan Shapira,... der 2003 den Brief der Piloten, die sich weigerten, an Angriffen in den besetzten Gebieten teilzunehmen, initiierte."
  • "Neve Gordon, Politikwissenschaftlerin, die Direktorin von Physicians for Human Rights war und aktiv in der Ta'ayush Arab Jewish Partnership."
  • Und die Liste geht noch eine ganze Weile weiter. In dem Artikel heißt es: "Das Wort, das immer wieder auftaucht, wenn man mit diesen Menschen spricht, ist 'Verzweiflung'. Einsickernde Verzweiflung, die seit Jahren anhält." Das heißt, Verzweiflung unter jenen Menschen, die versuchen, eine Gesellschaft aufzubauen, in der israelische Juden und Palästinenser in Harmonie als Gleiche leben könnten. Es ist zu dem Punkt gekommen, an dem eine solche humanitäre Haltung dazu führen kann, dass sie "wegen ihrer politischen Überzeugungen und Aktivitäten aus ihren Jobs gezwungen werden" und/oder die Erkenntnis, dass "sie ihre Ansichten in Israel nicht mehr ohne Angst äußern können." Diejenigen, die Kinder haben, drückten ihre Besorgnis darüber aus, sie in dem politischen und sozialen Klima, das jetzt in Israel vorherrscht, aufzuziehen.

Teil 2- Ermächtigter Fanatismus

Es ist zu erwarten, dass jeder dieser Expatriates gemischte Gefühle hat, wenn er Israel verlässt. Schließlich verlassen sie nicht nur ein erstickendes politisches und soziales Klima, sondern auch ihre Gemeinschaft und eine hebräische Sprache, die viele als persönlich bereichernd empfinden. Leider gefährdet der ermächtigte Fanatismus alles, was kulturell und gesellschaftlich positiv ist.

Und offiziell ermächtigter Fanatismus ist das, was man erfährt, wenn Nationalismus mit einem exklusiven Tribalismus verschmilzt, der von Rassismus und religiösem Eifer geprägt ist. Eitan Bronstein, ein israelischer Aktivist, der jetzt im Ausland lebt, gibt einen Eindruck davon, wenn er feststellt: "Es gibt etwas ganz Verrücktes in Israel." Um es ganz zu begreifen, muss ein Israeli lernen, es von außen zu sehen - "es aus der Ferne zu betrachten, ist zumindest ein bisschen vernünftiger." Neve Gordon erzählt, wie viel Abstand nötig ist, um die Dinge grundlegend zu verändern: "Was ich verstanden habe, ist, dass die Lösung nicht im Zionismus zu finden ist."

Gordon hat recht. Die Ursache für Israels Schicksal, wie auch für sein Verhalten gegenüber den Palästinensern, liegt in seiner Gründungsideologie. Hier ist eine erklärende Sequenz:

  • Der Zionismus, die Ideologie, die dem jüdischen Staat zugrunde liegt, entstand im 19. Jahrhundert als Reaktion auf die Verfolgung der Juden, besonders in Osteuropa und Russland.
  • Das 19.Jahrhundert war eine Blütezeit des Nationalismus und des Nationalstaates. Es war eine logische Entscheidung der frühen Zionisten, dass die Lösung für die Verfolgung der aschkenasischen (nordeuropäischen) Juden in der Gründung eines eigenen Staates lag. Und so begann die Verschmelzung von Judentum und Zionismus.
  • Im 19.Jahrhundert war der Nationalstaat jedoch auch mit westlichem Chauvinismus und Imperialismus verbunden. Völker außerhalb Europas und Nordamerikas wurden als minderwertig angesehen.
  • Die Gründer-Zionisten, meist Polen, Russen und Deutsche, waren, wenn man so will, genauso von diesem Chauvinismus infiziert wie ihre nicht-jüdischen europäischen Kollegen. Sie hielten die Überlegenheit der europäischen Kultur über die der Nichteuropäer für selbstverständlich und glaubten daher, dass die Palästinenser angesichts der europäischen imperialen Expansion wenig Rechte hätten. Auf diese Weise identifizierten sich die zionistischen Juden mit der Rolle des Aggressors und übernahmen diese. Es war eine ironische Haltung, denn dieselbe europäische Kultur war die Quelle der jüdischen Verfolgung.
  • Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schlossen die Zionisten ein Bündnis mit der britischen Regierung, die bald Palästina erobern würde. Die Briten versprachen den Zionisten dort eine "jüdische nationale Heimstätte". Dies erlaubte den Zionisten, eine immer größere Anzahl europäischer Juden in ein arabisches Land zu bringen.
  • Der unvermeidliche palästinensische Widerstand gegen diese zionistische Invasion wurde benutzt, um den Rassismus der meisten israelischen Juden gegenüber denen, die sie enteignet haben, weiter zu rechtfertigen.

Teil 3- "Good Riddance" („endlich loswerden“)

Diese Interpretation der Ereignisse löst wahrscheinlich bei fast allen israelischen Juden eine negative emotionale Reaktion aus. Das liegt nicht daran, dass sie ungenau ist, sondern daran, dass sie alle in einer zionistischen Kultur aufgewachsen sind, die ihnen beibringt, dass Palästina rechtmäßig jüdisch sei und nun, als Konsequenz, nur Juden volle Bürger Israels sein könnten.

Irgendwie hat diese Indoktrination es nicht geschafft, die grundlegende Menschlichkeit der oben beschriebenen Exilanten zu überwinden. Es ist ihr Mangel an Stammessolidarität, wie sie von der zionistischen Ideologie definiert und gefordert wird, der sie in den Augen vieler doktrinärer Israelis zu Renegaten macht. Einen Eindruck davon vermitteln einige der Leserkommentare, die auf die Haaretz-Interviews folgten. Meine Antworten stehen in Klammern.

  • sie sind alle "radikale Linke" oder von der "extremen Linken". [Diese Zuordnung der politischen Position ist wirklich ad hoc. Es gibt nichts inhärent "Linkes" oder "Radikales" an dem, was in Wahrheit eine Anerkennung ist, dass israelische Juden und palästinensische Araber eine gemeinsame Menschlichkeit und ein gemeinsames Schicksal teilen].
  • Diese Radikalen erkennen nicht, dass Israel eine Demokratie ist und dass ihre politische Fraktion verloren hat. [Wenn es um Menschenrechte und menschlichen Anstand geht, schützt eine liberale Demokratie die Rechte ihrer Minderheiten. In einer Gesellschaft, in der Minderheiten schrumpfende Rechte oder gar keine Rechte haben, ist Demokratie nur eine Fassade.]
  • Die Exilanten selbst sind Bigotte, die die Standpunkte der wahren Zionisten nicht respektieren. [Das ist nur Sophisterei. Sich gegen Bigotterie zu stellen, kann einen nicht zu einem Bigotten machen. Wenn wir etwas aus der Geschichte gelernt haben, dann, dass nicht alle Standpunkte gleich sind.]
  • Diejenigen, die das Exil gewählt haben, denken, sie seien prinzipientreu, aber demnach war es Hitler auch. [Diejenigen, die Mitgefühl mit den Palästinensern zeigen, mit den Nazis gleichzusetzen, ist ein sicheres Zeichen dafür, dass der Zionismus den Geist seiner Anhänger verdorben hat.]
  • Israel ist ohne diese Leute besser dran: "Mögen sie ihr Schicksal unter den Israel-Bashers in ihren neuen Utopien finden." [Bei den Zionisten heißt es immer "wir" gegen die Welt.]

Teil 4- Schlussfolgerung

Die wachsende Zahl einfühlsamer Israelis - Friedensaktivisten und solche, die einfach nur grundlegende Menschenrechte sowohl für Palästinenser als auch für israelische Juden anstreben - die dazu gedrängt werden, das Exil zu wählen, ist ein tragisches und bezeichnendes Signal.

Sie werden buchstäblich aus ihrem eigenen Land gejagt, genau wie die Palästinenser, von jenen jüdischen Bürgern, die der reaktionären, stammesbezogenen Doktrin des Zionismus verpflichtet sind. Der Staat ist damit doktrinären Chauvinisten und religiösen Extremisten ausgeliefert worden. Ist es unter solchen Umständen verwunderlich, dass, wie einer der wenigen aufgeklärten Kommentatoren feststellte, "das Böse das Gute verdrängt" und "Dies ist der Preis, den Israelis mit Gewissen für [ihre Opposition gegen] die unerschütterliche Persistenz und das Wachstum der Bigotterie im heutigen Israel zahlen."

Lawrence Davidson
Lawrence Davidson ist emeritierter Professor für Geschichte an der West Chester University in Pennsylvania. Seit 2010 veröffentlicht er seine Analysen zu Themen der US-amerikanischen Innen- und Außenpolitik, des internationalen und humanitären Rechts und der israelischen/zionistischen Praktiken und Politik.
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Engl. Original: http://www.informationclearinghouse.info/56566.htm

Israel Loses Its Best

By Lawrence Davidson

May 07, 2021 "Information Clearing House" - - In 2012 the Israeli newspaper Haaretz reported on a poll suggesting that at least one-third of Israelis would consider emigrating abroad if the opportunity presented itself. This was not to be temporary phenomenon. An updated 2018 Newsweek article stated that “Israel celebrates its 70th birthday in May with the opening of the U.S. Embassy in Jerusalem. Yet the country is grappling with an existential crisis. … Spurred by the high cost of living, low salaries, and political and demographic trends, Israelis are leaving the country in droves.” Given the fact that “Israel has one of the highest poverty rates and levels of income inequality in the Western world,” you can see why the notion that Israel is “absolutely essential … to the security of Jews around the world” is up for debate among Jews themselves.
While economics is certainly playing a role in this emigration, it is not the only factor. There is also a question of conscience. Particularly noticeable among those leaving are numbers of intellectuals and academics. And among this group are some of Israel’s most ethical citizens. Here we can again turn to Haaretz. On 23 May 2020 the newspaper published a series of interviews with some of the activists and scholars despairing of enlightened change and therefore choosing to leave the country. Here are a few examples:
—“Ariella Azoulay, an internationally recognized curator and art theoretician and her partner, philosopher Adi Ophir, who was among the founders of the 21st Year, an anti-occupation organization.”
—“Anat Biletzki, a former chairwoman of B’Tselem — the Israeli Information Center for Human Rights in the Occupied Territories.”
—“Dana Golan, former executive director of the anti-occupation group Breaking the Silence.“
—“Yonatan Shapira, … who initiated the 2003 letter
of the pilots who refused to participate in attacks in the occupied territories.”
—“Neve Gordon, political scientist, who was director of Physicians for Human Rights and active in the Ta’ayush Arab Jewish Partnership.”
And the list goes on for quite a while. According to the article, “the word that recurs time and again when one speaks with these individuals is ‘despair.’ Percolating despair, continuing for years.” That is, despair among those people trying to build a society where Israeli Jews and Palestinians could live in harmony as equals. It has gotten to the point where such a humanitarian stance can result in being “forced out of their jobs because of their political beliefs and activities” and/or the realization that “they could no longer express their views in Israel without fear.” Those with children expressed concerns about raising them within the political and social climate that now dominates Israel.
Part II—Empowered Fanaticism
It is to be expected that each of these expatriates has mixed feelings about leaving Israel. After all, they leave not only a suffocating political and social climate, but also their community and a Hebrew language that many find personally enriching. Unfortunately, empowered fanaticism puts at risk all that is culturally and socially positive.
And empowered fanaticism is what you get when nationalism merges with an exclusive tribalism characterized by racism and religious zealotry. Eitan Bronstein, an Israeli activist now living abroad, gives a sense of this when he observes that “There is something quite insane in Israel.” To grasp it fully an Israeli must learn to see it from the outside—“to look at it from a distance is at least a little saner.” Neve Gordon tells us just how much distance is required to fundamentally change things: “What I understood was that the solution cannot be contained in Zionism.”
Gordon is correct. The source of Israel’s fate, as well as its behavior toward the Palestinians, lies in its founding ideology. Here is an explanatory sequence:
— Zionism, the ideology underlying the Jewish state, originated in the 19th century as a response to the persecution of Jews, particularly in eastern Europe and Russia.
—The 19th century was a prime period of nationalism and the nation-state. It was a logical decision of the early Zionists that the solution to Ashkenazi (northern European) Jewish persecution lay with the founding of their own state. And so began the melding of Judaism and Zionism.
—However, in the 19th century the nation-state was also tied to Western chauvinism and imperialism. Peoples outside of Europe and North America were seen as inferiors.
—The founding Zionists, mostly Poles, Russians and Germans, were, if you will, just as infected with this chauvinism as their non-Jewish European counterparts. They took the superiority of European culture over that of non-Europeans for granted and therefore believed the Palestinians had few, rights in the face of European imperial expansion. In this way the Zionist Jews identified with and absorbed the role of the aggressor. It was an ironic stance because that same European culture was the source of Jewish persecution.
— Come the early 20th century, the Zionists made an alliance with the British government, which would soon conquer Palestine. The British promised the Zionists a “Jewish national home” there. This allowed the Zionists to begin bringing ever larger numbers of European Jews into an Arab land.
— The inevitable Palestinian resistance to this Zionist invasion was used to further justify the racism most Israeli Jews feel toward those they have dispossessed.
Part III—“Good Riddance”
This interpretation of events probably raises a negative emotional response in almost all Israeli Jews. This is not because it is inaccurate, but because they have all been raised within a Zionist culture that teaches them that Palestine is rightfully Jewish and now, as a consequence, only Jews can be full citizens of Israel. Somehow that indoctrination ultimately failed to overcome the basic humaneness of those exiles described above. It is their lack of tribal solidarity as defined and demanded by Zionist ideology that renders them renegades in the eyes of many doctrinaire Israelis. A sense of this is given in some of the reader comments that followed the Haaretz interviews. My responses are in brackets.
—They are all “radical leftists” or of the “far left.” [This assignment of political position is really ad hoc. There is nothing inherently “left” or “radical” about what in truth is a recognition that Israeli Jews and Palestinian Arabs share a common humanity, and a common fate.]
— These radicals fail to appreciate that Israel is a democracy and their political faction lost. [When it comes to human rights and human decency, a liberal democracy protects the rights of its minorities. In a society where minorities have shrinking rights, or no rights at all, democracy is only a facade.]
— The exiles are themselves bigots who fail to respect the points of view of true Zionists. [This is just sophistry. To stand against bigotry cannot make one a bigot. If we have learned anything from history, it is that not all points of view are equal.]
— Those who chose exile think they are principled, but then so did Hitler. [Equating those who show compassion toward the Palestinians with the Nazis is a sure sign that Zionism has corrupted the minds of its adherents.]
—Israel is better off without these people: “May they meet their destiny among Israel bashers in their new utopias.”
[With the Zionists, it is always “us” against the world.]
Part IV—Conclusion
The increasing number of empathetic Israelis—peace activists and those who just seek basic human rights for both Palestinians and Israeli Jews—who are being pushed to choose exile is a tragic and telling sign. They are literally being chased out of their own country, much as are the Palestinians, by those Jewish citizens committed to the reactionary, tribal doctrine of Zionism. The state has now been given over to doctrinaire chauvinists and religious extremists. Under such circumstances, is it any wonder that, as one of the few enlightened commenters stated, “Evil is driving out good” and “This is the price that Israelis of conscience are paying for [their opposition to] the steadfast persistence and growth of bigotry in Israel today.”
Lawrence Davidson is professor of history emeritus at West Chester University in Pennsylvania. He has been publishing his analyses of topics in U.S. domestic and foreign policy, international and humanitarian law and Israel/Zionist practices and policies since 2010.

KenFM im Gespäch mit: Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer

05.12.2016
Die Tagesschau ist das bekannteste Presseerzeugnis des Nachkriegsdeutschlands. Am 26. Dezember 1952 ging die Sendung zum ersten mal on Air und wurde schnell das, was der VW Käfer auf der Straße wurde. Kult.

Die Tagesschau hat später ganze Generationen medial geprägt, denn, was in der Tagesschau gezeigt wurde, war mehr als ein Bericht, es war für die meisten Menschen einfach die Wahrheit. Die Tagesschau hatte damit die Wochenschau der NAZIS dahingehend ersetzt, dass man es schlicht nicht wagte, sie zu hinterfragen.

Dieser über Drill gelernte Respekt blieb Jahrzehntelang bestehen und niemand wäre bei der Tagesschau auf die Idee gekommen, dass es sich bei ihr natürlich auch, oder vor allem, um ein Instrument der Manipulation handelte.

Die Tagesschau vermittelte stets ein Weltbild, das dem der westlichen Siegermächte entsprach. Wer um 20.15 Uhr die Tagesschau einschaltete, eine Art Ritual, das von Millionen über Jahrzehnte verinnerlicht worden war, bekam immer auch die volle Packung US-Propaganda mit verabreicht. Das geschah deutlich subtiler, als bei der BILD-Zeitung, aber gerade die reduzierte Dauerstrahlung war das Erfolgsrezept. Die Tagesschau wurde als unpolitisch wahrgenommen und daher von den allermeisten Zuschauern konsumiert und verinnerlicht. Diese völlig naive Art des Medienkonsums hat die alte BRD geprägt. Radio und Print waren ebenfalls stark überwacht. Bevor ein Presseorgan in der BRD nach 1945 seinen Betrieb aufnehmen konnte, musste es sich von den USA quasi lizenzieren lassen.

https://www.youtube.com/watch?v=qdDxSdxh16w

Kinder als unbeweinte Opfer der Kriegsverbrechen Bushs

von Michael Haas

Die Folter hat unter den vielen Kriegsverbrechen der Bush-Administration das größte Aufsehen erregt. Aber diejenigen, die Bushs "Krieg gegen den Terror" unterstützen, haben die Foltervorwürfe nicht beeindruckt. Noch schlimmer als die Folterungen sind die Morde an mindestens 50 Gefangenen in Abu Ghraib, Afghanistan, und in Guantánamo; aber auch diese illegale Todesstrafe ohne Gerichtsurteil für angebliche Terroristen hat die Hartherzigen kalt gelassen.

Wenn aber Kinder misshandelt werden, ist es schwieriger, das zu akzeptieren. Das bestgehütete Geheimnis unter allen Kriegsverbrechen Bushs ist die Tatsache, dass er Tausende von Kindern einsperren und foltern ließ und ihnen Rechte vorenthalten hat, die ihnen nach den Genfer Konventionen und verwandten internationalen Abkommen zugestanden hätten. Sowohl der Kongress als auch die Medien haben es seltsamerweise versäumt, das Einsperren von Kindern als Kriegsverbrechen zu brandmarken.

In der islamischen Welt werden diese Untaten aber nicht totgeschwiegen.

Krieg ist wider das menschliche Leben

von Thomas Kaiser
In seiner Rede am Nato-Gipfel in Wales hob der Schweizer Bundespräsident und Vorsitzende der OSZE Didier Burkhalter vier wichtige Punkte für die Beilegung der Krise in der Ukraine hervor:
  • Bemühungen um einen Waffenstillstand und Beginn des politischen Prozesses,
  • Ausbau der Beobachtermission angepasst an die Bedürfnisse,
  • Unterstützung bei der Aussöhnung, beim Wiederaufbau und bei Reformen,
  • eine Debatte über die Wiederherstellung der europäischen Sicherheit als gemeinsames Projekt.

Nach wochenlanger Medienpropaganda über Ursachen und Akteure im Ukraine-Konflikt lässt das Engagement der Schweiz im Rahmen der OSZE und auf Grund ihres Neutralitätsgebots die Menschen in allen Teilen der Welt hoffen. «Krieg ist immer eine Niederlage für die Menschheit», hat Papst Johannes Paul II in einer Rede vor nahezu 10 Jahren gesagt. Das Bestreben muss immer dahin gehen, Krieg zu verhindern, und wo er schon geführt wird, ihn sofort zu beenden.

Quelle: Zeit-Fragen
http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=1890

LA TROIKA HUNDE A EUROPA: SE RADICALIZAN LAS PROTESTAS EN EL SUR Y EN EL ESTE

Las protestas en el sur y en el este

El análisis de James Petras. Lunes 4 de marzo de 2013

“Bulgaria, Rumania y otros países están sufriendo la crisis”, dijo el sociólogo norteamericano James Petras, al hablar de las crecientes movilizaciones  que se dan en esos países.

Al respecto contextualizó la situación: “Esos países ex comunistas en primer instancia se lanzaron hacia un proyecto democrático neoliberal, que en los primeros años fue un fracaso, sumió al pueblo en la pobreza, se perdieron los programas sociales, etc. (…) Después de tres años continuos de pérdida del nivel de vida en Bulgaria, Rumania, Eslovenia, con las privatizaciones, lo que ocurre es un enorme crecimiento de la pobreza, las desigualdades, etc.”, subrayó. Además, en su audición de  este lunes 4 de marzo por CX36 (*), Petras habló de la gira del secretario de Estado norteamericano John Kerry por Medio Oriente, del acuerdo Irán Argentina para investigar lo sucedido en la AMIA, y de la realidad que viven Portugal y Grecia, donde se radicalizan las protestas.

Lob des Zufalls

Lob des Zufalls

von Volker Bräutigam

Dem homo sapiens-sapiens kommt er gelegentlich in die Quere, dem homo politicus-stupidus hingegen ist er mindestens ebenso oft ein dienstbarer Avatar. So auch am Dienstag, dem 21. Jänner.

Mali: Proteste gegen Frankreich, für Kooperation mit Russland

Forderung nach engerer Kooperation mit Russland und China
de.rt.com 23.09.2020 • 21:39 Uhr
Viele Einwohner frankophoner afrikanischer Staaten betrachten ihr Verhältnis zum ehemaligen Kolonialherren Frankreich als eines der Unterwürfigkeit und Abhängigkeit. Die französischen Militäreinsätze stehen in der Kritik. In Mali regt sich dagegen eine Protestbewegung.

Mali Protest 2020
In der malischen Hauptstadt Bamako haben am Dienstag Proteste gegen die ausländische Truppenpräsenz stattgefunden, wie die türkische amtliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

Die Proteste richteten sich vor allem gegen die französische Armee, die in Mali vorgeblich gegen islamistische Terroristen stationiert ist, aber auch gegen die UN-Mission MINUSMA, die seit 2013 in dem afrikanischen Land tätig ist. Die französische Armee ist seit 2014 in Mali. Sie operiert auch in weiteren Staaten der Sahelregion. Insgesamt sind dort über 5.000 französische Soldaten stationiert.

Die Demonstranten trugen Schilder mit gegen Frankreich gerichteten Losungen, etwa "Tod Frankreich und den Alliierten", "Nieder mit Frankreich" und "Frankreich raus", wie auf Bildern von Anadolu zu sehen ist. Zudem skandierte die Menge antifranzösische Parolen. Die Demonstranten sammelten sich vor der französischen Botschaft.

Die Protestierenden forderten des Weiteren eine engere Kooperation mit Russland und China. Viele Demonstrationsteilnehmer hätten russische Fahnen getragen, berichtete Anadolu.

Der Protest fand am malischen Unabhängigkeitstag statt. Etwa zeitgleich wurden offizielle Feierlichkeiten anlässlich dieses Datums abgehalten.

Seit August dieses Jahres regiert in Mali eine Militärjunta. Deren Anführer Oberst Assimi Goita forderte in seiner Rede zum Unabhängigkeitstag das malische Volk auf, die ausländischen Streitkräfte in Mali zu unterstützen.

Am Montag hatte die Junta einen neuen Übergangspräsidenten sowie einen Vizepräsidenten ernannt. Bah N'Daw, bisher Verteidigungsminister, soll das Land führen, bis durch Wahlen eine neue Regierung gebildet wird.

Mali war bis zum Jahr 1960 eine französische Kolonie. Präsident Modibo Keïta führte das Land dann in die Unabhängigkeit unter einer Politik, die einen starken antikapitalistischen Akzent trug. In den darauffolgenden Jahren unterhielt Mali gute Beziehungen zur Sowjetunion und China.

Quelle: https://deutsch.rt.com/afrika/107005-mali-proteste-gegen-frankreich-fur/
 

Menschenrecht nach Tagesschau-Maß

Würde und Ansprüche des georgischen Spargelstechers zählen weniger als der Schmutz an seinen Arbeitsstiefeln
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
In Wahlkampfzeiten wie diesen fällt sie besonders ins Auge: unsere gnadenlose deutsche Rechthaberei, gekleidet in hehren Anspruch gegenüber anderen Staaten und deren Regierungen. Menschenrechte! Ihre Beachtung müsse besonders von Russland und China gefordert und mit transatlantischer Sanktions-Gewalt durchgesetzt werden, belehren uns die herrschenden Parteien, voran die NATO-oliv-Grünen, während westliches Militär beide Länder einkreist. Die Tagesschau vermeldet es brav (1) und vermeidet jegliche Einordnung. „Wir“ sind schließlich immer die Guten, vor unserer eigenen Tür ist allemal bestens gekehrt.

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Vergessen die Warnung des Philosophen und Aufklärers Jean-Jacques Rousseau:

„Nehmt euch vor diesen Kosmopoliten in Acht, die in ihren Schriften aus weiter Ferne Pflichten herholen, deren Erfüllung sie in Bezug auf ihre eigene Umgebung verächtlich zurückweisen. Ein solcher Philosoph liebt die Tataren, um dessen überhoben zu sein, seine Nachbarn zu lieben.“ (2)

Wir haben uns längst an die Besessenheit gewöhnt, mit der die Berliner Politdarsteller und ihre Durchlauferhitzer in den Mainstreammedien lautstark die Wahrung der Menschenrechte fordern, mit Blick nach Moskau oder Beijing. Geradezu klassisch die Tagesschau-Berichterstattung über das Treffen der NATO-Spitzen unter ihrem US-Anführer Joe Biden. (3) Von NATO-Plänen für eine offensive „Neuausrichtung“ auf China und Russland war da die Kraftmeierei; die militanten und aggressiven Vertreter des Wertewestens versuchten dem friedenswilligen Rest der Welt einmal mehr weiszumachen, dass Drohungen, Bezichtigungen, Hochrüstung und aggressive Propaganda Ausdruck erfolgversprechender Diplomatie seien  – weil dahinter eine gute Sache stehe.

Müssen nun wirklich alle “Charlie” sein?

Einige relativierende Stimmen zum Massaker von Paris und anderswo

Ich bin NICHT Charlie

Okay, damit das klar ist. Ich bin kein Moslem. Ich bin gegen Terrorismus.

Ich bin nicht einmal für die Todesstrafe. Ich verachte Takfirismus. Ich lehne Gewalt als politisches oder ethisches Argument ab. Ich unterstütze voll und ganz die Freiheit der Rede, kritische Rede und Humor eingeschlossen.

Aber heute morgen bin ich ganz sicher NICHT Charlie.

Quelle:
http://www.vineyardsaker.de/analyse/ich-bin-nicht-charlie/

Warum ich am Sonntag in Frankreich nicht demonstrieren würde

Pro Memoriam: Harold Pinters Nobelpreisrede 2005 (Auszug)

Die größte Show der Welt
(…) Ich behaupte, die Vereinigten Staaten ziehen die größte Show der Welt ab, ganz ohne Zweifel. Brutal, gleichgültig, verächtlich und skrupellos, aber auch ausgesprochen clever. Als Handlungsreisende stehen sie ziemlich konkurrenzlos da, und ihr Verkaufsschlager heißt Eigenliebe. Ein echter Renner. Man muss nur all die amerikanischen Präsidenten im Fernsehen die Worte sagen hören: „das amerikanische Volk“, wie zum Beispiel in dem Satz:

„Ich sage dem amerikanischen Volk, es ist an der Zeit, zu beten und die Rechte des amerikanischen Volkes zu verteidigen, und ich bitte das amerikanische Volk, den Schritten ihres Präsidenten zu vertrauen, die er im Auftrag des amerikanischen Volkes unternehmen wird.“

Ein brillanter Trick.

Mit Hilfe der Sprache hält man das Denken in Schach. Mit den Worten „das amerikanische Volk“ wird ein wirklich luxuriöses Kissen zur Beruhigung gebildet. Denken ist überflüssig. Man muss sich nur ins Kissen fallen lassen. Möglicherweise erstickt das Kissen die eigene Intelligenz und das eigene Urteilsvermögen, aber es ist sehr bequem. Das gilt natürlich weder für die 40 Millionen Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, noch für die 2 Millionen Männer und Frauen, die in dem riesigen Gulag von Gefängnissen eingesperrt sind, der sich über die Vereinigten Staaten erstreckt.

Den Vereinigten Staaten liegt nichts mehr am low intensity conflict. Sie sehen keine weitere Notwendigkeit, sich Zurückhaltung aufzuerlegen oder gar auf Umwegen ans Ziel zu kommen. Sie legen ihre Karten ganz ungeniert auf den Tisch. Sie scheren sich einen Dreck um die Vereinten Nationen, das Völkerrecht oder kritischen Dissens, den sie als machtlos und irrelevant betrachten. Sie haben sogar ein kleines, blökendes Lämmchen, das ihnen an einer Leine hinterher trottelt, das erbärmliche und abgeschlaffte Großbritannien.

Rainer Mausfeld zu den „Gelbwesten“, Neoliberalismus, Migration und Elitendemokratie

Jasmin Kosubek spricht mit dem Psychologie-Professor über die Bewegung der Gelben Westen in Frankreich und fordert seine kritischen Thesen zum Neoliberalismus heraus.
RTDeutsch 14. 12. 2018
Der emeritierte Professor für Psychologie, Rainer Mausfeld, begeistert mit seinen Vorträgen zu Manipulationstechniken in Medien und Politik und zieht damit ein Millionenpublikum an. So vertritt Mausfeld zum Beispiel die These, dass sich die repräsentative Demokratie der westlichen Welt zu einer neoliberalen Elitendemokratie entwickelt hat und stellt Begriffe und Systeme in Frage, die man sonst als gegeben ansieht.

Video 1:40:34 - 222.043 Aufrufe

Kapitel:
00:50 Protest der „Gelben Westen“
19:40 Eliten und Machteliten
25:45 Täter und Opfer  – Wer entscheidet?
32:35 Pflicht des Bürgers, sich selbst zu informieren
44:55 Demokratisierung der Demokratie 49.00 Direkte Demokratie als Lösung?
52:49 Frage der Repräsentanz im Parlament  – Wo sind die LKW-Fahrer?
55:10 Annegret Kramp-Karrenbauer
57:00 Migration und der Neoliberalismus
1:04:44 Rechtspopulismus, Heimat und Nation
1:10:30 Neoliberalismus
1:22:00 Kritik an Mausfeld
1:38:10 Utopie

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=mdchIFjToG8

Replik: Die bedenkliche Rolle der Schweizer Politik im Syrien-Konflikt.

Waffen höhlen das Vertrauen aus
von Geri Müller*
Tages-Anzeiger vom 27. August 2012
Es sei richtig, «ungefährlich und unverfänglich», dass die Schweiz Treffen der syrischen Opposition finanziell unterstütze, um so für Demokratie und Menschenrechte in Syrien einzutreten. Dies schreibt Daniel Woker, ehemaliger Schweizer Botschafter in Kuwait, unter dem Titel «Gib, damit dir gegeben wird» (TA vom 10. 8.). Diese und andere Positionen, die Woker vertritt, dürfen nicht unwidersprochen bleiben.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Konflikte im Nahen Osten weniger mit Religionskriegen als mit der Sicherung der Energiequellen zu tun haben. Die Abhängigkeit des Westens von Erdöl und -gas ist eklatant. Die Versorgung besteht noch immer aus mindestens 70 Prozent fossiler Energie. Das einfach zu gewinnende Oberflächenöl neigt sich dem Ende zu; künftiges Öl braucht riesige Investitionen.

1945 sicherte Präsident Roosevelt den USA den Zugang zu den nahöstlichen Quellen mit der Gründung der Aramco (Arab-American Oil Company). Nach Khomeinis islamischer Revolution 1979 boykottierten die USA und ihre europäischen Partner den Iran. Dessen Öl fliesst seither primär nach China.

Es geht um die Energiequellen

Mit ihrem Engagement für die Gespräche der Opposition unterstützt die Schweiz letztlich die amerikanisch-saudiarabische Achse. Deren Hauptzweck ist hinlänglich bekannt: Es geht um die Vormachtstellung im Nahen Osten, welche die Saudis beanspruchen  – und um die Schwächung der iranisch-syrischen Achse.

Vordergründig wird beabsichtigt, Präsident Bashar al-Assad zu stürzen und in Syrien ein sunnitisches Regime einzurichten. Hintergründig geht es freilich auch darum, dem Westen den Zugang zu den Energiequellen zu sichern. Abgesehen davon stellt sich die Frage, ob die absolutistischen Herrscher in Saudiarabien, Katar und Jordanien geeignet sind als Bannerträger eines demokratischen Wandels.

Woker fordert, die Schweiz solle Angehörige der Armee nach Syrien entsenden, um «Terroristen von al-Qaida, Hizbollah und Hamas» daran zu hindern, dort «Chemiewaffen» zu behändigen. Die verfassungsmässig festgelegte Neutralität kümmert ihn nicht. Er erklärt sie vielmehr «für tot». Seit dem Mauerfall von 1989 gebe es keine neutrale Position mehr, nur noch Interessenpolitik.

Reine Interessenpolitik ist aber ein sehr kurzfristiges Denken. Was heute von Interesse ist, kann morgen bereits ins Gegenteil umschlagen. Das erleben wir gerade mit der lange Zeit «bewährten » Steuerhinterziehungspolitik. Die Neutralität hingegen hat stets Vertrauen in die Schweiz geschaffen, gerade im Nahen Osten. Eine Parteinahme für die westliche Aggressionspolitik in dieser Gegend und Waffenlieferungen an Diktaturen wie Saudiarabien oder Katar höhlen dieses aus.

Ein runder Tisch für alle

Merkwürdig mutet an, dass der Ex-Botschafter glaubt, eine vertiefte Zusammenarbeit mit der Nato könnte der Schweiz helfen, den eskalierenden Steuerstreit beizulegen. Man stelle sich vor: Dubiose Machenschaften von Schweizer Banken werden mittels Aufgabe der Neutralität «reingewaschen». Eine Ungeheuerlichkeit. Im Übrigen ist es schwer vorstellbar, dass die USA bei einem solchen Spielchen mitmachen würden.

Die Neutralität hat international stets Vertrauen in die Schweiz geschaffen.

Höchste Zeit für eine sorgfältige politische Analyse. Die Landkarte des Nahen Ostens wurde von den europäischen Kolonialmächten nach eigenen Interessen gezeichnet; ein filigranes Herrschaftskonstrukt wurde dabei zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Nahe Osten zum Öllieferanten. Die Herrschenden wurden belohnt, Aufstände niedergeschlagen. Bis heute. Keiner spricht über die Übergriffe der königlichen Polizei- und Militärtrupps in Saudiarabien und Bahrain. Oder darüber, dass die erzkonservative Islam-Auslegung der saudischen Sunniten mit Söldnern verbreitet wird  – einst in Bosnien, heute in Syrien, Libyen und Pakistan.

Der Schweiz kommt da vor allem eine Aufgabe zu: einen runden Tisch für alle Gruppen im Nahen Osten einzurichten, um den Menschen dort eine Perspektive zu geben.

*Der Autor ist grüner Nationalrat; er sitzt in der Aussenpolitischen Kommission.

Quelle: Tages-Anzeiger vom 27. August 2012, Seite 9 ANALYSE

Als ich diesen Bericht im Tages-Anzeiger las, schrieb ich Herrn Geri Müller spontan folgendes Mail:

Lieber Herrr Müller,

Ihr Beitrag im heutigen Tages-Anzeiger ist für mich der Aufsteller des Tages. Vielen Dank. Es tröstet mich, dass noch wenigstens EIN Schweizer Politiker einen klaren, integren und selbstständig denkenden Kopf behalten hat und Mut zeigt, den ätzenden Aussagen des Herrn Daniel Woker mit klaren Fakten etwas entgegen zu setzen.

Bei mir hatte schon die Zahlung der Schweiz von fünfzigtausend Euro an Gespräche der Syrischen Opposition zum Thema „The day after“, wie es also nach dem Sturz des Regimes weitergehen soll, grosses Erstaunen hervorgerufen. Haarsträubend finde ich die Stellungnahme des Herrn Bernauer: „Dabei ist die Sache für Thomas Bernauer, Professor für internationale Beziehungen an der ETH Zürich völlig klar. Eine solche Geldzahlung ist für den Neutralitätsexperten (sic) absolut unbedenklich.“

Der folgende Link steht nicht mehr zur Verfügung, wurde aber der Vollständigkeit halber erhalten

Quelle:
http://www.drs.ch/www/de/drs/tagesthema/261086/354350.schweiz-unterstuetzt-gespraeche-der-syrischen-opposition.html

Haben solche Intellektuellen bereits das Sagen beim EDA? (Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten).

Ich hoffe, Sie erhalten grosse Unterstützung für Ihre Mahnung, das internationale Vertrauen in die Schweizer Neutralitaet nicht zu untergraben!

Mit herzlichem Gruss
Willy Wahl

Rupert-Riedl-Preis an Antje Bultmann,verliehen vom "Club of Vienna" und der Stadt Wien

Rupert-Riedl-Preis an Antje Bultmann,verliehen vom "Club of Vienna" und der Stadt Wien

Am 8. Mai 2006 erhielt Antje Bultmann, Wissenschaftsjournalistin, Mitglied des Whistleblower-Netzwerks und des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Umweltstiftung, Wolfratshausen, von einem Internationalen Wissenschaftler-Kommitee des Club of Vienna den Rupert-Riedl Preis.

Anlässlich der Preisverleihung hielt Antje Bultmann folgende Rede:

Sacco und Vanzetti

Erinnerung an einen Justizmord vor 100 Jahren
InfoRadio rbb Sa 02.05.2020 | 13:44 | Geschichte
Am 5. Mai 1920 wurden in den USA zwei italienische Einwanderer verhaftet, des Mordes bezichtigt und am 23. August 1927 nach einem unfairen Prozess hingerichtet: Ferdinando "Nicola" Sacco und Bartolomeo Vanzetti. Sie wurden zu Ikonen der Bürgerrechtsbewegungen weltweit, das Lied "Here's to You" von Ennio Morricone ihre "Hymne". USA-Korrespondentin Katrin Brand erinnert an diesen Fall.

 Hören Sie die kurze Erinnerung hier:  https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/geschichte/202005/02/Nicola-Sacco-Bartolomeo-Vanzetti-anarchisten-justiumord-100-todestag-geschichte.html#top

Sacco und Vanzetti
Bartolomeo Vanzetti (l.) verkaufte an einem Marktstand Fische. Nicola Sacco arbeitete in einer Schuhfabrik (imago stock&people)

Staatsanwalt:

„Wie sieht Ihre Anarchie in der Praxis eigentlich aus  – oder wie sollte sie aussehen? Könnten Sie dem Gericht das erklären, Mr Vanzetti?

Bartolomeo Vanzetti:

„Zunächst mal bedeutet sie Freiheit  – und Achtung vor der Freiheit des Anderen. Abschaffung der Klassengesellschaft. Ein lebenswürdiges Leben für alle. So lange wir dieses Ziel nicht erreicht haben, werden wir weiterkämpfen!“

 Sacco und Vanzetti Menschen säumen die Strasse
Tausende von Menschen säumen die Straßen New Yorks während des Trauerzugs für die Hingerichteten. (picture alliance / dpa / UPI)

Die Proletarier aller Länder vereinigten sich, und auch das bürgerliche Lager schickte Noten: Albert Einstein und H. G. Wells, Thomas Mann und Bernard Shaw, der Papst und Kurt Tucholsky, der Deutsche Reichstag und Frankreichs Nationalversammlung... Aber es half nichts. Am 23. August 1927 wurden die beiden Anarchisten Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti mit dem elektrischen Stuhl hingerichtet.

Nicola Sacco:

„Sie können zwar unsere Körper verbrennen, aber unsere Ideen können sie nicht zerstören. Unsere Ideen leben weiter für die Jugend der Zukunft.“

Es wurde nie bewiesen, ob Sacco und Vanzetti schuldig waren oder nicht, aber in einem Rechtsstaat hätten genau deshalb sie nicht verurteilt werden dürfen. Und so steht ihr Fall tatsächlich für Klassenjustiz und staatliche Willkür  – und Nicolas und Bartolomeo für Heiligenfiguren des Kampfes für eine bessere Welt, weil sie als Märtyrer für ihre Sache gestorben sind.

Vor der Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl verabschiedete sich Nicola Sacco mit einem Händedruck vom Direktor des Staatsgefängnisses und beteuerte noch einmal seine Unschuld. Bartolomeo Vanzetti hingegen rief, als ihn Wachmänner an den elektrischen Stuhl fesselten:

Vanzetti: „Es lebe die Anarchie!“

Arzt: „Im Namen des Gesetzes erkläre ich sie für tot.“

Quelle:https://www.deutschlandfunkkultur.de/vor-90-jahren-starben-die-anarchisten-sacco-und-vanzetti.2165.de.html?dram:article_id=394117

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von Volker Bräutigam - 11. 09. 2013

Wolfgang "Wobbel" Gehrcke et altera, MdBs der Linkspartei.- 14 Widerspenstige sind Sie nur  – im Reichstag sitzen derzeit 620 "Volksvertreter"  – und trotzdem haben Sie, Respekt, Respekt, beim Generalbundesanwalt Strafanzeige gegen die Bundesregierung erstattet: wegen

"Beihilfe zu Kriegsverbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch und Tötungsverbrechen nach dem Strafgesetzbuch durch Unterstützung des Einsatzes von Kampfdrohnen durch die USA." 

Strafanzeige gegen die Mitglieder der Bundesregierung wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen

Absender:
RA Schultz & Förster
Greifswalder Str. 4
10405 Berlin

Adressat:
Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof
Brauerstraße 30
76135 Karlsruhe

Berlin, 30.08.2013

Strafanzeige gegen die Mitglieder der Bundesregierung wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch und Tötungsverbrechen nach dem Strafgesetzbuch durch Unterstützung des Einsatzes von Kampfdrohnen durch die USA

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit erstatten wir Strafanzeige namens und in Vollmacht von

  1. Wolfgang Gehrcke, MdB, Obmann im Auswärtigen Ausschuss, DIE LINKE
  2. Karin Binder, MdB DIE LINKE
  3. Dr. Diether Dehm, MdB, Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, ´DIE LINKE,
  4. Eva Bulling-Schröter MdB, Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, DIE LINKE
  5. Sevim Dagdelen, MdB, Auswärtiger Ausschuss, DIE LINKE
  6. Heidrun Dittrich, MdB, Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, DIE LINKE
  7. Heike Hänsel, MdB, Vorsitzende des Unterausschusses Vereinte Nationen, Obfrau im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, DIE LINKE
  8. Ulla Jelpke, MdB, Obfrau im Innenausschuss,DIE LINKE
  9. Jutta Krellmann, MdB, Obfrau im Ausschuss für Arbeit und Soziales, DIE LINKE
  10. Alexander Ulrich, MdB, Obmann im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, Mitglied im Ältestenrat des Bundestages, DIE LINKE
  11. Katrin Werner, MdB, Ausschuss für Menschenrecht und humanitäre Hilfe, DIE LINKE
  12. Herbert Behrens, MdB, DIE LINKE
  13. Christine Buchholz, MdB, Verteidigungsausschuss, DIE LINKE
  14. Andrej Hunko, MdB, Ausschuss für die Angelegenheiten der Eurpäischen Union, DIE LINKE

gegen

  • den Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière
  • die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
  • sowie die übrigen Mitglieder der Bundesregierung und unbekannte Bundeswehroffiziere

wegen aller in Betracht kommender Delikte, insbesondere Beihilfe zu Kriegsverbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch und Tötungsverbrechen nach dem Strafgesetzbuch durch Unterstützung des Einsatzes von Kampfdrohnen durch die USA in Pakistan, Afghanistan, Jemen, Somalia und anderen afrikanischen Ländern.

Zunächst bitten wir um eine Eingangsbestätigung und Mitteilung des dortigen Aktenzeichens.

Vorsorglich wird schon jetzt beantragt, vor einer eventuellen Abschlussverfügung Akteneinsicht auf unser Büro zu gewähren.

Entsprechend dem ungewöhnlichen Gegenstand der Anzeige, sowie deren Umfang zur besseren Übersicht vorab ein

Inhaltsverzeichnis

A. Vorbemerkung zur Bedeutung der Strafverfolgung von Kampfdrohneneinsätzen als Kriegsverbrechen 5

  1. Zur rechtlichen Dimension der neuen Militärtechnik „gezielter Tötungen“ durch Kampfdrohnen 5
  2. Die Auswirkungen der Kampfdrohneneinsätze 6
  3. Zur historisch-politischen Dimension 8
  4. Zu berücksichtigende aktuelle Gerichtsurteile 9

B. Sachverhalt 11

  1. Der politische und militärische Prozess des Drohneneinsatzes im Rahmen des „Internationalen Krieges gegen den Terrorismus“ 11
    1. Die Organisation des Drohnenkriegs der USA 11
    2. Der politische und militärische Prozess 14
    3. Der militärische und technische Prozess in Deutschland 15
    4. Weitere Beteiligung deutscher Stellen 18
  2. Die bisherige Stellungnahme der Bundesregierung 19

C. Die materiell rechtliche Würdigung „gezielter Tötungen“ durch Kampfdrohneneinsätze nach dem geltenden Völkerrecht 23

  1. Die maßgeblichen Vorschriften des Völkerrechts 23
  2. Die Konsequenzen aus den völkerrechtlichen Regelungen und dem Friedensgebot des GG 32
    1. Keine Rechtfertigung gezielter Tötungen als „humanitäre Intervention“ oder Ausübung des Selbstverteidigungsrechts 33
    2. Keine Rechtfertigung gezielter Tötungen durch Drohneneinsätze im Rahmen des OEF-Einsatzes 34
    3. Keine Rechtfertigung gezielter Tötungen durch Drohneneinsätze in Pakistan 36
    4. Keine Rechtfertigung gezielter Tötungen durch Drohneneinsätze in Jemen und afrikanischen Ländern 36
    5. Mögliche Rechtfertigung „gezielter Tötungen“ durch Drohneneinsätze nur im Rahmen des ISAF-Einsatzes in Afghanistan gegen Kombattanten unter Beachtung der Regeln des Kriegsvölkerrechts („jus in bello“) 36

D. Tatverdacht nach dem StGB und VStGB 38

    1. Mord 39
      1. Objektiver Tatbestand 39
        1. Taterfolg 39
        2. Unterlassen 39
        3. Garantenstellung 40
        4. Entsprechensklausel 40
        5. Objektive Zurechung 41
      2. Subjektiver Tatbestand 41
      3. Rechtswidrigkeit 42
      4. Schuld 42
      5. Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts 43
      6. Immunität 43
    2. Kriegsverbrechen gegen Personen 43
      1. Objektiver Tatbestand 44
        1. Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt 44
        2. Tatobjekt 44
        3. Taterfolg, Unterlassen, Kausalität und objektive Zurechnung 45
        4. Erweiterte strafrechtliche Haftung gemäß § 4 VStGB 45
      2. Subjektiver Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld, Strafverfolgungsvoraussetzungen 45
      3. Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts 45
    3. Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung 45
      1. Objektiver Tatbestand 46
        1. Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt 46
        2. Einzeltatbestände 46
          1. Angriff gegen die Zivilbevölkerung oder unbeteiligte Zivilpersonen 46
          2. Angriff gegen zivile Objekte 46
          3. Angriff mit unverhältnismäßigen Auswirkungen auf zivile Personen und Objekte 47
    4. Ergebnis 47
  1. Verbrechen gegen die Menschlichkeit 47
  2. Nichtanzeige von Verbrechen 48

E. Ergebnis 48


A. Vorbemerkung zur Bedeutung der Strafverfolgung von Kampfdrohneneinsätzen als Kriegsverbrechen

I. Zur rechtlichen Dimension der neuen Militärtechnik „gezielter Tötungen“ durch Kampfdrohnen

Der Einsatz von Kampfdrohnen durch das US-Militär im Rahmen des Internationalen Krieges gegen den „Terrorismus“ ist seit seinem ersten Einsatz im November 2001 umstritten. Seit dieser Zeit befinden sich die USA nach Vorstellung der Bush- wie auch der Obama-Administration in einem „bewaffneten Konflikt“ mit Al-Quaida und assoziierten Kräften. Damit war die Terrorbekämpfung aus der Zuständigkeit der Polizei und Strafverfolgung, in die sie eigentlich gehört, herausgenommen und der Verfolgung durch die Armee überantwortet mit ganz anderen rechtlichen Konsequenzen.
Die Kritik entzündet sich vor allem an der unbestreitbar hohen Zahl von Opfern unter der unbeteiligten zivilen Bevölkerung.

Auch zwei Sonderberichterstatter der UNO haben sich kritisch mit den Drohneneinsatz der USA auseinandergesetzt und ihre rechtlichen Bedenken gegen den Einsatz in bewaffneten Konflikten formuliert. Außerhalb bewaffneter Konflikte sah Philip Alsta kaum eine rechtliche Rechtfertigung für den Einsatz von Drohnen. Besteht aber kein bewaffneter Konflikt, so ist der Einsatz nach Polizeirecht und den internationalen Kodex der Menschenrechte in den zahlreichen völkerrechtlichen Verträgen zu bewerten. In jeden Fall handelt es sich dann um einen Angriff auf menschliches Leben, eine „gezielte Tötung“. Derartige „gezielte Tötungen“ (außerhalb bewaffneter Konflikte) sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu akzeptieren; berauben Sie doch das Opfer im Vorfeld, bei dem es sich ja zunächst um einen bloßen „Verdacht“ handelt, aller Rechte, die ihm nach den menschenrechtlichen Mindeststandards zustehen: Sie haben keinerlei Verteidigungsmöglichkeit und sind einer Art „Weltpolizisten“ ausgesetzt, der in der Person des US-Präsidenten gleichzeitig als Ankläger, Weltpolizist, Richter und Henker in einer Person agiert  – ein Zustand, der einen Rückfall in die mittelalterliche „Vogelfreiheit“ darstellen dürfte.

Aber auch die Annahme, der Kampfdrohneneinsatz erfolge im Rahmen eines bewaffneten Konfliktes führt zu dem gleichen Ergebnis:
Die Kampfdrohnen dürften schon als neues Waffensystem nach dem Völkerrecht verboten sein (siehe unten). In jedem Fall verstößt ihr Einsatz regelmäßig gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, wie vor allem vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) angenommen wird.
Die USA befinden sich  – außer mit den Taliban in Afghanistan  – in keinem der Länder, in denen bisher Kampfdrohnen eingesetzt wurden, in einem bewaffneten Konflikt. Die bekannt gewordenen angeblichen Regeln für die Anwendung der Kampfdrohnen in einem Merkblatt der Regierung werden offensichtlich nicht eingehalten und sind im Übrigen nicht nachprüfbar und zum Teil in sich widersprüchlich.
Die Verfolgung von Terroristen ist die Aufgabe von Polizei und Justiz, die nicht einfach zu einer Aufgabe des Militärs gemacht werden kann. Auf jeden Fall ist die Zustimmung des betroffenen Staats notwendig, wenn auf sein Staatsgebiet die Jagd nach Terroristen erfolgen soll (Art. 2 Nr. 7 UN-Charta): Eine solche liegt nur von der afghanischen Regierung vor; selbst die pakistanische Regierung hat die Zustimmung inzwischen ausdrücklich verweigert. Gleiches ist vom Jemen und anderen möglichen Einsatzgebieten anzunehmen.

II. Die Auswirkungen der Kampfdrohneneinsätze

Trotz der Versuche, die genauen Voraussetzungen, die Konsequenzen der Kampfeinsätze ebenso wie deren genauen Ablauf und Voraussetzungen geheim zu halten, sind inzwischen zahlreiche Einzelfälle und Zahlen dokumentiert.

Es gibt keine exakten Zahlungen über die zivilen Opfer von „gezielten Tötungen“. Das Bureau of Investigative Journalism recherchiert und sammelt seit mehreren Jahren Erkenntnisse zu US-Drohnenangriffen: Von 2004 bis Ende Mai 2013 gab es demnach allein in Pakistan 369 Drohnenangriffe (317 davon in der Amtszeit von Barack Obama), bei denen insgesamt zwischen 2.541 und 3.530 Menschen, darunter vermutlich 411 bis 884 Zivilisten (davon über 160 Kinder) getötet wurden. Wiederholt wurde über Einsätze von Kampfdrohnen auf Hochzeitsfeiern, Beerdigungen und anderen Zusammenkünften berichtet. Hier einige ausgewählte Beispiele: Im März 2011 gab es im Ort Datta Khel einen Drohnenangriff auf eine Zusammenkunft von Männern, die sich  – so wird in der erwähnten Studie berichtet  – zu einer Jirga (einem Treffen regionaler Würdenträger, auf dem öffentliche Entscheidungen getroffen und interne oder externe Konflikte gelöst werden sollen) versammelt hatten, um einen Disput über eine nahe gelegene Chromitmine beizulegen; unter ihnen befanden sich einerseits Regierungsmitarbeiter und 35 von der pakistanischen Regierung ernannte öffentliche Streitschlichter (so genannte Maliks), aber auch vier Angehörige einer örtlichen Talibangruppe, die erschienen waren, weil der aufgetretene Konflikt sich nur unter ihrer Beteiligung klären ließ. Die Maliks hatten das örtliche Militär sogar einige Tage zuvor über die geplante Jirga informiert. Bei diesem Drohnenangriff wurden mindestens 42 Menschen getötet und 14 weitere verletzt.

Die Folgen hat Heathcote Williams in seinem Beitrag „Der Herr der Drohnen“ in „Lettre International“ vom Herbst 2012 so geschildert:

„Erregte Menschenmengen in Islamabad recken Transparente „Stoppt die Dracula-Drohnen-Angriffe“. Eine bekümmerte Schlagzeile lautet „Blutvergießen unter unschuldigen Pakistanis“. Zeugen sagten, deltaförmige Fledermäusen flögen vorbei und terrorisierten die Bevölkerung mit Fangzähnen, die Geschosse auspien, Fleisch zerfetzten und Leben beendeten. Im fernen Stützpunkten sitzen Predator-Pilot und „Sensormann“ im Raum voller Monitore, von wo aus beide auf eine afghanische Prozession spähen, die sich vom Haus der Braut zum Haus des Bräutigams bewegt, und sie können hören, wie das Hochzeitslied der Paschtunen gesungen wird: „Ahesta boro, Mah-e-man...“  – „Ziehe langsam, mein lieblicher Mond…“ Aber Leute im Dunkeln mit seltsamen Gerätschaften bedeuten laut den Erkennungsmustern ihrer Handbücher: „Höchste Alarmstufe“. Obwohl Paschtunen bei Hochzeiten traditionell Salven aus alten Gewehren abfeuern, werden solche Bekundungen von digitalen Schnüfflern in Nevada als Bedrohung eingestuft. Zwei Drohnenlenker nicken sich zu, schießen einen Feuerball ab, um die Hochzeitsgesellschaft zu versenken, und die Lieblingswaffen des Präsidenten brät Paschtunenfleisch in höllisch heißen Flammen. Das Hochzeitslied wird von Explosionen übertönt; die künftigen Sprösslinge der Hochzeit werden durch Tastendruck getötet. … notiert ein Psychiater aus Mirsanshah, Dr. Munir Ahmad: „Die Frauen haben solche Angst vor dem Drohnengeräusch, dass sie sogar von Türenzuschlagen erschreckt hemmungslos weinen.“ Mohammed Yaquob, ein Lehrer aus Miransah, sagt: „Die Kinder haben solche Angst vor Drohnen, sie können sich nicht auf ihren Unterricht konzentrieren. Sie sitzen einfach im Klassenzimmer, schauen zu den Drohnen hoch, die dauernd am Himmel über dem Ort kreisen. Nachts schlafen sie nicht. Sie fürchten, in ihren Betten bombardiert zu werden.“

Die renommierte International Human Rights and Conflict Resolution Clinic der Stanford Law School hat zusammen mit der Global Justice Clinic der renommierten NYU School of Law im September des letzten Jahres eine umfangreiche Studie mit dem Titel “Living Under Drones, Death, Injury, and Trauma to Civilians, From US Drone Practices in Pakistan“ herausgegeben. In der 165-seitigen Studie mit zahlreichen Dokumenten und Fallanalysen sowie juristischen Bewertungen kommen die Autoren zu dem Ergebnis:

„Die Behauptung in den USA, der Gebrauch von Drohnen in Pakistan sei von chirurgischer Präzision und Effektivität, durch die die USA sicherer würden durch den Nutzen der gezielten Tötungen von Terroristen mit minimalen Nebenwirkungen oder Kollateralschäden, ist falsch. Nach neuen Monaten intensiver Untersuchungen vor Ort mit 130 Interviews und der Überprüfung von tausenden Seiten von Dokumenten und Medienberichten präsentiert dieser Bericht den Beweis des schädlichen und kontraproduktiven Effekts der gegenwärtigen US Drohnen Politik ….
Eine reale Bedrohung der Sicherheit der USA und Zivilisten aus Pakistan existieren in den pakistanischen Grenzgebieten, dem Ziel der Drohnen.“

Quelle: http://livingunderdrones.org/

III. Zur historisch-politischen Dimension

Neben einer unüberschaubaren Zahl kritischer Medienberichte gibt es eine zunehmende Zahl von Protesten nicht nur in den betroffenen Ländern, sondern auch in den USA und Deutschland, begleitet von Analysen, Studien und einer rechtspolitischen Debatte. Die Kampfdrohneneinsätze und ihre Folgen werden von der Friedensbewegung auf nationaler und internationaler Ebene begleitet.

Der Versuch, die Grundlagen und die konkreten Operationen bei den Kampfdrohneneinsätzen weitgehend zu verschleiern, macht eine ausführliche Begründung der Strafanzeige in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht notwendig. Ausgangspunkte sind auch hier die in den Kriegsverbrechertribunalen von Nürnberg und Tokio nach dem Zweiten Weltkrieg ausgearbeiteten Prinzipien zur Verfolgung von Kriegsverbrechen. Die Glaubwürdigkeit einer solchen Verfolgung hat der US-amerikanische Chef-Ankläger in den Nürnberger Prozessen Robert Jackson in seinem berühmten Eröffnungsplädoyer ausgeführt und betont: Das hier gegen die deutschen Aggressoren angewandte Recht müsse auch „Aggressionen durch jede andere Nation verurteilen, […] einschließlich derer, die hier gerade das Gericht bilden“. Nur dann könnten Gewalt und Aggression durch die jeweiligen Machthaber beseitigt werden, „wenn wir alle Menschen gleichermaßen dem Recht unterworfen machen“.
Wie im folgenden darzulegen ist, erfüllen die Unterstützungshandlungen der deutschen Regierung und des Militärs Straftatbestände des Völkerstrafgesetzbuches (VStGB). Daneben bestehen ausreichende Anhaltspunkte für eine Straftat der Beihilfe zum Mord nach § 211 StGB und der Nichtanzeige eines Verbrechens nach § 138 StGB.

IV. Zu berücksichtigende aktuelle Gerichtsurteile

1.
Die britische Zeitung „Independent“ berichtet über ein Urteil des obersten Gerichts einer von Drohnenangriffen betroffenen pakistanischen Provinz, wonach diese in den Stammesgebieten des Landes für illegal erklärt werden. In dem Artikel heißt es unter anderem:

„Der Vorsitzende Richter Dost Muhammad der aus zwei Richtern bestehenden Kammer, die sich mit den Petitionen befasste, verkündete das Urteil; darin wird festgestellt, dass die Drohnenangriffe nicht nur illegal und unmenschlich sind, sondern auch die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen verletzen (also völkerrechtswidrig sind). Das Gericht war der Meinung, die Angriffe seien als Kriegsverbrechen zu werten, weil dabei auch unschuldige Menschen getötet würden. Nach einer Meldung des Press Trust of India hat das Gericht gefordert: "Die Regierung Pakistans muss sicherstellen, dass in Zukunft keine Drohnen-Angriffe mehr stattfinden."

Außerdem habe es das pakistanische Außenministerium gebeten, beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Resolution gegen die Angriffe einzubringen.

"Wenn die USA gegen diese Resolution ihr Veto einlegen, sollte unsere Regierung über einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu den USA nachdenken"

wird in dem Urteil gefordert. Nach Auskunft von US-Offiziellen sind die Drohnen-Angriffe gegen Al-Qaida und die Talibankämpfer in den pakistanischen Stammesgebieten gerichtet, die über die Grenze hinweg Anschläge in Afghanistan verüben und sich damit brüsten, dass sie ihre Operationen in stillschweigendem Einverständnis mit dem pakistanischen Militär durchführen. Aktivisten behaupten, den Drohnen-Angriffen seien schon Hunderte von Zivilisten als "Kollateralschäden" zum Opfer gefallen und außerdem sei der Drohnen-Einsatz völlig undurchsichtig.

Die Klage gegen die Drohnen-Angriffe wurde im letzten Jahr von der Foundation for Fundamental Rights, einer legalen, in Islamabad ansässigen Stiftung, im Auftrag der Familien von Opfern eingereicht, die am 17. März 2011 bei einem Drohnen-Angriff auf eine Stammesjirga getötet wurden. Die Jirga, eine traditionelle Versammlung zur gemeinsam ausgehandelten Beilegung von Konflikten, war einberufen worden, weil ein Streit über den Abbau von Chromeisentein in Datta Khel im Norden Wasiristans geschlichtet werden sollte. Bei dem Drohnen-Angriff wurden mehr als 50 Stammesälteste, darunter auch mehrere Staatsangestellte, getötet. Dieser Angriff wurde in ganz Pakistan verurteilt  – auch von der Zentralregierung und der pakistanischen Militärführung."

2.
Das Verwaltungsgericht Köln hat die Klage eines Anwohners gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Nutzung der US-Airbase Ramstein zwar abgewiesen, weil der Kläger wegen der Entfernung seines Wohnsitzes bis zu der Airbase (12km) nicht klagebefugt sei, aber in dem Urteil wichtige Argumente der Anzeigeerstatter bestätigt und außerdem die Berufung zugelassen. In dem Urteil heißt es unter anderem:

„Das Verwaltungsgericht Köln stellt fest, dass das Gewaltverbot des Art. 2 Nr. 4 der UN-Charta zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 GG gehöre. Dazu gehörten auch fundamentale Normen des Humanitären Völkerrechts und fundamentale Menschenrechte wie das Verbot von Folter. Deswegen müssten die deutschen Staatsorgane diese Verbote als bindende völkerrechtliche Norm beachten und Verletzungen nach Möglichkeit unterlassen. Dabei sei auch Art. 26 mit seinem Verbot der Vorbereitung eines Angriffskrieges zu beachten.
In diesem Zusammenhang führt das Verwaltungsgericht aus:

„Dementsprechend sind völkerrechtlich sehr bedenklich wissentliche Unterstützungsleistungen seitens der Bundesrepublik zugunsten der USA durch Gewährung von Überflugrechten und der Nutzung von im Inland belegenen Militärstützpunkten, soweit die USA diese nicht innerhalb des NATO-Rahmens und des Völkerrechts, sondern für völkerrechtswidrige Handlungen nutzen sollten.“

Daher müsse die für die Genehmigung solcher Flugbewegungen zuständige Behörde entscheiden,

„ob ein Luftfahrzeug den Luftraum der Bundesrepublik Deutschland benutzen darf, insbesondere ob die Benutzung mit den allgemeinen Regeln des Völkerrechts vereinbar ist, ob ein auf militärische Anforderung eines nicht-deutschen Hoheitsträgers durchgeführter Flug gegen solche Regeln verstößt und deutsche Behörden deshalb an seiner Durchführung nicht mitwirken dürfen. Ggf. ist die Erlaubnis bzw. der Einflug in das Hoheitsgebiet zu untersagen; Luftfahrzeugen, die an einem gegen das völkergewohnheitsrechtliche Gewaltverbot verstoßenden militärischen Einsatz bestimmt mitwirken, darf die Benutzung des deutschen Luftraums nicht gestattet werden.“

Das inzwischen angerufene Oberverwaltungsgericht hat in der Sache bisher soweit ersichtlich noch nicht entschieden.

B. Sachverhalt

I. Der politische und militärische Prozess des Drohneneinsatzes im Rahmen des „Internationalen Krieges gegen den Terrorismus“

1. Die Organisation des Drohnenkriegs der USA

Der Einsatz von raketenbestückten Kampfdrohnen ist erstmals überliefert in Afghanistan im November 2001, als ein ranghohes Mitglied von Al-Quaida getötet wurde. Der US-Kongress hatte drei Tage nach dem 11. September 2001 eine Resolution „Authorization for Use of Military Force“ verabschiedet, mit der er den Präsidenten ermächtigte, militärische Maßnahmen gegen Nationen, Organisationen oder Personen zu ergreifen, von denen er annehme, dass sie Terroranschläge vorbereiteten, begingen oder unterstützten. Seit dieser Zeit befinden sich die USA nach Vorstellung der Bush- wie auch der Obama-Administration in einem „bewaffneten Konflikt“ mit Al-Quaida und assoziierten Kräften. Damit war die Terrorbekämpfung aus der Zuständigkeit der Polizei und Strafverfolgung, in die sie eigentlich gehörte, herausgenommen und der Verfolgung durch die Armee überantwortet, mit ganz anderen rechtlichen Konsequenzen. Präsident Obama hat aber nicht nur das Antiterrorkonzept seines Vorgängers George W. Bush übernommen, sondern ausgeweitet und verschärft. Nach Angaben der New America Foundation setzte Bush Drohnen 48mal in Pakistan ein, Obama bis März 2013 307mal. Im Jemen ordnete Bush nur einmal im Jahr 2002 einen Angriff mit Drohnen an, Obama hingegen allein im Jahr 20012 mindestens 46 Einsätze.

Alle Zahlen sind Schätzungen, da es keine offiziellen Angaben gibt, sie beruhen auf Medienberichten mit oft anonymen Quellen und zweifelhafter Zuverlässigkeit und divergieren je nach Organisation. So liegen die Schätzungen des Bureau of Investigative Journalism etwas höher, das für den gleichen Zeitraum von 366 Drohnenangriffen in Pakistan und im Jemen von insgesamt 376 bis Februar 2013 ausgeht. Die britische Regierung veröffentlichte Zahlen, nach denen das britische Militär von 2008 bis Oktober 2012 sogar 348 Drohnenangriffe in Afghanistan durchgeführt habe. Gänzlich unübersichtlich und vage werden die Angaben über die Zahl Verletzter und Getöteter sowie über die Unterscheidung zwischen Zivilisten und Kombattanten. Die Regierungen der USA und Großbritanniens rechnen die zivilen Opfer systematisch klein, um den Mythos der chirurgischen Präzision der Drohnen aufrecht zu halten und dem völkerrechtlichen Vorwurf unverhältnismäßiger ziviler Kollateralschäden zu begegnen. Dennoch können wir davon ausgehen, dass die immer wieder gepriesene Wirksamkeit dieser Waffe im asymmetrischen Krieg der Terrorbekämpfung eine stete Ausweitung des Einsatzes von Drohnen und des Anstiegs der Opferzahlen mit sich gebracht hat.

Dafür spricht, dass die US-Regierung den Radius ihrer Angriffsziele mittels einer simplen Definition spektakulär ausgedehnt hat. Anfangs waren es einzelne Personen, die auf einer Todesliste (JPEL  – Joint Priority Effects List) identifiziert und von Präsident Obama persönlich zur Exekution ausgewählt wurden, um dann das Ziel der Drohnenangriffe zu werden, sog. personality strikes. Zunehmend wurde jedoch die Zielauswahl auf solche Personen und Menschengruppen ausgedehnt, die lediglich bestimmte Verhaltensmuster und Eigenschaften aufweisen, die einen Verdacht des Terrorismus nahelegen, sog. signature strikes. Die USA rechnet alle Männer und männliche Jugendliche im wehrfähigen Alter zu den Kombattanten, sofern sie sich im Zielgebiet des Drohnenangriffes aufhalten, es sei denn, eindeutige Beweise ergeben posthum, dass der Tote kein Kämpfer sondern Zivilist war. Die gezielte Tötung auf der Basis eines bloßen Verdachts terroristischen Verhaltens erleichterte nicht nur die Auswahl der Opfer, sondern vergrößerte auch die Gefahr eines Irrtums und die Zahl der zivilen Opfer. Beides wurde jedoch nur selten eingestanden und war schon gar nicht kontrollierbar, da mit der gezielten Tötung ein Gerichtsverfahren vermieden wurde und wohl auch werden sollte. Nur im Fall des US-Bürgers Anwar al-Awlaki, der am 30. September 2011 mit drei Begleitern durch eine Drohne im Jemen getötet wurde, und seines Sohnes Abdulrahman al-Awlaki, der 14 Tage später ebenfalls durch eine Drohne in einem Café getötet wurde, ist von dem New Yorker Center for Constitutional Rights im Juli 2012 eine Schadensersatzklage gegen den damaligen Verteidigungsminister Leon Panetta und den damaligen CIA-Direktor David Petraeus sowie zwei Kommandeure der Spezialkräfte Klage erhoben worden. Präsident Obama hat die Tötung der beiden US-Bürger inzwischen offen eingestanden, das Verfahren ist noch nicht beendet.

a) Wie organisieren die USA den Drohnenkrieg?

Der genaue Ablauf des US-Drohnen-Kriegs ist öffentlich nicht bekannt. Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich u. a. auf die Ausarbeitungen der Informationsstelle Militarisierung e.V. Tübingen.

Die Vertreter der US-Regierung wahren weitgehend eine entsprechende Geheimhaltung, sogar gegenüber dem Kongress. Dennoch existieren in der Medienberichterstattung und in wissenschaftlichen Arbeiten Beschreibungen, wie der Drohnen-Krieg der USA organisiert sein dürfte. Diese Angaben basieren zumeist auf (oft anonymen) Quellen aus Kreisen der Regierungsbehörden, der Nachrichtendienste, des Militärs sowie von Informanten vor Ort. Ob diese Informationen wahr, falsch oder irgendwas dazwischen sind, kann daher nicht überprüft werden. Auch verfolgen diese Personen mit der Weitergabe ihres Wissens ihre eigenen Interessen. Diese Tatsache sollte immer bedacht werden. Hier wird versucht die Grundzüge der Organisation des US-Drohnen-Kriegs darzustellen, wie er zumindest häufig in öffentlich zugänglichen Quellen abgebildet wird. Sein Ablauf ist nicht in jedem betroffenen Land gleich, sondern variiert und unterliegt unterschiedlichen Kriterien. Insofern handelt es sich bei dieser Darstellung sicherlich um eine gewisse Verallgemeinerung, die dazu dient, zumindest die Grundlagen zu veranschaulichen. Der Einsatz von Kampf-Drohnen der USA ist für folgende Staaten bekannt: Afghanistan, Irak, Libyen, Pakistan, Jemen und Somalia. Die Angaben entstammen folgendem Beitrag einer dreiteiligen Serie der Washington Post mit dem Titel „Der permanente Krieg“: Greg Miller, Plan for hunting terrorists signals U.S. intends to keep adding names to kill lists, www.washingtonpost.com, October 24, 2012. Nach Angaben der Washington Post basiere die Serie auf Interviews mit Dutzenden von gegenwärtigen und früheren Beamten der nationalen Sicherheitsbehörden, Geheimdienst-Analysten und anderen mit dieser Thematik in Verbindung stehenden Personen.

2. Der politische und militärische Prozess

Grob kann der Prozess einer sogenannten gezielten Tötung in einen politischen (Schritte 1-4) und einen militärischen Teil (Schritte 5-9) untergliedert werden. In einem 1. Schritt findet eine politische Lagebeurteilung statt, indem Regierungsbehörden, die CIA, das Joint Special Operation Command (JSOC), das Verteidigungsministerium und die NSA Namen von Personen sammeln und Listen von Organisationen und mit diesen verbündeten Gruppen erstellen, die sie als terroristisch einstufen. Eine solche Einstufung kann vorgenommen werden, wenn die genannten Behörden zu der Einschätzung gelangen, die betroffenen Gruppen oder Einzelpersonen würden sich an Feindseligkeiten gegen die USA und ihre Koalitionspartner beteiligen. Was genau unter Feindseligkeiten zu verstehen ist, bleibt undefiniert und anpassbar. Eine Auflistung von Gruppen, die mit terroristischen Organisationen als verbündet gelten, gibt es nicht, wie Regierungsvertreter bei einer Kongressanhörung im Mai 2013 einräumen mussten.

Daraufhin erstellt das National Counterterrorism Center (NCTC) Namenslisten (Schritt 2), die auf spezifischen Kriterien des Weißen Hauses basieren. Es erfolgt eine Priorisierung der Ziele durch eine Befragung von Experten, Geheimdiensten, lokaler Bevölkerung, der eigenen Soldaten und Mitarbeiter vor Ort sowie durch den Einsatz von Satelliten, Drohnen und Aufklärern. Diese Namenslisten übersendet das NCTC zur Prüfung an den Unterausschuss des Nationalen Sicherheitsrates (Deputies Committee of National Security Council). Der Nationale Sicherheitsrat besteht aus leitenden Beamten der CIA, des FBI, des Außenministeriums, des Verteidigungsministeriums und des NCTC unter Vorsitz des Antiterror-Beraters des Weißen Hauses (bis zum 08.03.2013 der heutige Chef der CIA, John O. Brennan, seither Lisa Monaco) und wählt unter diesen Listen die Individuen aus, die dem Präsidenten als Zielpersonen vorgeschlagen werden (Schritt 3).

Der Präsident schließt diesen Prozess mit seiner Unterschrift unter die Liste mit denen zu Zielpersonen bestimmten Individuen ab. In manchen Fällen wird diese Endverantwortung auch an bestimmte Beamte delegiert, die dann im Namen des Präsidenten die politische Freigabe erteilen (Schritt 4). Ist dieser Vorgang abgeschlossen, beginnt der militärische Prozess mit dem Start der Mission. Es werden die Kampf- und Überwachungs-Drohnen der Typen Predator (Raubtier), Reaper (Sensenmann) und Global Hawk (Globaler Habicht) von den US-Drohnen-Basen in Afrika oder Asien aus gestartet, die der Zielperson am nächsten liegen (Schritt 5).

Sobald sich die Drohnen in der Luft befinden, werden sie von einem Piloten und einem so genannten Sensor Operator übernommen, die auf einer Basis in den USA sich befinden und von dort aus das Ziel ansteuern und orten. Bei Drohnen-Einsätzen in Afrika lenkt der Pilot die Drohne mit Hilfe einer Satcom-Anlage, die im rheinland-pfälzischen Ramstein steht. Ein zusätzlicher so genannter Mission Coordinator hält Kontakt zu den beteiligten Einheiten. Die Daten, die Pilot und Operator brauchen, kommen bei den Afrika-Einsätzen auch aus Deutschland. „Von hier aus wird der Drohnenkrieg in Echtzeit ferngesteuert,“ bestätigt ein deutscher Techniker, der in Ramstein an den Satellitenanlagen laut Süddeutschen Zeitung gearbeitet habe (Schritt 6 und 7).

Wer letztendlich den militärischen Befehl zur Exekution (Schritt 8) eines Opfers gibt, ist unbekannt. Jedenfalls ist häufig zu lesen, ein Rechtsberater entscheidet wie ein Notar, ob alle Voraussetzungen für den Einsatz erfüllt sind. Am Ende der in Afrika stattgefundenen Einsätze werten in Ramstein Spezialisten im sogenannten Battle Damage Assessment die nach dem Angriff gewonnenen Daten aus (Schritt 9).

3. Der militärische und technische Prozess in Deutschland
Ramstein wird Zentrum des US-Drohnenkriegs in Afrika und Asien.

Eine Relaisstation unterstützt militärische Regionalkommandos, ein in Ramstein angesiedelter Geheimdienst analysiert die Aufklärungsdaten. Die Drohnen werden mutmaßlich über Deutschland in Einsatzgebiete transportiert.
Für Einsätze von US-Kampfdrohnen werden offensichtlich auch Einrichtungen der US-Armee in Deutschland genutzt. Das haben die beiden Journalisten Christian Fuchs und John Goetz nach einer monatelangen Recherche öffentlich gemacht. Ihre Erkenntnisse haben sie in einem Beitrag des Magazins "Panorama" und in der Süddeutschen Zeitung berichtet . Die beiden konnten rekonstruieren, wie das 2008 neu eingerichtete Oberkommando des US-Militärs AFRICOM in Stuttgart in die teils tödlichen Missionen mit unbemannten Flugzeugen eingebunden sind. Das AFRICOM ist zuständig für Operationen in Afrika.

Eine besondere Rolle spielt aber das Air Operations Center (AOC) der US-Air Force Basis in Ramstein. Denn die Einrichtung in Rheinland-Pfalz dient als Relaisstation für die Funkverbindung nach Nevada, von wo aus die Drohnen navigiert werden. Lediglich Start und Landung übernehmen Piloten im Kriegsgebiet in einer "Ground Control Station" (GCS). Die Verbindung der GCS nach Ramstein erfolgt vermutlich über Satellit, während die Weiterleitung der Daten in die USA über ein Glasfaserkabel laufen dürfte.

Einsätze unter Einbindung von Ramstein könnten aber nicht nur in afrikanischen Ländern erfolgen. Denn laut US-Armee werden dort auch Drohnen im Rahmen der US-Regionalkommandos EUCOM und CENTCOM koordiniert. Diese beiden militärischen Einrichtungen sind zuständig für Osteuropa sowie den Nahen Osten, Ost-Afrika und Zentral-Asien. Es ist also davon auszugehen, dass die tausendfachen "gezielten Tötungen" in Pakistan und Afghanistan  – zumindest teilweise  – in Ramstein durchgeführt und damit verantwortet werden.

"Tor nach Europa und Brücke überall hin"

Anscheinend wurde die Steuerung der Drohnen in Ramstein bislang über ein provisorisches Lagezentrum abgewickelt, das nun modernisiert wird. 2011 hatte die US-Luftwaffe eine Ausschreibung für eine neue "SATCOM Relay Station" veröffentlicht, um unter anderem die Flüge der Kampfdrohnen "Predator" und "Reaper" zu optimieren. Dort heißt es:

"The construction of a Satellite Antenna Relay facility and compound is required in order to support remote controlled aircraft command links, connecting CONUS-based ground control stations / mission control elements with UAS aircraft in the AOR. Therefore completion of this project will satisfy the long-term SATCOM Relay requirements for Predator, Reaper and Global Hawk, eliminating current temporary set-ups."

Im oben erwähnten Dokument wird darauf verwiesen, dass die militärische Aufklärung durch die Drohnen sogar in Deutschland ausgewertet wird. Denn die neue Relaisstation müsse unbedingt in der Nähe eines Geheimdienstes gebaut werden, was in Ramstein gegeben sei. Um welchen Dienst es sich handelt, bleibt aber offen. Gemeint ist womöglich das "Intelligence Squadron" .

Nach dem derzeitigen Kenntnisstand hat die Bundeswehr selbst keine gezielten Tötungen durch eigene Drohnen ausgeführt, wohl aber solche bei den Streitkräften der USA in Afghanistan angefordert. Nach Auskunft der Bundesregierung sei dies in zwei Fällen vorgekommen: Am 08.06.2009 sei auf Anforderung deutscher ISAF-Kräfte durch Waffeneinsatz eines unbemannten US-Luftfahrzeugs eine behelfsmäßige Sprengvorrichtung (Improvised Explosive Device, IED) zerstört worden. Am 11.11.2010 sei wiederum auf Anforderung deutscher ISAF-Kräfte der Waffeneinsatz eines unbemannten US-Luftfahrzeugs gegen eine Gruppe Aufständischer erfolgt, die beim Ausbringen einer behelfsmäßigen Sprengvorrichtung (IED) an einer Versorgungsstraße beobachtet worden seien. Vermutlich seien dabei vier Aufständische getötet worden

Deutschland und der ISAF-Targeting-Prozess

Laut der Homepage des Bundesverteidigungsministeriums tragen „Aufklärungsergebnisse deutscher Kräfte (...) zur Identifizierung und Auswahl potenzieller militärischer Ziele im Rahmen des ISAF-Targeting bei.“ Es würden Informationen über Personen weitergegeben, die mit der „Vorbereitung und Durchführung von Anschlägen“ gegen ISAF und die afghanische Staatsgewalt „in Zusammenhang gebracht“ würden. Da in Afghanistan auch Operationen gegen Zielpersonen unter rein nationalem Kommando durchgeführt wurden, sei es „nicht auszuschließen“, dass bei diesen Operationen „auch im ISAF-Bereich bereitgestellte Erkenntnisse mit herangezogen werden.“ Mit anderen Worten: Die Bundeswehr selbst gibt zwar für die von ihr auf die ISAF-Liste eingestellten Personen die Handlungsempfehlung „Festnahme“ ab. Gleichwohl geschieht dies in Kenntnis dessen, dass andere Staaten wie die USA gezielte Tötungen auch unter der möglichen Verwendung der von der Bundeswehr gelieferten Informationen vornehmen. Damit beteiligt sich Deutschland zumindest indirekt an gezielten Tötungen und leistet dieser Praxis Beihilfe. Peter Rudolf und Christian Schaller von der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ (SWP) in Berlin kommen in ihrer Targeted-Killing-Studie (S. 34) deshalb zu einer Handlungsempfehlung für die Bundesregierung: „Aufgrund der völkerrechtlichen, ethischen und politischen Probleme, mit denen das amerikanische Modell des ‚targeted killing‘ behafted ist, sollte Deutschland so weit wie möglich Distanz zur amerikanischen Praxis wahren“.

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 31.05.2013 werden die Drohnendaten von Deutschland aus übermittelt; ohne diese Station für unbemannte Flugobjekte könnten „Drohnenangriffe nicht durchgeführt werden“ zitiert die Zeitung aus einem internen Papier der US-Luftwaffe. Bei dem Bericht handele es sich um einen Bauplan, wonach eine temporäre Anlage diese Aufgaben bereits erfülle und in sechs Monaten durch eine dauerhafte Installation ersetzt werden solle. Bis zu 650 Mitarbeiter überwachten in Ramstein den afrikanischen Luftraum, werteten Drohnen- und Satellitenbilder aus und planten Einsätze, gibt die „SZ“ weiter. Das US-Militär habe versichert, dass die Verantwortung für alle militärischen Operationen in Afrika beim Ansatzführungskommando „AFRICOM“ liegt. Dieses sitzt seit 2008 in Stuttgart. Rund 1500 Soldaten und zivile Angestellte arbeiten dort.

Beweismittel hierzu: Screenshot Süddeutsche Zeitung vom 31. Mai 2013

4. Weitere Beteiligung deutscher Stellen

Deutsche Stellen sind in die US-Praxis auf weitere Art involviert. Die Bundeswehr und deutsche Sicherheitsbehörden benennen Personen, die auf capture/kill-Listen (z. B. die in Zusammenhang mit dem Afghanistankrieg bekannt gewordene sogenannte JPEL  – Joint Priority Effects List) der USA gesetzt werden . Die Bundesregierung versteckt sich auch hier hinter dem Argument, die von deutschen Behörden benannten Personen dürften nicht getötet, sondern nur gefangen genommen werden. Über eine auch nur andeutungsweise effektive Kontrollmöglichkeit verfügen deutsche Behörden indes nicht, sie sind also keinesfalls in der Lage, zu überprüfen, ob diese Bedingung jemals eingehalten wurde. Da die USA längst dazu übergegangen sind, die in ihren Listen gesammelten angeblichen „Hochwertziele“ nicht mehr festzunehmen, sondern gleich zu liquidieren, kann dieser Argumentationsansatz der Bundesregierung heute niemanden mehr überzeugen.

Deutsche Stellen sind an außergerichtlichen Hinrichtungen der CIA aber noch auf andere Weise beteiligt: Bundesbehörden tauschen Informationen mit US-Stellen aus und liefern so Daten über Personen, die  – ohne auf förmliches Verlangen der deutschen Regierung auf die JPEL gesetzt zu werden  – ebenfalls zu Zielpersonen „gezielter Tötungen“ werden. Deutschland ist an den Drohnenprogrammen der USA und Israels schließlich auch im Rahmen von Forschungsprojekten und Technologietransfers beteiligt; im 7. EU-Forschungsrahmenprogramm ist Sicherheitsforschung ein Schwerpunktbereich, in dem mit EU-Mitteln intensiv an neuen Technologien gearbeitet wird, und in dem Israel als assoziierter Drittstaat an zahlreichen Programmen beteiligt ist .

II. Die bisherige Stellungnahme der Bundesregierung

1.
In verschiedenen Stellungnahmen auf parlamentarische Anfragen hat die Bundesregierung bisher lediglich bestätigt, dass in Ramstein und Stuttgart US-Militär stationiert ist und die Bundeswehr dort Verbindungskommandos zu den US-Einheiten unterhält, in Ramstein seit dem 01.06.1996, bestehend aus einem Verbindungsstabsoffizier und einem Stabsdienstfeldwebel, in Stuttgart seit Mitte der 90er Jahre, ebenfalls bestehend aus einem Verbindungsstabsoffizier und einen Feldwebel. Zu Ihren Hauptaufgaben gehören u.a.
  • „Mitwirken bei der Planung, Vorbereitung, Anlage und Analyse von […] Übungen und Einsätzen, an denen sich deutsche und amerikanische Streitkräfte beteiligen oder bei denen amerikanische und deutsche Interessen berührt sind,
  • unterstützen bei der Koordinierung der Besuche von Amtsträgern der Bundeswehr beim […] AFRICOM …
  • weiterleiten von Information zur Planung, Taktik, zu Einsätzen, zur Strategie, sowie zur einschlägigen Forschung und Entwicklung, soweit dies gemäß den Rechtsvorschriften und Ussancen beider Regierungen zulässig ist.“

Nach der Auskunft der Bundesregierung wurde USAFRICOM als neues US-Militärkommando mit Zuständigkeit für Afrika in den Jahren 2007 und 2008 mit Einverständnis der damaligen Bundesregierung in Stuttgart eingerichtet. Der Auftrag von USAFRICOM lautet nach dem Bericht des Oberbefehlshabers USAFROCOM u.a. :

„… führt auf Befehl militärische Operationen durch, um transnationale Bedrohungen abzuwenden und zu bekämpfen“

Gleichzeitig hat die Bundesregierung bisher in dem Zusammenhang wiederholt betont, dass auch die US-Streitkräfte das Recht des Aufnahmestaates gemäß Art. II des NATO-Truppenstatutes zu beachten haben, und konkret auf die Anfrage nach der Einschätzung von AFRICOM im Rahmen des Völkerrechts und des deutschen Rechts hinzufügt:

„… der Bundesregierung liegen keine Anhaltspunkt dafür vor, dass sich die Vereinigten Staaten auf deutschem Staatsgebiet völkerrechtswidrig verhalten hätten.“

Auf die Frage, ob die bisherigen Regelungen ausreichen, um verfassungs- und völkerrechtswidrige Handlungen auszuschließen, und wenn ja, wodurch dies konkret sichergestellt werde, hat die Bundesregierung geantwortet:

„… der amerikanische Außenminister hat ihm (d.h. dem Bundesaußenminister am 31.05.2013  – d.Verf.)  – versichert, das jedwedes Handeln der Vereinten (richtig wohl: Vereinigten d.Verf.) Staaten auch von deutschem Staatsgebiet aus, streng nach den Regeln des geltenden Rechts erfolge“

Es wird darauf hingewiesen, dass der US-Präsident am 19.06.2013 konkret klargestellt habe, „dass Deutschland nicht Ausgangspunkt (launching point) für den Einsatz von Drohnen sei“

Gleichzeitig wird in der Antwort auf die kleine Anfrage der LINKEN eingeräumt:

„Die deutsche Seite hat keinen Zugang zu eingestuften nationalen US-Informationen, die nicht ausdrücklich für Deutsche und die NATO freigegeben sind“

Damit dürfte zu den „militärische Operationen“ feststehen: Unter Bekämpfen „transnationaler Bedrohungen“, fallen sicher auch „gezielte Tötungen“ im Rahmen des „internationalen Krieges gegen den Terrorismus“ von Al Qaida und „mit ihnen assoziierten Organisationen“. Die Bundeswehr wird danach zwar durch ihre Verbindungsoffiziere informiert; die deutsche Seite hat aber keinen Zugang zu besonders eingestuften nationalen US-Informationen, wozu auch der militärische Einsatz von Kampfdrohnen gehören dürfte. Vor allem aber ist die Auskunft, Deutschland sei nicht „Ausgangspunkt für den Einsatz von Drohnen“  – richtigere Übersetzung wäre „nicht Startpunkt“  – in dem Zusammenhang völlig nichts sagend; geht es wie dargelegt doch vorliegend um die logistische Unterstützung und nicht darum, ob von deutschen Boden aus die Kampfdrohnen eingesetzt werden, von Ramstein aus aufsteigen oder ähnliches; schließlich ist die auf dieser Grundlage erfolgte Zusicherung der US-amerikanischen Seite, man halte sich an das deutsche Recht und das Völkerrecht auch in diesem Punkt unglaubwürdig, wie andere Beispiele zeigen (s.u.).

2.
In dem Zusammenhang sei angemerkt, dass die Entscheidung des Generalbundesanwalts, keine Anklage wegen eines Drohnenangriffs in Mir Ali/Pakistan am 03.102.2010, bei dem ein deutscher Staatsangehöriger getötet wurde, zu erheben, ebenfalls von unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen ausgeht.

Nach der Pressemitteilung hat der Generalbundesanwalt zugrunde gelegt, dass der Drohneneinsatz Teil von militärischen Auseinandersetzungen in einer „vielschichtigen Konfliktsituation“ (war), „die aus zwei sich überschneidenden nicht internationalen bewaffneten Auseinandersetzung bestand“, von denen einer ein „innerpakistanischer“, der andere „der aus Afghanistan herübereichende Konflikt“ zwischen Aufständischen, die hauptsächlich vom pakistanischen Grenzgebiet agieren und der von der ISAF unterstützten afghanischen Regierung sei.

Wie noch darzulegen sein wird, kann es nach dem geltenden humanitären Völkerrecht keine Rechtfertigung für eine „gezielte Tötung“ in Pakistan geben, erst Recht nicht im Rahmen eines „innerpakistanischen Konflikts“. Schon aus diesem Grunde ist der zugrunde gelegte Ausgangspunkt unzutreffend. Mit der Begründung hätte das Ermittlungsverfahren nicht eingestellt werden dürfen.

Immerhin ist festzuhalten: Der Generalbundesanwalt hat ein konkretes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Tötung eines deutschen Staatsangehörigen im Zusammenhang mit Drohneneinsätze in Pakistan eingeleitet und durchgeführt. Dies ist aber in allen Fällen von Drohneneinsätzen insbesondere wegen der Unterstützung durch deutsche Stellen durchzuführen.

Die Entscheidung im konkreten Fall, keine Anklage zu erheben, weil der getötete „Angehörige einer organisierten bewaffneten Gruppe angehört habe, die als Partei an einem bewaffneten Konflikt teilnahm“, ist noch aus einem anderen Grunde unzutreffend. Stellt doch der Generalbundesanwalt darauf ab, der Getötete habe an einem Treffen von acht männlichen Personen teilgenommen, darunter Mitgliedern von Al Qaida und den Taliban, bei dem „Planung für ein Selbstmordattentat unter seine Beteiligung auf Angehörige der pakistanischen Armee oder ISAF-Streitkräfte vorangetrieben werden sollten“. Damit fehlt es außerdem an dem weiteren völkerrechtlichen Erfordernis der „unmittelbaren Teilnahme an Feindseeligkeiten“ im Sinne von Art. 51 Abs. 3 des Zusatzprotokolls II; zudem ist keine Notwendigkeit seiner Tötung im Sinne des vom Völkerrecht geforderten militärischen Vorteils ersichtlich; erst Recht waren nicht die Voraussetzungen des neuen Merkblattes, das US-Präsident Obama im Mai 2013 bekannt gemacht hat (siehe oben) erfüllt, wonach die Zielperson „eine anhaltende unmittelbare Bedrohung für US-Amerikaner“ darstellen müsste, wie im Einzelnen im folgenden Teil C dargelegt wird.

C. Die materiell rechtliche Würdigung „gezielter Tötungen“ durch Kampfdrohneneinsätze nach dem geltenden Völkerrecht

I. Die maßgeblichen Vorschriften des Völkerrechts

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 Satz 1 GG müssen von den deutschen Staatsorganen als bindende völkerrechtliche Normen beachtet werden. Dazu zählen nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.10.2004 insbesondere auch

  • das Gewaltverbot in seiner gewohnheitsrechtlichen Ausprägung gemäß Art. 2 Nr. 4 UN-Charta
  • elementare Normen des Humanitären Völkerrechts und
  • fundamentale Menschenrechte wie das Verbot von Folter.

(BVerfGE 112, 1 ff., 26)

In dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts wird ausdrücklich betont:

„Nach dem verfassungsrechtlichen Maßstab sind die Behörden und Gerichte der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, alles zu unterlassen, was einer unter Verstoß gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts vorgenommenen Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger im Geltungsbereich des Grundgesetzes Wirkung verschafft, und gehindert, an einer gegen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verstoßenden Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger bestimmend mitzuwirken.“

(ebenda, S. 27)

Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2005 heißt es in den offiziellen Leitsätzen des Zweiten Senats:

„6. Gegen den am 20.3.2003 von den USA und vom Vereinigten Königreich (UK) begonnenen Krieg gegen den Irak bestanden und bestehen gravierende rechtliche Bedenken im Hinblick auf das Gewaltverbot der UN-Charta und das sonstige geltende Völkerrechts. Für den Krieg konnten sich die Regierungen der USA und des UK weder auf sie ermächtigende Beschlüsse des UN Sicherheitsrats noch auf das in Artikel für 51 UN-Charta gewährleistete Selbstverteidigungsrecht stützen."

„7. Weder der NATO Vertrag, das NATO-Truppenstatut, das Zusatzabkommen zum
NATO-Truppenstatut noch der Aufenthaltsvertrag sehen eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland vor, entgegen der UN-Charta und dem geltenden Völkerrecht völkerrechtswidrigen Handlungen von NATO-Partnern zu unterstützen.“

Dies wird in der mehr als 90 Seiten umfassenden Entscheidung ausführlich begründet und belegt. Aufschlussreich ist für unsere Fragestellung eine Passage, die wörtlich lautet:

„ ein Verstoß gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot kann nicht ohne weiteres deshalb verneint werden, weil die Regierung der Bundesrepublik Deutschland öffentlich wiederholt zum Ausdruck gebracht hatte… „dass sich deutsche Soldaten an Kampfhandlungen nicht beteiligen werden“. Die Unterstützung einer völkerrechtswidrigen Militäraktion kann nicht nur durch die militärische Teilnahme an Kampfhandlungen erfolgen, sondern auch auf andere Weise. Ein völkerrechtliches Delikt kann durch ein Tun oder  – wenn eine völkerrechtliche Pflicht zu einem Tun besteht  –durch Unterlassen begangen werden… eine Beihilfe zu einem völkerrechtlichen Delikt ist selbst ein völkerrechtliches Delikt…“

Zur völkerrechtlichen Beurteilung der militärischen Unterstützungsleistungen führt das
Gericht aus, gegen letztere bestünden " gravierende völkerrechtliche Bedenken ":

"Dies gilt jedenfalls für die Gewährung von Überflugrechten für Militär Luftfahrzeuge der USA und des UK, die im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg über das Bundesgebiet hinweg in das Kriegsgebiet in der Golfregion flogen und/oder von dort zurückkam. Ebenfalls gilt dies für die Zulassung der Entsendung von Truppen, des Transportes von Waffen und militärischen Versorgungsgüter und von deutschem Boden aus in das Kriegsgebiet, sowie für alle Unternehmungen, die dazu führen konnten, dass das Staatsgebiet Deutschlands als Ausgangspunkt oder Drehscheibe für gegen den Irak gerichtete militärische Operationen diente. Denn objektiver Sinn und Zweck dieser Maßnahmen war es, das militärische Vorgehen in der USA und des U. K. zu erleichtern oder gar zu fördern.“

Damit steht fest: schon die „unstreitigen“ Unterstützungshandlungen durch Überflugsrechte waren völkerrechtswidrig.

„Dementsprechend sind völkerrechtlich sehr bedenklich wissentliche Unterstützungsleistungen seitens der Bundesrepublik zugunsten der USA durch Gewährung von Überflugrechten und der Nutzung von im Inland gelegenen Militärstützpunkten, soweit die USA diese nicht innerhalb des NATO-Rahmens und des Völkerrechts, sondern für völkerrechtswidrige Handlungen nutzen sollten.“

(BVerwG NJW 2006, 77, 95 ff.)

Damit steht  – auch für die nachführenden Ausführungen  – fest: Die hier maßgebliche Regelung des Völkerrechts ist das Gewaltverbot der UN-Charta, dessen Art. 2 Abs. 4 vorschreibt:

„Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die trerritoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete und sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“

In der UN-Charta gibt es nur zwei Ausnahmen vom Gewaltverbot:

  • Die Ermächtigung des Sicherheitsrates nach Art. 42, der aber einige Verfahrensvorschriften vorgeschaltet sind, etwa ein Untersuchungsrecht und die ausdrückliche Feststellung der Friedensgefährdung (Art. 39.);
  • Das Selbstverteidigungsrecht des Art. 51, das aber ebenfalls nur unter besonderen Voraussetzungen gegeben ist.

Obwohl das allgemeine Tötungsverbot im bewaffneten Konflikt (Krieg) nicht gilt, ist die gezielte Tötung dennoch nur unter besonderen Voraussetzungen und in engen Grenzen erlaubt.

Für neue Waffensysteme, wie z.B. Drohnen, gilt zunächst Art. 36 Zusatzprotokoll I: „Jede Hohe Vertragspartei ist verpflichtet, bei der Prüfung, Entwicklung, Beschaffung oder Einführung neuer Waffen oder neuer Mittel oder Methoden der Kriegführung festzustellen, ob ihre Verwendung stets oder unter bestimmten Umständen durch dieses Protokoll oder durch eine andere auf die Hohe Vertragspartei anwendbare Regel des Völkerrechts verboten wäre.“ Damit soll sichergestellt werden, dass jede neue technische Waffenentwicklung den Regeln des geltenden Völkerrechts unterworfen wird. Bundesverteidigungsminister de Maizière stützt seine Rechtfertigung der Kampfdrohnen auf einen Vergleich mit der Artillerie. Die Drohne wirke im Effekt nicht anders als ein Artilleriegeschoss, nur viel präziser, womit sie dem Verbot unterschiedsloser, d.h. ungezielter Tötungen des Art. 51 Abs. 4 ZP I entspreche. Doch ist die spezifische Kampfaufgabe der Drohne grundlegend verschieden von der der Artillerie. Sie exekutiert nach elektronischer Zielaufklärung einzelne Personen oder kleine Personengruppen, die sich oft außerhalb oder am Rande eines unmittelbaren Kriegsgeschehens befinden. Die Selektion einzelner Terroristenführer und Hauptverdächtiger aus dem Gros des terroristischen „Fußvolks“ ist mit der Artillerie nicht zu leisten. Sie macht aber gerade die besondere Neuerung und den Wert der Drohne im Kampf gegen Guerillaeinheiten. Erstmals ist ein Waffensystem entwickelt worden, welches die Kampfvorteile des Gegners im Guerillakrieg aufwiegt. Allerdings kollidiert die gezielte Tötung durch Drohnen öfter als eingestanden mit dem auch im Völkerrecht geltenden Prinzip der Verhältnismäßigkeit. So schwer es im Einzelfall zu konkretisieren ist, so bedeutsam ist es jedoch zur Eingrenzung willkürlichen und exzessiven Handelns und zur Einhaltung menschenrechtlicher Normen. Der Einsatz der Drohne hat nur die Exekution oder den Abbruch der Aktion im Programm. Eine Gefangennahme, die z.B. einen evtl. Irrtum korrigieren könnte, ist nicht möglich. Deshalb wird von den Presseabteilungen der Armeen stereotyp und kaum nachprüfbar verbreitet, dass wieder ein hochrangiger Terrorist, Extremist oder Islamist getroffen worden sei, möglichst noch in flagranti.

Der allgemeine Grundsatz, der insbesondere vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) propagiert wird, dass der Gegner, wenn ohne Risiko möglich, gefangen genommen und nicht gleich getötet werden soll, kann mit dem Drohneneinsatz nicht berücksichtigt werden. Es ist zwar umstritten, ob dieser Grundsatz bereits rechtliche Verbindlichkeit erlangt hat, in der Wissenschaft zum humanitären Völkerrecht wird dies allerdings zunehmend angenommen. Besonders deutlich wurde die Missachtung dieses Grundsatzes bei der Exekution Osama Bin Ladens durch die „Navy-Seals“ in Abbotabad in Pakistan. Obwohl Bin Laden unbewaffnet war und sehr wohl hätte festgenommen werden können, wurde er erschossen. Obama rechtfertigte die Aktion damit, dass seine ursprünglich angestrebte Festnahme nicht möglich gewesen sei. Die Tötung als ultima ratio, wenn eine Gefangennahme nicht möglich ist, steht auch als Voraussetzung für einen Drohneneinsatz in einem Merkblatt des Weißen Hauses, auf das sich Obama in seiner „Presidential Policy Guidance“ in einer Grundsatzrede vom Mai 2013 (siehe unten) bezog.

In diesem Merkblatt sind etliche weitere Voraussetzungen für den Einsatz tödlicher Gewalt vermerkt. So muss es eine „gesetzliche Grundlage“ für den Einsatz geben und die Zielperson eine „anhaltende, unmittelbare Bedrohung für US-Amerikaner“ darstellen. In einem Weißbuch des Justizministeriums, dessen Inhalt kürzlich durchsickerte, ist allerdings zu lesen, dass ein US-Bürger auch dann getötet werden kann, wenn es „keine klaren Beweise dafür gibt, dass ein spezieller Angriff auf US-Amerikaner oder US-Interessen unmittelbar bevorsteht“. Wenige Tage nach der Rede Obamas räumte sein Justizminister Eric Holder ein, dass die CIA im September und Oktober 2011 vier US-Bürger durch Drohnen im Jemen getötet habe. Nur einer von ihnen, Anwar al Awlaki, war als Ziel vorgesehen, die anderen, darunter auch sein 16 Jahre alter Sohn Abdulrahman, waren „Kollateralschäden“. Später bekannte ein früherer Offizier des Geheimdienstes der US-Army, man hätte Anwar al Awlaki auch festnehmen können, die Regierung habe sich aber entschieden, ihn gleich zu liquidieren. Die Drohnen wurden von einer geheimen Basis in Saudi-Arabien gestartet. Wahrscheinlich ging die Befehlskommunikation über Ramstein.

Weiter fordert das Merkblatt, dass mit „nahezu Gewissheit“ der Terrorist, auf den der Angriff zielt, auch tatsächlich am Ort anwesend ist und Nichtkombattanten weder verletzt noch getötet werden können. Diese Voraussetzung kann ein Drohnenangriff auf Grund eindeutiger Identifizierung persönlicher Merkmale (sog. personality strike) eines auf der Tötungsliste erfassten Terroristen bei gewissenhafter Prüfung noch erfüllen, nicht aber mehr bei einem Identifizierungsprozess, der sich nur noch auf typische Bewegungs- und Verhaltensmuster beschränkt (sog. signature strike). Hier kann jeder, der sich nur im näheren Umfeld einer von Al Qaida infizierten Einrichtung aufhält, zum Ziel eines Angriffs werden. Das zwingende Gebot, dass jede militärische Handlung zwischen zulässigen militärischen Zielen und unzulässigen zivilen Zielen, ob Objekte oder Menschen, zu unterscheiden hat (Art. 52 Abs. 2 ZP I), ist mit dieser summarischen Verdachtsmethode kaum mehr einzuhalten. Es wird deshalb immer wieder die unverhältnismäßig hohe Zahl ziviler Opfer beklagt, selbst wenn auf Grund der mangelnden Auskunftsbereitschaft der Regierungen präzise Zahlen nicht zu erhalten sind. Verboten sind Angriffe, bei denen Tote und Verwundete unter der Zivilbevölkerung sowie die Beschädigung ziviler Objekte zu erwarten sind, die in „keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen“ (Art. 51 Abs. 5a oder b ZP I). Allein die Datenmengen, die von den Drohnen übermittelt werden, überfordern die Möglichkeiten ihrer Auswertung in vielen Fällen und führen zu Fehlanalysen mit den immer wieder berichteten Irrtümern, denen Hochzeitsgesellschaften und zivile Feste und Versammlungen zum Opfer fallen.
Schließlich sollen laut dem Merkblatt die zuständigen Regierungsstellen des Staates, in dem der Drohnenangriff geplant ist, nicht bereit oder in der Lage sein, „die gegen die USA gerichtete Bedrohung“ zu beseitigen und es keine andere angemessene Alternative zur gezielten Tötung geben. Dies müsste in den vergangenen Jahren für Afghanistan, Pakistan, Sudan, Jemen und Somalia gegolten haben, die Hauptkriegsschauplätze für den Drohneneinsatz. Doch brauchen nach dem ausdrücklichen Dispens des Merkblattes alle diese Voraussetzungen nicht erfüllt zu sein, wenn der Präsident „unter außergewöhnlichen Umständen Drohnen-Angriffe anordnet, die legitim und notwendig sind, um die USA und ihre Verbündeten zu schützen“. Diese „außergewöhnlichen Umstände“ hat der Präsident selbst einzuschätzen. Sie müssen in den letzten Jahren permanent vorgelegen haben.

In der rechtlichen Bewertung der Drohneneinsätze sind sich die deutsche und US-Regierung weitgehend einig. Bundesverteidigungsminister de Maizière sieht keine rechtlichen und ethischen Probleme, wenn die Drohne wie die Artillerie im Krieg eingesetzt werde, eine extralegale Tötung, wie es die Praxis der USA sei, komme nicht in Frage. “

Gleichzeitig haben Vertreter der Bundes wiederholt betont, sie hätten keine Veranlassung anzunehmen, die Erklärung der US-Regierung, sich bei ihren Aktivitäten auf deutschem Boden, auch bei Drohnen-Einsätzen, an deutsches Recht zu halten, sei unzutreffend.

Wie haltlos diese Annahme ist, zeigt zunächst ein kurzer Rückblick. Unter dem Amtsvorgänger von Präsident Obama, Präsident George W. Bush, wurden zahlreiche, dem „internationalen Terrorismus“ zu gerechneten Personen vorwiegend in Pakisten und Afghanistan als» feindliche Kämpfer« gefangen genommen und nach Guantananmo, einem US-Militärstützpunkt auf Kuba, verbracht, dort verhört und gefoltert, statt sie als Kriegsgefangene zu behandeln. Die Konstruktion des »feindlichen Kämpfers,« ist in dem Völkerrechts fremd, sie diente einzig und allein dazu, sie unter Bruch des Völkerrecht auf Guantanamo foltern zu können. Dies wäre auf US amerikanischem Territorium wegen der dort geltenden Verfassungsgarantien nicht möglich gewesen.

Hierzu aus einem Beitrag des Verfahrensbevollmächtigten H. Eberhard Schultz aus dem Jahre 2005:

“US-amerikanische Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und andere protestieren seit längerem regelmäßig und mit zunehmender Schärfe. Auch an kritischen Äußerungen namhafter Juristen fehlt es nicht. So erklärte der britische Lord Richter Johan Steyn, einer der höchsten britischen Richter, das Lager sei ein Fall „äußerster Rechtlosigkeit“ und ein „ungeheuerliches Versagen der Justiz“. Die britische Regierung müsste das Vorgehen der USA endlich „öffentlich und unzweideutig“ verurteilen. Weiter heißt es: „Der Zweck, die Gefangenen in Guantanamo zu internieren, war und ist, sie in einem rechtsfreien Raum, jenseits des Schutzes aller Gerichte festzuhalten, der Gnade der Sieger zu überlassen […] Die Frage ist, ob die Qualität der Rechtsprechung, die für die Gefangenen von Guantanamo vorgesehen ist, den internationalen Mindeststandards für ein faires Verfahren entspricht. Die Antwort darauf ist kurz: Ein klares Nein.“ Sogar der britische Kronanwalt Michael Mansfield sieht den zentralen Grundsatz abendländischen Rechtsverständnisses ignoriert, die Unschuldsvermutung. Premier Tony Blair müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, ob er, wenn er es nicht fertig bringe, 9 Landsleute nach Hause zu holen, wirklich nur Bush’s braver Schoßhund sei.

Selbst wenn die Verweigerung des Kriegsgefangenenstatus rechtmäßig wäre, müßte die US-Administration den Inhaftierten grundsätzlich den Schutz ihrer Menschenrechte nach ihren allgemeinen Haftregeln gewähren, das heißt, ein ordentliches Strafverfahren durchführen oder sie umgehend freilassen .

Der vorsätzliche Entzug des Rechts eines Kriegsgefangenen auf ein unparteiisches ordentliches Gerichtsverfahren ist nicht nur nach Art. 130 des III: Genfer Abkommens, bekräftigt durch Art. 85 des I. Zusatzprotokolls von 1977 strafbar, auch Art. 2 des ad-hoc-Tribunals für Jugoslawien und Art. 8 Abs. 2 a VI des Statuts des internationalen Strafgerichtshofes ICC bestimmen als schweres Kriegs-verbrechen  – „den vorsätzlichen Entzug des Rechts von Kriegsgefangenen oder Zivilpersonen auf ein unparteiisches ordentliches Gerichtsverfahren.“

Vor diesem Hintergrund erschienen die Maßnahme der Bush-Administration, die die Zustimmung zum römischen Statut zurückzuziehen, und ein Gesetz wonach eine militärische Intervention in den Niederlanden erfolgen soll, falls ein US-Staatsbürger dem ICC überstellt werden sollte, durchaus folgerichtig.

Bei den Inhaftierten handelt es sich also entweder um POW oder um Untersuchungsgefangene im Rahmen eines Strafverfahrens; ein Drittes gibt es nach den internationalen Rechtsnormen nicht. Wie aber begründen die USA ihre davon abweichende Haltung? Sie berufen sich auf eine Rechtsfigur des „enemy combatant“, also, wörtlich übersetzt, des „feindlichen Kämpfers“, auch freier übersetzt als irregulärer Kämpfer, rechtloser Kämpfer, gesetzloser Kämpfer, ungesetzlicher Kombattant und ähnliches. Diese Rechtsfigur gibt es nur in der US-amerikanischen Rechtsprechung und sie ist auch dort sehr umstritten. Der Status des “irregulären Kämpfers“ hat zur Folge, daß Gefangene unbegrenzt in Haft gehalten und vor Militärkommissionen gestellt werden können, die vom amerikanischen Präsidenten eingesetzt werden.“

Daraus lässt sich zweierlei schlussfolgern: zum einen, dass den Zusicherungen der US-Administration entgegen der Behauptung der Bundesregierung keinesfalls zu vertrauen, sondern gründlich zu überprüfen ist. Zum anderen, dass die US-Adminstration zur Rechtfertigung ihrer völkerrechtswidrigen Praktiken schon in der Vergangenheit rechtlich haltlose Konstrukte genutzt und ihre Praxis nicht nur lange Zeit gerechtfertigt hat, sondern schwerste Menschenrechtsverletzungen wie systematische Folter geleugnet und dann zu bagatellisieren bzw. zu rechtfertigen versucht hat.

All dies ist inzwischen ebenso allgemeinkundig wie die jahrelang geleugneten geheimen Flüge des CIA zwecks  – ebenfalls völkerrechtsidriger  – Verbringung von Gefangenen in Folterzentren in anderen Staaten („Rendition“). Diese allgemeinkundige Praxis der US-Administration ist für die Frage des Vorsatzes bei den Untersützungehandlungen von ausschlaggebender Bedeutung (s.u.)

Die bereits erwähnte Verfassungsrechtlerin Marjorie Cohn hat das neue Merkblatt der US-Regierung vom Mai 2013 einer kritischen Überprüfung unterzogen und u.a. festgestellt:

„Zu den in dem Merkblatt genannten Voraussetzungen für die Anwendung tödlicher Gewalt gehören auch die nachfolgend beurteilten:

  1. Vorbedingung ist eine "gesetzliche Grundlage" für den Einsatz tödlicher Gewalt. Es wird aber nicht festgelegt, ob diese "gesetzliche Grundlage" auch geltende Verträge berücksichtigt  – zum Beispiel die UN-Charta, die den Einsatz militärischer Gewalt nur zur Selbstverteidigung gestattet, oder wenn der UN-Sicherheitsrat zugestimmt hat.
  2. Die Zielperson muss eine "anhaltende, unmittelbare Bedrohung für US-Amerikaner" darstellen. In dem Merkblatt ist aber weder "anhaltend" noch "unmittelbar" definiert. In einem erst kürzlich durchgesickerten Weißbuch des Justizministeriums steht, dass ein US-Bürger auch dann getötet werden kann, wenn es "keine klaren Beweise dafür gibt, dass ein spezieller Angriff auf US-Amerikaner oder US-Interessen unmittelbar bevor steht".
  3. Es muss "nahezu Gewissheit" herrschen, dass der Terrorist, auf den der Angriff zielt, tatsächlich anwesend ist. Weder aus dem Merkblatt noch aus Obamas Rede war zu entnehmen, ob die Regierung ihre als "Signature Strikes" getarnten Massentötungen fortsetzen wird; bisher wurden auch unbekannte Personen nur deshalb umgebracht, weil sie sich in Gebieten, aufhielten in denen es zu feindlichen Aktivitäten gekommen war.
  4. Es muss "nahezu Gewissheit" herrschen, dass bei dem Drohnen-Angriff Nichtkombattanten weder verletzt noch getötet werden können. Das bedeutet anscheinend eine Abkehr von der bisherigen Praxis, die zur Folge hatte, dass bei US-Drohnen-Angriffen zahlreiche Nichtkombattanten getötet wurden. Das Merkblatt verändert also die gegenwärtige Politik, die alle Männer im wehrfähigen Alter, die sich in einer Kampfzone aufhielten, automatisch als Kämpfer ansah, "es sei denn, sie erwiesen sich bei gründlicher geheimdienstlicher Überprüfung posthum als unschuldig".
  5. Es muss erwiesen sein, dass zu der Zeit, in der die Operation stattfinden soll, "eine Festnahme nicht machbar ist". Es bleibt aber unklar was mit "machbar" gemeint ist. Das Weißbuch lässt vermuten, das damit "zu umständlich" gemeint ist.
  6. Es muss erwiesen sein, dass maßgebliche Regierungsstellen des Staates, in dem der Drohnen-Angriff stattfinden soll, nicht bereit oder nicht fähig sind, "die gegen US-Amerikaner gerichtete Bedrohung" zu beseitigen; die Bedrohung wird aber nicht definiert.
  7. Es muss erwiesen sein, dass keine andere, angemessene Alternative zur Verfügung steht, um die "gegen US-Amerikaner gerichtete  – wieder nicht definierte  – Bedrohung"abzustellen. Nach dem Merkblatt müssen diese Voraussetzungen nicht erfüllt sein, wenn der Präsident "unter außergewöhnlichen Umständen Drohnen-Angriffe anordnet, die legitim und notwendig sind, um die USA oder ihre Verbündeten zu schützen". Was unter "außergewöhnlichen Umständen" zu verstehen ist, bleibt offen.“

Beweismittel hierzu: Abdruck des Beitrages vom Majorie Cohn

II. Die Konsequenzen aus den völkerrechtlichen Regelungen und dem Friedensgebot des GG

Das Grundgesetz enthält nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ein Friedensgebot, wie es Deiseroth gewürdigt hat, der auf die Präambel („dem Frieden der Welt zu dienen“) verweist, Art. 1 Abs. 2 GG, dem Bekenntnis zu einer menschlichen Gemeinschaft („Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“), Art. 9 Abs. 2 GG, wonach Vereinigungen verboten sind, die sich „gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten“ sowie Art. 26 GG mit den vier speziellen Regelungen:

  • das Verbot, die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten,
  • das Verbot aller Handlungen die in der Absicht vorgenommen werden das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören,
  • den Auftrag an den Gesetzgeber zur Pönalisierung aller Verstöße gegen dieses verfassungsrechtliche Verdikt,
  • die Genehmigungspflicht von „zur Kriegsführung bestimmten Waffen“.

Ein besonders wichtiges Element des Friedensgebotes des GG ist die normierte Bindung an „Recht und Gesetz“ (Art. 20 Abs. 3 GG) und an die „allgemeinen Regeln des Völkerrechts“ (Art. 25 GG), so Deiseroth in seiner Schrift „Das Friedensgebot des Grundgesetzes und der UN-Charta“.

Aus diesen verbindlichen völkerrechtlichen Regelungen und dem Friedensgebot des GG ergeben sich Konsequenzen für die völkerrechtliche Bewertung der US-Kampfdrohneneinsätze und die Verpflichtungen der Organe der Bundesrepublik Deutschland:

1. Keine Rechtfertigung gezielter Tötungen als „humanitäre Intervention“ oder Ausübung des Selbstverteidigungsrechts

Das Selbstverteidigungsrecht von Art. 52 setzt insbesondere voraus:

  • Einen bewaffneter Angriff („armed attack“)
  • Es muss sich um eine vorläufige Maßnahme handeln: Wenn der Sicherheitsrat sich der Sache angenommen und Maßnahmen beschlossen hat, erlischt das Selbstverteidigungsrecht (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 UN-Charta).

In der öffentlichen Debatte wird in dem Zusammenhang oft auf die „responsability to protect“ (RTP) verwiesen, die angeblich eine Ausnahme von den zwingenden Voraussetzungen für die Ausübung des Selbstverteidigungsrechts sein soll. Dies ist jedoch eindeutig falsch. Zwar hat die UN-Generalversammlung im September 2005 auf dem Wolrd Summit die „responsability to protect“ bestätigt. Die Generalversammlung machte jedoch deutlich, dass nur die Vereinten Nationen als Vertreter der internationalen Gemeinschaft die responsability to protect übernehmen könnten, wie dies auch in der zugrunde liegenden Expertise ausgeführt worden war. Die Vereinten Nationen können also in Fällen von Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischen Säuberungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit Maßnahmen nach Kapitel VII autorisieren . Auch die einseitige “humanitäre Intervention” auf der Grundlage der PTP bleibt also völkerrechtswidrig.

Insgesamt widersprechen die US-Kampfdrohneneinsätze auch den Grundlagen des humanitären Völkerrechts: Völkerrechtlich gilt jede Person in einem Kampfgebiet als Zivilist, wie sich aus Art. 50 des Zusatzprotokolls vom 8. Juli 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte ergibt  – und nicht umgekehrt.

Besondere Bedeutung erlangt das angesichts der Tatsache, dass die US-Regierung nicht nur sogenannte „personality strikes“ ausführen lässt, bei denen Menschen gezielt extralegal hingerichtet werden, die in  – nach aktuell unüberprüfbaren Kriterien zustande gekommenen  – Todeslisten aufgenommen wurden; schon bei diesen Angriffen werden immer wieder Unbeteiligte getötet oder schwer verletzt. Zunehmend werden mit Kampfdrohnen aber auch sogenannte „signature strikes“ durchgeführt: Diese Angriffe basieren auf Verhaltensanalysen der (späteren) Zielpersonen. Das bedeutet, dass Menschen  – insbesondere Menschengruppen  –, die bestimmte Eigenschaften aufweisen oder Verhaltensmuster an den Tag legen, die nach Einschätzung der US-Kräfte darauf schließen lassen, sie könnten Terrorverdächtige sein, zum Ziel von Drohnenangriffen werden, ohne dass auch nur ihre Identität bekannt ist ; als geeignete Ziele gelten Personen in mutmaßlichen Trainingscamps oder in verdächtig erscheinenden Gehöften (sog. Compounds). Die zugrunde gelegten Einsatzregeln bleiben ebenso im Dunkeln wie die Kriterien, auf die bei diesen Attacken abgestellt werden soll. Als im beschriebenen Sinn „verdächtig“ eingeschätzt wird es anscheinend schon, wenn Menschen in Regionen, in denen Kampfdrohnen eingesetzt werden, in Gruppen zusammen kommen, Fahrzeuge mit Düngemitteln be- und entladen oder gemeinsam auf Grundstücken arbeiten. In einem Bericht der New York Times-Journalisten Jo Becker und Scott Shane werden US-Regierungsmitarbeiter zititert: „The joke was that when the C.I.A. sees three guys doing jumping jacks, the agency thinks it is a terrorist training camp.“

2. Keine Rechtfertigung gezielter Tötungen durch Drohneneinsätze im Rahmen des OEF-Einsatzes

Die US-Regierung hatte die Anschläge vom 11. September 2001 als Angriff im Sinne des Art. 51 der UN-Charta interpretiert und deswegen den Staat Afghanistan angegriffen, weil dort Osama Bin Laden als Drahtzieher des Attentats vermutet wurde.

Dazu schreibt Peter Becker in seinem einschlägigen Artikel „Rechtsprobleme des Einsatzes von Drohnen zur Tötung von Menschen“:

„Der Sicherheitsrat hat sich die Selbstverteidigungsthese nicht zu Eigen gemacht. Er hat offen gelassen, ob deren Voraussetzungen nach seiner Auffassung im konkreten Fall erfüllt war. Vor allem hat es keinen bewaffneten Angriff im Sinne des Art. 51 Satz 1 der Charta gegeben. Außerdem hatte der Sicherheitsrat bereits im September und im Oktober 2001 ein umfangreiches Paket aus seiner Sicht notwendiger militärischer Maßnahmen gegen den internationalen Terrorismus beschlossen, insbesondere die Ergreifung und Verfolgung der Täter.

Deswegen war das Selbstverteidigungsrecht erloschen. Hier liegt der Grund für die zurückhaltende Formulierung des Bundesverfassungsgerichtes im Tornado-Beschluss vom 03.07.2007: „2. der ISAF-Einsatz in Afghanistan ist ein Krisenreaktionseinsatz der NATO im Sinne des neuen Strategischen Konzepts von 1999. Zwar hat der NATO-Rat am 12. September 2001 in Reaktion auf die Terroranschläge gegen die Vereinigten Staaten von Amerika vom Vortag erstmals in der Geschichte der NATO den Bündnisfall nach Art. 5 des NATO-Vertrages festgestellt. Rechtlich muss aber der ISAF-Einsatz strikt getrennt betrachtet werden von der ebenfalls in Afghanistan präsenten Operation Enduring Freedom, die sich völkerrechtlich auf die Feststellung des Bündnisfalls und vor allem auf die das Recht zur kollektiven Selbstverteidigung im Sinne von Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen beruft (vgl. BTDrucks 14/7296, S. 1 f.)…

Die militärische Intervention der Operation Enduring Freedom gegen das afghanische Taliban-Regime seit Oktober 2001 war eine Reaktion der Vereinigten Staaten von Amerika und verbündeten Staaten auf diese Anschläge, in der Annahme, dass das Terrornetzwerk Al-Qaida als Urheber der Anschläge in Afghanistan einen wesentlichen Rückzugsraum gehabt hatte, teilweise von afghanischem Boden aus operiert hatte und vom Taliban-Regime unterstützt worden war. Deshalb hat sich die Operation Enduring Freedom für die Anwendung militärischer Gewalt in Afghanistan in völkerrechtlicher Hinsicht stets auf das Recht zur kollektiven Selbstverteidigung im Sinne von Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen berufen.“

Das Bundesverfassungsgericht identifiziert sich offensichtlich nicht mit der US-amerikanischen Rechtsauffassung zur völkerrechtlichen Begründung von OEF. Das ist im Bundesverteidigungsministerium wohl erkannt worden. Kurz danach zog sich jedenfalls die Bundeswehr aus OEF zurück; wahrscheinlich auf der Grundlage der Einschätzung, dass die Rechtsgrundlage Selbstverteidigung für diesen Verstoß gegen das Gewaltverbot nicht tragfähig war.

Das Ergebnis ist, dass OEF wahrscheinlich von Anfang an völkerrechtswidrig war und dass jedenfalls nach der Befassung des Sicherheitsrates und dem Beschluss, die Attentäter mit den Mitteln des Strafrechts zu verfolgen, eine völkerrechtlich tragfähige Ermächtigung zur Kriegsführung nicht mehr vorlag. Das bedeutet für Tötungen durch Drohnen im Rahmen von OEF, dass alle Einsätze schon deswegen rechtswidrig sind.“

3. Keine Rechtfertigung gezielter Tötungen durch Drohneneinsätze in Pakistan

Bekanntlich werden insbesondere in Pakistan im „Krieg gegen den internationalen Terrorismus“ Kampfdrohnen eingesetzt (siehe oben), aber nicht des US-Militärs sondern des CIA, wie oben dargelegt. Auch wenn sich in Pakistan Teile der Taliban aufhalten, handelt es sich dort nicht um einen internationalen bewaffneten Konflikt im Sinne des Völkerrechts. Wie bereits oben im Sachverhalt dargelegt, ist dies auch der Standpunkt des zuständigen pakistanischen Obergerichts.

Die CIA ist als Geheimdienst kein Kombattant. Sie darf schon deswegen nicht töten. Eine „Lizenz zum Töten“ ist dem Völkerrecht fremd.

4. Keine Rechtfertigung gezielter Tötungen durch Drohneneinsätze in Jemen und afrikanischen Ländern

Genauso völkerrechtswidrig sind Kampfdrohneneinsätze im Jemen und afrikanischen Ländern. Dort handelt es sich nicht um einen internationalen bewaffneten Konflikt. Schon aus diesem Grunde sind dort „gezielte Tötungen“ völkerrechtlich nicht gedeckt.

5. Mögliche Rechtfertigung „gezielter Tötungen“ durch Drohneneinsätze nur im Rahmen des ISAF-Einsatzes in Afghanistan gegen Kombattanten unter Beachtung der Regeln des Kriegsvölkerrechts („ius in bello“)

Hierzu wieder Becker:

„Anders muss der ISAF-Einsatz behandelt werden, an dem Deutschland beteiligt ist. Er hat eine völkerrechtlich tragfähige Ermächtigung, weil der Sicherheitsrat, beginnend mit der Resolution 1386 (2001), die Ermächtigung zur Ausübung militärischer Gewalt erteilt hat. Der Deutsche Bundestag hat diese Resolution, ab 2005 auf der Basis des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, dahingehend umgesetzt, dass auch deutsche Soldaten auf dieser Basis militärische Gewalt ausüben dürfen.

a) Die Kriterien für den Einsatz von Kampfdrohnen

Sehr fraglich ist aber, ob in diesem Zusammenhang Kampfdrohnen eingesetzt werden können.

Kritisch wird es, wenn die Zielidentifizierung zweifelhaft ist und möglicherweise Zivilisten getroffen werden. Maßgeblich ist das Zusatzprotokoll II zum Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nichtinternationaler bewaffneter Konflikte vom 08.06.1977 (ZP II). Danach ist zunächst zu fragen, ob ein „nichtinternationaler bewaffneter Konflikt“ vorliegt; im Gegensatz zum „internationalen bewaffneten Konflikt“. Für einen internationalen Konflikt ist entscheidend, dass „zwei Völkerrechtssubjekte (d.h. Staaten) gegeneinander kämpfen“. Das ist in Afghanistan nicht der Fall, da die Taliban als eine der Konfliktparteien keine völkerrechtliche Anerkennung, auch nicht in Form eines De-Facto-Regimes, genießen. Davon geht auch die Bundesregierung aus. Während also im internationalen bewaffneten Konflikt Kombattanten, erkennbar an ihrer Uniform, töten und getötet werden dürfen, muss man im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt genauer hinschauen. Denn gewohnheitsrechtlich gelten möglicherweise Beteiligte nur „im Zweifel“ als Zivilpersonen.

Die tatsächliche Lage in Afghanistan ist aber schwieriger. Mit Safferling muss geklärt werden, ob Beteiligte „de facto-Kombattanten“ sind. Dafür ist Art. 13 ZP II maßgeblich. Nach Art. 13 Abs. 2 ZP II dürfen Zivilpersonen nicht das Ziel von Angriffen sein. Gemäß Art. 13 Abs. 2 ZP II dürfen Zivilpersonen nur ausnahmsweise getötet werden, „sofern und solange sie unmittelbar an den Kampfhandlungen teilnehmen“. Sie müssen dafür in eine organisierte bewaffnete Oppositionsgruppe integriert sein und eine „continuous combat function“ausüben. .

Es ist völlig unbekannt, wie die US-Armee und der CIA mit diesen Kriterien umgehen. Es müssten mehrere Prüfungsschritte beachtet werden, für die Anleihen beim Recht des internationalen bewaffneten Konflikts in ZP I hilfreich sind:

Erstens muss geklärt werden, ob die Zielperson überhaupt ein Kombattant ist. Nicht nur der bewaffnete Kämpfer ist das. Auch der „Schreibtischtäter“ kann Mitglied der Konfliktpartei sein. Denn auch Generäle der Staatsstreitkräfte sind Kombattanten,auch wenn sie nur am Schreibtisch Strategien ausarbeiten. Maßgeblich für das Vorliegen einer „continuous combat function“ ist also allein, ob die fragliche Person eine Tätigkeit ausübt, die der Durchführung von Feindseeligkeiten im Namen der nichtstaatlichen Konfliktpartei gegen die staatliche Konfliktpartei dient. Nimmt sie nicht direkt an Feindseeligkeiten teil, darf sie auch nicht angegriffen werden. Für den internationalen bewaffneten Konflikt schreibt Art. 44 Abs. 3 ZP I vor, dass die Konfliktparteien ihre Kombattanten kennzeichnen müssen, um sie äußerlich von der Zivilbevölkerung zu unterscheiden.

Zweitens: Eine weitere „Kennzeichnung“ nach dem Recht des internationallen bewaffneten Konflikts wäre das Tragen von Waffen. Schon die Haager Landkriegsordnung (HLKO) gesteht Aufstandsgruppen den Kombattantenstatus zu, wenn sie nämlich gegen eine anrückende feindliche Invasionsarmee als sogenannte levèe en masse zu den Waffen greifen, um sich zu verteidigen. Art. 2 HLKO verlangt in diesem Fall lediglich „offenes Führen“ der Waffen und die Beachtung der „Gesetze und Gebräuche des Krieges“.

In der Genfer Konvention wurde diese Bestimmung um Guerilla-Kämpfer erweitert. Zivilpersonen, die während bewaffneter Auseinandersetzungen, eines Krieges oder eines nationalen Befreiungskampfes zu den Waffen greifen, gelten als Kombattanten, wenn sie ihre Waffen offen tragen, solange sie für den Gegner sichtbar sind.

Das bedeutet für Drohnen: Angriffe auf zivile Objekte  – Wohnhäuser, zivile Pkw  – müssen unterlassen werden; sie sind keine „militärischen Objekte“. Bei ihnen ist wahrscheinlich, dass Zivilpersonen getötet werden, die nach ZP I und II geschützt sind.“

6. Zwischenergebnis:

Zusammenfassend ist also festzustellen, dass eine völkerrechtlich tragfähige Ermächtigung zur „gezielten Tötung“ mittels Kampfdrohnen allenfalls im Rahmen des ISAF-Einsatzes in Afghanistan angenommen werden kann, aber nur wenn und soweit das ius in bello beachtet werden.

D. Tatverdacht nach dem StGB und VStGB

Die Unterstützung der Drohnenangriffe durch den Bundesminister der Verteidigung und andere Mitglieder der Bundesregierung verwirklicht mehrere Straftatbestände nach dem StGB und dem VStGB, wie im einzelenen aufgezeigt werden wird.

I. Mord

Die Beschuldigten haben sich gemäß §§ 211, 13 StGB wegen Beihilfe zu einem Mord durch Unterlassen strafbar gemacht, indem sie die aufgezeigten Unterstützungshandlungen der ihnen unterstellten deutschen Streitkräfte nicht verhindert haben.

a) Taterfolg

Der Taterfolg der Tötung eines Menschen ist nicht zweifelhaft, da durch die Drohnenangriffe zahlreiche Menschen getötet wurden, wie im Sachverhalt im Einzelnen dargelegt (B). Ebenso unbestreitbar ist das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt, weil sich die Opfer eines Angriffs auf ihr Leben nicht versahen, ist dieser Umstand doch gerade der öffentlich proklamierte Vorteil der „gezielten Tötungen“ mithilfe von Drohnen.

b) Unterlassen

Die Beschuldigten haben es unterlassen, diesen Taterfolg abzuwenden.
Sowohl der Bundesminister der Verteidigung als auch die Bundesregierung als Kollegialorgan haben es unterlassen, den Vereinigten Staaten vom Amerika zu untersagen, von deutschem Hoheitsgebiet aus die strategische Planung und technische Unterstützung der Drohnenangriffe vorzunehmen.
Dieses Unterlassen ist kausal für alle Drohnenangriffe, die im United States Africa Command in Stuttgart strategisch geplant wurden oder bei denen die Drohnen über das Satellitenrelais in Ramstein gesteuert wurden. Hätten die Beschuldigten es den USA untersagt, die auf deutschem Hoheitsgebiet gelegenen Militäreinrichtungen zu benutzen  – wozu sie aufgrund des geltenden Völkerrechts und des Friedensgebotes des Grundgesetzes verpflichtet gewesen wären (s. o. Teil C), hätten diese den jeweiligen Drohnenangriff zu dem konkreten Zeitpunkt und an dem konkreten Ort nicht durchführen können. Das Unterlassen ist daher für die Tötung der Opfer der Drohnenangriffe kausal, da bei einem Handeln der Beschuldigten der Taterfolg in seiner konkreten Gestalt entfallen wäre. Die Frage, ob die Streitkräfte der USA zu einem späteren Zeitpunkt unter Nutzung alternativer Ressourcen außerhalb Deutschlands die verhinderten Drohnenangriffe nachgeholt hätten, ist für die Kausalität nicht relevant, da dies den Taterfolg in seiner konkreten Gestalt nicht entfallen ließe und hypothetische Ersatzursachen nicht relevant sind.

Bei einer Untersagung der Nutzung der Einrichtungen für Drohnenangriffe durch den Bundesminister der Verteidigung oder durch die Bundesregierung hätten die Vereinigten Staaten ihre Einrichtungen in Stuttgart und Ramstein nicht für die Drohnenangriffe nutzen können. Dies folgt aus der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland und der Zuständigkeit der Bundesregierung für die Durchsetzung der Hoheitsgewalt gegenüber auf ihrem Territorium stationierten ausländischen Truppen. Der Stationierungsvertrag steht dem nicht entgegen, da er völkerrechtskonform auszulegen ist und weder ein Recht der Vereinigten Staaten von Amerika auf die Begehung völkerrechtswidriger Handlungen von deutschem Boden noch eine Pflicht der Bundesrepublik Deutschland begründet, derartige Handlungen zu dulden.

Auch die Anweisung an die dem Bundesminister der Verteidigung unterstellten deutschen Verbindungsbeamten bei den Einrichtungen der US-Streitkräfte in Stuttgart und Ramstein, jegliche Zusammenarbeit und Unterstützung einzustellen, hätte wegen der Abhängigkeit der US-Streitkräfte von dieser Zusammenarbeit dazu geführt, dass der jeweilige Drohnenangriff zu dem konkreten Zeitpunkt und an dem konkreten Ort nicht hätte durchgeführt werden können. Das Unterlassen dieser Anweisung ist daher ebenfalls kausal für die Tötung der bei den Drohnenangriffen getöteten Menschen.

c) Garantenstellung

Die Beschuldigten hatten i.S.d. § 13 I StGB rechtlich dafür einzustehen, dass der Taterfolg der Tötung von Menschen nicht eintrat.
Dies ergibt sich aus der besonderen Pflichtenstellung, die die Beschuldigten als Bundesminister der Verteidigung, als Angehörige der Bundeswehr und als Mitglieder der Bundesregierung als Kollegialorgan innehaben, und die darin besteht, innerhalb ihres Einflussbereichs militärische Aggressionen, die von deutschem Hoheitsgebiet ausgehen, zu verhindern, wie in Teil C ausgeführt wurde. Dass militärische Vorgesetzte eine Garantenstellung zur Verhinderung von Straftaten ihrer Mannschaften haben, ist in der allgemeinen deutschen Strafrechtsdoktrin nicht bestritten. Militärischer Vorgesetzter ist in diesem Zusammenhang auch der Bundesminister der Verteidigung in seiner Eigenschaft als oberster Befehlshaber.

d) Entsprechensklausel

Das Unterlassen entspricht hier wie regelmäßig bei einem Erfolgsdelikt wie der vorsätzlichen Tötung der Verwirklichung durch positives Tun.
In der deutschen Strafrechtsdogmatik ist umstritten, ob und wann die Nichtverhinderung strafbarer Handlungen, die durch positives Tun begangen worden sind, als täterschaftliche Begehung durch Unterlassen oder als bloße Beihilfe zu qualifizieren ist. Dieser Streit ist im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vor Abfassung der Anklageschrift nicht zu entscheiden, da die Strafbarkeit selbst nicht in Frage steht und in jedem Fall Ermittlungen aufzunehmen sind.

Wird nicht wie oben dargelegt von einer täterschaftlichen Begehung durch Unterlassen, sondern von Beihilfe durch Unterlassen ausgegangen, ist das Unterlassen der oben dargelegten Erklärungen als objektive Förderung der von den Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte begangenen vorsätzlichen, rechtswidrigen Tötungsdelikte und damit als Beihilfe durch Unterlassen zu einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat anzusehen.
Die von den US-Streitkräften mit den Drohnenangriffen begangenen Tötungen sind rechtswidrig. Eine Rechtfertigung dieser Taten, weil die Taten im Rahmen eines bewaffneten Konflikts begangen wurden, würde voraussetzen, dass die Taten im Einklang mit dem Kriegsvölkerrecht begangen wurden. Oben in Teil C wurde dargelegt, dass in den meisten Fällen die Drohnenangriffe nicht im Rahmen eines bewaffneten Konflikts erfolgten. In all diesen Fällen ist von vornherein eine Rechtfertigung ausgeschlossen. In den Fällen, in denen die Drohnenangriffe im Rahmen eines bewaffneten Konflikts erfolgten, stehen diese wie oben dargelegt überwiegend nicht im Einklang mit dem Völkerrecht, so dass sie im Ergebnis ebenfalls rechtswidrig sind.

e) Objektive Zurechung

Der durch die Unterlassungen verursachte Taterfolg ist den Beschuldigten objektiv zuzurechen, da durch das Verhalten der Beschuldigten eine rechtlich missbilligte Gefahr für das verletzte Rechtsgut geschaffen wurde und gerade diese Gefahr sich im tatbestandsmäßigen Erfolg verwirklicht hat.

2. Subjektiver Tatbestand

Die Beschuldigten handelten vorsätzlich in Bezug auf alle Merkmale des objektiven Tatbestands.

Für den erforderlichen Vorsatz genügt bedingter Vorsatz, der die wesentlichen Merkmale des vom Täter zu verwirklichenden strafbaren Tuns umfasst; Einzelheiten der Tat braucht der Gehilfe im Sinne von § 27 StGB nicht zu kennen; insbesondere braucht er nicht zu wissen, wann, wo, gegenüber wem und unter welchen besonderen Umständen die Tat ausgeführt wird. Auch braucht er von der Person des Täters keine besondere Kenntnis. Der Vorsatz bei der Beihilfe wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gehilfe dem Täter gegenüber erklärt, er missbillige das mit seiner Unterstützung durchgeführte Unternehmen und überlasse dem Täter allein die Verantwortung.

Für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens reichen nach allgemeiner Ansicht sogar zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Erfüllung eines Straftatbestandes. Es reicht eine gewisse, noch geringe Wahrscheinlichkeit eines Tatverdachts, der noch der Aufklärung bedarf, aus. Selbst geringe, dürftige und noch ungeprüfte Anzeichen lösen die Ermittlungspflicht aus, sofern sie nicht von vornherein als inhaltslos angesehen werden können. In diesem Stadium des Verfahrens darf sogar der Zweifel an der Richtigkeit des Verdachts noch überwiegen. Die Staatsanwaltschaft genügt ihrer Pflicht nur, wenn sie allen möglichen, nicht von vornherein unglaubwürdigen Verdachtsgründen nachgeht.

Der erforderliche Anfangsverdacht für eine Unterlassung bzw. für eine Beihilfe im Sinne von § 27 zu den Tötungsverbrechen ist daher gegeben, ein Ermittlungsverfahren daher einzuleiten. Auch für die Unterstützungswillen eines mehr als bedingten Vorsatzes sind ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte ausgeführt. Inwieweit hier die Verantwortlichen vorsätzlich handeln, werden ihre Einlassungen im Rahmen des weiteren Ermittlungsverfahrens zeigen.

3. Rechtswidrigkeit

Die Beschuldigten haben dabei rechtswidrig gehandelt.
Das Unterlassen der Verhinderung der  – wie oben dargelegt  – rechtswidrigen Tötungsverbrechen der Angehörigen der US-Streitkräfte ist seinerseits rechtswidrig. Ein Rechtfertigungsgrund ist nicht ersichtlich.

4. Schuld

Die Beschuldigten haben schuldhaft gehandelt, da Schuldausschließungsgründe nicht ersichtlich sind.

5. Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts

Die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts ist nicht zweifelhaft.
Gemäß § 3 StGB gilt das deutsche Strafrecht für Taten, die im Inland begangen wurden.
Begangen wurde die Tat gemäß § 9 I StGB an jedem Ort, an dem der Täter im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen. Der Bundesminister der Verteidigung hätte an dem Ort, an dem er sich befindet, die Anweisungen verfügen und dafür sorgen müssen, dass diese durch Boten oder durch Telkommunikation an den Adressaten gelangen. Dies wäre auf deutschem Hoheitsgebiet gewesen.

Wird das Verhalten der Beschuldigten unter Beihilfe subsumiert, ergibt sich nichts anderes. Gemäß § 9 II 1 StGB ist die Beihilfe auch an dem Ort begangen, an dem die Haupttat begangen ist. Die Angehörigen der US-Streitkräfte als Haupttäter haben in den Militäreinrichtungen in Stuttgart und Ramstein gehandelt, um die Drohneangriffe durchzuführen. Sie haben damit im Inland gehandelt, so dass auch nach dieser Vorschrift deutsches Strafrecht anwendbar ist.

6. Immunität

Soweit die Beschuldigten dem Bundestag angehören, genießen sie nach Art. 46 II-IV GG parlamentarische Immunität. Sie können daher gemäß Art. 46 II GG wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung nur mit Genehmigung Bundestags zur Verantwortung gezogen werden, es sei denn, dass sie bei der Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen werden. Nach allgemeiner Auffassung stellen Ermittlungen, die der Feststellung dienen, ob die Verfolgungsgenehmigung einzuholen ist, kein „Zur-Verantwortung-Ziehen“ im Sinne dieser Vorschrift dar. Sie sind mit Art. 46 II-IV vereinbar (Sachs, GG, Art. 46 Rn. 15).
Die Bundesanwaltschaft ist daher verpflichtet, angesichts des vorliegenden Tatverdachts die Verfolgungsgenehmigung zu beantragen und nach Erteilung dieser weitere prozessuale Schritte vorzunehmen.

II. Kriegsverbrechen gegen Personen

Die Beschuldigten haben sich gemäß § 8 I 1 Nr. 1 VStGB i. V. m. § 4 I VStGB strafbar gemacht, indem sie es als militärische Befehlshaber unterlassen haben, die ihnen untergebenen Bundeswehrangehörigen daran zu hindern, zur Tötung von Menschen im Rahmen eines systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung Hilfe zu leisten.

1. Objektiver Tatbestand
a) Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt

Der Tatbestand dieses Strafgesetzes setzt den Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt voraus. Dies trifft, wie oben dargelegt wurde, nur auf einen geringen Teil der Drohneneinsätze zu.
Dort, wo ein solcher Zusammenhang nicht besteht, verbleibt es bei der Strafbarkeit wegen Mordes. Der Tatverdacht wegen Mordes wurde oben ausführlich dargelegt. Der Tatverdacht ist in diesen Fällen besonders eindeutig, da ein Rechtfertigungsgrund ohne Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt nicht ernsthaft in Betracht kommen kann.
In den übrigen Fällen, in denen ein Zusammenhang mit einem bewaffneten internationalen Konflikt vorliegt, gelten die nachstehenden Ausführungen.

b) Tatobjekt

Ob die Opfer „nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind“ bestimmt sich nach § 8 VI VStGB. Nach § 8 VI Nr. 1 VStGB sind hierunter bei einem bewaffneten internationalen Konflikt alle geschützten Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (ZusProt I) zu verstehen. Zu diesem Kreis gehören namentlich alle Zivilpersonen. Zivilpersonen sind gemäß Art. 50 ZusProt I alle Personen, die keiner der in Art. 4 lit. A Abs. 1, 2 und 3 des III. Genfer Abkommens und in Art. 43 ZusProt I bezeichneten Kategorien angehören. Die Menschen, auf die die Drohneneinsätze zielten, waren nicht Mitglieder von Streitkräften (Art. 4 lit. A Abs. 1, 3 des III. Genfer Abkommens, Art. 43 ZusProt 1). Sie waren auch nicht Mitglieder anderer Milizen und Freiwilligenkorps oder einer organisierten Widerstandsbewegung mit militärischer Struktur (Art. 4 lit. A Abs. 2 des III. Genfer Abkommens). Ebensowenig zählten sie zur Bevölkerung eines unbesetzten Gebiets, die aus eigenem Antrieb zu den Waffen greift, um eindringende Truppen zu bekämpfen, wie dies Art. 4 Abs. 6 des III. Genfer Abkommens voraussetzen würde.
Da bei der überwiegenden Zahl der bekannt gewordenen Drohnenangriffe die Opfer nicht zu den genannten Kategorien gehörten, waren diese Zivilpersonen i. S. d. Art. 50 I ZusProt I und damit auch des § 8 VI Nr. 1 VStGB. Sie waren damit taugliche Tatobjekte eines Kriegsverbrechens nach § 8 VI Nr. 1 VStGB.

c) Taterfolg, Unterlassen, Kausalität und objektive Zurechnung

Diese Personen wurden getötet. Indem die Beschuldigten es unterlassen haben, den USA die Nutzung deutscher Einrichtungen für Drohnenangriffe zu untersagen und die deutschen Verbindungsbeamten anzuweisen, jegliche Zusammenarbeit und Unterstützung bei den Drohnenangriffen einzustellen, haben sie den Tod dieser Personen in objektiv zuzurechnender Weise verursacht. Auf die entsprechenden Ausführungen bei der Prüfung des Mordtatbestands wird verwiesen.

d) Erweiterte strafrechtliche Haftung gemäß § 4 VStGB

Darüber hinaus haftet der Bundesminister der Verteidigung als militärischer Befehlshaber gemäß § 4 VStGB, weil er es unterlassen hat, die ihm untergebenen Bundeswehrangehörigen daran zu hindern, die Drohnenangriffe der US-Streitkräfte zu unterstützen und damit Beihilfe zu Kriegsverbrechen gegen Personen zu leisten.

2. Subjektiver Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld, Strafverfolgungsvoraussetzungen

Die Beschuldigten handelten vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft. Die Immunität steht auch hier der Strafverfolgung nicht entgegen.

3. Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts

Auch hinsichtlich dieses Delikts ist deutsches Strafrechtanwendbar.
Dies ergibt sich bereits aus § 1 VStGB. Nach dieser Vorschrift gilt das VStGB für alle in ihm bezeichneten Verbrechen auch dann, wenn die Tat im Ausland begangen wurde und keinen Bezug zum Inland aufweist. Die Taten der §§ 6-12 VStGB sind, soweit Milderung für minder schwere Fälle nicht berücksichtigt werden, allesamt im Mindestmaß mit Freiheitsstrafen von einem Jahr oder darüber bedroht und sind daher gemäß § 12 I, III StGB i. V. m. § 2 VStGB Verbrechen. Für diese Taten ist folglich deutsches Strafrecht unabhängig davon anwendbar, ob sie im Inland oder im Ausland begangen wurden.

Für das von den Beschuldigten begangene Kriegsverbrechen gemäß § 8 I Nr. 1 VStGB ist folglich deutsches Strafrecht anwendbar.

III. Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung

Die Beschuldigten haben wegen sich gemäß § 11 I 1 VStGB eines Kriegsverbrechens des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung schuldig gemacht.

1. Objektiver Tatbestand
a) Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt

Auch für die Verwirklichung dieser Tatbestände wird ein Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt vorausgesetzt. Wie oben (unter C). dargelegt, liegt diese Voraussetzung bei einem Teil der Drohneangriffe vor.

b) Einzeltatbestände

Dabei sind die Tatbestandsalternativen des Angriffs gegen unbeteiligte Zivilpersonen
(§ 11 I 1 Nr. 1 VStGB), des Angriffs gegen zivile Objekte (§ 11 I 1 Nr. 2 VStGB) und des Angriffs mit unverhältnismäßigen Auswirkungen auf Zivilpersonen (§ 11 I 1 Nr. 3 VStGB) verwirklicht.

aa) Angriff gegen die Zivilbevölkerung oder unbeteiligte Zivilpersonen

Wie im Rahmen der Prüfung des Kriegverbrechens gegen Personen ausgeführt wurde, waren die durch die Drohnen anvisierten Personen zu einem großen Teil unbeteiligte Zivilpersonen. Diese haben auch nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilgenommen.
Die Drohnenangriffe stellen auch gegen diese Personen gerichtete Angriffe mit militärischen Mitteln dar.

Unter Angriff ist im humanitären Völkerrecht „sowohl eine offensive als auch eine defensive Gewaltanwendung gegen den Gegner“ zu verstehen. Selbst wenn daher unterstellt würde, dass die Drohneneinsätze sich gegen einen Gegner der USA in einem bewaffneten Konflikt richten, wäre deshalb ein Angriff in diesem Sinne zu bejahen.

Die Drohnen sind als Waffen militärische Mittel.

Im Ergebnis liegt ein Angriff mit militärischen Mitteln gegen unbewaffnete Zivilpersonen vor, so dass der objektive Tatbestand des § 11 I 1 Nr. 1 VStGB verwirklicht ist.

bb) Angriff gegen zivile Objekte

Zivile Objektive sind gemäß § 11 I 1 Nr. 2 VStGB auch unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten und Gebäude. Nach Art. 25 der Haager Landkriegsordnung ist es untersagt, solche Objekte anzugreifen oder zu beschießen, mit welchen Mitteln auch immer.
Wie oben dargelegt, wurden Personen durch Drohnen in unverteidigten Siedlungen und Gebäuden angegriffen, auch wenn die „gezielten Tötungen“ sich nach Darstellung der USA gegen nichtzivile Personen oder Kombattanten richteten und im Einzelfall auch Kombattanten unter den Getöteten gewesen sein sollten. .

Somit liegt auch ein Angriff mit militärischen Mitteln gegen durch das humanitäre Völkerrecht geschützte zivile Objekte vor, so dass auch der objektive Tatbestand des § 11 I 1 Nr. 2 VStGB verwirklicht ist.

cc) Angriff mit unverhältnismäßigen Auswirkungen auf zivile Personen und Objekte

Zugleich liegt auch ein Angriff mit unverhältnismäßigen Auswirkungen auf zivile Personen und Objekte i. S. d. § 11 I Nr. 3 VStGB vor.
Dies gilt selbst dann, wenn angenommen würde, dass die eigentlich mit dem Drohnenangriff anvisierte Person Angehöriger von Streitkräften oder Kombattant wäre, wenn  – wie dies bei vielen Fällen berichtet wurde  – (s. o. Teil B und C) -, eine Vielzahl unbeteiligter Zivilpersonen getötet wurde. Der bei der Bestimmung der Unverhältnismäßigkeit relevante miltärische Vorteil der Drohnenangriffe ist nicht erkennbar. Ein militärischer Nutzen müsste ohne das Hinzutreten einer Zwischenursache greifbar sein. Ein bloß fern liegender Vorteil, der irgendwann in unbestimmter Zukunft eintreten kann, überwiegt nach der Wertung der Vorschrift gegenüber zivilen Verlusten nicht.

Wegen Fehlens eines unmittelbaren militärischen Vorteils einerseits und der Vielzahl von Opfern andererseits ist der Angriff folglich als unverhältnismäßig anzusehen.

2. Ergebnis

Im Hinblick auf Kausalität, objektive Zurechnung, Zurechnung des Handelns der Untergebenen gemäß § 4 VStGB, Vorsatz, Rechtswidrigkeit und Schuld wird auf die Ausführungen unter D II verwiesen.

Die Beschuldigten haben sich daher eines Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung schuldig gemacht.

IV. Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Die Beschuldigten haben sich gemäß § 7 I 1 Nr. 1 VStGB i. V. m. § 4 I VStGB strafbar gemacht, indem sie es als militärische Befehlshaber unterlassen haben, die ihnen untergebenen Bundeswehrangehörigen daran zu hindern, zur Tötung von Menschen im Rahmen eines systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung Hilfe zu leisten.

Die Tötung der Menschen geschah im Rahmen eines systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung. Ein Angriff liegt vor bei jedem Gesamtvorgang, in den sich mehrere Einzeltaten einfügen müssen. Angesichts der regelmäßig durchgeführten Drohnenangriffe ist ein solcher Angriff anzunehmen. Dieser Angriff richtete sich auch gegen die Zivilbevölkerung als ganzes und nicht lediglich gegen einzelne, zur Zivilbevölkerung gehörende Einzelpersonen. Im Aufschlagfeld der Drohnen hielt sich eine unbestimmte Zahl von Personen auf. Die Personen, die sich im räumlichen Bereich aufhielten, in denen die Drohnen aufschlugen, gehörten zur Zivilbevölkerung.

V. Nichtanzeige von Verbrechen

Der Verwirklichung des Tatbestands der Nichtanzeige von Verbrechen gemäß § 138 StGB steht entgegen, dass die Beschuldigten als Beteiligte an den Verbrechen nicht anzeigepflichtig sind. Sollte jedoch angenommen werden, dass die Beschuldigten sich nicht der Verwirklichung der unter I-IV dargelegten Verbrechen schuldig gemacht haben, wären sie aber nach § 138 I Nr. 5 StGB strafbar, da sie es objektiv und vorsätzlich unterlassen haben, der zuständigen Behörde oder den Bedrohten von dem Vorhaben des Mordes, des Kriegsverbrechens und des Verbrechens gegen die Menschlichkeit zu einer Zeit, in der die Ausführung und der erfolg noch abgewendet werden konnten, Anzeige zu machen

E. Ergebnis

Es bestehen in ausreichendem Umfang Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten des Bundesministers der Verteidigung und der anderen Mitglieder der Bundesregierung. Ein Anfangsverdacht des Mordes, des Kriegsverbrechens gegen Personen, des Kriegsverbrechens des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung, des Verbrechens gegen die Menschlichkeit und der Nichtanzeige von Verbrechen ist zu bejahen.

Hochachtungsvoll

H.-Eberhard Schultz Claus Förster
Rechtsanwalt Rechtsanwalt

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